Populärmedizinisch wird der Lupus erythematodes Schmetterlingserythem oder Schmetterlingsflechte genannt. Diesen Namen verdankt die Erkrankung einem roten Hautausschlag, welcher sich in der Form eines Schmetterlings beidseits der Nase auf den Wangen ausbreitet. Das Schmetterlingserythem ist zwar eine häufige Erscheinung bei Patienten mit Lupus erythematodes, es kommt aber auch bei anderen Erkrankungen vor.
Der Begriff Lupus wurde im 11. Jahrhundert von dem italienischen Chirurgen Roger Frugardi eingeführt. Im Jahr 1851 setzte sich Alohée Cazenavel erstmalig mit dem Krankheitsbild Lupus erythematodes wissenschaftlich auseinander. Die Narben, welche in früheren Jahren noch häufig beim Lupus erythematodes anzutreffen waren, hatten mit Wolfsbissen eine Ähnlichkeit. Lupus, lateinisch der Wolf und das altgriechische erýthēma, was übersetzt die Röte bedeutet, setzten sich mit der Nachsilbe -odes, zu Deutsch ähnlich, zum Begriff Lupus erythematodes zusammen.
Der Lupus erythematodes ist in erster Linie eine Autoimmunerkrankung (eine Erkrankung mit Reaktion des Immunsystems auf körpereigenes Gewebe). Möchte man die Erkrankung einordnen, wird sie den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und weiter den Kollagenosen zugerechnet. Der Lupus erythematodes besitzt eine uneinheitliche Ausprägung. Es wundert nicht, dass noch heute in der Frühphase der Erkrankung vielfach falsche Diagnosen gestellt werden. Unspezifische Symptome führen zu Beginn in die Irre und lassen erst nach einer ausführlichen Diagnostik den Zusammenhang zum Lupus erythematodes erkennen.
Der Lupus erythematodes wird anhand seiner Organsymptomatik in zwei Untergruppen eingeteilt:
Bei beiden Formen sind zu 90 Prozent Frauen betroffen, von denen die meisten beim Ausbruch der Erkrankung im gebärfähigen Alter sind. Typischerweise verläuft der Lupus erythematodes in stets wiederkehrenden Schüben. Wissenschaftliche Erkenntnisse haben noch keinen Durchbruch bei der Heilung dieses chronisch verlaufenden Leidens gebracht.
In Deutschland spricht man von etwa 30.000 Patienten, welche am systemischen Lupus erythematodes erkrankt sind. Jährlich kommen sechs bis acht Neuerkrankungen auf 1000 Einwohner hinzu. Diese Inzidenz (Anzahl der neu auftretenden Fälle) entspricht einer seltenen Erkrankung.
Geringfügig höher ist die Anzahl der am kutanen Lupus erythematodes erkrankten Patienten. Bei diesen knapp 40.000 Erkrankten liegt das Verhältnis Frau zu Mann bei sechs zu eins.
Bei einem derart komplexen Krankheitsbild ist die Suche nach dem Auslöser ein Detektivspiel. Dennoch lohnt es sich, den individuellen Stimulus herauszufinden, da dieser im weiteren Verlauf die schubweise auftretenden Symptome erneut zum Ausbruch bringen kann.
Dem Lupus erythematodes liegt eine Fehlregulierung der körpereigenen Immunantwort zugrunde. Im Normalfall richten sich die Abwehrmechanismen gegen fremde von außen eindringende Substanzen, wie es beispielsweise Bakterien oder Viren sind. Schädliche Zellen, die im eigenen Körper entstehen, werden ebenfalls von unserem Immunsystem erkannt und eliminiert. Dies können Krebszellen sein, aber auch Zellbestandteile, welche durch den normalen Erneuerungsprozess des Körpers entstanden sind. Anders sieht es bei einer Autoimmunerkrankung aus. Im Falle des Lupus erythematodes richten sich Antikörper des Immunsystems gegen körpereigene Bestandteile von gesunden Zellkernen. In der Folge kommt es zu entzündlichen Reaktionen am entsprechenden Organ, welche das Gewebe zusätzlich schädigen.
Der Lupus erythematodes ist eine Erkrankung, welche durch Immunkomplexe eingeleitet wird. Immunkomplexe bestehen aus einem Antigen (etwas, auf das das Immunsystem reagiert) und der immunologischen Abwehr, den Antikörpern. Hier bilden sich Immunkomplexe aus Zellkernen und den gegen die Zellkerne gerichteten Antikörpern (antinukleäre Antikörper). Unter bestimmten Voraussetzungen können sich diese Komplexe in den Blutgefäßen festsetzen, was zu Arteriosklerose und letztlich zur Einengung und zum Verschluss führt. Anschließende Organe werden nicht mehr ausreichend durchblutet und können stark in ihrer Funktion gestört sein. In den Blutgefäßen kann die Ablagerung der Immunkomplexe eine entzündliche Reaktion (Vaskulitis) hervorrufen.
Welche pathophysiologischen Mechanismen im Körper diese schädlichen Prozesse in Gang bringen und aufrechterhalten, ist bisher unbekannt. Bekannt dagegen sind einige Faktoren, welche maßgeblich dazu beitragen, die Symptomatik eines Lupus erythematodes hervorzurufen.
Der weitaus größte Anteil aller Erkrankten ist unter den Frauen im gebärfähigen Alter zu finden. Auffällig ist, dass der Lupus erythematodes vor allem zum Zeitpunkt der Monatsblutung durch einen erneuten Schub gekennzeichnet ist. Betrachtet man den Hormonstatus der Frauen genauer, lässt sich feststellen, dass in dieser Zeitspanne ein relativer Überschuss an Östrogen vorherrscht, eine Östrogendominanz.
Aus demselben Grund wird die Frage diskutiert, inwiefern sich eine Schwangerschaft als erstmaliger Auslöser des Lupus erythematodes auswirkt. Auch die Aktivierung eines ruhenden Lupus kann durch die hohen Östrogenkonzentrationen während einer Schwangerschaft erklärt werden.
Östrogenhaltige Verhütungsmittel wie die Pille sollten auf keinen Fall leichtfertig eingenommen werden. Heute geht man davon aus, dass bei einem gut eingestellten Lupus erythematodes die Verabreichung von östrogenhaltigen Kontrazeptiva kein Problem darstellt.
Bei der Photosensibilität handelt es sich erwiesenermaßen um den häufigsten Auslöser des Lupus erythematodes. In der Medizin versteht man darunter eine pathologische (krankmachende) Reaktion unter dem Einfluss von Sonnenlicht. Das Auftreten von Schüben ist eines der Kennzeichen der Krankheit. Die Photosensibilität leistet diesem Wiederaufflammen des Krankheitsgeschehens Vorschub. Beim Lupus erythematodes kann die Haut ganz verschieden auf den Auslöser Licht reagieren. Die Bandbreite reicht von sonnenbrandähnlichen Symptomen bis hin zum Brennen ohne sichtbare Hautveränderungen. Ebenso muss mit Verzögerungen der Reaktion von wenigen Tagen bis zu drei Wochen, nachdem Betroffene zu viel Licht ausgesetzt waren, gerechnet werden.
