Testosteron ist ein wichtiges Hormon für die Sexualfunktion, Stoffwechsel, psychische Gesundheit,Muskelaufbau und für die Knochengesundheit. Ein Mangel kann sich durch Antriebslosigkeit, Libidoverlust, Muskelabbau und Stimmungstiefs bemerkbar machen. Er entsteht meist nicht durch das Alter, sondern durch ungünstige Lebensgewohnheiten wie Stress, Übergewicht oder Schlafmangel. Die Diagnose erfolgt durch eine morgendliche Blutabnahme, bei der neben dem Gesamt-Testosteronwert auch der freie Testosteronwert sowie weitere Hormone wie LH oder SHBG berücksichtigt werden sollten. Eine Testosteronersatztherapie kann bei nachgewiesenem Mangel helfen, sollte aber individuell ärztlich begleitet werden. Parallel dazu sind Schlaf, Bewegung, Ernährung und Stressreduktion die wichtigsten natürlichen Maßnahmen, um den Hormonspiegel zu stabilisieren.
Dr. Apasu: Testosteron ist ein Hormon. Ein Hormon ist ein Botenstoff, den der Körper selbst produziert. Seine Aufgabe ist es, Informationen von einer Körperregion in eine andere zu übermitteln. Testosteron gehört zur Gruppe der sogenannten Androgene, also der männlichen Sexualhormone. Es steuert eine Vielzahl wichtiger Funktionen im Körper, und das nicht nur beim Mann, sondern auch bei der Frau. Zwar produzieren Frauen deutlich weniger Testosteron – etwa ein Zehntel bis ein Zwanzigstel der Menge von Männern –, aber auch für sie ist dieses Hormon essentiell.
Testosteron ist vor allem als Sexualhormon bekannt. Seine Wirkung geht jedoch weit über die Sexualfunktion hinaus. Es spielt in vielen Stoffwechselprozessen und körperlichen Abläufen eine entscheidende Rolle:
Beim Mann wird Testosteron hauptsächlich in den Hoden produziert, und zwar zu über 90%, teils sogar zu über 95%. In geringerem Maß wird es auch in der Nebennierenrinde gebildet. Bei Frauen entsteht Testosteron in den Eierstöcken sowie in kleinerer Menge in der Nebennierenrinde.
Dr. Apasu: Ein Testosteronmangel ist eine ziemlich häufige Erkrankung. Viele denken bei Testosteron zunächst an Bodybuilding oder den Missbrauch des Hormons im Sport, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Was jedoch viele nicht wissen: Wie bei anderen Hormonen im Körper – etwa dem Schilddrüsenhormon oder Insulin – kann es auch beim Testosteron zu einem echten Mangel kommen. Das ist vielen Menschen nicht bewusst, was schade ist, denn ein Testosteronmangel kann die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen. Sie haben gefragt, wie es überhaupt dazu kommt, dass der Körper zu wenig Testosteron produziert. Das lässt sich grob in drei Kategorien einteilen:
Dr. Apasu: Die Symptome eines Testosteronmangels sind oft unspezifisch, weshalb man nicht jedes Problem, das ein Mann hat, direkt darauf zurückführen sollte. Ruft man sich jedoch die Funktionen von Testosteron in Erinnerung, lassen sich die möglichen Auswirkungen eines Mangels gut in drei Bereiche einteilen: psychisch, körperlich und sexuell.
Dr. Apasu: Bei Frauen sind die monatlichen Hormonschwankungen allgemein bekannt. Beim Mann hingegen denkt man kaum über hormonelle Veränderungen nach. Dabei lohnt sich ein Blick auf den Testosteronwert, insbesondere im Tagesverlauf. Denn tatsächlich lässt sich eine klare zirkadiane Rhythmik erkennen. Die Testosteronwerte schwanken im Laufe des Tages, da die Produktion hauptsächlich nachts, genauer gesagt in den REM-Schlafphasen, die vor allem in der zweiten Nachthälfte auftreten, stattfindet. In dieser Zeit wird Testosteron gebildet, sodass es beim Aufwachen seinen Höhepunkt erreicht. Im weiteren Tagesverlauf sinkt der Spiegel dann wieder ab, bis er in der nächsten Nacht erneut aufgebaut wird und am nächsten Morgen wieder seinen Peak erreicht.
Das ist aus mehreren Gründen relevant. Zum einen unterstreicht es, wie wichtig Schlaf für den Hormonhaushalt ist. Wer nicht ausreichend schläft, beeinträchtigt seine Testosteronproduktion deutlich. Es gibt dazu auch spannende Studien: Schlafen Männer über einen Zeitraum von fünf Tagen nur vier bis fünf Stunden pro Nacht, sinken ihre Testosteronwerte um bis zu 15%. Ein weiterer wichtiger Punkt ergibt sich aus diesem tageszeitlichen Rhythmus: Wenn man Testosteron misst, spielt der Zeitpunkt der Blutabnahme eine entscheidende Rolle. Wer seine Testosteronwerte überprüfen lassen möchte, sollte dies unbedingt morgens tun, da die Werte zu diesem Zeitpunkt natürlicherweise am höchsten sind. Nur so erhält man wirklich aussagekräftige Ergebnisse.
Im weiteren Tagesverlauf sinkt der Spiegel dann wieder ab, bis er in der nächsten Nacht erneut aufgebaut wird und am nächsten Morgen wieder seinen Peak erreicht.
Dr. Apasu: Testosteron und das Stresshormon Cortisol lassen sich vereinfacht als Gegenspieler bezeichnen. Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel, also chronischer Stress, kann sich negativ auf die Testosteronwerte auswirken. Akuter Stress ist in der Regel weniger problematisch. Wenn man jedoch über einen längeren Zeitraum hinweg stark gestresst ist und dauerhaft hohe Cortisolwerte hat, beeinträchtigt das nachweislich den Testosteronhaushalt.
Das liegt unter anderem daran, dass Cortisol den Regulationskreislauf der Testosteronproduktion stört. Diese wird über den Hypothalamus und die Hypophyse, also zwei wichtige Steuerzentren im Gehirn, geregelt. Hohe Cortisolwerte wirken sich negativ auf beide Regionen aus, sodass der Körper letztlich weniger Testosteron produziert. Dauerhafter Stress ist also ein absoluter Killer für den Testosteronhaushalt.
Dr. Apasu: Betrachtet man den Verlauf der Testosteronwerte im Leben eines Mannes, so lässt sich Folgendes erkennen: Der Testosteronspiegel erreicht in den 20er-Jahren seinen Höhepunkt. In dieser Zeit ist er am höchsten, was auch damit zusammenhängt, dass Testosteron maßgeblich für die sogenannte “Vermännlichung” verantwortlich ist, die vor allem während der Pubertät stattfindet. Nach diesem Peak beginnt der Testosteronspiegel langsam zu sinken. Betrachtet man die Durchschnittswerte der Gesamtbevölkerung, so zeigt sich, dass ab dem 30. Lebensjahr ein kontinuierlicher Rückgang von etwa 1% bis 2% pro Jahr stattfindet.
