Bei einer Reihe von Erkrankungen kann eine Sauerstoff-Überdruckbehandlung (hyperbare Oxygenation, HBO) sinnvoll sein. Dabei befindet sich der Patient in einer abgeschlossenen Kammer, in der ein höherer Luftdruck als außen herrscht, und atmet zeitweise reinen Sauerstoff ein.
Als Behandlung kann die Überdruck-Sauerstofftherapie bei einigen Krankheitsbildern aus verschiedenen Bereichen eingesetzt werden. Angezeigt ist die Behandlungsform beispielsweise bei der Dekompressionskrankheit (Taucherkrankheit), die meist durch zu schnelles Auftauchen aus tiefem Wasser entsteht, wodurch sich Gasblasen im Gewebe bilden. Bei einer Luftembolie oder Gasembolie (Gasblase in einem Blutgefäß, z.B. nach versehentlicher Einspritzung von Luft), kann die Sauerstofftherapie ebenfalls vorgenommen werden. Weitere Anwendungsgebiete sind Innenohrprobleme, Kohlenmonoxid-Vergiftung sowie ungenügend ausheilende Verletzungen.
Auch als zusätzliche Maßnahme kann die Überdruckbehandlung vorgenommen werden, beispielsweise bei Strahlentherapie, wie sie unter anderem bei verschiedenen Krebserkrankungen erfolgt.
Die Dekompressionserkrankung kann sich in Juckreiz, Schmerzen und Schwächegefühl äußern. Ebenfalls können Gefühlsstörungen, Sehstörungen, Schwindel und weitere Symptome einer Beeinträchtigung des Nervensystems auftreten. Die Lunge kann durch das relative Ausdehnen der Luft geschädigt werden. Bei einer Gasembolie (Verschluss eines Blutgefäßes durch eine Gasblase), welche oft durch solche Tauchunfälle beziehungsweise Dekompression verursacht wird, kann es zu Durchblutungsstörungen kommen. Resultieren können daraus unter anderem Schlaganfälle oder Lungeninfarkte. Eine Luftmenge von 10 bis 100 Millilitern in der Blutbahn gilt als tödlich.
Bei der Kohlenmonoxid-Vergiftung docken die Kohlenmonoxid-Moleküle (CO-Moleküle) an das Hämoglobin, den roten Blutfarbstoff, an. Sauerstoffmoleküle werden nach und nach vom Hämoglobin verdrängt, und kann so nicht mehr genügend in das Gewebe transportiert werden. Bei der CO-Vergiftung treten Allgemeinsymptome (Müdigkeit, Schwindel, Übelkeit) auf, deren Schwere mit der Menge des Kohlenmonoxids zunimmt. Im Extremfall kommt es zu Bewusstlosigkeit und Tod.
Die Diagnose einer Tauchkrankheit beziehungsweise Dekompressionskrankheit ergibt sich oft aus der Anamnese (Befragung der Person). Weitere Untersuchungen sind unter anderem die Blutdruckmessung, die Bestimmung der Lungenfunktion, neurologische (nervenärztliche) Untersuchungen sowie bildgebende Verfahren wie Röntgen oder MRT (Magnetresonanztomographie).
Auch die Kohlenmonoxidvergiftung ergibt sich in der Regel aus den Umständen. Um die Schwere festzustellen, wird der Anteil des mit Kohlenmonoxid versehenen Hämoglobins im Blut bestimmt.
Die Dekompressionskrankheit kann sich ähnlich auswirken wie verschiedene andere Umstände, beispielsweise Kreislauf- oder Stoffwechselprobleme, Herzinfarkt und Gefäßverschlüsse anderer Ursache. Die Luft- und Gasembolie kann z. B. mit einer Lungenembolie (Gefäßverschluss in der Lunge) durch andere Ursachen verwechselt werden.
Bei den oben genannten Krankheitsbildern kann eine Sauerstofftherapie in der Druckkammer notwendig werden. Je nach Erkrankung können oder müssen auch weitere Therapieformen angewendet werden.
Durch die Überdrucktherapie (HBO) steigt über die Atmung der Sauerstoffgehalt des Patientenblutes und Körpergewebes um ein Vielfaches an. Die jeweilige Krankheit kann dadurch positiv beeinflusst werden. Normalerweise werden mehrere Sitzungen in einem bestimmten Abstand vorgenommen.
In der speziellen Druckkammer, in der sich mehrere Sitze befinden, können mehrere Patienten gleichzeitig eine Sauerstofftherapie bekommen. Über eine Kamera wird von außen überwacht, ob es den Patienten gut geht. Auch eine Sprechanlage ist vorhanden, damit die Patienten sofort über eventuelles Unwohlsein Auskunft geben können. Das Personal beziehungsweise die Ärzte können bei Problemen über einen Schleusenmechanismus rasch in die Druckkammer hineingehen.