Einhergehend mit dem Sonnenlicht zeigen sich vielfach allgemeine Krankheitszeichen. Müdigkeit sowie unklare Muskelschmerzen und Gelenkschmerzen lassen gerade beim erstmaligen Auftreten der Krankheit nicht sofort an einen Lupus erythematodes denken.
Arzneimittel sind dafür bekannt, dass sie die Heilung unterstützen. Nebenwirkungen sind unerwünschte Begleiterscheinungen, die bei richtiger Anwendung vermieden werden können. Gerade wenn diese Medikamente ausdrücklich zur Behandlung des Lupus erythematodes verordnet wurden, muss auf eine mögliche Photosensibilisierung bei den Nebenwirkungen geachtet werden.
Davon ist der sogenannte medikamenteninduzierte Lupus erythematodes abzugrenzen. Bei diesem verliert sich nach dem Absetzen des Medikamentes die Symptomatik in den meisten Fällen.
Stress, wie immer er in Erscheinung tritt, wirkt sich negativ auf das Immunsystem aus. Der Körper wehrt sich, was zu entzündlichen und autoimmunen Reaktionen führen kann.
Seit kurzem sind Bakterien als Auslöser im Gespräch. Vor allem drängen sich hier Keime in den Vordergrund, welche in der Tierhaltung eingesetzt werden. Insbesondere Lactobazillus reuteri könnte sich als ein Auslöser herausstellen. Dieser Keim wird in der Humanmedizin als sogenanntes Präbiotikum bei Entzündungen im Magen-Darm verwendet.
Als mögliche Auslöser werden unter anderem Unverträglichkeiten gegenüber Nahrungsmitteln erwogen.
Eine erbliche Vorbelastung scheint bei der Erkrankung eine zentrale Rolle zu spielen. Über die eigentlichen Ursachen sind sich die Wissenschaftler noch nicht im Klaren. Sicher ist, dass es mehrerer Faktoren bedarf, die den Ausbruch des Lupus erythematodes wahrscheinlich machen.
Das Erscheinungsbild des Lupus erythematodes kann beinahe alle Organe betreffen. Es kann also nicht von einer rheumatischen Weichteilerkrankung im eigentlichen Sinn gesprochen werden.
Die bisher bekannten Symptome treten nicht zwingend bei allen Erkrankten auf. Ein Wechsel im individuellen Erscheinungsbild des Lupus erythematodes ist ebenso wahrscheinlich wie das gleichzeitige Auftreten verschiedener Krankheitszeichen bei einem Patienten.
Das Vollbild eines Lupus erythematodes wird heute selten diagnostiziert. Erst beim Auftreten von Symptomen an mehreren Organen und Geweben spricht man vom systemischen Lupus erythematodes (SLE).
Die Vielzahl allgemeiner Symptome macht eine Zuordnung zum SLE in der Anfangsphase schwierig. Von einer Selbstdiagnose ist abzuraten, da sich die Erkrankung auf den ganzen Körper ausbreiten kann (Generalisierung) und schwere Folgen haben kann. Treten allgemeine Krankheitszeichen über einen längeren Zeitraum und ohne erkennbare Ursache auf, sollte in jedem Fall ein Arzt zurate gezogen werden.
Neben Symptomen, wie sie bei grippalen Infekten auftreten, kommt es zu einer auffälligen Lichtempfindlichkeit. In Verbindung mit roten Flecken, vor allem im Gesichtsbereich, kann dies ein Hinweis auf einen Lupus erythematodes darstellen. Die typische schmetterlingsförmige Hautrötung im Gesicht ist bei etwa 40 Prozent der betroffenen Patienten anzutreffen.
Bedingt durch den schubweisen Verlauf können Erkrankungen an manchen Organen klinisch lange Zeit latent (versteckt) verlaufen. Werden diese durch regelmäßige Kontrolluntersuchungen nicht rechtzeitig erkannt, führen sie zu irreparablen Schäden.
Der systemische Lupus erythematodes zeichnet sich nicht durch eine klar definierte Symptomatik aus. Im Folgenden sollen die wesentlichen Krankheitszeichen beschrieben werden, welche in unterschiedlicher Häufigkeit bei den Patienten auftreten.
Symptome wie Gliederschmerzen, Kopfschmerz oder Müdigkeit sind Anzeichen, wie sie bei einer Vielzahl von Erkrankungen auftreten können. Diese gilt es unter dem Vorzeichen der Dauer, Ausprägung und anderer zusätzlicher Krankheitszeichen zu bewerten. Weder eine Verharmlosung noch eine Überbewertung sind einer Diagnosefindung hilfreich. Jede Symptomatik, welche über das bisher gekannte Maß hinausgeht beziehungsweise Anlass zum Zweifel gibt, sollte von einem Arzt beurteilt werden.
Schmerzen an den Gelenken treten häufig auf. Im Gegensatz zu rheumatischen Gelenkerkrankungen werden die Gelenke beim systemischen Lupus erythematodes in seltenen Fällen angegriffen. Dennoch kann es zu Deformationen (Verformungen) wie bei der Lupus-Arthropathie (Gelenkerkrankung) kommen. Diese Ausprägung einer Gelenkbeteiligung wird als Jaccoud-Arthropathie bezeichnet. Die Schwächung von Muskeln und Sehnen kann zu einer typischen Z-förmigen Fehlstellung des Daumens führen.
Der systemische Lupus erythematodes kann mit unterschiedlichen Beschwerdebildern der Haut einhergehen. Bei etwa der Hälfte der Patienten wird der SLE von einem Schmetterlingserythem begleitet. Häufig tritt diese Rötung der Haut im Gesicht beidseitig nach UV-Exposition (Einwirkung von Sonnenlicht) auf. Ebenfalls gehäuft findet sich ein den Masern ähnlicher Hautausschlag, der den ganzen Körper betreffen kann. Auffällig sind Risse und überschießende Hautveränderungen vor allem an den Unterarmen. In den meisten Fällen heilen all diese Symptome komplikationslos ab.
Defekte an der Schleimhaut (wie im Mund oder in der Nase) sind oft gesehene, jedoch schmerzlose Begleiterscheinungen. Nicht selten findet sich ein Haarausfall (Alopezie), der in der frühen Phase des Lupus erythematodes ein erster Hinweis auf eine Erkrankung sein kann.
Die Quellen bezüglich der Häufigkeit einer Nierenbeteiligung schwanken stark. Dies mag an der Tatsache liegen, dass die Nephritis (Nierenentzündung) beim systemischen Lupus erythematodes häufig über einen langen Zeitraum symptomlos verläuft. Gerade bei der Möglichkeit solcher latent verlaufenden Symptome ist ein regelmäßiges Screening möglicher Organbeteiligungen unumgänglich. Ist die Lupus-Nephritis (Nierenentzündung) ausgebrochen, äußert sie sich durch eine für die Nephritis typische Proteinurie (Eiweiß im Urin) sowie das Vorhandensein von roten Blutkörperchen im Urin. Das Auftreten vorgenannter Anzeichen sollte zur Durchführung einer Nierenbiopsie (Entnahme einer Gewebeprobe) führen.