Allerdings zeigen viele hochwertige Studien, dass dieser Rückgang weniger eine direkte Folge des Alters ist, sondern vielmehr mit Begleiterkrankungen, Übergewicht, ungesunden Lebensumständen, chronischem Stress und Schlafmangel zusammenhängt. Diese Faktoren führen dazu, dass der Testosteronspiegel im Alter sinkt. Männer, die dauerhaft gesund leben und keine relevanten Begleiterkrankungen entwickeln, können hingegen bis ins hohe Alter stabile und gesunde Testosteronwerte behalten. Im Gegensatz zu Frauen, deren Hormonwerte sich mit den Wechseljahren naturgemäß deutlich verändern, ist der Testosteronabfall beim Mann also keine zwangsläufige altersbedingte Entwicklung. Dennoch sinkt der Testosteronspiegel bei den meisten Männern, da es nur wenigen gelingt, über die Jahre hinweg einen optimalen Lebensstil beizubehalten, der den Hormonhaushalt schützt.
Betrachtet man die Durchschnittswerte der Gesamtbevölkerung, so zeigt sich, dass ab dem 30. Lebensjahr ein kontinuierlicher Rückgang von etwa 1% bis 2% pro Jahr stattfindet.
Dr. Apasu: Tatsächlich kann ein Testosteronmangel in jedem Lebensabschnitt auftreten. Es gibt genetische Ursachen, die bereits in der Pubertät zu Problemen führen können, wie das Klinefelter-Syndrom, welches sich negativ auf den Testosteronspiegel auswirkt. Auch Anlagestörungen im Bereich der Hoden, wie beispielsweise ein Maldescensus testis (wenn die Hoden im Leistenkanal verbleiben und sich nicht richtig entwickeln), können frühzeitig zu einem gestörten Testosteronhaushalt führen. Solche angeborenen Ursachen sind jedoch eher selten.
Interessanterweise zeigt sich, dass die Testosteronwerte nicht nur mit dem Alter abnehmen, sondern auch über Generationen hinweg rückläufig sind. Verschiedene Studien haben Männer gleichen Alters über Jahrzehnte hinweg verglichen und dabei festgestellt, dass heutige Männer im gleichen Alter deutlich niedrigere Testosteronwerte aufweisen als ihre Altersgenossen vor vielen Jahren. Zahlen aus diesen Studien deuten darauf hin, dass der Testosteronspiegel jährlich um etwa 1% sinkt. Konkret bedeutet das: Ein 30-jähriger Mann von heute hat etwa denselben Testosteronspiegel wie ein 50-jähriger Mann vor 20 Jahren.
Klinisch relevante Testosteronmängel treten daher immer häufiger bei jüngeren Männern auf. Wir von Adon Health sind seit rund zwei Jahren aktiv, haben ein Netzwerk aus Kooperationsärzten aufgebaut und unterstützen zahlreiche Patienten. In diesem Zeitraum lässt sich der beschriebene Generationseffekt noch nicht unmittelbar beobachten, aber wir stehen im engen Austausch mit führenden Experten auf diesem Gebiet. Einer von ihnen berichtete mir, dass er vor 20 Jahren in der Klinik deutlich weniger junge Männer mit Testosteronmangel gesehen hat als heute.
Dr. Apasu: Die vertrauenswürdige Wissenschaft geht vor allem davon aus, dass ein Testosteronmangel stark mit den Lebensumständen zusammenhängt. Ein zentrales Thema ist dabei das Übergewicht: Immer mehr junge Menschen sind übergewichtig. Diabetes Typ 2 wurde früher als "Altersdiabetes" bezeichnet. Doch diese Bezeichnung ist heute nicht mehr zutreffend, da inzwischen auch viele junge Menschen daran erkranken. Genau das Gleiche gilt auch für die Lebensumstände, die zu Diabetes führen, also Übergewicht, Bewegungsmangel und fehlende körperliche Aktivität.
Diese Faktoren spielen auch bei der Hormongesundheit eine große Rolle, insbesondere wenn es um den Testosteronspiegel geht. Ein sitzender Lebensstil, zu wenig Bewegung, chronischer Stress, Schlafmangel und schlechter Schlaf sind allesamt Einflussfaktoren. Sie führen dazu, dass Testosteronmangel bei Männern immer früher auftritt.
Es gibt auch andere Hypothesen, die diskutiert werden, beispielsweise, dass Östrogene im Trinkwasser oder in der Nahrung den Testosteronwert negativ beeinflussen könnten. Diese Theorien sind allerdings wissenschaftlich deutlich weniger gut belegt. Aus meiner Sicht liefert die verlässliche Wissenschaft derzeit keine überzeugenden Hinweise darauf. Der Hauptgrund liegt weiterhin im Lebensstil, insbesondere im zunehmenden Übergewicht, das inzwischen auch viele junge Männer betrifft.
Die vertrauenswürdige Wissenschaft geht vor allem davon aus, dass ein Testosteronmangel stark mit den Lebensumständen zusammenhängt.
Dr. Apasu: Die Zahlen gehen natürlich weit auseinander, je nachdem, welche Studien man betrachtet. Als groben Richtwert finde ich die Angaben der Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit jedoch ganz hilfreich: Demnach sind etwa 15 bis 35% der Männer in Deutschland von einem Testosteronmangel betroffen. Das entspricht ungefähr jedem dritten Mann.
Es gibt auch spannende Einzelstudien, die gezielt Männer in hausärztlichen Praxen untersuchen. Eine ältere deutsche Studie kam zu dem Ergebnis, dass rund 20% der untersuchten Männer einen Testosteronmangel aufwiesen. Wenn man bedenkt, dass die durchschnittlichen Testosteronwerte mit zunehmendem Alter tendenziell sinken, müsste dieser Anteil heute eigentlich noch höher sein.
Andere Studien, etwa aus den USA, haben Männer ab einem Alter von 45 Jahren untersucht. Dabei zeigte sich, dass etwa 40% dieser Altersgruppe einen Testosteronmangel hatten. Es gibt auch Untersuchungen speziell zu übergewichtigen Männern, bei denen tatsächlich fast jeder zweite oder sogar mehr als die Hälfte betroffen ist.
Es hängt also stark davon ab, welche Patientengruppe betrachtet wird. Als grobe Einschätzung kann man jedoch sagen, dass potenziell jeder vierte bis jeder dritte Mann von einem Testosteronmangel betroffen ist. Das ist ein realistischer Näherungswert. Ich beschäftige mich jetzt seit ein paar Jahren intensiv mit dem Thema und war selbst überrascht. Während meines Medizinstudiums und in meiner späteren ärztlichen Tätigkeit war das eher ein Randthema. Natürlich wusste man, dass Testosteron ein wichtiges Hormon für den Mann ist und dass es auch einen Mangel geben kann, aber mir wurde nie vermittelt, dass es sich dabei um ein relevantes und weit verbreitetes Problem handelt, für das ein Bewusstsein entwickelt werden muss, um gezielt zu testen.
