Eine Labordiagnostik ist bei ersten Wechseljahresbeschwerden oder präventiv ab Anfang/Mitte 40 sinnvoll. Zentrales Kriterium ist das (schwankende) FSH im Zusammenspiel mit Östradiol, LH und Progesteron in der zweiten Zyklushälfte. Idealerweise wird Progesteron am 3.–5. Zyklustag gemessen, grundsätzlich ist es aber jederzeit interpretierbar. Ebenfalls sollten die Schilddrüsenwerte, die Androgene (Testosteron, DHEA-S) sowie ein Präventionsprofil (Leber-/Nierenwerte, Blutbild, Lipide/Triglyceride, HbA1c, Blutdruck, Ferritin, Vitamin D, ggf. Selen/Zink) untersucht werden. Ein Basischeck dient einmalig als Ausgangspunkt, danach erfolgt eine jährliche bzw. therapiebegleitende Kontrolle. Therapeutisch wird zunächst oft ein Gestagen eingesetzt, um die Schwankungen zu glätten. Später wird ggf. bei einem Östrogenmangel ein Östrogen ergänzt. Zusätzlich ist ein gesunder Lebensstil wichtig: regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung, ausreichende Zufuhr von Eiweiß, B-Vitaminen und Omega-3-Fettsäuren.
Prof. Bühling: Grundsätzlich ist es sinnvoll, bei auftretenden Symptomen eine Laboruntersuchung in Betracht zu ziehen. Auch präventiv kann eine solche Untersuchung bereits ab Anfang bis Mitte 40 erfolgen, um zu prüfen, ob alles in Ordnung ist. Dabei werden verschiedene Hormone erfasst.
Am wichtigsten ist in der Regel das follikelstimulierende Hormon (FSH). Es wird im Verlauf des Zyklus in der Hirnanhangsdrüse gebildet und wirkt auf die Eierstöcke. Wenn die Eierstöcke ihre Funktion insgesamt etwas herunterfahren, also weniger Follikel produzieren und es nicht mehr regelmäßig zum Eisprung kommt, steigt das FSH an. Dieses Hormon gilt als das sensitivste Messkriterium: Ein leicht erhöhter Wert kann darauf hinweisen, dass die Wechseljahre bevorstehen. Dies ist jedoch kein eindeutiger Beweis, denn der FSH-Wert kann z.B. zwei Monate lang erhöht sein und anschließend wieder in den Normalbereich zurückkehren. Zudem schwankt er innerhalb des Zyklus: Zu Beginn ist er etwas höher, um den Eierstock zu stimulieren und eine Eizelle heranreifen zu lassen. Insofern zählt FSH zu den maßgeblichen Parametern im Hormonlabor.
Prof. Bühling: Östradiol ist ein weiteres zentrales Hormon im Zyklus. Es wird in den Zellen gebildet, die die Eizelle im Eibläschen (Follikel) umgeben. Die Menge an Östradiol korreliert relativ gut mit der Größe des Eibläschens. Monat für Monat entsteht ein solches Eibläschen, in dem die Eizelle liegt, und der Östradiolspiegel im Blut steigt bis zur Zyklusmitte an. Das hohe Östradiol löst dann die Ausschüttung von LH aus, einem weiteren häufig gemessenen Hormon. Dies bewirkt letztlich den Eisprung. Das Eibläschen "springt", entleert sich in den Bauchraum und die Eizelle kann möglicherweise befruchtet werden, wenn sie den Eileitertrichter findet. Das ist das Grundkonzept.
Östradiol lässt sich im Zyklus messen, allerdings schwanken die Werte von Zyklus zu Zyklus und sogar von Tag zu Tag. Es handelt sich daher nie um absolute, stabile Parameter, sondern sie müssen immer im Gesamtkontext betrachtet werden. Bis zur Zyklusmitte steigt der Östradiolspiegel an. Mit dem Anstieg des LH aus der Hirnanhangsdrüse kommt es zum Eisprung. Anschließend fallen die Hormone – darunter auch Östradiol – kurzzeitig ab. In der zweiten Zyklushälfte werden sowohl Östradiol als auch Progesteron gebildet. Progesteron spielt in der ersten Hälfte keine wesentliche Rolle und liegt dort nicht in höherer Konzentration vor, auch wenn es aus verschiedenen Gründen nachweisbar sein kann.