Zur Abgrenzung der Lupus-Nephritits von einer auf andere Weise erworbene Nephritis stehen spezifische Diagnosemöglichkeiten zur Verfügung.
Schwerwiegende psychiatrische Störungen (Psychosen, Depression) und neurologische Erscheinungen (epileptische Anfälle, Koordinationsstörungen) werden bei einer Beteiligung des zentralen Nervensystems am Lupus erythematodes bei 15 bis 50 Prozent der Patienten beobachtet. Unspezifische Beeinträchtigungen wie Vergesslichkeit oder Wortfindungsstörungen können gleichfalls auf eine ZNS-Beteiligung hindeuten.
Ist das Verdauungssystem betroffen, berichten die Patienten über Erbrechen, Übelkeit und allgemeines Unwohlsein. Die Ursache liegt hier im Magen-Darm-Trakt selbst. Es ist allerdings auch möglich, dass es sich um die Symptome einer Peritonitis (Bauchfellentzündung) handelt.
Bei einer Ausweitung (Generalisierung) des Lupus erythematodes kann es auch zu einer Beteiligung der Lunge kommen. Entzündliche Erkrankungen, beispielsweise eine Pleuritis(Rippenfellentzündung) oder Pneumonitis (nicht bakterielle, entzündliche Veränderung der Lunge), verlaufen ähnlich der Lupus-Nephritis in vielen Fällen ohne typische Krankheitszeichen. Eine Flüssigkeitsansammlung im Rippenfell (Pleuraerguss) kann starke Schmerzen beim Atmen zur Folge haben. Unbehandelt ist die Entstehung einer Lungenfibrose (bindegewebiger Umbau der Lunge) mit häufiger anstrengungsbedingter Luftnot möglich.
In beinahe einem Drittel aller Fälle ist das Herz mit beeinträchtigt. Im Ultraschall können Veränderungen der Herzklappen, Infektionen des Herzmuskels (Myokarditis) sowie auch Flüssigkeitsansammlungen im Herzbeutel dargestellt werden. Eine spezielle Form stellt eine nicht bakterielle Entzündung des Herzinneren dar (Libman-Sacks-Endokarditis).
Vor allem bei jungen Patienten kann eine rasch fortschreitende Arteriosklerose nachgewiesen werden. Die Folgen dieser Verengung von Blutgefäßen können bis hin zum Herzinfarkt, einem Schlaganfall und schweren Nierenschädigungen führen.
Sind die Blutgefäße angegriffen, äußert sich das mit roten Hautflecken, die punktuell sowie großflächig auftreten können. Dies ist die Folge einer Entzündung sehr kleiner Adern, welche in die Unterhaut einbluten.
Im Blut selbst zeigt sich häufig eine Verminderung aller zellulären Bestandteile. Durch das Vorhandensein von Autoantikörpern werden die roten und weißen Blutkörperchen ebenso wie die für die Gerinnung zuständigen Plättchen (Thrombozyten) zerstört.
Gesichtsfeldausfälle sowie eine verminderte Sehkraft können auch die Folge einer Gefäßveränderung darstellen. Blutgerinnsel (Thrombosen) und entzündliche Veränderungen der Adern im Augenhintergrund und der Netzhaut sind hier eine oft gesehene Ursache.
Daneben können sich beim systemischen Lupus erythematodes Symptome anderer, eigenständiger Krankheiten bemerkbar machen.
Darunter fällt das Raynaud-Syndrom, welches durch Gefäßstörungen und auffallend weiße Finger gekennzeichnet ist.
Eine zusätzliche Beteiligung von sekretproduzierenden Drüsen (Speichel, Vagina) mit Trockenheitssymptomen (Mundtrockenheit) könnte auf ein parallel vorhandenes Sjögren-Syndrom hinweisen.
Ein großer Anteil der Patienten mit SLE leidet zusätzlich unter dem sogenannten Antiphospholipid-Syndrom. Vorwiegend sind Frauen betroffen, bei denen es zu Blutgerinnseln und Fehlgeburten kommen kann.
Selten wird von einer autoimmunen Erkrankung der Schilddrüse, der sogenannten Hashimoto-Thyreoiditis berichtet.
Da es beim Lupus erythematodes zur Bildung von Immunkomplexen kommt, wird dieser als eine mögliche Ursache einer Typ-III-Allergie diskutiert.
Sind die Symptome des Lupus erythematodes auf das Haut- und Unterhautfettgewebe begrenzt, spricht man vom kutanen Lupus erythematodes (CLE). Je nach Symptomatik wird dieser in verschiedene Untertypen eingeteilt. In vielen Fällen sind die Patienten nicht nur von einem Typ betroffen. Ob es zu einem Übergang in einen systemischen Lupus kommt, hängt stark von der Art des kutanen Lupus erythematodes ab. Am häufigsten ist beim akut kutanen Lupus mit einer Generalisierung (Ausbreitung auf den ganzen Körper) zu rechnen.
Nicht jeder Rötung der Haut nach einem Sonnenbad muss eine ernsthafte Erkrankung zugrunde liegen. Wenn die Beschwerden über einen ungewöhnlich langen Zeitraum bestehen, sollte in jedem Fall ein Arzt aufgesucht werden.
Unter einem akut kutanem Lupus erythematodes versteht man das alleinige Auftreten definierter Hautsymptome. Es wird zwischen einem örtlich begrenzten und einem generalisierten ACLE unterschieden. Beim örtlich umschriebenen kutanen Lupus treten die Hautsymptome in Form von regelmäßigen, symmetrischen, klar begrenzten Rötungen an den Wangen und der Nase auf. Daher rührt die Bezeichnung Schmetterlingserythem. Die generalisierte Form des akuten kutanen Lupus erythematodes darf nicht mit dem generalisierten systemischen Lupus verwechselt werden. Der ACLE in seiner generalisierten Form äußert sich in kleinen himbeerroten Hauterscheinungen (Erythemen) am ganzen Körper. Weiter werden Einblutungen, insbesondere an den Nagelfalzen, und entzündlichen Defekten der Mundschleimhaut diagnostiziert.
Wird der ACLE behandelt, kann von einem vollständigen, jedoch vorübergehendem Verschwinden der Symptome ausgegangen werden.
Der subakut kutane Lupus erythematodes stellt eine Zwischenform des kutanen und systemischen Lupus erythematodes dar. Diese seltene Form neigt bei 10 bis 15 Prozent aller Betroffenen zu einer Generalisierung (Ausbreitung auf den ganzen Körper), wobei vorwiegend innere Organe betroffen sind.
