Der Dünndarm ist ein vier bis sieben Meter langer Anschnitt des menschlichen Darms. Er setzt sich aus dem Zwölffingerdarm, dem Leerdarm und dem Krummdarm zusammen. Kommt es in einem dieser Abschnitte zu einer bösartigen Tumorbildung, sprechen die Mediziner von Dünndarmkrebs.
Ein Tumor im Bereich des Dünndarms tritt im Vergleich zu Tumorerkrankungen im Dickdarm und Enddarm eher selten auf. Nur ein bis zwei Prozent der bösartigen Tumorerkrankungen des Magen-Darm-Traktes betreffen den Dünndarm. Gutartige Tumore (Dünndarmpolypen) finden sich in den meisten Fällen im Krummdarm ein. Bösartige Tumore des Dünndarms bilden sich zumeist im Zwölffingerdarm. Im direkten Vergleich sind gutartige Tumore weitaus häufiger als bösartige Tumore im Dünndarm.
Die Tumorerkrankungen im Bereich des Dünndarms lösen normalerweise erst in einem fortgeschrittenen Stadium Symptome aus. Hierbei hat der Tumor bereits eine gewisse Größe erreicht. Die genauen Ursachen für Dünndarmkrebs sind bis heute weitgehend ungeklärt. Die Ärzte sind sich einig, dass bestimmte Erkrankungen des Darms die Bildung von einem Tumor im Dünndarm begünstigen können.
Die Ursachen für den Dünndarmkrebs sind nicht genau bekannt. Die Seltenheit von Dünndarmkrebs steht scheinbar im Widerspruch zu der Länge des Dünndarms und der großen Fläche der Dünndarmschleimhaut. Die Passagezeit der Nahrung ist im Dünndarm allerdings relativ kurz. Somit kommen eventuell krebserregende Stoffe nur für kurze Zeit in Kontakt mit der Darmschleimhaut. Die Ärzte sehen trotz der kurzen Passagezeit einen häufigen Kontakt mit krebserregenden Stoffen in der Nahrung als denkbare Ursache für den Dünndarmkrebs an.
Verschiedene Vorerkrankungen und spezielle Risikofaktoren können die Bildung von einem Tumor im Dünndarm begünstigen. Zu diesen Krankheiten und Faktoren zählen:
Trotz dieser Risikofaktoren sind die seltenen Tumorerkrankungen im Dünndarm in den meisten Fällen gutartig. Durch bestimmte Umstände können sich zunächst gutartige Darmpolypen in einen bösartigen Dünndarmtumor wandeln. Dies ist vor allem bei einem Peutz-Jeghers-Syndrom der Fall. Hierbei handelt es sich um eine genetisch bedingte Erkrankung. Durch den Gendefekt bilden sich vermehrt Pigmentflecken an Haut und Schleimhäuten. Bei der Erkrankung können im Dünndarm Polypen und später eventuell bösartige Tumore entstehen.
Wie angesprochen, sind gutartige Darmpolypen weitaus häufiger als bösartige Tumore. Allerdings können gutartige Tumore durch ihr Wachstum früher oder später Probleme verursachen. Die Darmpolypen können beispielsweise benachbarte Organe einengen oder den Dünndarm verschließen. Die seltenen bösartigen Tumore im Dünndarm können sowohl primär als auch sekundär auftreten. Sekundär bedeutet, dass der Dünndarmtumor eine Tochtergeschwulst (Metastase) eines anderweitigen Tumors ist. Vor allem der schwarze Hautkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs und Magenkrebs können eventuell zur Metastasenbildung im Dünndarm führen.
Dünndarmkrebs löst in den meisten Fällen erst im fortgeschrittenen Stadium Symptome aus. Hierbei ist das Wachstum und die Größe des Tumors von Bedeutung. Der Tumor muss in aller Regel erst eine fortgeschrittene Größe aufweisen, um Beschwerden zu verursachen. Zudem sind viele Symptome von Dünndarmkrebs unspezifisch. Es gilt in Hinblick auf die Symptome ebenfalls zu unterschieden, ob es sich um einen gutartigen oder bösartigen Tumor handelt.
Bei gutartigen Dünndarmpolypen sind Beschwerden eher selten. Mitunter beobachten die Ärzte Blutungen durch den gutartigen Tumor. Erst wenn der Polyp eine fortgeschrittene Größe erreicht hat, treten eventuell gravierende Symptome auf. Es kann zu kolikartigen Schmerzen kommen (anfallsweise auftretende Krämpfe im Bauch). Diese Schmerzen resultieren aus der Einengung des Dünndarms durch den Darmpolypen.