Östradiol lässt sich im Zyklus messen, allerdings schwanken die Werte von Zyklus zu Zyklus und sogar von Tag zu Tag.
Prof. Bühling: Progesteron ist das Hormon, das in der zweiten Zyklushälfte im Gelbkörper gebildet wird – daher auch die Bezeichnung "Gelbkörperhormon". Nach dem Eisprung bleibt der Gelbkörper zurück und produziert Progesteron. Das bedeutet: Jede Frau bildet in jedem Zyklus in der zweiten Hälfte Progesteron, in der ersten Hälfte jedoch nicht, da die Eizelle zu diesem Zeitpunkt noch heranreift. Oft werden Laborwerte mit der Diagnose "Progesteronmangel" vorgelegt. Ein Blick auf die Werte zeigt oft, dass die Abnahme beispielsweise am 8. Zyklustag erfolgte: Östradiol liegt dann bei etwa 90, Progesteron hingegen unter 1. Das ist zu diesem Zeitpunkt völlig normal, da zu Beginn des Zyklus noch keine Progesteronbildung stattfindet. Eine Substitution ist deshalb nicht erforderlich, auch wenn dies manchmal angenommen wird. Entscheidend sind vielmehr die Symptome und nicht ein einzelner, physiologischerweise niedriger Progesteronwert.
Prof. Bühling: Grundsätzlich eignet sich der Beginn des Zyklus für Hormonbestimmungen, wobei der 3. bis 5. Zyklustag am besten wären. Wenn eine Frau zu mir in die Praxis kommt, ist sie natürlich nicht immer genau an diesem Punkt im Zyklus. Wir veranlassen dennoch eine Blutabnahme, da die Werte in jeder Zyklusphase sinnvoll interpretiert werden können. Fällt die Messung in die Gelbkörperphase (zweite Zyklushälfte), ist Progesteron nachweisbar. Das zeigt, dass weiterhin Zyklen mit Eisprung stattfinden, was zunächst ein unauffälliger Befund ist.
Welche Parameter dann untersucht werden, hängt von der jeweiligen Fragestellung der Patientin ab. Wenn sie wissen will, ob sie in den Wechseljahren ist, ist insbesondere das Steuerhormon im Zusammenspiel mit den übrigen Hormonen relevant - wie soeben genannt. Steht hingegen die Frage nach der Fruchtbarkeit im Vordergrund - beispielsweise, ob mit 40 Jahren noch ein Eisprung stattfindet - ist eine Messung in der zweiten Zyklushälfte besonders aussagekräftig.
An den Eierstöcken können auch Zysten entstehen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Eibläschen heranreift, aber kein Eisprung erfolgt, weil das auslösende Hormon nicht ansteigt. Dann handelt es sich um eine Follikelzyste. Ein Follikel wird normalerweise etwa 20 mm groß, kann ohne Eisprung jedoch auf 30–40 mm anwachsen. Das dabei gebildete Östradiol steigt entsprechend deutlich an: Anstatt der üblichen 180–200 ng/ml können die Werte auch das Doppelte erreichen. Dies kann zu Beschwerden wie Spannungsgefühlen in der Brust führen und später zu stärkeren Blutungen. In solchen Situationen ist zu erwarten, dass das hohe Östradiol das Steuerhormon reaktiv herunterreguliert, sodass relativ niedrige Werte gemessen werden.
Grenzwerte aus automatisierten Laborbefunden sind daher nicht immer zutreffend, entscheidend ist die Beziehung der einzelnen Werte zueinander. Bei einer Zystenbildung oder in der zweiten Zyklushälfte ist der FSH-Wert, also der Wert des stimulierenden Hormons, typischerweise deutlich niedriger.
Grundsätzlich eignet sich der Beginn des Zyklus für Hormonbestimmungen, wobei der 3. bis 5. Zyklustag am besten wären.