Ist die Haut in Mitleidenschaft gezogen, sind Symptome, die einer Schuppenflechte (Psoriasis) ähnlich sind, bis hin zu blasigen Ablösungen der oberen Hautschicht charakterisierend. Die Beschwerden neigen nicht zur Vernarbung, hinterlassen jedoch unschöne Pigmentierungsstörungen. Lokalisiert sind diese Hauterscheinungen am Rücken und Dekolleté sowie an den Außenseiten der Ober- und Unterarme. Zeitgleich finden sich gehäuft Schäden an inneren Organen, insbesondere den Nieren, sowie eine Beteiligung des zentralen Nervensystems.
Auslöser ist häufig das Sonnenlicht, selten werden Medikamente als Ursache ausgemacht.
Unter der Bezeichnung chronisch kutaner Lupus erythematodes sind der diskoide Lupus erythematodes, der Lupus erythematodes profundus und der Chilblain-Lupus zusammengefasst.
Diskoider Lupus erythematodes (CDLE)
Der diskoide Lupus erythematodes tritt unter den kutanen (die Haut betreffenden) Formen am häufigsten auf. Seinen Namen verdankt er den scheibenförmigen Hautveränderungen. Vor allem an Licht ausgesetzten Körperteilen entwickeln sich bis zu zwei Zentimeter große Flecken. Diese zeigen sich am Rand rot und verschuppen weißlich gegen das Zentrum. Entfernt man diese Schuppen, verbleibt ein fester Hautsporn (sogenanntes Tapeziernagelphänomen). Vernarbt der Lupus, bleiben haarlose, tief eingesunkene Wundmale zurück. Im Gesichtsbereich kommt es durch den Schrumpfungseffekt der Narben zu einer Verformung von Nase und Ohren.
In seltenen Fällen kann sich eine Form von Hautkrebs (Plattenepithelkarzinom) entwickeln. Ein Übergang in den systemischen Lupus erythematodes wird nur in 5 von 100 Fällen beobachtet.
Lupus erythematodes profundus (LEP)
Im Gegensatz zur diskoiden Form handelt es sich beim Lupus erythematodes profundus (tiefliegend) um ein seltenes Erscheinungsbild. Feste Knoten im Unterhautfettgewebe hinterlassen vielfach tiefe Narben im Gesicht, dem Gesäß sowie an Armen und Beinen. Die Haut darüber erscheint bisweilen normal, kann jedoch auch Anzeichen aufweisen, wie sie bei einem diskoiden Lupus beschrieben sind. Das Erscheinen der Symptome ist nicht lichtabhängig.
Chilblain-Lupus erythematodes (CHLE)
Auch beim Chilblain-Lupus erythematodes ist nicht Licht der Auslöser. Die auf Druckschmerz empfindlichen blassblauen bis roten Schwellungen treten vorwiegend an Stellen auf, welche stark der Kälte ausgesetzt sind. Daher rührt der Name Chilblain, was übersetzt Frostbeule bedeutet. Erst eine beginnende knotige bis schuppende Veränderung lässt diesen Untertyp in der kalten Jahreszeit von Frostbeulen unterscheiden.
Vom lateinischen tumidus, geschwollen, leitet sich die Bezeichnung für diesen Untertyp ab. Bis zu zwei Zentimeter große erhabene Knötchen breiten sich an der Sonne ausgesetzten Körperpartien aus. Ein besonderes Merkmal ist hier die glatte Oberfläche und die kreisrunde bis halbmondförmige Anordnung auf der Haut. Größtenteils heilen diese ohne Bildung von Narben ab und können sich sogar spontan zurückbilden.
Die Voraussetzung für die Entwicklung eines neonatalen (frühkindlichen) Lupus erythematodes ist die Durchlässigkeit der Plazenta (Mutterkuchen) für bestimmte Antikörper. Diese Plazentagängigkeit wird bei bestimmten Antikörpern gegen Zellkerne (SSA und SSB) beobachtet. Die Häufigkeit dieser Antikörper (SSA 50 Prozent, SSB 10 Prozent) bedeutet, dass es nicht zwingend zu einer Erkrankung des Neugeborenen kommen muss. Ab dem 4. Schwangerschaftsmonat sind diese Antikörper imstande, die Gebärmutterschranke zu überwinden. Dies geschieht auch, wenn die Mutter zu diesem Zeitpunkt keine Symptome zeigt.
Erkranken die Kinder, leiden sie vorwiegend an Hauterscheinungen, wie sie beim subkutanen Lupus erythematodes beschrieben sind. Die Form des Hautlupus heilt vielfach nach zwei Jahren spontan ab.
Erhöhte Leberwerte und Veränderungen im Blutbild sowie andere organische Beteiligungen verschwinden meist wieder.
Eine Ausnahme bildet die narbige Veränderung des Herzmuskels (Myokard). In weniger als zwei Prozent geht dies in einen AV-Block III. Grades über. Es handelt sich dabei um eine schwerwiegende Herzrhythmusstörung. Auch eine Therapie kann diese Schädigung nicht rückgängig machen. Die Notwendigkeit eines Herzschrittmachers ist nicht zu umgehen.
In Deutschland leiden etwa 60.000 Menschen an einer der Formen des Lupus erythematodes. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung und der großen Bandbreite möglicher Symptome wird der Lupus erythematodes vielfach verkannt.
Eine gewissenhafte Anamnese (Erfassung der Informationen im Gespräch mit dem Patienten) durch einen Internisten (Arzt für Innere Medizin) ermöglicht es, die vielseitigen Anzeichen in den richtigen Zusammenhang zu bringen.
Die diagnostischen Möglichkeiten reichen von der Beurteilung des äußeren Erscheinungsbildes über Palpation und Perkussion (Tastbefunde) sowie der Auskultation (Abhören) bis hin zu modernen bildgebenden Verfahren. Funktionsprüfungen und nicht zuletzt eine zielgerichtete Labordiagnostik können die Diagnose Lupus erythematodes erhärten.
Bei dem Verdacht auf eine Beteiligung der Augen oder des zentralen Nervensystems sollte eine Überweisung (Konsil) zu einem Facharzt erfolgen.
Eine Überlappung oder ein zeitliches Nacheinander von Symptomen verhindert vielfach eine sofortige Bestimmung des genauen Untertyps. Kriterienkataloge können bei Krankheiten mit unterschiedlichen Krankheitsbildern zur schnelleren Diagnosefindung beitragen.
Aktuell stehen zur Klassifizierung des Lupus erythematodes zwei Kriterienkataloge zur Verfügung. Der ältere von beiden aus dem Jahr 1982 (überarbeitet 1997) wurde vom American College of Rheumatology (ACR) erstellt. Eine genauere Einteilung erscheint mit der Tabelle der Systemic Lupus International Collaborating Clinics (SLICC) möglich.
Auffallend bei der ACR ist die relative Häufigkeit von Hautkriterien. So kann mittels der ACR-Kriterien nicht sicher zwischen einem kutanen und einem systemischen Lupus erythematodes unterschieden werden. Das Vorliegen von wenigstens vier der elf ACR-Kriterien erhärtet den Verdacht auf einen Lupus erythematodes.