Das merken wir auch bei vielen Patienten, die wir gemeinsam mit unseren Kooperationsärzten betreuen dürfen. Viele Patienten fühlen sich von ihren Hausärzten oder sogar von niedergelassenen Urologen nicht ernst genommen. Oft werden nicht einmal die entsprechenden Laborwerte bestimmt, obwohl die Patienten danach fragen. Man lässt sie dann mit ihren Beschwerden allein. Hier besteht definitiv noch Nachholbedarf, vor allem bei der Sensibilisierung von Ärzten, dieses Thema ernst zu nehmen.
Dr. Apasu: Um den Testosteronwert zu bestimmen, ist eine Blutprobe notwendig. Testosteron wird zwar in den Hoden des Mannes produziert, ist aber im gesamten Blutkreislauf vorhanden, da es zu seinen Zielorganen transportiert wird. Das bedeutet: Wir müssen eine Blutprobe entnehmen, um den Testosteronspiegel zu messen. Zwar kann man auch das freie Testosteron im Speichel bestimmen, was einen ersten groben Anhaltspunkt liefern kann – vor allem für Männer, die sich ungern Blut abnehmen lassen. Wenn man jedoch eine wirklich aussagekräftige Einschätzung des Testosteronhaushalts haben möchte, führt kein Weg am Bluttest vorbei.
Wichtig ist dabei auch der richtige Zeitpunkt der Blutentnahme. Zum einen sollte die Untersuchung morgens durchgeführt werden, da der Testosteronspiegel zu dieser Tageszeit am höchsten ist und die Ergebnisse somit am verlässlichsten sind. Zum anderen müssen auch die Lebensumstände rund um die Blutabnahme stimmen.
Was bedeutet das genau? Testosteron unterliegt nicht nur tageszeitlichen Schwankungen, sondern wird auch von anderen Faktoren beeinflusst, insbesondere von körperlichem und psychischem Stress. Deshalb sollte die Blutuntersuchung nicht durchgeführt werden, wenn man gerade eine akute Erkrankung wie etwa einen grippalen Infekt hat. Auch nach mehreren Nachtdiensten mit wenig Schlaf ist ein schlechter Zeitpunkt für die Testung, denn Schlafmangel kann den Testosteronspiegel deutlich verfälschen. Ebenso sollte man vor der Blutabnahme keine intensive sportliche Belastung gehabt haben. Die Probe sollte außerdem nüchtern abgenommen werden, d.h. ohne vorherige Nahrungsaufnahme, nur Wasser ist erlaubt, um ein verlässliches Ergebnis zu erhalten.
Doch nicht nur die Vorbereitung ist entscheidend, auch bei der Auswertung gibt es einiges zu beachten. Ein häufiger Fehler, den wir beobachten, ist: Es wird nur der Gesamt-Testosteronwert betrachtet. Liegt dieser zum Beispiel bei 18, heißt es schnell: "Alles in Ordnung." Das ist jedoch nicht zwingend der Fall. Um beurteilen zu können, ob bestimmte Symptome auf einen Testosteronmangel zurückzuführen sind, sind weitere Werte im Blutbild nötig. Nur durch die Kombination verschiedener Laborparameter lässt sich eine fundierte Aussage treffen.
Zum einen sollte die Untersuchung morgens durchgeführt werden, da der Testosteronspiegel zu dieser Tageszeit am höchsten ist und die Ergebnisse somit am verlässlichsten sind.
Dr. Apasu: Testosteron ist ein fettlösliches Hormon. Da unser Blut jedoch überwiegend aus Wasser besteht, kann Testosteron – wie alle fettlöslichen Substanzen – nicht frei darin zirkulieren. Es benötigt Transportproteine, um durch den Blutkreislauf befördert zu werden. Zwei dieser Transportproteine sind Albumin und SHBG (Sexualhormon-bindendes Globulin). Diese Proteine ermöglichen nicht nur den Transport, sondern binden auch das Testosteron und machen es damit zumindest temporär inaktiv. Nur das freie Testosteron, also der Anteil, der nicht an Transportproteine gebunden ist, kann im Körper seine Wirkung entfalten. Deshalb reicht es nicht aus, nur den Gesamt-Testosteronwert zu kennen. Ausschlaggebend ist, wie viel freies Testosteron im Blut vorhanden ist.
Um diesen Wert zu ermitteln, werden zusätzlich die Konzentrationen von Albumin und SHBG gemessen. Mithilfe der sogenannten Vermeulen-Formel lässt sich daraus das freie Testosteron berechnen. Diese Berechnung wird üblicherweise vom Labor übernommen. Im Internet gibt es auch Rechner, bei denen man die Werte für Gesamt-Testosteron, SHBG und Albumin eingeben kann, um den freien Wert zu bestimmen. Einige Labore messen auch das freie Testosteron direkt. Diese Methode ist jedoch aufwendiger, teurer und weniger genau, da die Konzentrationen mit Werten im Bereich von Pikomol sehr gering sind. Deshalb wird in der Praxis meistens die rechnerische Methode verwendet.
Zusammengefasst: Um den Hormonstatus eines Mannes richtig einzuschätzen, betrachtet man nicht nur den Gesamt-Testosteronwert, sondern vor allem auch den freien Testosteronwert.
Neben dem Testosteronspiegel ist das luteinisierende Hormon (LH) ein weiterer wichtiger Marker. Es wird von der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) ausgeschüttet und regt im Hoden die Produktion von Testosteron an. Wenn sowohl das Gesamt- als auch das freie Testosteron erniedrigt sind, stellt sich die Frage: Warum liegt ein Testosteronmangel vor? Ist das LH erhöht, bedeutet das, dass die Hypophyse verstärkt Signale sendet, der Hoden aber dennoch kein Testosteron produziert. Dies spricht für einen primären Hypogonadismus, also ein Problem im Hoden selbst. In diesem Fall wäre es sinnvoll, die Hoden genauer zu untersuchen.
Ist das LH niedrig, signalisiert die Hypophyse nicht ausreichend, dass Testosteron produziert werden soll. Hier liegt der Verdacht auf einen sekundären Hypogonadismus nahe, also eine Störung auf Ebene der Hypophyse. Diese Unterscheidung ist wichtig, da sie Einfluss auf die spätere Therapie hat. Neben Testosteron und LH gibt es noch andere Werte, die Aufschluss über den Hormonstatus geben können:
Dr. Apasu: Zunächst würde ich mich auf die Leitlinie der European Association of Urology (EAU), also der Europäischen Urologengesellschaft, beziehen. Diese gibt klare Empfehlungen und sinnvolle Leitlinien für die Bewertung von Hormonwerten, insbesondere von Testosteron. Betrachtet man den Gesamt-Testosteronwert, so liegt der Referenzbereich laut Leitlinie zwischen 12 und 35 Nanomol pro Liter. In der Praxis geben Labore jedoch oft ihre eigenen Referenzbereiche an. Bringen Patienten beispielsweise Laborwerte von einem bestimmten Labor mit, ist dort meist nicht der EAU-Wert aufgeführt, sondern ein hausinterner Referenzbereich.
