Zink ist ein essenzielles Spurenelement, welches eine zentrale Rolle bei der Zellteilung, beim Funktionieren des Immunsystems, bei der Haut- und Haarpflege sowie bei der Signalübertragung spielt. In Deutschland besteht zwar kein genereller Mangel, jedoch sind besonders ältere Menschen, Vegetarier und Veganer gefährdet. Die Symptome sind eher unspezifisch, zum Beispiel erhöhte Infektanfälligkeit, Hautprobleme oder Haarausfall. Eine sichere Messung des Zinkstatus ist schwierig, da die Blutwerte wenig aussagekräftig sind. Empfohlen werden täglich etwa 10 mg Zink in gut bioverfügbaren Formen wie Zinkaspartat oder Zinkcitrat. Eine Überdosierung sollte jedoch vermieden werden, da sie zu einem Kupfermangel oder anderen Nebenwirkungen führen kann.
Prof. Rink: Zink ist ein essenzielles Spurenelement für alle Lebewesen und erfüllt eine Vielzahl wichtiger Aufgaben. Es gibt praktisch kein Organsystem, das ohne Zink auskommt. Mehr als 300 Enzyme in unserem Körper sind zinkabhängig, d. h. ein großer Teil aller Enzyme. Insbesondere Enzyme, die für die Zellteilung notwendig sind, benötigen Zink. Ohne Zink könnte sich keine einzige Zelle in unserem Körper teilen.
Das ist vor allem für Systeme entscheidend, die sich besonders schnell erneuern oder regenerieren, wie beispielsweise Haut und Haare. Dort dauert es etwa eine Woche, bis die Auswirkungen eines Zinkmangels sichtbar werden. Am deutlichsten und am schnellsten zeigt sich ein Mangel jedoch im Immunsystem, da es sich am rasantesten vermehrt. Allein von den neutrophilen Granulozyten, der größten Gruppe der weißen Blutkörperchen, produziert unser Körper etwa 80 Millionen pro Minute. Das ist vergleichbar mit der gesamten Bevölkerung Deutschlands, die innerhalb einer Minute gleichzeitig über die Grenze springen würde – so dynamisch arbeitet unser Immunsystem. Fehlt Zink, können nicht mehr ausreichend neue Zellen gebildet werden.
Das führt rasch zu einer Leukopenie (zu wenigen weißen Blutkörperchen) und damit zu einer erhöhten Infektanfälligkeit. Darüber hinaus wirkt Zink als sogenannter Second Messenger, also als Signalstoff. Dies ist vor allem von Calcium bekannt, es gibt jedoch auch spezifische Zinksignale. Diese spielen besonders im Immunsystem und im Nervensystem eine zentrale Rolle. Fehlt Zink, sind dadurch mehrere Prozesse beeinträchtigt. Enzyme funktionieren nicht mehr richtig, die Zellteilung ist gestört und die Signalübertragung ist eingeschränkt. Insgesamt kommt es dadurch zu Ausfällen und Fehlfunktionen in verschiedenen Bereichen des Körpers.
Prof. Rink: In Westeuropa kann man mit einer normalen, omnivoren Ernährung alle notwendigen Nährstoffe aufnehmen. Hier herrscht kein genereller Nahrungsmangel wie in vielen Teilen der sogenannten Dritten Welt. Dort ist Zinkmangel weit verbreitet – Schätzungen der WHO zufolge leidet etwa ein Drittel der Weltbevölkerung daran. Die Ursache ist dort in erster Linie ein Mangel an Nahrungsmitteln.
Bei uns liegt der Grund eher in der Ernährungsweise. Besonders gefährdet sind ältere Menschen: Einerseits ist bei ihnen die Zinkaufnahme im Körper oft etwas eingeschränkt, andererseits verändert sich ihre Ernährung. Oft steigen sie von einer abwechslungsreichen Mischkost auf eine eher hochkalorische Ernährung um. Typisch hierfür sind weich gekochte Beilagen wie Kartoffeln, Nudeln oder Reis, während zinkreiche Lebensmittel wie Gemüse und Fleisch seltener auf dem Speiseplan stehen.