Die Klassifikation nach SLICC kann eine Abgrenzung zu anderen Erkrankungen sowie eine Einteilung in Untertypen gut leisten. Die Tabelle umfasst 17 Punkte, wovon vier für eine Sicherstellung der Diagnose erforderlich sind. Jeweils ein Kriterium aus dem Bereich der klinischen Symptome sowie ein immunologisches Kennzeichen sind zwingend.
In der folgenden Tabelle sind beide Kriterienkataloge vergleichend aufgeführt. Sie kann Anhaltspunkte liefern, soll jedoch nie zur Eigendiagnose verwendet werden. Es handelt sich lediglich um eine gekürzte Version. Den Ärzten liegt darüber hinaus ein Punktescore vor, der eine Gewichtung einzelner Gesichtspunkte ermöglicht.
Kriterium | ACR | SLICC |
---|---|---|
1 | Schmetterlingserythem | Akuter Lupus erythematodes einschließlich Schmetterlingserythem |
2 | Kutaner Lupus erythematodes | Chronisch kutaner Lupus erythematodes |
3 | Photosensibilität | Schleimhautulzeration (Defekt/Geschwür) in Mund/Nase |
4 | Schleimhautulzeration (Defekt/Geschwür) in Mund/Nase | Synovitis (Gelenkinnenhautentzündung), Druckschmerz, Morgensteife |
5 | Gelenkschmerzen | Nierenbeteiligung |
6 | Nephritis (Entzündung der Niere) | Neurologische Beteiligung (Störungen Nervensystem) |
7 | Enzephalopathie (Erkrankung des Gehirns) | Pleuritis (Brustfellentzündung) Perikarditis (Herzbeutelentzündung) Peritonitis (Bauchfellentzündung) Aszites (Bauchwassersucht) |
8 | Pleuritis (Brustfellentzündung) oder Perikarditis (Herzbeutelentzündung) | Hämolytische Anämie (Blutarmut durch Zerstörung von Blutzellen) |
9 | Hämolytische Anämie (Blutarmut durch Zerstörung von Blutzellen) Leukozytopenie (verminderte Anzahl weißer Blutkörperchen) Thrombozytopenie (verminderte Anzahl von Blutplättchen) | Leukozytopenie (verminderte Anzahl weißer Blutkörperchen) |
10 | Nachweis antinukleärer Antikörper (ANA) | Thrombozytopenie (verminderte Anzahl von Blutplättchen) |
11 | Nachweis von Antikörpern gegen Doppelstrang-DNA (dsDNA-AK) Smith-Antigen-Antikörper(Sm-AK) | Nachweis antinukleärer Antikörper (ANA) oberhalb des Laborreferenzwerts |
Anti-dsDNA-Antikörper | ||
Anti-Sm-Antikörper | ||
Anti-Phospholipid-Antikörper | ||
Erniedrigtes Komplement (C3, C4 oder CH50) | ||
Direkter Coombs-Test positiv | ||
Nicht vernarbende Alopecia (Haarausfall) |
Bei einem klinischen Anfangsverdacht eines Lupus erythematodes wird der Arzt ein Screening-Labor veranlassen. Darin enthalten ist die BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit). Viele Labore bieten diese kaum mehr an, da das CRP (C-reaktives Protein) als Entzündungsmarker im Allgemeinen praktikabler erscheint. Beim Lupus ist die BSG jedoch von Bedeutung: Während die Blutsenkung beim Lupus deutlich beschleunigt ist, findet sich kein eindeutiger Anstieg des C-reaktiven Proteins.
Das große Blutbild gibt Aufschluss über eine mögliche Verminderung der roten und weißen Blutkörperchen sowie der Blutplättchen (Thrombozyten).
Die Bestimmung des Kreatinins und ein ausführlicher Urinstatus, welcher eine mikroskopische Beurteilung einschließt, können einen Hinweis einer Organbeteiligung insbesondere der Nieren aufzeigen.
Ein erster Eindruck bezüglich der Antikörpersituation wird mit der Bestimmung der antinukleären Antikörper (ANA, Antikörper gegen Zellkerne) erreicht. Dafür wird eine Zellkultur mit bestimmten Zellen (HEp-2-Zellen) verwendet. Anhand eines spezifischen Musters unter dem Mikroskop gibt die Untersuchung Auskunft über vorhandene derartige Antikörper. Das ergibt einen ersten Hinweis auf die Ausprägung des Lupus oder mögliche andere Erkrankungen.
Ist der Screening-Test auffällig, werden weitere Labortests angefordert. Im Vordergrund steht die genauere Unterscheidung der Autoantikörper (wie anti-dsDNA-Antikörper, anti-Sm-Antikörper).
Falls auffällige Störungen bei den Gerinnungstests vorliegen oder Blutgerinnsel beim Patienten aufgetreten sind, ist ein Test auf das Vorhandensein von Antiphospholipid-Antikörpern sinnvoll. Sind diese erhöht (Antiphospholipid-Syndrom), steigt die Thrombosegefahr.
Außerdem gebührt der ansonsten aus der Mode gekommenen Bestimmung der Komplementfaktoren beim Lupus wieder eine wichtige Rolle.
Die Vielschichtigkeit des Lupus erythematodes erfordert darüber hinaus eine eingehende Laboruntersuchung auf Werte, die auf Veränderungen der inneren Organe hinweisen, vor allem der Nieren. Laborparameter zur Beurteilung der Leber (Leberenzyme, Laktatdehydrogenase), der Muskeln und der Knochen (Kreatinkinase, Phosphat) sind ein wichtiger Baustein der komplexen Diagnostik.
Die Unterscheidung in die einzelnen Typen des Lupus erythematodes erfolgt nicht nur zur Dokumentation. Vielmehr geht es um mögliche Therapiemaßnahmen und die Vermeidung auslösender Faktoren, welche sich gemäß den Untergruppen unterscheiden können. Denkbare Maßnahmen zur Differenzierung können noch eine feingewebliche (histologische) Untersuchung von Haut- oder Organproben sein.
Der Nachweis unterschiedlicher Autoantikörper im Labor liefert entscheidende Hinweise auf den Untertyp eines Lupus erythematodes.
In der Anfangsphase des Lupus erythematodes treten die Symptome vielfach noch einzeln zutage. Die Patienten orientieren sich mit der Arztwahl somit in erster Linie an ihren Krankheitszeichen. Bei einem begründetem Verdacht eines Lupus erythematodes sollte die Behandlung in eine leitende Hand gegeben werden.
Auch für einen erfahrenen Internisten (Facharzt für Innere Medizin) ist die Liste möglicher Gründe (Differenzialdiagnosen) für die Symptome lang und bedarf einer ausführlichen, den Krankheitszeichen entsprechenden Diagnostik. In vielen Fällen wird der Arzt sich auf die Aussagen von Spezialisten berufen wollen. Gerade der kutane Lupus erfordert das Fachwissen eines Hautarztes. Häufig anzutreffende Nierenentzündungen oder immunologische Erkrankungen benötigen für die Abgrenzung zum Lupus erythematodes das Spezialwissen eines Urologen oder Immunologen.