Hier lohnt sich ein kurzer Exkurs: Was bedeuten Referenzbereiche überhaupt? Viele wissen nicht, dass ein Referenzbereich keinen Optimalbereich darstellt. Er zeigt lediglich an, in welchem Bereich 95% der getesteten Männer eines Labors lagen. Das heißt: Ein Labor nimmt beispielsweise 150–200 gesunde Männer, misst deren Testosteronwerte und legt den Referenzbereich fest, indem es den niedrigsten und höchsten Wert ermittelt. Liegt, ganz vereinfacht gesagt, der niedrigste Wert bei 11 und der höchste bei 36, ergibt sich ein Referenzbereich von 12 bis 35, in dem die mittleren 95% der Werte liegen. Das sagt jedoch noch nichts darüber aus, ob sich der einzelne Mann mit seinem Wert auch wirklich gut fühlt.
Ähnliche Referenzbereiche gibt es auch für das freie Testosteron. Laut der aktuellen Leitlinie sollte der Wert über 221 Pikomol pro Liter liegen. Interessanterweise lag dieser Grenzwert in der Leitlinie von 2020 noch bei 243 Pikomol pro Liter und wurde nun abgesenkt. Das bedeutet konkret: Ein Mann mit 230 Pikomol hatte im Jahr 2023 noch einen Testosteronmangel, der leitliniengerecht behandelt werden konnte. Seit 2024 gilt dieser Wert als normal, weil die Leitlinie angepasst wurde. Eine Behandlung nach Leitlinie wäre demnach nicht mehr möglich, es sei denn, sie erfolgt off-label.
Das halte ich persönlich für schwierig. Sicherlich gab es Gründe für die Anpassung, aber für die ärztliche Praxis bedeutet das: Man sollte sich nicht blind an die Referenzwerte halten, sondern immer auch die Symptome des Patienten einbeziehen, um gemeinsam zu entscheiden, ob eine Therapie sinnvoll ist. Das waren also die Referenzbereiche für das Gesamt- und das freie Testosteron, die beiden wichtigsten Werte in diesem Zusammenhang. Ich finde es wichtig, dass Patienten wissen, wo sie innerhalb dieser Spannbreite stehen, wenn sie sich testen lassen.
An dieser Stelle möchte ich auch ein persönliches Beispiel bringen, das diesen Punkt noch einmal unterstreicht: Ich habe meine eigenen Testosteronwerte messen lassen, um herauszufinden, wo ich persönlich stehe. Mein Gesamt-Testosteronwert liegt bei 37 Nanomol pro Liter und damit am oberen Ende des Referenzbereichs. Da ich jedoch sehr viel vom Transportmolekül SHBG habe, liegt mein freies Testosteron nur im unteren Mittelfeld. Wenn ich in ein paar Jahren erneut messe und mein Gesamtwert beispielsweise bei 25 liegt, sieht das auf dem Papier noch gut aus, da er im Normbereich zwischen 12 und 35 liegt. Ich weiß jedoch, dass ich einen Wert von 37 brauche, um ausreichend freies Testosteron zu haben und mich wirklich gut zu fühlen.
Man sollte sich nicht blind an die Referenzwerte halten, sondern immer auch die Symptome des Patienten einbeziehen, um gemeinsam zu entscheiden, ob eine Therapie sinnvoll ist.
Dr. Apasu: Es kann sinnvoll sein, auch ohne akute Beschwerden und in jungen Jahren einen Testosteronwert bestimmen zu lassen, um herauszufinden, wo das persönliche Optimum liegt. Dann hat man einen individuellen Vergleichswert, mit dem man zukünftige Messungen besser einordnen kann, statt sich an einem zu breiten Normbereich zu orientieren. Man weiß dann: "Ich funktioniere am besten bei Wert X" und nicht nur "Ich bin irgendwo in der Norm".
Natürlich ist dabei ein gesundes Maß erforderlich. Es ist nicht sinnvoll, den Testosteronwert jeden Monat zu messen. Das gilt übrigens nicht nur für Testosteron, sondern auch für viele andere Laborwerte – beispielsweise Lipoprotein(a), ApoB, HDL, LDL, Nieren- und Leberwerte. Die Liste ist lang. Aus ärztlicher Sicht würde ich jedem Menschen empfehlen, einmal eine persönliche Baseline, also einen Ausgangswert, zu erheben. So bekommt man einen Überblick: Wo stehe ich aktuell mit meinen Laborwerten?
Das ist aus zwei Gründen sinnvoll: Erstens kann man so erkennen, ob bestimmte Anpassungen des Lebensstils notwendig sind, um die Gesundheit zu verbessern. Zweitens hat man so einen persönlichen Referenzwert, mit dem man zukünftige Werte vergleichen kann. Ich würde daher auf jeden Fall empfehlen, eine solche Testung durchzuführen, um diese Grundlinie zu ermitteln – und sie dann in sinnvollen Abständen zu wiederholen. Was heißt hier "sinnvoll"? Zum Beispiel alle zwei Jahre, um zu wissen, wo man gerade steht.
Dr. Apasu: Grundsätzlich halte ich es für sehr gesund und sinnvoll, medizinischen Eingriffen wie einer Hormonersatztherapie mit einer gewissen Skepsis zu begegnen. Es ist gut, zunächst kritisch zu hinterfragen, ob eine Therapie wirklich nötig ist, und zu prüfen, was durch Veränderungen im Lebensstil selbst erreicht werden kann. In vielen Bereichen der Medizin ist das absolut angemessen. Der eigene Lebensstil kann einen enormen Einfluss auf die Gesundheit haben. Beim Thema Testosteronmangel gibt es zwei große Hebel, die man selbst in der Hand hat:
Dr. Apasu: Genügend Schlaf – das klingt erst einmal einfach und wünschenswert. Viele würden sich darüber freuen und grundsätzlich scheinen es Maßnahmen zu sein, die leicht umsetzbar sind. Genau deshalb sind Schlaf und Bewegung zwei der wichtigsten Faktoren für die Gesundheit. Jeder sollte sie für sich nutzen.