Prof. Bühling: Ich bestimme zusätzlich die Schilddrüsenwerte. Dieser Bereich ist abklärungsbedürftig, da eine Schilddrüsenunterfunktion typische Wechseljahresbeschwerden wie Müdigkeit deutlich stärker verstärken kann als eine Überfunktion. Deshalb ist es sinnvoll, gezielt danach zu schauen. Zu Beginn prüfe ich außerdem Testosteron und DHEA-S, also Androgene bzw. männliche Hormone. DHEA-S ist eine Vorstufe, die in der Nebennierenrinde gebildet wird. Sie kann Hinweise darauf geben, ob ein niedriger Testosteronspiegel vorliegt, der etwa mit einer Libidostörung einhergehen kann, oder ob erhöhte Testosteronspiegel bestehen, die wiederum Akne oder Haarausfall begünstigen.
Prof. Bühling: Für meine tägliche Arbeit habe ich grundsätzlich Profile definiert, um die sinnvollen Parameter verlässlich zu bestimmen. Dazu gehört unter anderem die einmalige Bestimmung der Leberenzyme GOT, GPT und Gamma-GT, die beispielsweise durch Medikamente, Entzündungen oder Alkohol erhöht sein können. Ebenfalls relevant ist Bilirubin, ein Abbauprodukt der roten Blutkörperchen. Ist der Bilirubinspiegel erhöht, kann das zu Müdigkeit führen. Davon sind immerhin rund 8% der Bevölkerung betroffen. Häufig zeigt sich dies, sobald mit dem Fasten begonnen wird. Die Haut wirkt gelber und die Skleren können sich verfärben. Sinnvoll ist zudem ein Blick auf die Nierenwerte und ein vollständiges Blutbild. Der umgangssprachliche Begriff "Blutbild" bezieht sich nicht auf die gesamte Blutuntersuchung, sondern auf die Beurteilung und Auszählung roter und weißer Blutkörperchen. Dies ist eine wichtige Basis, um Auffälligkeiten zu erkennen.
Um das kardiovaskuläre Risiko einzuschätzen, sind außerdem Cholesterin und die verschiedenen Blutfette einschließlich der Triglyceride von großer Bedeutung. Liegen etwa erhöhte Cholesterinwerte zusammen mit bestimmten Wechseljahrsymptomen vor, kann eine Hormontherapie sinnvoll sein, da sie den Vorteil bietet, das Cholesterin zu senken. Der Blutdruck wird grundsätzlich mitgemessen. Häufig unterschätzt, aber von Laboren nicht immer erfasst, sind außerdem Körpergewicht und Körpergröße. Beides ist für mich relevant, denn eine übergewichtige Patientin benötigt eine andere Beratung als eine Patientin mit Normalgewicht.
Zusätzlich beurteile ich Ferritin als Eisenspeicher. Die isolierte Eisenbestimmung ist weniger aussagekräftig, da sie stark von der letzten Mahlzeit abhängt. Nach eisenreichem Essen ist der Eisenwert im Blut nämlich vorübergehend erhöht. Entscheidender ist daher eher das Speichereisen. Ebenfalls prüfe ich den Vitamin-D-Spiegel, der zahlreiche Vorteile haben kann – unter anderem im Hinblick auf Atemwegserkrankungen und ein gestärktes Immunsystem. Auch Selen und Zink spielen hier eine Rolle. Gerade im präventiven Kontext lässt sich damit viel bewirken. "Longevity", also langes und gesundes Leben, ist ein aktuelles Schwerpunktthema. Deshalb ist es sinnvoll, bereits mit 40 bis 45 Jahren individuelle Risikofaktoren zu identifizieren.
Dazu zählen neben den Blutfetten auch der Langzeitblutzuckerwert und die regelmäßige Blutdruckmessung. So lassen sich Ansatzpunkte erkennen, an denen man ansetzen sollte, um langfristig gesund zu bleiben. Und natürlich die Hormone: Ich bestimme die Sexualhormone und erweitere das Laborprofil gezielt um die genannten Parameter, um unter Präventionsaspekten ein umfassendes Bild zu erhalten.
Häufig unterschätzt, aber von Laboren nicht immer erfasst, sind außerdem Körpergewicht und Körpergröße.
