Entzündet sich die Herzinnenhaut, dann spricht man von einer Endokarditis. Die Herzinnenhaut wird von den Medizinern als „Endokard“ bezeichnet, die Silbe „-itis“ steht für die Entzündung.
Die Herzwand des Menschen besteht aus mehreren Schichten, wobei das Endokard die innerste dieser Schichten ist. Das Endokard kleidet sowohl die Herzvorhöfe als auch die Herzkammern aus. Zudem bildet das Endokard die vier Herzklappen beim Menschen. Bei jedem Schlag wird Blut durch das Herz gepumpt. Die Herzklappen dienen dem Herzen als Ventile für das Blut. Wird bei einem Patienten eine Endokarditis festgestellt, sind meistens eine oder sogar mehrere Herzklappen entzündet.
Am häufigsten entzünden sich Mitralklappe und Aortenklappe. Ursache für die Endokarditis ist in den meisten Fällen eine bakterielle Infektion. Viel seltener treten nicht-infektiöse Herzinnenhautentzündungen auf. Das Endokard entzündet sich in so einem Fall ohne, dass Erreger für diese Entzündung verantwortlich sind. Meist sind Autoimmunreaktionen dafür verantwortlich und der eigene Körper wendet sein Immunsystem gegen sich selbst an.
Die Endokarditis ist eine seltene Erkrankung, die einen akuten oder einen subakuten Verlauf nehmen kann. In beiden Fällen ist es wichtig, dass der Patient umgehend behandelt wird, um mögliche Komplikationen zu verhindern.
Die Ursachen einer Endokarditis gestalten sich je nach Form der Erkrankung unterschiedlich.
Eine infektiöse Endokarditis wird grundsätzlich durch Erreger (Bakterien, Viren oder Pilze) ausgelöst. In den meisten Fällen sind Staphylokokken oder Streptokokken (Bakterien) für die infektiöse Endokarditis verantwortlich. Ungefähr ein Prozent aller Fälle geht auf Infektionen mit Pilzen zurück. Häufig entsteht eine Endokarditis durch vorhandene, winzige Vorschädigungen an der Herzinnenhaut. An diesen Stellen können sich die Erreger ansiedeln und die Entzündung verursachen.
Die Schäden an der Herzinnenhaut resultieren aus:
Nicht immer muss eine Vorschädigung der Herzinnenhaut vorliegen. Die Erreger können auch durch kleine Schleimhautverletzungen im Mundraum über den Blutstrom in das Herz eingeschwemmt werden. Dort können sie sich an einer intakten Herzinnenhaut ansiedeln und eine Entzündung der Herzinnenwand verursachen. Besonders hoch ist das Risiko bei Zahnoperationen und Operationen an den Atemwegen stellen.
Sofern die Endokarditis nicht aus einer Infektion resultiert, kommen unterschiedliche Ursachen in Frage.
Die häufigste Form der nicht-infektiösen Endokarditis wird durch das rheumatische Fieber ausgelöst. Sie wird auch als Endokarditis rheumatica bezeichnet. Diese Form tritt zwei bis drei Wochen nach einer Infektion mit Streptokokken-Bakterien auf. Hohes Fieber, Ausschläge und Gelenkentzündungen sind einige Anzeichen für das rheumatische Fieber, das eine reaktive Erkrankung nach einer Infektion darstellt. Im Herzen kann sich dadurch eine rheumatische Endokarditis bilden. Die Entzündung geht nicht direkt auf die anfängliche Streptokokkeninfektion zurück. Die Endokarditis stellt in diesem Fall eine Abwehrreaktion. Dabei wird irrtümlicherweise das eigene Körpergewebe vom Immunsystem angegriffen.
Ein weiter Auslöser einer nicht-infektiösen Endokarditis ist der systemische Lupus Erythematodes, eine Autoimmunerkrankung. Eine Herzinnenhautentzündung, die durch einen Lupus Erythematodes ausgelöst wird, bezeichnen die Ärzte als Libman-Sacks-Endokarditis. Bei dieser Form kommt es zu Fibrinablagerungen an den Herzklappen, die lokale Entzündungsreaktionen auslösen.
Auch im Rahmen einer Hypereosinophilie (Vermehrung bestimmter weißer Blutkörperchen) kann eine nicht-infektiöse Endokarditis auftreten. Diese Endokarditis wird als Löffler-Endokarditis bezeichnet.