In der Realität sieht es jedoch oft anders aus. Gerade für Männer Mitte 50, die seit 20 Jahren Beruf und Familie an erste Stelle gesetzt haben, ist das nicht einfach. Sie arbeiten zwölf Stunden am Tag, kümmern sich am Nachmittag und Abend um die Kinder, sind für ihre Partnerin da und erledigen Aufgaben im Haushalt. Und dann sagt der Arzt: "Schlafen Sie doch mal acht Stunden und treiben Sie viermal pro Woche Sport." Das klingt zwar gut, ist in solchen Fällen aber selten hilfreich. Es wirkt eher wie ein gut gemeinter Ratschlag, der sich im Alltag kaum umsetzen lässt – also nicht wirklich patientenzentriert.
Hier kann eine begleitende Hormonersatztherapie sehr sinnvoll sein. Sie hilft Männern, ihren Lebensstil nachhaltig zu verändern. Denn wer an einem Testosteronmangel leidet, hat oft mit Antriebslosigkeit und Motivationsproblemen zu kämpfen. Viele dieser Männer schleppen sich trotzdem regelmäßig ins Fitnessstudio, erzielen aber keine sichtbaren Fortschritte. Sie bauen kaum Muskulatur auf, da Testosteron als anaboles Hormon eine zentrale Rolle beim Muskelaufbau spielt. Ohne ausreichend Testosteron bleibt der Trainingseffekt aus, ganz gleich, wie oft man ins Fitnessstudio geht.
Deshalb kann eine Hormonersatztherapie in solchen Fällen enorm hilfreich sein. Sie unterstützt nicht nur die körperliche Leistungsfähigkeit, sondern hilft den Männern auch dabei, sich aus der Erschöpfung und Überforderung der letzten Jahre – manchmal Jahrzehnte – herauszuarbeiten und neue Lebensenergie zu gewinnen.
Hier kann eine begleitende Hormonersatztherapie sehr sinnvoll sein. Sie hilft Männern, ihren Lebensstil nachhaltig zu verändern.
Dr. Apasu: Eine Hormonersatztherapie sollte immer von einem Arzt durchgeführt werden. Es gibt viele Ärzte, die das sehr gut machen, darunter gute Hausärzte, Endokrinologen oder Urologen. Wichtig ist uns, Folgendes zu betonen: Das ist nicht nur bei Adon Health möglich. Es gibt selbstverständlich auch andere Anlaufstellen, bei denen man den Hormonhaushalt gut einstellen lassen kann. Wann profitiert man also von einer Hormonersatztherapie? Grundsätzlich immer dann, wenn Symptome vorliegen, die potenziell auf einen Hormonmangel zurückzuführen sind.
In manchen Fällen ist das sehr eindeutig: Ein Mann hat beispielsweise Symptome wie Müdigkeit, Antriebslosigkeit oder Libidoverlust und gleichzeitig zu wenig Gesamt- und freies Testosteron. Dann ist es sehr wahrscheinlich, dass er von einer Hormonersatztherapie profitiert. Es gibt aber auch Situationen, in denen es nicht so eindeutig ist. Beispielsweise, wenn die Testosteronwerte noch innerhalb des Referenzbereichs liegen, sowohl der Gesamtwert als auch das freie Testosteron. Trotzdem können typische Symptome auftreten. Auch dann lohnt es sich, genauer hinzuschauen. In vielen Fällen profitieren Männer auch dann von einer Hormonersatztherapie.
Es gibt dazu interessante Studien, die zeigen: Auch Männer mit Testosteronwerten im unteren Normbereich können Symptome entwickeln und von einer Therapie profitieren. Wichtig ist es, die Beschwerden im Zusammenhang mit den Laborwerten zu betrachten und dann gemeinsam mit dem Arzt eine Entscheidung zu treffen. Hilfreich sind dabei auch klinisch validierte Fragebögen, die dabei unterstützen, subjektive Beschwerden objektiver einzuordnen.
Ein Beispiel ist der AMS-Fragebogen, auch "Aging Male Symptom Scale" genannt. Er enthält 17 Fragen und ist leicht im Internet zu finden. Wer einen ersten Eindruck davon gewinnen möchte, ob möglicherweise ein Testosteronmangel vorliegt, kann einen solchen Online-Fragebogen ausfüllen. Das ersetzt natürlich keine Diagnose, hilft aber dabei, das eigene Empfinden besser einzuordnen und im Anschluss gemeinsam mit dem Arzt zu besprechen, ob eine Hormonersatztherapie sinnvoll sein könnte.
Dr. Apasu: Ja! Das ist nicht nur meine persönliche Meinung, sondern basiert auf einem breiten Expertenkonsens. Tatsächlich gab es vor knapp zehn Jahren ein internationales Treffen, bei dem sich ausgewiesene Fachleute intensiv mit dem Thema Testosteronersatztherapie beschäftigt haben. Im Rahmen dieses Treffens wurden neun Resolutionen erarbeitet und verabschiedet, die von dieser Expertengruppe gemeinsam getragen werden. Eine dieser Resolutionen betonte ausdrücklich, dass eine Testosterontherapie bei entsprechenden Beschwerden unabhängig vom Alter des Patienten erfolgen sollte. Das bedeutet: Egal, ob jemand 35 oder 85 Jahre alt ist – wenn Symptome vorliegen, die auf einen Testosteronmangel zurückzuführen sind, kann eine Optimierung des Testosteronspiegels helfen.
Dr. Apasu: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Testosteron zu verabreichen. In Deutschland ist die transdermale Applikation eine sehr gängige Methode: Dabei wird Testosteron in Form einer Creme oder eines Gels täglich auf die Haut aufgetragen. Innerhalb weniger Minuten wird das Gel von der Haut aufgenommen und gelangt in den Blutkreislauf. Durch die tägliche Gabe am Morgen entsteht ein gleichmäßiger Testosteronspiegel, der dem natürlichen Tagesrhythmus folgt. Morgens ist der Wert am höchsten, dann nimmt er im Tagesverlauf ab und erreicht am nächsten Morgen wieder sein Maximum.
Eine weitere häufige Methode sind Injektionen in den Muskel. Es gibt Präparate mit kurzer Wirkdauer, die alle ein bis zwei Wochen verabreicht werden, sowie länger wirksame Formen, die nur alle drei Monate nötig sind. Welches Verfahren geeignet ist, hängt von der Lebenssituation und den Vorlieben des Patienten ab. Manche gehen viermal im Jahr in die Praxis, andere spritzen sich alle sieben bis vierzehn Tage selbst. Die Aufgabe von Ärztin oder Arzt ist es, gemeinsam mit dem Patienten diejenige Therapieform zu wählen, die in Bezug auf Handhabung, Häufigkeit und Wirkdauer am besten passt.
In Deutschland ist die transdermale Applikation eine sehr gängige Methode...
Dr. Apasu: Die Auftragungsstelle der Creme sollte idealerweise mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin abgestimmt werden. Grundsätzlich eignen sich Körperregionen, die nicht stark behaart sind und bei denen die Haut nicht zu dick ist. Häufig gewählt werden beispielsweise die Schulterregion, die Innenseite der Oberschenkel oder die Achselregion.
