Thyreoiditis ist der medizinische Begriff für die Schilddrüsenentzündung. Thyreoiditis leitet sich vom lateinischen Namen der Schilddrüse ab (Glandula thyreoidea). Manchmal findet sich auch die Schreibweise Thyroiditis. Schilddrüsenentzündungen können in verschiedenen Formen auftreten:
Insgesamt erkranken an einer Schilddrüsenentzündung weit mehr Frauen als Männer. Das typische Alter, in dem die Erkrankung zuerst eintritt, liegt zwischen 30 und 50 Jahren. Die Therapie richtet sich nach der Ursache der Thyreoiditis.
Bei den Schilddrüsenentzündungen (Thyreoiditiden) lassen sich mehrere eigenständige Krankheitsbilder finden, die unterschiedliche Ursachen haben.
Die akute Thyreoiditis ist häufig eine Infektion mit Bakterien. Zu den möglichen Bakterienarten gehören Staphylococcus aureus, Streptococcus pneumoniae oder Streptococcus pyogenes. In der Regel gelangen diese Bakterien aus dem Nasen-Rachen-Bereich über Blut oder Lymphflüssigkeit in die Schilddrüse, also oftmals von einer Rachenentzündung (Pharyngitis), Mandelentzündung (Tonsillitis) oder Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis) aus. Von unterschiedlichen Körperstellen können Bakterien bei einer Sepsis (Erregerstreuung im Blut) in die Schilddrüse gelangen. Seltener sind Viren für eine akute Schilddrüsenentzündung verantwortlich, auch ein Befall mit Pilzen als Krankheitserreger ist möglich. Die Schilddrüsenentzündung kann sich des Weiteren aus einer Strahlenbelastung ergeben (Strahlenthyreoiditis), meist geschieht dies aufgrund einer Radiojodtherapie (einer Strahlentherapie bei Schilddrüsenkrebs oder Schilddrüsenüberfunktion).
Die Thyreoiditis de Quervain ist eine Erkrankung, deren Ursache nicht genau bekannt ist. Es handelt sich wahrscheinlich um eine Reaktion auf Viren, weil bei den meisten Patienten vorher eine Infektion der Atemwege mit Viren stattfand. Ebenfalls erhöhen bestimmte genetische Faktoren das Risiko, die Quervain-Thyreoiditis zu bekommen. Bei Betroffenen finden sich gewisse Riesenzellen in der feingeweblichen Untersuchung (Histologie). Deshalb wird die Erkrankung auch Riesenzell-Thyreoiditis genannt.
Die Hashimoto-Thyreoiditis, die häufigste Form der chronischen Schilddrüsenentzündung, hat als Ursache eine Reaktion des Immunsystems gegen Zellen des eigenen Körpers. Sie gehört damit zu den Autoimmunkrankheiten. Im Falle der Hashimoto-Erkrankung richtet sich das Immunsystem gegen das Schilddrüsengewebe, daher heißt sie auch Autoimmunthyreoiditis. Häufig steht die Hashimoto-Thyreoiditis im Zusammenhang mit anderen Autoimmunkrankheiten und tritt bei denselben Patienten auf (z. B. die Gluten-Unverträglichkeit oder Zöliakie, die Hautkrankheit Vitiligo, die Muskelschwäche Myasthenia gravis, Diabetes mellitus Typ 1).
Auch der Morbus Basedow lässt sich als eine Form chronischer Schilddrüsenentzündung kategorisieren. Der Morbus Basedow ist eine Erkrankung, bei der es zur Schilddrüsenüberfunktion mit Kropf (Struma) und weiteren Erscheinungen kommt. Die Basedow-Thyreoiditis wird ebenfalls durch Autoimmun-Vorgänge verursacht und steht gleichermaßen im Zusammenhang mit anderen Autoimmunerkrankungen. Eine große Rolle spielt ein bestimmter Antikörper gegen die Schilddrüse, TRAK (TSH-Rezeptor-Antikörper).
Die Riedel-Thyreoiditis ist eine Schilddrüsenentzündung, deren Ursache unbekannt ist. Es kommt zum Organumbau mit Bindegewebsverhärtung, was als eisenharte Struma (Kropfbildung besonders harter Konsistenz) umschrieben wird.
Eine weitere Form tritt bei Frauen in der Anfangszeit nach Geburten auf, die Postpartum-Thyreoiditis. Es handelt sich um eine weitere Autoimmunerkrankung.
Eine Schilddrüsenentzündung führt zu teils unterschiedlichen Beschwerden und Krankheitsverläufen, je nachdem, welche Art der Erkrankung vorliegt.
Eine akute Thyreoiditis entwickelt sich rasch (innerhalb von Stunden bis Tagen). Die Schilddrüse ist geschwollen und oft sehr schmerzhaft, an dem Bereich kann ein stärkerer Druckschmerz ausgelöst werden und es besteht eine Rötung. Die Schmerzen ziehen oftmals bis zum Ohr. Auch Lymphknoten in der Nähe können geschwollen sein und schmerzen. Typischerweise besteht Fieber. Weiterhin können Betroffene an Schluckbeschwerden oder an einer Heiserkeit leiden. Bei einer bakteriellen Thyreoiditis können sich Abszesse (Eitereinschlüsse) bilden.