Eine Besonderheit stellt der sogenannte arzneimittelinduzierte systemische Lupus erythematodes dar. Wie der Name vermuten lässt, wird dieses Pseudo-Lupus-erythematodes-Syndrom durch eine Reihe von Wirkstoffen in Medikamenten ausgelöst. Antidepressiva (Hydrazine), Antiepileptika (Hydantoine), entzündungshemmende Mittel (Sulfasalazin) sowie Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen (Procainamid) sind als Urheber im Gespräch. Im Labor lässt sich ein solcher Pseudo-LE anhand antinukleärer Antikörper (ANA) und Histon-Antikörper differenzialdiagnostisch unterscheiden. Werden die Medikamente abgesetzt, verschwinden meist auch die Symptome.
Der Lupus erythematodes verläuft typischerweise in Schüben. Zwischen Phasen, in denen die Krankheit eine hohe Aktivität aufweist, zeigen viele Patienten kaum Krankheitszeichen. Dies kann bis hin zu einer vorübergehenden Remission (Beschwerdefreiheit) führen.
Nicht nur der Krankheitsverlauf eines einzelnen Patienten (intraindividuell) variiert stark, auch die Symptomatik innerhalb aller Erkrankten (interindividuell) kann erheblich schwanken.
Die jeweils nächste Phase im Krankheitsgeschehen ist für den Betroffenen kaum vorhersehbar. Jedoch können unter Zuhilfenahme verschiedener Punktesysteme die aktuelle Aktivität der Krankheit und ein zu erwartender Schub vorhergesagt werden. Diese Scores (BILAG, SLEDAI, SLAM, ECLAM) bilden vor allem Laborbefunde und klinische Anzeichen ab, wie sie schon bei der Eingangsuntersuchung erfasst wurden. Sie sollten engmaschig erhoben werden, um rechtzeitig eine entsprechende Therapie einleiten zu können.
Insbesondere der Anstieg der anti-dsDNA-Antikörper sowie ein Abfall der Komplementfaktoren können mehrere Wochen im Voraus auf einen kommenden Schub hinweisen.
Die Ermittlung bereits entstandener Haut- oder Organschädigungen dient der Abschätzung der individuellen Krankheitsprognose sowie einer symptombezogenen Therapie. Der Therapieansatz einer Immununterdrückung (Immunsuppression) ist hinsichtlich vorhandener Schäden nicht mehr zielführend. Das Ausmaß eines bereits entstandenen Schadens wird gleichfalls mittels eines Punktesystems festgestellt. Beim systemischen Lupus erythematodes bietet sich der sogenannte SLICC/ACR Damage Index an (Systemic Lupus International Collaborating Clinics/American College of Rheumatology).
Maßnahmen zur Therapie des Lupus erythematodes können immer nur bedeuten, eine Verschlechterung der aktuellen Krankheitssituation zu vermeiden und zukünftigen Schädigungen vorzubeugen. Eine Heilung ist nach bisherigem wissenschaftlichem Kenntnisstand nicht möglich.
Es gilt abzuwägen, inwiefern überhaupt eine Therapie notwendig ist oder ob zum Beispiel eine lebensnotwendige Immunsuppression erforderlich ist (hierbei wird das Immunsystem teilweise unterdrückt).
So vielschichtig sich der Lupus erythematodes darstellt, so individuell müssen Maßnahmen zur Therapie auf jeden einzelnen Patienten abgestimmt werden. Da es keine endgültige Diagnose gibt, muss die Therapie gegebenenfalls jeweils an eine neue Symptomatik angeglichen werden. Die Behandlung des Lupus erythematodes ist aus diesem Grund stufenweise aufgebaut.
In erster Linie kommen in leichten Fällen entzündungshemmende und schmerzlindernde Medikamente zum Einsatz, vor allem nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR). Diese können von allen Patienten lebenslang eingenommen werden. NSAR senken die Wahrscheinlichkeit von Organschäden und vermindern die Aktivität der Erkrankung und die Sterblichkeit. Ein wesentlicher Vorteil ist der rausche Eintritt der Wirkung, sodass sie therapiebegleitend beim Einsatz anderer Medikamente verordnet werden.
Die Behandlung mit den Malariamitteln Hydroxychloroquin und Chloroquin ist bei allen Patienten mit Lupus erythematodes das Mittel der Wahl. Diese zeigen eine gute Wirksamkeit bei Beteiligung der Gelenke und bei Hautveränderungen. Sie haben zudem einen positiven Effekt beim Nierenlupus bewiesen.
Medikamente gegen Malaria können die Schübe der Erkrankung hinauszögern und deren Häufigkeit verringern. Ein Nachteil ist der lange Zeitraum (drei bis sechs Monate), bis sie ihre Wirksamkeit entfalten können. Patienten, die diese Therapie erhalten, sollen strikt auf das Rauchen verzichten.
Der kutane Lupus erythematodes wird häufig mit Glukokortikoiden (Cortison-Präparaten) in Salben- oder Pastenform behandelt. Diese entfalten ihre Wirksamkeit insbesondere auf der behaarten Kopfhaut sowie an den Händen und Fußsohlen. Von einer langfristigen Anwendung sollte vor allem beim Schmetterlingserythem Abstand genommen werden. Nebenwirkungen wie Atrophien (Gewebeschwund) oder Entzündungen der Lippen und Mundschleimhaut führen zu einer zusätzlichen Belastung des Patienten.
Ziel einer medikamentösen Therapie ist es, eine optimale Wirkung bei möglichst geringer Belastung für den Patienten zu erreichen. Kann mit NSAR (nichtsteroidalen Antirheumatika) und Glukokortikoiden kein ausreichender beziehungsweise anhaltender Therapieerfolg erzielt werden, kommen Immunsuppressiva zum Einsatz.
Immunsuppressiva gehören zu den Medikamenten, welche ein überschießendes Immunsystem in Schach halten können. Gängige Mittel dieser Art sind Azathioprin, Methotrexat (MTX) oder Ciclosporin. Die Anwendung mehrerer Immunsuppressiva oder eine Behandlung in Kombination mit Malariamitteln und Glukokortikoiden ist möglich. Letzteres bietet sich vor allem an, um die Dosis der Glukokortikoide niedrig zu halten.
Sind lebenswichtige Funktionen bedroht, wie beispielsweise bei einer Beteiligung der Niere, wird alternativ der Einsatz von Zytostatika erwogen. Unter einem Zytostatikum versteht man einen chemischen Stoff, der die Teilung von Zellen unterdrückt. Aufgrund der toxischen Nebenwirkungen (Zellgift) versucht man die notwendige Menge dieser Medikamente zu verringern.
Zu diesem Zweck greift man zur sogenannten Bolustherapie. Dabei wird eine hohe Dosis in langen Zeitabständen verabreicht. Zum Einsatz kommen die Substanzen Cyclophosphamid oder Mycophenolat-Mofetil.