Prof. Bühling: Ich habe ein Konzept entwickelt - den "Wechselcheck". Grundlage ist ein standardisierter Fragebogen, den die Patientin ausfüllt. Er erfasst unter anderem die Anzahl der Geburten und Schwangerschaften, den Zyklusstatus (regelmäßig oder nicht mehr vorhanden), Vorerkrankungen, Operationen, eingenommene Medikamente, das Rauchverhalten, den Alkoholkonsum und Allergien. Ein besonders wichtiger Teil ist die Familienanamnese, um genetische Risiken, etwa für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sowie dafür relevante Risikofaktoren zu identifizieren.
Zusätzlich füllt die Patientin einen zweiten Fragebogen zu ihren Beschwerden aus. Dieser umfasst in der Regel 14 Fragen, die ich gelegentlich anpasse. Neben einem internationalen Standardfragebogen habe ich Punkte ergänzt, etwa zu Gewichtszunahme und Haarausfall. Auf Basis der Gesamtheit der Symptome lässt sich ableiten, welche Beschwerden typischerweise durch Hormonschwankungen verursacht werden. Hierzu zählen beispielsweise Stimmungsschwankungen, Konzentrationsstörungen oder Herzrhythmusstörungen.
Eine vaginale Trockenheit kann auf einen Hormonmangel hinweisen. Gelenk- und Muskelbeschwerden treten bei vielen Patientinnen nach der Menopause (ca. zwei Jahre nach der letzten Blutung) häufig auf. Sie können ebenso wie eine vaginale Atrophie zu sexuellen Beeinträchtigungen führen. Haarausfall kann wiederum durch erhöhte männliche Hormone im Blut, durch Eisenmangel oder durch eine Schilddrüsenfunktionsstörung verursacht werden. All diese Aspekte werden systematisch abgefragt. So entstehen Profile, die sicherstellen, dass alles umfassend abgeklärt ist und ich die Patientin entsprechend beraten kann.
Prof. Bühling: Grundsätzlich gibt es viele Faktoren, die die Laborwerte beeinflussen. So können etwa Cholesterin und Triglyceride ansteigen, wenn vor der Blutabnahme Alkohol getrunken oder sogar Weingummis gegessen wurden. Solche Auslöser werden nicht routinemäßig abgefragt, aber bei erhöhten Werten lohnt es sich, nachzufragen, ob es kürzlich eine Feier mit etwas mehr Alkohol gab. Alkohol beeinflusst die Leberwerte meist nur gering, kann die Blutfette jedoch durchaus verändern. Hormone können theoretisch durch Sport oder Stress schwanken, dieser Effekt gilt jedoch insgesamt als eher klein und ist für die klinische Relevanz häufig unerheblich.
Ob der FSH-Wert 60 oder 63 beträgt, macht in der Praxis beispielsweise keinen Unterschied. Daher kann Blut jederzeit abgenommen werden – unabhängig von der Tageszeit und, sofern vorhanden, der Zyklusphase. Begleitend sollte die Einnahme von Medikamenten erfasst werden, um mögliche Ursachen für Abweichungen in den Blutwerten zu erkennen.
Sind die Blutwerte unauffällig, es bestehen jedoch typische Wechseljahresbeschwerden, passt das häufig zu dem klinischen Bild, das in der Praxis regelmäßig gesehen wird. Mitunter wird Betroffenen fälschlicherweise gesagt, das könne nicht sein, da die Werte normal seien oder der Zyklus noch regelmäßig verlaufe. Tatsächlich können Wechseljahresbeschwerden jedoch bereits bei einem regelmäßigen Zyklus auftreten. Zum Einordnen ist die Altersstatistik hilfreich: Das mittlere Alter der letzten Regelblutung liegt in Deutschland bei etwa 51 Jahren, mit einer Varianz von plus/minus fünf Jahren. Beschwerden können bereits bis zu fünf Jahre vor der letzten Blutung beginnen. Erste Symptome Anfang 40 sind somit völlig normal, auch wenn die Laborwerte unauffällig sind.