In der Regel bei akuter Thyreoiditis besteht keine Einschränkung der Organfunktion der Schilddrüse. Der Stoffwechsel wird dann als euthyreot bezeichnet.
Die Quervain-Thyreoiditis verläuft subakut, das heißt, dass sie über einige Zeit (Monate) bestehen bleibt. Die Schilddrüse ist verhärtet und vergrößert. Es kommt in der Regel zu Schmerzen, die vom Hals bis an den Kieferbereich sowie bis zu den Ohren ausstrahlen können. Manchmal bestehen jedoch bei dieser Erkrankung keine Schmerzen (sogenannte Silent Thyreoiditis, englisch für stille Schilddrüsenentzündung). Betroffene mit Quervain-Thyreoiditis fühlen sich krank und abgeschlagen, haben Fieber und können an Schluckproblemen und Heiserkeit leiden. Das Schilddrüsengewebe kann im gewissen Ausmaß geschädigt werden. Dadurch werden Schilddrüsenhormone freigesetzt, die den Körper in eine vorübergehende Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) führen. Die Überfunktion führt zu Symptomen wie Gewichtsverlust, vermehrtes Schwitzen und Haarausfall und verschwindet meist nach einiger Zeit wieder.
Die Hashimoto-Thyreoiditis als gängigste Form der chronischen Schilddrüsenentzündung führt über einen längeren Zeitraum zu einer Schilddrüsenvergrößerung (Kropf, Struma), oft lange ohne weitere Beschwerden. Daher wird die Erkrankung oft zufällig entdeckt, oft auch im Zuge einer Untersuchung bei vergrößerter Schilddrüse. Mitunter treten bereits mäßige Schmerzen am Hals auf. Bei der Erkrankung besteht meist zuerst eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose), die aber nach längerer Zeit in eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) übergeht. Das bedeutet, dass in der Anfangszeit während der Überfunktion Symptome wie Zittern, Unruhe und Nervosität, Reizbarkeit, Schlafstörungen, Neigung zu schwitzen und Gewichtsabnahme auftreten können. Meist kommt es nach Jahren zu den Zeichen einer Unterfunktion mit depressiver Stimmungslage und Antriebslosigkeit, Gewichtszunahme, Ödemen (Flüssigkeitseinlagerung im Gewebe), schnellem Frieren, Muskelschmerzen, Verstopfung, Hauttrockenheit und brüchigen Haaren oder Nägeln. In sehr seltenen Fällen kommt es zu einer Störung im Gehirn durch Hashimoto, bei der epileptische Anfälle und psychische Symptome vorkommen. Eine Unterform der Hashimoto-Thyreoiditis ist die Ord-Thyreoiditis, bei der es allerdings nicht zu einer Schilddrüsenvergrößerung, sondern einer Schilddrüsenverkleinerung kommt.
Bei der Basedow-Erkrankung (Morbus Basedow) entsteht ein Kropf (Struma) mit Schilddrüsenüberfunktion und deren Symptomen. Typisch ist die Kombination aus Kropf, hervorstehenden Augen (Exophthalmus) und Herzrasen (Tachykardie), was als Merseburger Trias zusammengefasst wird.
Die Form der Riedel-Thyreoiditis führt zu einer besonders derben Organveränderung und -vergrößerung, die als eisenharte Struma bezeichnet wird. Schluckbeschwerden, ein Druck- und Engegefühl im Hals sowie Luftnot können die Folge sein.
Der Arzt erhebt die Krankengeschichte (Anamnese) und fragt nach Symptomen und Vorerkrankungen. In der körperlichen Untersuchung lässt sich die Schilddrüse und deren Schwellung ebenso beurteilen (unter anderem durch Abtasten) wie weitere Veränderungen am Organismus. Vor allem bei akuten Schilddrüsenentzündungen lässt sich durch die Symptome und körperlichen Auffälligkeiten schon die Erkrankung feststellen. Das Blut des Patienten wird untersucht. Aufgrund der Thyreoiditis zeigt sich eine Erhöhung der Entzündungswerte wie z. B. der BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit). Eine Unterscheidung nach der Ursache der Entzündung kann anhand weiterer Werte geschehen, z. B. durch Bestimmung bestimmter Antikörper.
Eine wichtige Untersuchung bei Schilddrüsenerkrankungen ist der Ultraschall (Sonographie der Schilddrüse). Bei subakuten und chronischen Formen der Schilddrüsenentzündung kann eine Gewebeentnahme (Feinnadelbiopsie der Schilddrüse) und mikroskopische Untersuchung (Histologie) sinnvoll sein. Des Weiteren kann eine Szintigraphie (eine nuklearmedizinische Untersuchung) durchgeführt werden. Die leicht radioaktiv markierte Substanz wird dem Patienten über die Vene verabreicht und sammelt sich in verschiedenen Bereichen der Schilddrüse mit gesundem und kranken Gewebe unterschiedlich gut an. Daraus kann die Art der Veränderung abgeleitet werden (z. B. Hashimoto oder Basedow).