Ein bösartiger Dünndarmtumor verursacht ebenfalls zunächst unspezifische Beschwerden. Es können Symptome auftreten wie
Im fortgeschrittenen Stadium können sich hier Darmkoliken und Blutungen einstellen.
In Extremfällen können gutartige und bösartige Tumore im Dünndarm eine lebensbedrohliche Situation auslösen. Durch die Größe des Tumors kommt es zu einem kompletten Darmverschluss. Der Darmverschluss ist ein lebensbedrohlicher Notfall und muss umgehend behandelt werden. Die Anzeichen für den Darmverschluss können sein:
Sofern der Darmverschluss durch den Dünndarmtumor in einem höheren Darmabschnitt angesiedelt ist, bleiben die letzten beiden Symptome oft aus.
Dünndarmkrebs wird in den meisten Fällen erst recht spät diagnostiziert. Dieser Umstand resultiert aus dem späten Auftreten der Beschwerden durch den Tumor. Um den Dünndarmkrebs festzustellen, greifen die Ärzte auf verschiedene Diagnoseverfahren zurück. Zu Beginn findet ein Gespräch zwischen Arzt und Patient statt. Der Patient berichtet bei dieser Anamnese über seine Beschwerden. Im weiteren Verlauf führt der Arzt eine körperliche Untersuchung durch. Er tastet den Bauch des Patienten ab. Bei schlanken Patienten ist es manchmal möglich, einen großen Tumor im Dünndarm durch die Bauchdecke zu ertasten.
Im nächsten Schritt greifen die Ärzte auf bildgebende Diagnoseverfahren zurück. Um Dünndarmkrebs festzustellen, eignet sich vor allem die Röntgenuntersuchung des Dünndarms mit Kontrastmittel. Der Patient muss das Kontrastmittel vor der Untersuchung trinken. Danach kann die Röntgenuntersuchung angesetzt werden. Das Kontrastmittel ist undurchlässig für die Röntgenstrahlen. Während das Kontrastmittel nach dem Magen den Dünndarm passiert, fertigen die Ärzte mehrere Röntgenaufnahmen an. In den meisten Fällen können die Ärzte einen Dünndarmtumor auf diesen Bildern erkennen.
Mitunter setzen die Ärzte noch weitere Untersuchungen an. Hierzu zählen:
Mit einer herkömmlichen Darmspiegelung sind die Ärzte nicht in der Lage, den Dünndarm komplett zu untersuchen. Aus diesem Grund greifen sie auf Spezialverfahren zurück. Hierzu zählen die Videokapselendoskopie und die Push-and-Pull-Enteroskopie mit Doppelballontechnik. Bei letzterer setzt der Arzt ein teleskopartiges Endoskop (Gerät zur Darmspiegelung) mit zwei Ballonen ein. Mit diesem Endoskop kann er alle Bereiche des Dünndarms untersuchen.
Sollten alle diese Untersuchungen keine ausreichenden Erkenntnisse bringen und der Verdacht weiter bestehen, muss ein Chirurg eine explorative Laparatomie durchführen. Hierbei öffnet der Chirurg die Bauchdecke des Patienten. Im Anschluss kann er den Dünndarm durch Abtasten und Sichtung untersuchen. Sofern es möglich ist, entscheiden sich die Ärzte für die sanftere Laparoskopie (Bauchspiegelung). Bei der OP sind dann lediglich zwei kleine Schnitte in der Bauchdecke nötig.
Der Dünndarm weist zahlreiche Schlingen auf kleinem Raum auf. Aus diesem Grund sind das CT und MRT weniger geeignet. Diese Untersuchungen werden bei Dünndarmkrebs erst für die Ermittlung von eventuellen Metastasen in anderen Organen angesetzt.
Aufgrund der unspezifischen Symptome von Dünndarmkrebs ist es wichtig, eine Differenzialdiagnose durchzuführen. Hierbei grenzen die Ärzte anderweitige Darmerkrankungen aus, welche eventuell für die Beschwerden verantwortlich sind. Beispielsweise ist es wichtig, die entzündlichen Krankheiten Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sowie Krankheiten mit gestörter Stoffaufnahme (Resorptionsstörungen) wie Milchzucker-Intoleranz oder Sprue (Zöliakie) abzugrenzen.
Die Therapie bei Dünndarmkrebs zielt darauf ab, den bösartigen Tumor zu beseitigen. Hierfür setzen die Ärzte eine OP an. Bei dieser OP entfernt der Chirurg den gesamten vom Tumor betroffenen Abschnitt des Dünndarms. Hierbei achtet der Mediziner darauf, einen ausreichenden Sicherheitsabstand zwischen Tumor und gesundem Darmbereich einzuhalten.