Zur Beurteilung bietet sich ein strukturierter Fragebogen an, mit dem sich typische Beschwerden, die mit Hormonschwankungen verbunden sind, erfassen lassen. Oft zeigt sich ein Beschwerdebild, das an das Prämenstruelle Syndrom (PMS) erinnert: Der Organismus reagiert sensibel auf die physiologischen Hormonschwankungen. Typischerweise schildern Patientinnen um das 45. Lebensjahr herum Konzentrationsstörungen und starke Beschwerden in der zweiten Zyklushälfte, die mit Beginn der Menstruation plötzlich nachlassen. In dieser Phase kommt es nicht selten auch zu erhöhter Reizbarkeit, was sich im familiären Umfeld bemerkbar machen kann. Therapeutisch steht zunächst im Vordergrund, diese Schwankungen zu glätten. Darin liegt das Geheimnis der Behandlung in der Perimenopause. Sind die Patientinnen in der Menopause, rückt die Substitution des hormonellen Mangels in den Mittelpunkt, was einen der wesentlichen Grundzüge der gesamten Therapie darstellt.
Tatsächlich können Wechseljahresbeschwerden jedoch bereits bei einem regelmäßigen Zyklus auftreten.
Prof. Bühling: Grundsätzlich erhält die Patientin ein Gestagen, ein dem natürlichen Progesteron (Gelbkörperhormon) sehr ähnliches Medikament, das in der zweiten Zyklushälfte nachweisbar wäre. Sein Vorteil liegt in der guten Verträglichkeit: Während höher dosiertes Progesteron Schwindel und Kopfschmerzen auslösen kann, verursacht das Gestagen meist nur wenige Nebenwirkungen. Einige Präparate senken zudem die Wirkung männlicher Hormone an ihren Rezeptoren, was sich beispielsweise in einer Verbesserung des Hautbildes zeigen kann. Wichtig ist vor allem der regulierende Effekt auf die Eierstöcke. Diese werden "heruntergefahren", sodass nicht ständig Eisprünge stattfinden und die Hormonspiegel gleichmäßiger werden. Bei vielen Patientinnen reicht dies bereits aus, um die Beschwerden zu lindern.
Mit der Zeit nimmt die ovarielle Funktion zusätzlich physiologisch ab. Das lässt sich labordiagnostisch im Blut erkennen, etwa an einem erniedrigten Östradiolspiegel. Spätestens dann sollte ergänzend ein Östrogen gegeben werden. Dafür gibt es mehrere Optionen: ein Gestagen in Kombination mit einem Östrogenpflaster oder -spray oder eine kombinierte Tablette aus Gestagen und natürlichem Östradiol zur täglichen Einnahme. Dabei ist ein leicht erhöhtes Risiko für Thrombosen und Schlaganfälle zu beachten. Bei jüngeren Patientinnen ohne Risikofaktoren ist diese Therapie jedoch vertretbar, sofern sie entsprechend aufgeklärt werden.
Prof. Bühling: Grundsätzlich fällt es vielen Patientinnen schwer, sich ausreichend viel zu bewegen. Dennoch kann regelmäßige Bewegung bestimmte Wechseljahressymptome wie Hitzewallungen lindern. Deshalb empfehle ich auch Patientinnen mit Übergewicht idealerweise 150 Minuten Sport pro Woche einzuplanen, also zweieinhalb Stunden. Das ist, um ehrlich zu sein, schwer zu erreichen. Auch mir fällt es nicht leicht. Trotzdem lohnt sich die bewusste Mehrbewegung: Sie hilft gegen Hitzewallungen und wirkt sich insgesamt positiv auf die Psyche aus. Das größte Hindernis bleibt oft die eigene Überwindung.
Prof. Bühling: Zunächst sollte sichergestellt werden, dass ausreichend B-Vitamine vorhanden sind. Vitamin B12 ist fester Bestandteil meines Screenings, um den Wert zu überprüfen, da etwa 25% der über 40-jährigen Frauen einen Mangel aufweisen. B-Vitamine können bei Bedarf substituiert werden. Auch die Ergänzung von Omega-3-Fettsäuren ist sinnvoll, da sie für die Herzgesundheit und das Immunsystem wichtig sind. Sie gehören zu meinen Empfehlungen.