Dr. Apasu: Bei Spritzen hängt die Wahl der Injektionsstelle von der Applikationsform und der Menge des Präparats ab. Oft werden der Gesäßmuskel oder der Oberschenkelmuskel verwendet. Viele Männer, die sich das Präparat selbst verabreichen, wählen dafür die Schulter, da dies für sie am einfachsten ist.
Dr. Apasu: Wie lange eine Therapie notwendig ist, hängt stark von der Ursache des Testosteronmangels ab. Es gibt leider Fälle, in denen die Ursache nicht umkehrbar ist, beispielsweise bei einem Schaden an den Hoden oder der Hypophyse. In diesen Situationen muss Testosteron lebenslang zugeführt werden, um die positiven Effekte eines normalen oder optimierten Testosteronspiegels aufrechtzuerhalten. Wird die Therapie beendet, fällt der Spiegel sonst wieder auf das ursprüngliche, niedrige Niveau zurück.
In vielen anderen Fällen sind die Ursachen jedoch reversibel. Ein Beispiel ist ein Mann, der seit 20 Jahren keinen Sport treibt, übergewichtig ist, schlecht schläft und sich ungesund ernährt. Wenn durch eine Testosteronersatztherapie erreicht wird, dass dieser Mann seine Lebensweise ändert – also Muskulatur aufbaut, sein Gewicht reduziert, besser schläft und Stress abbaut –, dann können sich die Voraussetzungen im Körper so weit verbessern, dass ein Absetzen der Therapie möglich wird. In solchen Fällen kann man nach einer gewissen Zeit versuchen, die Testosteronzufuhr langsam auszuschleichen, um zu sehen, auf welchem Niveau sich der natürliche Hormonhaushalt stabilisiert.
Wichtig ist dabei, sich bewusst zu machen, dass eine solche Therapie keine kurzfristige Maßnahme ist. Es geht nicht um eine zweiwöchige Behandlung und dann ist alles gut, sondern um mehrere Monate bis hin zu wenigen Jahren. In dieser Zeit soll der Körper die Chance bekommen, sich zu regenerieren und neu zu regulieren. Eine Testosterontherapie sollte niemals eigenständig abgesetzt werden. Das muss immer ärztlich begleitet erfolgen, und zwar aus einem bestimmten Grund: Wenn Testosteron von außen zugeführt wird, fährt der Körper die eigene Produktion herunter oder stellt sie sogar ganz ein. Dieser Mechanismus nennt sich negative Rückkopplung.
Wichtig ist dabei, sich bewusst zu machen, dass eine solche Therapie keine kurzfristige Maßnahme ist.
Er sorgt normalerweise dafür, dass sich der Hormonhaushalt selbst reguliert. Wenn die Hoden ausreichend Testosteron produzieren, sendet die Hypophyse weniger stimulierende Signale. Dieser Regelkreis funktioniert beim Östrogen auf ähnliche Weise. Wird nun Testosteron von außen zugeführt, hemmt das die Hypophyse. In der Folge stellen die Hoden die eigene Testosteronproduktion ein. Während der Ersatztherapie liegt die körpereigene Produktion daher meist am Minimum. Ein plötzlicher Abbruch der Therapie kann deshalb zu einem massiven Hormonmangel führen.
Wenn das Ziel darin besteht, die Therapie zu beenden, sollte das Testosteron über einen längeren Zeitraum hinweg schrittweise reduziert werden. So hat der Körper die Chance, die eigene Produktion wieder hochzufahren, sobald die hemmende Wirkung der externen Zufuhr nachlässt. Zusammenfassend lässt sich sagen: Wenn die Ursachen reversibel sind, kann eine Testosterontherapie durchaus zu einem späteren Zeitpunkt wieder beendet werden – aber nur unter ärztlicher Begleitung und mit einem klaren Plan.
Dr. Apasu: Da gibt es natürlich sehr große individuelle Unterschiede. Bei unseren Kooperationsärzten findet die erste Folgesprechstunde in der Regel nach etwa einem Monat statt. Die Rückmeldungen zeigen, dass viele Männer bereits in diesem ersten Monat erste positive Effekte bemerken. Sie berichten von einer deutlich verbesserten Stimmung und einer gesteigerten Lebensqualität. Das gilt natürlich nicht für alle, bei manchen dauert es etwas länger. Wir hören jedoch oft von Männern, dass sie sich nach drei bis vier Wochen wie neugeboren fühlen. Das trifft natürlich nicht auf jeden zu. Aber glücklicherweise gibt es inzwischen viele interessante Studien, darunter auch Review-Artikel, die verschiedene Untersuchungen zur Testosteron-Ersatztherapie ausgewertet haben. Sie zeigen recht klar, ab wann typischerweise mit Effekten zu rechnen ist.
Unsere Erfahrungen decken sich damit: In den ersten zwei bis drei Wochen zeigen sich häufig bereits Verbesserungen der Stimmung und der Libido. Andere Effekte wie Veränderungen der Körperzusammensetzung, beispielsweise Muskelwachstum, oder eine Verbesserung der Knochendichte brauchen mehr Zeit. In Studien wurden positive Veränderungen der Knochendichte etwa nach neun Monaten beobachtet.
Dr. Apasu: Ich glaube, da gibt es einige Missverständnisse. Oft wird zwischen bioidentischen und synthetischen Hormonen unterschieden, was jedoch nicht ganz korrekt ist. Bioidentisch bedeutet in Bezug auf Testosteron lediglich, dass das verabreichte Hormon in seiner Struktur dem körpereigenen Testosteron exakt entspricht. Dies sagt jedoch nichts darüber aus, wie dieses Hormon hergestellt wurde. Bioidentisches Testosteron gilt als Goldstandard in der Behandlung.
Es würde mich sehr wundern, wenn Männer in Deutschland kein bioidentisches Testosteron erhalten würden. Dieses Testosteron wird synthetisch hergestellt, also nicht etwa aus Rinderhoden gewonnen. Der Herstellungsprozess ist ein sehr sauberer, chemisch-synthetischer Prozess. Das Ergebnis ist ein Hormon, das in seiner molekularen Struktur dem körpereigenen Testosteron gleicht. Der Körper erkennt es daher als eigenes Hormon und verarbeitet es entsprechend.
Daneben gibt es auch nicht-bioidentische Hormonpräparate. Diese haben nicht die gleiche Molekülstruktur wie körpereigenes Testosteron, können aber an den gleichen Rezeptoren andocken und so eine ähnliche Wirkung entfalten. Allerdings ist diese Wirkung nie zu 100% identisch, sondern kann beispielsweise etwas stärker ausfallen oder ein anderes Nebenwirkungsprofil aufweisen. In der medizinischen Praxis in Deutschland spielen diese nicht-bioidentischen Präparate bei der Testosteronersatztherapie allerdings kaum eine Rolle.