Die Endokarditis löst je nach Ursache und Verlaufsform unterschiedliche Symptome aus. Eine infektiöse Endokarditis kann einen akuten oder subakuten Verlauf nehmen. Die akute Form der Endokarditis tritt mit ihren Symptomen plötzlich auf und wird in den meisten Fällen durch Staphylokokken (Bakterien) ausgelöst. Patienten mit einer akuten Endokarditis können an folgende schnell fortschreitenden Symptomen leiden:
Der Verlauf einer subakuten Endokarditis geht hingegen langsam voran. Die Entzündung beginnt schleichend und wird oft erst im fortgeschrittenen Stadium bemerkt. Die subakute Endokarditis wird in den meisten Fällen durch Bakterien aus der Familie der Streptokokken ausgelöst. Die Patienten leiden zu Beginn des Krankheitsverlaufs unter leichtem Fieber und unter folgenden, teilweise unspezifischen Symptomen:
Bei einer ärztlichen Untersuchung kann der Arzt unter Umständen Herzgeräusche, eine vergrößerte Milz und Störungen der Nierenfunktion feststellen. Auch eine Blutuntersuchung kann Veränderungen zeigen.
Bei einer nicht-infektiösen Endokarditis gestaltet sich, abhängig von der Ursache, die Symptomatik etwas anders. In erster Linie stehen hierbei die Symptome des rheumatischen Fiebers im Vordergrund. Diese können sich als wandernde Gelenkschmerzen zeigen. Erst im weiteren Verlauf der nicht-infektiösen Endokarditis zeigen sich typische Symptome der Herzinnenhautentzündung.
Zu Beginn der Untersuchungen führt der Arzt ein umfangreiches Gespräch mit dem Patienten. Hierbei ist die allgemeine Krankengeschichte von Bedeutung. Ferner lässt der Arzt sich die auftretenden Symptome und Beschwerden beschreiben. Der Mediziner stellt im Rahmen dieses Gesprächs zielgerichtete Fragen.
Nach der Beantwortung dieser Fragen führt der Arzt eine körperliche Untersuchung durch. Er misst hierbei das Fieber und hört das Herz des Patienten ab.
Sofern der Verdacht auf eine Endokarditis besteht, veranlasst der Arzt eine Echokardiografie. Hierbei handelt es sich um eine Ultraschalluntersuchung des Herzens.
Gehört der Patient zur Risikogruppe für Herzinnenhautentzündungen (zum Beispiel aufgrund künstlicher Herzklappen), werden weitere Untersuchungen angesetzt. In diesem Fall wird ein transösophageales Echokardiogramm durchgeführt. Bei einem transösophagealen Echokardiogramm wird ein Ultraschallbild des Herzens durch die Speiseröhre des Patienten durchgeführt (ähnlich wie eine Magenspiegelung).
Ebenso wird eine Blutuntersuchung zum Erregernachweis veranlasst. Das Labor sucht im Blut des Patienten nach Krankheitserregern, die die Endokarditis ausgelöst haben können.
Wenn diese Untersuchungen keine klare Ursache für die Endokarditis aufzeigen, wird ein MRT durchgeführt, um die Ursache zu finden. In einigen Fällen müssen die Ärzte ist eine Gewebeprobe der Herzinnenhaut (Endokardbiopsie) notwendig.
Leiden Patienten, die zur Risikogruppe gehören, an Fieber, unklarem Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit und/oder Schwitzen, sollte der Arzt immer an eine Herzinnenhautentzündung denken. Wichtig ist, dass Patienten ihren Arzt über angeborene Herzfehler oder künstliche Herzklappen informieren.
Im Rahmen der Diagnose ist es wichtig, die Form der Endokarditis zu ermitteln. Die Ärzte müssen klären, ob eine akute oder subakute infektiöse Endokarditis vorliegt. Ferner gilt es, eine infektiöse Endokarditis von der nicht-infektiösen Form abzugrenzen.
Die Endokarditis kann auch mit anderen Herzerkrankungen verwechselt werden. Mithilfe kombinierter Untersuchungen lässt sich eine Endokarditis relativ zielsicher diagnostizieren.
Dennoch ist es wichtig, andere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen auszuschließen. Bei Zweifel an der Diagnose sollten die Ärzte weitere Untersuchungen ansetzen, um eine eindeutige Diagnose erstellen zu können.
Abhängig von den auftretenden Symptomen können sich auch andere Erkrankungen dahinter verbergen. Zum Beispiel kann eine Tachykardie durch eine Schilddrüsenüberfunktion bedingt sein. Auch eine Myokarditis (Herzmuskelentzündung) und eine Perikarditis (Herzbeutelentzündung) müssen in Betracht gezogen werden. Auch einige Infektionskrankheiten können Symptome verursachen, die auch bei der Endokarditis vorkommen. So zum Beispiel das Dengue-Fieber oder das Gelbfieber.
Die infektiöse Endokarditis wird umgehend mit einer Antibiotikatherapie behandelt. Sie ist lebensbedrohlich und muss im Krankenhaus behandelt werden. Es ist wichtig, die Krankheitserreger zu bekämpfen, damit die Entzündung abklingen kann.