Bei der Ernährung gilt im Grundsatz dasselbe wie für alle: eine insgesamt gesunde Kost. Dazu zählen viel Gemüse, möglichst wenig Fleisch oder gar kein Fleisch und eine moderate Zufuhr von Kohlenhydraten, die sich auf langsam resorbierbare Kohlenhydrate fokussiert. Bioprodukte können durchaus sinnvoll sein. Diese Maßnahmen unterstützen die allgemeine Gesundheit, lindern jedoch keine Wechseljahresbeschwerden direkt. Im Internet finden sich zahlreiche Tipps, wie: der Verzicht auf heiße Getränke oder scharfe Speisen, um Hitzewallungen zu vermeiden. Zwar kann eine sehr scharfe Mahlzeit tatsächlich eine Hitzewallung auslösen, dennoch ist es fraglich, solche Verbote generell auszusprechen – vor allem, wenn jemand diese Speisen gern isst.
Eine gesunde Ernährung ist also uneingeschränkt zu empfehlen. Von strikten Vorgaben wie "nur Eiweiß, keine Kohlenhydrate" ist hingegen abzuraten. Wichtig ist vielmehr, auf eine ausreichende Eiweißzufuhr zu achten, denn das kommt häufig zu kurz. Insbesondere bei Krafttraining und Muskelaufbau ist eine ausreichende Proteinzufuhr sinnvoll, damit die gewünschten Effekte eintreten.
Eine spezifische, wissenschaftlich fundierte "Wechseljahres-Diät"gibt es trotz zahlreicher Behauptungen online und in sozialen Medien nicht!
Prof. Bühling: Grundsätzlich genügt zunächst ein einmaliger Check als Ausgangssituation. Diesen umfassenden Check-up sollte man anschließend jährlich wiederholen. Das ist sinnvoll, um mögliche Veränderungen – auch positive – zu erkennen. Wenn Patientinnen mit Sport beginnen und ggf. mit einer Hormontherapie, dann ist damit zu rechnen, dass sich ihre Blutfettwerte beispielsweise verbessern. Wichtig ist zudem, Mangelsituationen zu erkennen. Ich veranlasse stets Kontrollen rund um Hormone bzw. Hormontherapien, insbesondere wenn eine neu begonnene Therapie nicht zufriedenstellend wirkt. Wenn zugeführtes Östrogen trotz eines eindeutigen Östrogenmangels nicht zur erwarteten Besserung der Müdigkeit führt, prüfe ich, ob die verabreichte Dosis im Blut tatsächlich ankommt. Mitunter wird transdermales Östrogen nicht ausreichend über die Haut aufgenommen, was häufiger vorkommt. In solchen Fällen erfolgt nach etwa drei Monaten eine erneute Kontrolle.
Prof. Bühling: Die Situation ist oft schwierig: Kassenärzte verfügen nur über ein begrenztes Budget für Labordiagnostik. Wenn sie ein umfassendes Programm für eine Patientin durchführen, dürfen sie bei der nächsten möglicherweise nicht einmal mehr den FSH-Wert bestimmen, da sonst Abzüge in der Honorierung drohen. Im Extremfall müssen sie die Leistungen aus eigener Tasche zahlen. Vor diesem Hintergrund ist eine zurückhaltende Diagnostik nachvollziehbar. Es werden eher wenige Parameter bestimmt, auch auf die Gefahr hin, dass etwas übersehen wird. Es kann deshalb sinnvoll sein, Aspekte von Longevity und Prävention stärker in die Hände der Patientinnen zu legen – als Selbstzahlerleistungen. Viele geben für unterschiedlichste Dinge viel Geld aus, die eigene Gesundheit sollte jedoch zunehmend dazugehören.
Prof. Bühling: Das ist wirklich schwierig. Genau deshalb habe ich den Wechselcheck entwickelt. Immer häufiger kommen Patientinnen mit selbst erhobenen Laborwerten in die Praxis. Allerdings lassen sich viele der relevanten Hormone und Vitamine per Selbsttest gar nicht zuverlässig bestimmen. Einige Parameter sind nicht stabil genug und es wird oft mehr als nur ein bisschen Kapillarblut benötigt. Für aussagekräftige Ergebnisse ist venös abgenommenes Blut erforderlich. Entsprechend sind diese Tests oft nicht ausreichend.