Bioidentisches Testosteron gilt als Goldstandard in der Behandlung.
Dr. Apasu: Ich bin ehrlich gesagt kein großer Fan davon, bei einer Testosteronersatztherapie direkt von Nebenwirkungen zu sprechen. Natürlich muss man darüber reden, dazu komme ich gleich, aber man sollte sich erst einmal bewusst machen: Es handelt sich um bioidentisches Testosteron. Das heißt, es ist identisch mit dem körpereigenen Hormon und entfaltet genau die Wirkung, die Testosteron im Körper haben soll. In diesem Sinne ist es keine "Neben"-Wirkung, sondern die erwartete Wirkung. Nur kann sie eben zu stark ausfallen, wenn zu viel davon gegeben wird.
Ein gutes Beispiel ist das blutbildende System. Testosteron kann hier dazu führen, dass die Zahl der roten Blutkörperchen steigt. Das ist in vielen Fällen sogar erwünscht, da Männer mit Testosteronmangel häufig unter einer Anämie, also Blutarmut, leiden, weil die Blutbildung zu wenig stimuliert wird. Beginnt man eine Ersatztherapie, steigt zunächst der Hämatokrit-Wert, was positiv ist. Diese Wirkung darf jedoch nicht zu stark ausfallen, da das Blut sonst zu "dick" wird, was das Risiko für Thrombosen erhöht. Dies sollte man also im Blick behalten.
Ein zweiter Punkt, den man durchaus als Nebenwirkung bezeichnen kann, ist die sogenannte negative Rückkopplung auf die Hypophyse, also die Hirnanhangsdrüse. Dort wird nicht nur LH (luteinisierendes Hormon), das für die Testosteronproduktion wichtig ist, sondern auch FSH (follikelstimulierendes Hormon) produziert. FSH wirkt im Hoden auf die Sertoli-Zellen, die für die Spermienproduktion zuständig sind. Wenn von außen Testosteron zugeführt wird, sinkt die FSH-Konzentration, was die Spermienproduktion wiederum deutlich reduzieren kann. Das heißt: Unter einer Testosteronersatztherapie ist die Fruchtbarkeit meist stark eingeschränkt, wenn auch nicht auf null. Ein aktueller Kinderwunsch ist deshalb eine klare Kontraindikation für eine solche Therapie.
Ein weiterer Punkt ist, dass beim Auftragen von Testosteron-Gel darauf geachtet werden sollte, keine Übertragung auf andere Personen zu riskieren – etwa beim engen Körperkontakt mit der Partnerin, den Kindern oder Haustieren. Zwar nimmt die Haut das Gel auf, aber in der ersten Zeit nach dem Auftragen kann noch etwas davon auf andere Personen übergehen.
Früher – und leider hält sich diese Ansicht zum Teil bis heute – gab es Sorgen, dass eine Testosteronersatztherapie Prostatakrebs auslösen oder das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall erhöhen könnte. Diese Annahmen wurden jedoch durch hochwertige, wissenschaftlich sehr solide Studien widerlegt. Es besteht kein Zusammenhang zwischen einer Testosterontherapie und einem erhöhten Risiko für Prostatakrebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Im Gegenteil: Es gibt Hinweise darauf, dass eine gut geführte Ersatztherapie sogar schützend wirken kann. Trotzdem ist es wichtig, vor Beginn der Therapie die Prostata zu untersuchen, um einen bestehenden Prostatakrebs sicher auszuschließen. Testosteron ist ein anaboles Hormon und viele Prostatakarzinome sind androgenabhängig. Das heißt, dass das Wachstum eines bereits vorhandenen Prostatakrebses durch Testosteron beschleunigt werden kann. Deshalb ist die Abklärung vor Therapiebeginn absolut notwendig.
Es besteht kein Zusammenhang zwischen einer Testosterontherapie und einem erhöhten Risiko für Prostatakrebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Dr. Apasu: Eine Kontraindikation ist ein Umstand, der die Verabreichung eines bestimmten Präparats oder die Durchführung eines medizinischen Eingriffs ausschließt. Auch beim Testosteronmangel gibt es Kontraindikationen. Absolute Kontraindikationen sind: ein bestehender, unbehandelter Prostatakrebs sowie ein aktueller Kinderwunsch.
In diesen Fällen sollte keine Testosteronersatztherapie durchgeführt werden. Wenn ein Mann mit Testosteronmangel aktuell einen Kinderwunsch hat, kann man ihm dennoch helfen, allerdings nicht durch die direkte Gabe von Testosteron. Es gibt Präparate, die vor allem bei einem sekundären oder funktionellen Hypogonadismus die körpereigene Testosteronproduktion anregen. So lässt sich auch bei bestehendem Kinderwunsch eine Verbesserung erzielen.
Relative Kontraindikationen sind weitere Umstände, bei denen man besonders vorsichtig sein muss. Deshalb ist es so wichtig, dass die Indikation für eine Testosterontherapie immer ärztlich gestellt wird und Testosteron nicht einfach irgendwo selbst beschafft wird. Ein Beispiel für eine relative Kontraindikation ist eine unbehandelte, schwere Herzinsuffizienz: Hier sollte keine Testosteronersatztherapie erfolgen.
Ein weiteres Beispiel ist ein stark übergewichtiger Mann mit viel viszeralem Bauchfett. In solchen Fällen kann eine Ersatztherapie zwar hilfreich sein, jedoch ist Vorsicht geboten. Denn zugeführtes Testosteron kann im Bauchfett über das Enzym Aromatase direkt in Östrogen umgewandelt werden. Das bedeutet, dass man dem Patienten in dieser Situation möglicherweise nicht helfen, sondern ihm sogar schaden würde, indem man den Östrogenspiegel erhöht. Es gibt jedoch Möglichkeiten, die Aromatase gezielt zu hemmen.
Worauf ich hinaus will: Die Entscheidung für eine Testosterontherapie sollte niemals leichtfertig getroffen werden. Sie gehört in die Hände einer erfahrenen medizinischen Fachperson, die eine ausführliche Aufklärung durchführt und die individuelle Situation klar beurteilen kann.
Dr. Apasu: Die meisten Männer mit Testosteronmangel werden tatsächlich nicht behandelt. Schaut man sich die Zahlen an, beispielsweise anhand von Versicherungsdaten, kann man recht gut abschätzen, wie viele Männer behandelt werden. Vergleicht man diese Zahlen mit der Prävalenz von Testosteronmangel, die auf Studien basiert, kommt man auf erschreckende Werte: Rund 90% der Betroffenen erhalten keine Behandlung.