Ferner sind die Strahlentherapie und die Chemotherapie bei Dünndarmkrebs unerlässlich. Dünndarmkrebs wird in vielen Fällen leider erst in einem fortgeschrittenen Stadium erkannt. Somit ist eine sofortige OP oft nicht möglich. In diesen Fällen setzen die Ärzte vor der OP eine kombinierte Strahlen-Chemotherapie an. Diese Therapie zielt darauf ab, den Tumor vor der OP zu verkleinern. Die Ärzte sprechen hierbei von einer neoadjuvanten Therapie.
Bei manchen Patienten bildet sich der Tumor im Dünndarm aus Lymphgewebe (Dünndarmlymphom). Bei dieser Form von Krebs im Dünndarm steht die OP nicht im Fokus der Ärzte. Oft entscheiden sich die Mediziner hier für eine alleinige Strahlentherapie. Anders sieht dies aus, wenn sich der Dünndarmtumor aus der Darmschleimhaut (Dünndarmkarzinom), aus Muskel- und Bindegewebe (Sarkom) oder aus hormonbildenden Zellen (Dünndarmkarzinoid) gebildet hat. In diesen Fällen ist die alleinige Strahlentherapie nicht effektiv. Die Ärzte müssten hierbei eine zu hohe Strahlendosis einsetzen. Diese Strahlen würden unweigerlich das umliegende, gesunde Gewebe des Dünndarms zerstören.
Haben die Ärzte bei einem Patienten einen gutartigen Dünndarmpolypen festgestellt, gestaltet sich die Therapie anderweitig. Eine Strahlen- und Chemotherapie ist hier nicht nötig. Zudem lässt sich ein Polyp in vielen Fällen minimalinvasiv mithilfe einer speziellen Darmspiegelung (Doppelballon-Endoskopie) entfernen. Die Entfernung von einem fortgeschrittenen Polypen ist grundsätzlich ratsam. Ein gutartiger Dünndarmtumor kann, wie der Dünndarmkrebs, erhebliche Probleme und Komplikationen auslösen. Der gutartige Tumor kann zu Blutungen und zu einer Einengung des Dünndarms führen. Ferner besteht hier wie erwähnt das Risiko, dass sich der Dünndarmpolyp zu einem bösartigen Tumor umwandelt (Entartung).
Ein Dünndarmtumor nimmt ständig an Größe zu. Aus diesem Grund hängt die Prognose vom Zeitpunkt der Diagnose ab. Vor allem gestaltet sich die Prognose jedoch bei einem gutartigen Darmpolypen und bei einem bösartigen Tumor abweichend. Bei einem Darmpolypen ist die Prognose trotz einer späten Diagnose günstig. Der Polyp lässt sich selbst in einem späten Stadium vollständig entfernen. Bei einem tatsächlichen Darmkrebs ist die Prognose aufgrund der zumeist späten Diagnose eher schlechter. Die tatsächlichen Heilungschancen hängen von der Größe des Tumors und vom Zeitpunkt der Diagnose ab. Bei einer frühzeitigen Entdeckung liegt die Fünf-Jahres-Überlebensrate der Patienten bei 70 Prozent. Die generelle Fünf-Jahres-Überlebensrate aller Patienten mit Dünndarmkrebs liegt bei 50 Prozent.
Es ist bei Dünndarmkrebs wichtig, dass die Patienten auf regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen achten. Der Arzt kann hierdurch feststellen, ob der Tumor erneut auftritt. Zudem lassen sich durch die Nachsorgeuntersuchungen eventuelle Metastasierungen (Streuungen) des Tumors ermitteln. Des Weiteren ist es vielen Patienten anzuraten, nach einer erfolgreichen Dünndarmkrebsbehandlung eine Reha durchzuführen. Hierdurch lässt sich die Lebensqualität der Patienten mit Dünndarmkrebs verbessern.
Kommt es durch einen fortgeschrittenen Dünndarmtumor zu Komplikationen, handelt es sich hierbei generell um einen lebensbedrohlichen Notfall. Diese Komplikationen können sein:
Des Weiteren kann es durch einen bösartigen Tumor im Dünndarm zur Metastasenbildung kommen. Diese Tochtergeschwüre siedeln sich bei Dünndarmkrebs häufig in den Lymphknoten der nächsten Umgebung des Tumors an. Ferner können Metastasen in der Lunge, in den Knochen und in weiteren Organen auftreten.
Generell sind keine Maßnahmen bekannt, welche dem seltenen Dünndarmkrebs vorbeugen können. Grundsätzlich raten die Ärzte in Bezug auf die Krebsprophylaxe zu einer gesunden, ausgewogenen Ernährung. Ferner ist der Verzicht von Tabak und Alkohol anzuraten, um Krebs vorzubeugen.
aktualisiert am 17.02.2023