Oft sind an der Behandlung ein Kardiologe, ein Herzchirurg und ein Mikrobiologe beteiligt. Ein Herzchirurg sollte früh zur Beratung herangezogen werden, da in einigen Fällen einer Operation erfolgen muss und die Heilaussichten bei einem rechtzeitigen Eingriff größer sind. Die Antibiotika erhält der Patient intravenös. Hierdurch lässt sich eine schnellstmögliche Wirkung erzielen. Die Auswahl des richtigen Antibiotikums erfolgt auf Basis der Krankheitserreger, die die Endokarditis ausgelöst haben und in der Blutkultur bestimmt wurden. In vielen Fällen kann man ich auf die Ergebnisse der Blutkultur warten und gibt vorsorglich ein Antibiotikum, das einen Großteil der Erreger bekämpfen kann. Liegt das Ergebnis der Blutkultur vor, dann kann das Antibiotikum gewechselt werden, um eine gezieltere Therapie einzuleiten.
Wenn die Endokarditis bereits die Herzklappen geschädigt hat, müssen die Patienten in vielen Fällen operiert werden. Je früher die Operation erfolgt, desto besser ist es für den Patienten. Grundsätzlich steigen durch eine Operation die Überlebenschancen der Patienten. Die Ärzte entfernen im Rahmen dieser OP geschädigtes Gewebe und setzen bei Bedarf künstliche Herzklappen ein.
Bei einer nicht-infektiösen Endokarditis ist das Ziel der Therapie, die Grunderkrankung zu behandeln. Die Ursachenbekämpfung steht im Fokus der Ärzte. Oft erhalten Patienten Kortison, um den Entzündungen entgegenzuwirken. Ferner sind diese Präparate in der Lage, Autoimmunreaktionen zu bremsen. Gelingt es nicht, die Entzündung schnellstmöglich einzudämmen, können irreparable Schäden an den Herzklappen entstehen.
Für einen Heilerfolg sind viele Faktoren von Bedeutung. Vor allem eine rechtzeitige Behandlung der Endokarditis ist wichtig. Wird die Erkrankung über längere Zeit nicht behandelt, kann eine Schädigung der Herzklappen resultieren. Eine akute Herzschwäche kann die Folge sein. Ferner ist es bei einer nicht-infektiösen Endokarditis wichtig, die Ursache der Entzündung zu behandeln. Nur wenn die Ursachen beseitigt oder minimiert werden, kann sich ein Heilerfolg einstellen.
Kommt es zu einem chronischen Verlauf, ist das Risiko, dass die Herzklappen Schaden nehmen, hoch. Zudem kann sich die Infektion ausweiten und andere Körperregionen betreffen. Im schlimmsten Fall kann es zu einer Sepsis (Blutvergiftung) kommen. Es herrscht Lebensgefahr für den Patienten. Des Weiteren steigt bei einer fortschreitenden Endokarditis das Risiko auf einen Schlaganfall. Von den entzündlichen Auflagerungen auf der Herzinnenhaut können sich Partikel lösen, die über den Blutstrom in das Gehirn gelangen. Verstopfen diese Partikel dort wichtige Blutgefäße, erleidet der Patient einen Schlaganfall.
Wird die Endokarditis frühzeitig erkannt und schnell behandelt, können diese und weitere Komplikationen vermieden werden. Die Entzündung klingt im Idealfall ab und der Patient erholt sich von der Endokarditis.
Eine Endokarditisprophylaxe wird bei Menschen durchgeführt, die ein erhöhtes Risiko haben, an einer Endokarditis zu erkranken.
Zu den Risikogruppen gehören:
Die wichtigste Maßnahme bei solchen Patienten ist die vorbeugende Gabe von Antibiotika vor einer anstehenden Operation. Operationen, die besonders gefährlich sind, sind Zahnbehandlungen, Operationen im Mundbereich und Eingriffe an den Atemwegen. Sogar eine Zahnreinigung kann für einen Patienten aus der Risikogruppe eine Gefahr darstellen. Bereits kleine Schleimhautverletzung können Eintrittspforten für Bakterien bilden. Die meisten Entzündungen werden durch Bakterien ausgelöst.
Deshalb wird eine prophylaktische Gabe von Antibiotika empfohlen. Die Antibiotika werden ungefähr 30 bis 60 Minuten vor dem Eingriff eingenommen. Ein Antibiotikum, was häufig verabreicht wird, ist Amoxicillin.
Patienten, die zu der Risikogruppe gehören, sollten eine besonders gute und umfassende Mundhygiene durchführen. Auch ohne einen operativen Eingriff kann es beim Kauen oder Zähneputzen zu Schleimhautverletzungen kommen. Damit Bakterien nicht in den Blutkreislauf kommen, ist eine umfassende und ordentliche Mundhygiene sehr wichtig.
In einigen Fällen kann eine Endokarditis vermieden werden, wenn die Grunderkrankung rechtzeitig behandelt wird. Herzfehler sollten beispielsweise rechtzeitig operativ korrigiert werden, damit erst gar keine Endokarditis entstehen kann.
aktualisiert am 01.11.2023