Anfangs wird in dem von der Umgebungsluft abgeschlossenen Raum der Luftdruck innerhalb von zehn bis zwanzig Minuten erhöht. Der Patient muss während des Vorganges das so genannte Valsalva-Manöver durchführen: Gegen den Widerstand von Mund und Nase, die geschlossen gehalten werden, wird kräftig Luft gepresst. Dieses Vorgehen wird mehrfach vor der Sauerstofftherapie mit dem Arzt trainiert. Der Schluckakt kann auch durch Trinken, Lutschen von Bonbons oder ähnliches vereinfacht werden. Manchmal empfiehlt sich auch die Anwendung eines Nasensprays.
Ist der benötigte erhöhte Luftdruck vorhanden, kann der Patient beginnen, reinen Sauerstoff einzuatmen. Dazu wird in der Regel eine Beatmungsmaske aufgesetzt, manchmal kann die Sauerstoffaufnahme aber auch unter einem Kopfzelt erfolgen. Mehrmals wird dabei zwischen reinem Sauerstoff (100 Prozent) und normaler Umgebungsluft (diese enthält ungefähr 21 Prozent Sauerstoff) gewechselt.
Am Ende der Behandlung wird der Luftdruck innerhalb der Kammer wieder auf normale Werte gebracht.
Die Behandlung kann etwa zwei Stunden in Anspruch nehmen. Währenddessen kann der Patient zum Zeitvertreib z.B. lesen oder Musik hören.
Eine operative Therapie der Grunderkrankung kann in seltenen Fällen notwendig sein.
Die Sauerstoffbehandlung kann als ermüdend empfunden werden. Wenn durch bestimmte Umstände die langsame Druckveränderung nicht toleriert wird, z.B. bei Erkältungskrankheiten, kann es zu Problemen in Hohlräumen im Körper, die Luft einschließen, kommen.
Unter anderem kann das Trommelfell des Ohres in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Lunge kann normalerweise nur dann geschädigt werden, wenn bereits eine Lungenerkrankung wie beispielsweise Asthma, Lungenemphysem (Überblähung) oder eine Bronchitis vorliegen. Durch den konzentrierten Sauerstoff kann es in seltenen Fällen zu Vergiftungssymptomen kommen, beispielsweise Krampfanfällen, Angstattacken oder Gesichtsfeldeinengungen, des Weiteren können unter Umständen dauerhafte Lungenschäden daraus resultieren.
Vorübergehende Sehprobleme können sich nach vielen Behandlungssitzungen ergeben, bei Weitsichtigkeit kann das Sehen auch zeitweise besser werden. Eine Trübung der Linse kann sich mitunter weiterentwickeln (Grauer Star, Katarakt). Sensibilitätsstörungen der Finger nach mehreren Behandlungen sind meist nicht dauerhafter Natur.
Hinweis: Dieser Abschnitt kann nur einen kurzen Abriss über die gängigsten Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gespräch mit dem Arzt kann hierdurch nicht ersetzt werden.
Die Prognose richtet sich insbesondere bei der Taucherkrankheit nach der Schwere, den Komplikationen sowie danach, ob eine optimale Therapie rechtzeitig durchgeführt werden kann.
Zu beachten ist, dass die Therapiekosten nicht in jedem Fall von der Krankenversicherung übernommen werden.
Fühlt sich der Patient schon vor der Behandlungssitzung unwohl, sollte er es dem Personal mitteilen, damit die Behandlung eventuell verschoben werden kann. Werden Erkrankungen bei der Untersuchung festgestellt, die gegen die Durchführung der Überdrucktherapie sprechen, so sollte sie nur erfolgen, wenn die Situation dazu zwingt, z.B. bei Gasbrand.
Komplikationen können in den meisten Fällen verhindert werden, wenn sich der Patient nach den Anweisungen richtet.
Es ist zu beachten, dass einige Gegenstände nicht mit in die Druckkammer genommen werden können. Dazu gehören unter anderem Körperschmuck, Objekte mit Hohlraum (Dosen, Stifte), Feuerzeuge, strombetriebene Geräte oder Feuerzeuge. Wichtig ist das Herausnehmen von Körperimplantaten, z.B. Kontaktlinsen, Hörgeräten und Augenprothesen. Bei fest in den Körper integrierten Teilen wie Herzschrittmachern oder anderen Prothesen muss besondere Vorsicht walten. Rauchen ist selbstverständlich nicht erlaubt.
Solche Gegenstände können, sollte vergessen worden sein, sie abzulegen, können bei laufender Behandlung über die Schleuse herausgebracht werden.
Während der Therapie kann die Toilette nicht aufgesucht werden. Ebenso sollten die Temperaturschwankungen beachtet werden.
Die Sitzung kann vom Patienten jederzeit beendet werden. Er sollte dem Personal Auskunft geben, wenn es unangenehm wird beziehungsweise wenn Auffälligkeiten in der Befindlichkeit auftreten.
Nach Behandlungsende sollte der Patient noch eine halbe Stunde in der Klinik oder der Praxis bleiben.
aktualisiert am 30.09.2022