Seit einigen Jahren sind neben der Standardtherapie monoklonale Antikörper (hier das Medikament Belulimab) zugelassen. In der Therapie macht man sich die Tatsache zu eigen, dass diese speziellen Antikörper gegen eine spezifische Substanz (hier gegen Autoantikörper) gerichtet sind und diese in ihrer Funktion behindern. Ein Behandlungserfolg kann sich frühestens nach drei Monaten einstellen.
Akute Schübe des Lupus erythematodes bedürfen in vielen Fällen einer schnell wirksamen Medikation. Geeignet scheint hier die Verabreichung hoher Dosen von Glukokortikoiden über einen kurzen Zeitraum. Diese Therapie wird im Allgemeinen gut vertragen. Sie sollte dennoch wegen der Gefahr des Auftretens eines Cushing-Syndroms (Krankheitsbild bei einem hohen Cortisolspiegel, der durch starke Cortisonzufuhr entstehen kann) schrittweise gegen null reduziert werden. Einer Osteoporose als Nebenwirkung kann durch die Verabreichung von Vitamin D entgegengewirkt werden.
Da es zu einem breiten Spektrum an Symptomen, verteilt über den menschlichen Organismus, kommen kann, können mannigfaltige Therapieoptionen in Betracht kommen.
Das Risiko für eine Arteriosklerose erfordert eine regelmäßige Blutdruckkontrolle.
Physikalische Therapiemöglichkeiten können bei der Beeinträchtigung von Gelenken und Muskulatur förderlich sein.
Grundsätzlich gilt es, ein möglichst gesundes und auf die Krankheit abgestimmtes Leben zu führen.
Nur wenige sehr kritische Situationen machen Verfahren wie eine Plasmapherese (Austausch von Blutplasma) oder eine Stammzelltransplantation notwendig.
Wie bei vielen anderen Erkrankungen orientiert sich die Therapie an den Möglichkeiten, wie sie bei der Behandlung Erwachsener bekannt sind. Bei Kindern wird die Verabreichung immunsuppressiver Substanzen angestrebt, um die Dosierung von Glukokortikoiden niedrig zu halten.
Wird das Immunsystem herunterreguliert, steigt die Infektanfälligkeit. Diese Tatsache macht Infektionen zum größten Risiko für Todesfälle beim Lupus. Gleichfalls erfordert der Einsatz von Zytostatika ein sorgsames Abwägen zwischen Nutzen und Nebenwirkung. Diese reichen vom Haarausfall über massive Probleme des Magen-Darm-Traktes bis hin zu Störung des blutbildenden Knochenmarkes.
Früher vermutete Zusammenhänge von bösartigen Tumoren unter der Behandlung mit Immunsuppressiva konnten in neueren Studien nicht bestätigt werden.
Erkrankungen des Herz- und Kreislaufsystems werden in vielen Fällen durch eine beim Lupus beschleunigte Verkalkung der Gefäße verursacht.
UV-Strahlung, sei es durch das Sonnenlicht oder künstliche Besonnung, stellen bei einer Reihe von Untergruppen des Lupus erythematodes einen auslösenden Stimulus dar. Wird die Krankheit hierdurch aktiviert, kann dies zu einer weiteren Schädigung führen.
Durch Bakterien, Viren oder Pilze verursachte Krankheiten können einerseits die Ursache für einen erneuten Schub darstellen. Andererseits wird durch eine das Immunsystem schwächende Behandlung einer Infektion Vorschub geleistet. In jedem Fall sollten Lupus-Patienten sich durch entsprechende Beachtung von einfachen Hygienemaßnahmen schützen.
Aufgrund der hohen Infektionsgefahr sind Impfungen grundsätzlich empfohlen. Von einer Immunisierung mit Lebendimpfstoffen (Gelbfieber, Typhus, Masern-Röteln-Mumps) ist abzuraten. Passivimpfstoffe, bei denen die Immunisierung mittels abgetöteter Keime geschieht (Tetanus, FSME, Hepatitis B), sind durchaus möglich. Bei einer Behandlung mit immunsupprimierenden Medikamenten kann es zu Impfausfällen kommen. Ob eine Impfung im Einzelfall notwendig ist, lässt sich durch die Bestimmung des Impftiters im Voraus klären.
Thrombosen und Embolien als Folge von Blutgerinnseln sind häufige Komplikationen des Antiphospholipidsyndroms, das bei vielen Patienten mit systemischem Lupus auftritt. Bei Frauen im gebärfähigen Alter sind diese ein nicht zu unterschätzender Faktor für eine Fehlgeburt. Eine langfristige Gabe von gerinnungshemmenden Medikamenten (Antikoagulantien) ist in der Folge unausweichlich.
Die Therapie mit Zytostatika führt bei 15 von 100 Patientinnen zu einem vorzeitigen Einsetzen der Wechseljahre. Daraufhin entwickeln etwa zehn Prozent der Erkrankten eine Osteoporose.
Eine Schwangerschaft bei einer Erkrankung an Lupus erythematodes ist ein Risiko. Die Frauen müssen sich über eine mögliche erneute Schubauslösung sowie mögliche Fehlgeburten im Klaren sein.
Entsprechend sollten im Vorfeld Maßnahmen zum Schutz von Mutter und Kind ergriffen werden. Der Lupus muss mit Medikamenten gut eingestellt werden. Weiter muss sichergestellt sein, dass die Medikamente auch während der Schwangerschaft eingenommen werden dürfen. Eine Schwangerschaft unter der Einnahme von Immunsuppressiva oder Zytostatika ist auf jeden Fall zu vermeiden.
Insgesamt gehen die derzeitigen Erkenntnisse von einem kaum erhöhten Risiko einer Fehlgeburt aus. Die Möglichkeit von Fehlbildungen wird ausgeschlossen. Allerdings besteht in einigen Fällen die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung von antinukleären Antikörpern, was zu einem frühkindlichen Lupus erythematodes führen kann.
Zur Verhütung einer Schwangerschaft stehen zahlreiche wirksame Methoden zur Auswahl. Beim Griff zur Pille sollte kein rein östrogenhaltiges Präparat eingesetzt werden. Dieses kann zu einer Verschlechterung der Krankheitssituation führen. Studien belegen, dass die Kombination mit Gestagenen sogar einen positiven Effekt auf den Lupus erythematodes haben kann.
Operationen bergen immer die Gefahr, an Infektionen zu erkranken. Aufgrund möglicher Gerinnungsstörungen muss bei jedem Eingriff eine ausführliche Gerinnungsdiagnostik durchgeführt werden. Alle Risikofaktoren sind im Vorfeld durch den behandelnden Arzt und den Anästhesisten (Narkosearzt) abzuklären.
Eine Heilungsaussicht besteht beim Lupus erythematodes nicht. Zwischen den einzelnen Schüben kommt es zu mitunter länger anhaltenden Phasen, in denen die Krankheit nicht oder kaum aktiv erscheint. Die während des schubweisen Auftretens entstandenen Schäden bilden sich meist nicht vollständig zurück. Im Zuge der Krankheit kommt es somit zu einem fortschreitenden (progredienten) Verlauf und einem zunehmenden Leidensdruck.
Weder die Dauer zwischen den Schüben noch die Intensität eines Schubes lassen sich vorhersagen.