In der Differenzialdiagnose müssen die unterschiedlichen Ursachen und Formen der Schilddrüsenentzündung voneinander unterschieden werden. Darüber hinaus können Blutungen in das Organ beispielsweise Beschwerden wie bei einer akuten Entzündung hervorrufen. Tumore der Schilddrüse müssen ebenfalls von den Entzündungen abgegrenzt werden.
Bei der Behandlung von Schilddrüsenentzündungen (Thyreoiditiden) werden Maßnahmen aus unterschiedlichen Ansätzen vorgenommen, je nachdem, welche Ursache vorliegt.
Eine akute Schilddrüsenentzündung durch Bakterien wird mit Hilfe eines Antibiotikums behandelt. Dabei wird zuerst ein Mittel gegeben, das gegen die gängigen Erreger wirkt (sogenanntes Breitspektrum-Antibiotikum). Zusätzlich wird manchmal Cortison verabreicht. Wenn die Entzündung durch Strahlen (z. B. Strahlentherapie) verursacht wurde, dann kommen entzündungshemmende Mittel zum Einsatz. Allgemein sollte der Patient Bettruhe einhalten und sich körperlich nicht anstrengen. Hilfreich, um die Symptome zu vermindern, sind kühle Umschläge.
Eventuelle Abszesse beziehungsweise Eiterherde werden z. B. mittels Einstich (Punktion) eröffnet, um den Druck zu entlasten.
Die meisten Fälle der Quervain-Thyreoiditis dauern nur einige Monate an, bis sie auch ohne Behandlung verschwinden. Die Symptomatik kann gelindert werden, indem Medikamente aus der Gruppe der NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) oder Cortison gegeben werden, die die Entzündung hemmen.
Eine Behandlung nach der Ursache der Hashimoto-Erkrankung ist nicht möglich. Die aus der Erkrankung entstehende Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) wird durch den Ersatz von Schilddrüsenhormonen behandelt. In aller Regel muss das Schilddrüsenhormon L-Thyroxin dauerhaft eingenommen werden. Auch ein Ersatz des Spurenelements Selen kann sinnvoll sein, weil es oftmals daran mangelt - das Selen darf aber auch nicht überdosiert werden.
Eine Operation zur Entfernung der Schilddrüse (Thyreoidektomie) erfolgt, wenn die Vergrößerung des Organs zu starken Schluckbeschwerden oder sehr unangenehmem Druck im Hals führt oder wenn sich ein bösartiger Tumor sonst nicht ausschließen lässt. Nach der Entfernung des Organs müssen Schilddrüsenhormone ersetzt werden (regelmäßige Einnahme von L-Thyroxin).
Die Basedow-Erkrankung wird mit mehreren Methoden behandelt. Die entstehende Schilddrüsenüberfunktion wird mit Medikamenten herabgesetzt, den Thyreostatika (z. B. Thiamazol oder Carbimazol). Häufig wird eine Radiojodtherapie vorgenommen, bei der radioaktives Jod aufgenommen wird und an Ort und Stelle die Schilddrüsenzellen zerstört - in anderen Körperbereichen kommt es dagegen zu keiner besonderen Anreicherung, weshalb die Behandlung für den Gesamtorganismus weitestgehend ungefährlich ist. Als Operation kommt meist eine Entfernung weiter Teile der Schilddrüse unter Belassung eines Rests in Frage (Schilddrüsen-Resektion).
Bei der Riedel-Thyreoiditis (eisenharte Struma) kommt häufig eine Entfernung des Organs (Thyreoidektomie) in Betracht, insbesondere wenn bösartige Tumore vorliegen könnten oder die Beschwerden sehr ausgeprägt sind.
Die Schilddrüsenentzündungen (Thyreoiditiden) haben unterschiedliche Verlaufsformen und damit sehr abweichende Prognosen. Die akute Thyreoiditis heilt meist nach einigen Tagen wieder ab, es können sich aber Abszesse (Eiterhöhlen) bilden, die eröffnet werden müssen. Vor allem nach einer strahlenbedingten Schilddrüsenentzündung kann eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) entstehen, bei der Hormone genommen werden müssen. Die Thyreoiditis de Quervain (subakute Schilddrüsenentzündung) geht in der Regel nach einigen Monaten wieder zurück. Meist entstehen keine dauerhaften Auswirkungen, aber bei etwa zehn Prozent der Quervain-Patienten kommt es ebenfalls zu einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) aufgrund von Vernarbungen, die die Einnahme von Schilddrüsenhormonen erfordert. Chronische Formen der Schilddrüsenentzündung gehen nur sehr selten wieder von alleine zurück: Bei der Hashimoto-Thyreoiditis (Autoimmunthyreoiditis) müssen meist auch Schilddrüsenhormone eingenommen werden, weil an der Schilddrüse wegen eines bindegewebigen Umbaus eine Unterfunktion besteht.
aktualisiert am 14.12.2023