Hinzu kommt, dass die Auswertung meist sehr oberflächlich bleibt. Zwar steht ein einzelner Wert auf dem Befund, doch Patientinnen können ihn selten einordnen. Es betrachtet auch kaum jemand, wie sich die Werte zueinander verhalten. Es fehlt eine fundierte Interpretation und das Gespräch, in dem gemeinsam eine Therapie entwickelt oder zumindest ein Vorschlag erarbeitet wird. Günstig sind diese Tests außerdem nicht: Für 100 bis 150 Euro erhält man zwar eine Diagnostik mehrerer Werte, doch was fängt man damit an? In der gynäkologischen Praxis sind sie häufig nur begrenzt nutzbar, zumal wichtige Parameter fehlen.
All das ist für mich der Grund, ein vernünftiges, standardisiertes Programm zu bevorzugen, das fachliche Beratung bietet, die wirklich weiterhilft, statt allein zu Hause vor einzelnen Laborwerten zu sitzen. So entsteht ein klarer Weg – von solider Diagnostik über verständliche Einordnung bis hin zu konkreten therapeutischen Schritten.
Allerdings lassen sich viele der relevanten Hormone und Vitamine per Selbsttest gar nicht zuverlässig bestimmen.
Prof. Bühling: Bei ersten Beschwerden ist es sinnvoll, frühzeitig eine fachkundige Beratung in Anspruch zu nehmen und eine Labordiagnostik durchzuführen, um den Gesundheitsstatus und mögliche Risikofaktoren zu klären. Zunächst wird eine Familienanamnese erstellt: Hat Vater oder Mutter einen Herzinfarkt erlitten, ist das ein Hinweis auf ein erhöhtes Risiko für die Nachkommen. Im nächsten Schritt werden beeinflussbare Faktoren wie Übergewicht, Bluthochdruck und erhöhte Cholesterinwerte geprüft. Mithilfe dieser Basisdiagnostik lässt sich die Ausgangssituation der Patientin ermitteln. Gleichzeitig lässt sich die hormonelle Situation einordnen. Sind bereits Wechseljahreszeichen erkennbar? Ist das FSH erhöht oder noch im Normbereich? Zusätzlich werden Östradiol und Testosteron (u. a. relevant für die Libido) sowie Vitamin D, Eisen und Vitamin B12 bestimmt, um eventuelle Mikronährstoffmängel zu erkennen.
Auf Grundlage dieser Ergebnisse kann eine gezielte Substitution, etwa von Vitamin D, erfolgen und bei passenden Beschwerden eine Hormonbehandlung in Erwägung gezogen werden. Einige Patientinnen bevorzugen zunächst einen hormonfreien Ansatz. In diesen Fällen kann nach etwa drei Monaten ein erneuter Kontrolltermin vereinbart werden. Oft führt der weitere Verlauf dann doch zum Wunsch nach einer Behandlung, die heute mit einem breiten Portfolio sicherer Applikationsformen möglich ist. Ein Beispiel ist die transdermale Gabe von Östrogenen, die das Risiko für Thrombosen und Schlaganfälle nicht erhöht - wie oft angenommen wird. Zudem stehen verschiedene Gestagene und natürliches Progesteron zur Auswahl, um eine passende Einstellung zu erreichen.
Das Vorgehen lässt sich wie folgt zusammenfassen: Bei Auftreten von Beschwerden erfolgt zeitnah die Diagnostik mit Anamnese und Laborwerten, anschließend die Erstellung eines sinnvollen Behandlungsplans mit gegebenenfalls Substitution von Nährstoffen oder dann eben einer Hormontherapie. In der Regel verbessert sich die Symptomatik dadurch deutlich. Im Verlauf können Veränderungen besprochen und durch ein entsprechendes Feintuning der Therapie berücksichtigt werden.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 22.10.2025.