Schwere, foudroyant (blitzartige) Verläufe sieht man dank fortschrittlicher Therapien kaum mehr. So wird heute von einer 5-Jahres-Überlebensrate von 95 Prozent ausgegangen. Daten aus dem Jahr 2003 zeigen, dass auch nach zehn Jahren Krankheitsverlauf noch 93 Prozent aller Erkrankten am Leben sind.
Ursächlich für die verbliebene Sterblichkeit sind innerhalb der ersten Jahre meist Infektionen sowie Nebenwirkungen zu hoch dosierter Glukokortikoide. Später überwiegen Schädigungen des Gefäßsystems sowie der inneren Organe. Maßgeblich für die Prognose ist vor allem, ob eine Beteiligung der Nieren vorliegt.
Die feinmaschige Kontrolle aller Risikoparameter ermöglicht in Deutschland eine in engem Rahmen akzeptable Lebensqualität.
Vorbeugende Maßnahmen gegen den Lupus erythematodes gibt es nicht. Alles Handeln muss darauf hinwirken, eine Verschlechterung und eine mögliche Schädigung durch die Ausbreitung auf weitere Organe und Körperbereiche zu vermeiden. Bei einem schubhaften Verlauf sollen weitere Schübe verhindert oder verzögert werden.
Ein strenger Lichtschutz ist zwingend einzuhalten. Dieser umfasst UV-undurchlässige Kleidung sowie auch Sonnenschutzmittel mit einem Lichtschutzfaktor von wenigstens 50. Als Patient sollte man zudem wissen, dass Fensterglas eine gewisse Durchlässigkeit für UVA-Strahlung besitzt.
Der Mangel an Sonnenlicht führt unvermeidlich zu einem Defizit an Vitamin D. Osteoporose ist eine Folge davon, die durch die Einnahme von entsprechenden Nahrungsergänzungsmitteln abgefangen werden muss. Bei chronischem Vitamin-D-Mangel besteht ein erhöhtes Risiko für Autoimmunerkrankungen. Die Aktivität des Lupus erythematodes steigt, wenn der Vitamin-D-Spiegel im Blut abnimmt. Vorbeugend wirkt die Einnahme von 4000 Einheiten (I.E.) Vitamin D3 täglich.
Das Wissen um Medikamente, welche das Krankheitsbild wieder aufflackern lassen, ist von großer Wichtigkeit. Manche Substanzen bewirken eine zusätzliche Empfindlichkeit gegenüber Sonnenlicht. Der Arzt oder Apotheker muss unbedingt auf die Erkrankung hingewiesen werden.
Der weit verbreitete Ansatz, Darmerkrankungen mit Probiotika zu behandeln, ist sicherlich auch für den Lupus erythematodes sinnvoll. Manche dieser probiotischen Bakterien sind imstande, fremde Substanzen im Darm zu eliminieren, welche für einen Schub auslösend sein können. Es ist jedoch bisher nicht geklärt, inwieweit bestimmte Laktobakterien selbst (Lactobacillus reuteri) zu den Auslösern eines Lupus zählen.
Krankhafte Gefäßveränderungen sind eines der Hauptprobleme bei der Erkrankung. Aus diesem Grund liegt es nahe, auf schädigende Substanzen wie Alkohol und das Rauchen zu verzichten. Bewegung und eine gesunde Ernährung werden immer angeführt, wenn es um eine sinnvolle Vorbeugung geht. Vitamine, Calcium und Magnesium sind für die Immunabwehr und den Knochenaufbau wichtige Substanzen. Liegt kein akuter Schub vor, bestehen keinerlei Bedenken gegenüber einer leichten sportlichen Betätigung.
Stress ist ein Faktor, welcher das bereits angeschlagene Immunsystem weiter schwächen kann. Entspannungsmethoden wie Yoga oder progressive Muskelentspannung können einen großen Beitrag für lange beschwerdefreie Intervalle bieten.
Ein wirksamer und im Alltag tauglicher Schutz gegen Infektionen kann einen neuen Schub verhindern. Impfungen sind unbedingt zu empfehlen, allerdings müssen die oben erwähnten Einwände ernst genommen werden.
Die medizinische Forschung legt ihren Fokus auf neue Therapiemethoden für besonders schwere Formen des systemischen Lupus erythematodes. Studien zur Zytostatikatherapie mit Cyclophosphamid sowie die Anwendung der Stammzelltransplantation sind hoffnungsvolle Ansätze.
Im Gegenzug wurden in den letzten Jahren für den Großteil der Lupus-Erkrankten keine neuen Behandlungsansätze entwickelt. Die Gründe könnten möglicherweise in der niedrigen Fallzahl der Patienten liegen.
Die Lebenserwartung erreicht heute beinahe ein normales Level, wogegen die Verbesserung der Lebensqualität durchaus noch Luft nach oben hat.
In den Kinderschuhen stecken Forschungsansätze, bei denen eine erhöhte Aktivität von Interferon-I eine Rolle spielt.
Bei der Behandlung der Nierenentzündung als Symptom des Lupus erythematodes ist das Medikament Mycophenolat-Mofetil erfolgversprechend. Jedoch fehlt für diese spezielle Anwendung bisher die nötige Zulassung.
Die Anzahl der an Lupus erythematodes erkrankten Patienten ist als gering anzusehen. Anlaufstellen und Selbsthilfegruppen sind nicht weit verbreitet. Eine Recherche im Internet bietet dennoch eine Reihe möglicher Adressen, von denen einige im Folgenden aufgelistet sind.
https://www.lupus-support.de/
https://www.lupus-selbsthilfe.de/kontakte.htm
Lupus erythematodes Selbsthilfegemeinschaft e.V.: http://www.lupus.rheumanet.org/
Lupus-erythematodes-Selbsthilfegruppe Darmstadt, Rheuma-Liga Hessen e.V.: https://www.lupus-shg.de
Schweizerische Lupus erythematodes Vereinigung:
http://lupus-suisse.ch
RheumaNet:
http://www.rheumanet.org
Deutsche Rheuma-Liga und Mitgliedsverbände:
https://www.rheuma-liga.de/
Sjögren-Syndrom-Kontaktstelle:
https://www.sjoegren-erkrankung.de/
Sjögren-Syndrom-Selbsthilfegruppe Darmstadt, Rheuma-Liga Hessen e. V.: https://www.sjoegren-syndrom.de
Scleroderma Liga e. V.:
https://www.scleroliga.de
Sklerodermie Selbsthilfe e. V.:
https://www.sklerodermie-selbsthilfe.de
Arbeitskreis Vaskulitis:
https://www.vaskulitis.org/
https://www.lupus-selbsthilfe.de/literatur.htm
Autoimmunerkrankungen mit chinesischer Medizin gezielt behandeln
Hou, Wanzhu (Autor)
Erscheinungsdatum: 01/2015
Lupus erythematodes
Information für Erkrankte, Angehörige und Betreuende
Herausgeber: Matthias Schneider
aktualisiert am 19.07.2019