Das liegt unter anderem daran, dass viele Männer ihre Symptome gar nicht richtig einordnen oder sie gar nicht als behandlungsbedürftig wahrnehmen. Männer haben leider generell kein besonders geschärftes Bewusstsein für ihre Gesundheit. Da braucht es definitiv noch ein Umdenken. Hinzu kommt, dass es sich beim Testosteronmangel um ein stigmatisiertes Thema handelt. Beschwerden wie Antriebslosigkeit, Motivationsprobleme oder Libidoverlust sind nichts, womit Männer typischerweise sofort zum Arzt gehen oder sich aktiv Hilfe suchen.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Symptome schleichend entwickeln und nicht plötzlich auftreten. Pro Jahr sinkt der Testosteronspiegel im Durchschnitt um etwa ein Prozent. Die Veränderungen sind also subtil und ziehen sich über Jahre hin. Viele Männer denken dann: "Naja, vielleicht gehört das einfach dazu, weil ich jetzt 50 bin. Klar habe ich nicht mehr so viel Drive oder Libido wie mit 30." Sie erkennen die Symptome also nicht als Hinweis auf ein hormonelles Problem und holen sich entsprechend selten Hilfe.
Leider sind viele Mediziner in Bezug auf das Thema Testosteronmangel nicht besonders sensibilisiert. Natürlich muss man die ärztlichen Kollegen in Schutz nehmen. Der Hausarzt hat oft nur fünf Minuten Zeit pro Patient, ein volles Wartezimmer und muss in hoher Taktung arbeiten. Da bleibt selten Raum, um sich intensiv mit der individuellen Situation eines Patienten auseinanderzusetzen – geschweige denn, auf hormonelle Zusammenhänge zu achten. Trotzdem muss man sagen, dass es teilweise erschreckend an Wissen zum Thema Hormongesundheit beim Mann fehlt. Bei Prävalenzzahlen von 20% bis 35% sollte sich eigentlich jede Ärztin und jeder Arzt mit dem Thema auskennen.
Es kommt immer wieder vor, dass Männer mit einem laborchemisch nachgewiesenen Testosteronmangel zum Arzt gehen und dann Sätze wie "Das kann man nicht behandeln – das macht Prostatakrebs." hören. Oder: "Das ist normal, wenn man älter wird." Aber nein, es ist nicht normal, sich mit 50 dauerhaft antriebs- oder kraftlos zu fühlen – und es gibt Hilfe. Deshalb ist es extrem wichtig, dass Männer über diese Zusammenhänge Bescheid wissen und sich trauen, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Rund 90% der Betroffenen erhalten keine Behandlung.
Dr. Apasu: In erster Linie geht es uns um Aufklärung. Unser Ziel ist es, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Hormone auch für Männer eine wichtige Rolle spielen und ein hormonelles Ungleichgewicht durchaus zu Problemen führen kann. Gleichzeitig möchten wir aufzeigen, dass es Behandlungsmöglichkeiten gibt. Unser Ziel ist es, dieses Bewusstsein zu stärken, damit Männer sich aktiv mit dem Thema auseinandersetzen und bei Bedarf gezielt Hilfe suchen. Selbst wenn man bei einem Arzt ist, der wenig Zeit hat, kann man sagen: "Ich habe dieses Problem. Ich möchte gerne bestimmte Laborwerte untersuchen lassen. Ich bin auch bereit, selbst dafür zu zahlen." Oft besteht allein durch diese Initiative eine gute Chance, Unterstützung zu bekommen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Ein weiterer Aspekt ist, Ärztinnen und Ärzten das Wissen an die Hand zu geben, denn nur so können sie ihren Patienten sinnvoll helfen. Genau aus diesem Grund haben wir vor zwei Jahren Adon Health ins Leben gerufen: um niedrigschwellige Angebote zu schaffen, mit denen Patienten unkompliziert Hilfe erhalten können. Wir leben im Jahr 2025 – viele Bereiche haben längst auf Homeoffice und Videosprechstunden umgestellt. Die Medizin hinkt da teilweise noch stark hinterher. Mit Adon Health wollten wir eine Lösung anbieten, bei der Laborwerte ganz bequem von zu Hause aus bestimmt werden können. Die Ergebnisse werden dann in einem geschützten digitalen Raum mit einem Arzt oder einer Ärztin besprochen. So ermöglichen wir eine erste Analyse der hormonellen Situation und vor allem eine fundierte, unabhängige Einschätzung durch Mediziner, die im besten Fall gezielte Hilfe anbieten können.
Dr. Apasu: Ich würde vorschlagen, das Thema Schlaf zur obersten Priorität zu machen. Das ist der erste Punkt, den ich ändern würde. Achtet darauf, mindestens sieben Stunden pro Nacht zu schlafen – geht möglichst immer zur gleichen Zeit ins Bett und steht zur gleichen Zeit auf. Entwickelt außerdem eine gute Abendroutine. Natürlich klappt das nicht immer perfekt, aber als Faustregel gilt die 3-2-1-Regel: 3 Stunden vor dem Schlafengehen nichts mehr essen, 2 Stunden davor nichts mehr trinken und 1 Stunde vorher Bildschirme aus – also weg vom Handy, Laptop und Co. Nutzt die letzte Stunde lieber, um runterzufahren und zu entspannen. Das verbessert eure Schlafqualität deutlich. Wichtig ist auch eine dunkle und kühle Umgebung in der Nacht, denn das hat eine spürbare Auswirkung auf eure Hormonwerte.
Der zweite Punkt: Findet eure persönliche Baseline heraus. Wisst, wo ihr steht, insbesondere mit euren Laborwerten. Wenn es um das Thema Testosteron geht, schaut euch unbedingt auch den freien Testosteronwert an, denn dieser ist aussagekräftiger. Wenn ihr ohnehin Blut abnehmen lasst, lasst auch gleich andere relevante Werte bestimmen: Blutfette (Lipide), Nierenwerte und Leberwerte. Wenn ihr diese Werte einmal messen lasst, erhaltet ihr einen echten Überblick über eure Gesundheitsparameter. Nur mit dieser Transparenz könnt ihr fundierte Entscheidungen für eure Gesundheit treffen, statt im Blindflug unterwegs zu sein.
Danke für das Interview!
Adon Health ermöglicht Männern, zentrale Gesundheitswerte unkompliziert per Bluttest von zu Hause aus zu analysieren. In Zusammenarbeit mit führenden Experten wurden klinisch validierte Labortests speziell für Männer entwickelt, von Hormonstatus und Herzgesundheit bis hin zu Stoffwechselparametern. Die Auswertungen liefern medizinisch fundierte Ergebnisse, diskret, flexibel und bequem von zuhause. Bei Bedarf können die Laborwerte im Anschluss mit einem Arzt aus dem Kooperationsnetzwerk von Adon Health in einer Videosprechstunde besprochen, und therapeutische Konsequenzen (z.B. Testosterontherapien) eingeleitet werden. Adon Health hat bereits tausenden Männern geholfen, mehr Klarheit über ihren Hormonstatus zu gewinnen, und über das ärztliche Netzwerk erfolgreich in eine individuell angepasste Hormonersatztherapie begleitet.

Letzte Aktualisierung am 12.09.2025.