Ein weiterer Risikofaktor ist der Verzicht auf tierische Produkte. Immer mehr jüngere Menschen ernähren sich vegetarisch oder vegan. Da Fleisch und andere tierische Produkte die wichtigsten Zinkquellen sind, sinkt die Zinkversorgung deutlich. Bereits die letzte große Ernährungsstudie in Deutschland (Nationale Verzehrstudie II) zeigte im Jahr 2009, dass rund 44% der älteren Menschen zu wenig Zink aufnehmen. Da die offiziellen Zufuhrempfehlungen seitdem deutlich angehoben wurden, geht man heute davon aus, dass etwa 75% der älteren Menschen von einem Zinkmangel betroffen sind.
Bei Vegetariern liegt der Anteil bei etwa 60%, bei Veganern sogar bei 70%. Selbst unter jungen Erwachsenen, die sich als Flexitarier bezeichnen, finden sich noch rund 40% mit Zinkmangel. Das überrascht uns immer wieder, ist aber ein klarer Befund. Bei Menschen, die sich schon länger vegetarisch oder vegan ernähren, zeigen sich die Folgen teilweise sichtbar auf der Haut: Vor allem junge Frauen wundern sich oft über Pusteln oder kleine Hauterosionen, die in vielen Fällen tatsächlich auf einen Zinkmangel zurückzuführen sind.
Besonders gefährdet sind ältere Menschen...
Prof. Rink: Einen Zinkmangel zu erkennen ist am Anfang relativ schwierig. Die Symptome sind sehr unspezifisch: Man fühlt sich insgesamt unwohl, ohne dass es klare Hinweise auf ein bestimmtes Organsystem gibt. Auch die erhöhte Infektanfälligkeit fällt anfangs kaum auf. Im Winter bekommt schließlich jeder einmal eine Erkältung und selbst wenn es häufiger passiert, wundert man sich nicht sofort. Dennoch kann dies ein erstes Symptom sein.
Hausärzte denken oft erst an einen Zinkmangel, wenn Haut oder Haare betroffen sind. Typisch sind etwa Haarausfall oder eine stark schuppende, entzündlich gerötete Haut. Ansonsten dauert es meist relativ lange, bis man auf die richtige Spur kommt. Ein Grund dafür ist, dass solange keine eindeutige Symptomatik vorliegt, die Zinkdiagnostik selbst bezahlt werden muss, da es sich um eine sogenannte IGeL-Leistung handelt.
Genau deshalb haben wir eine App entwickelt, mit der sich jeder kostenlos selbst testen kann. Einfach auf die Webseite www.zink-app.de gehen. Dort befindet sich ein Fragebogen mit 18 Punkten. Dieser wurde aus einem europäischen Forschungsnetzwerk zum Thema "Zinkmangel im Alter" abgeleitet. Ursprünglich umfasste der Fragebogen 42 Punkte, die wir biochemisch validiert und auf die wichtigsten Aspekte reduziert haben. Schließlich möchte niemand eine Stunde lang Fragen beantworten – jetzt dauert es nur noch etwa 10 bis 15 Minuten.
Es wird nach zinkreichen Lebensmitteln sowie nach solchen gefragt, die Zink binden und somit dessen Aufnahme verhindern, beispielsweise phytatreiche Produkte wie Mais. Am Ende werden die Antworten bilanziert. Die App errechnet daraus einen Zink-Score, der angibt, wie viel Zink aufgenommen wird, einen Phytat-Score (wie viel von dem Zink gebunden wird) und einen Adjusted Zink-Score (wie viel Zink tatsächlich verfügbar ist).
Die Ergebnisse erscheinen in Form einer Ampel: grün, orange oder rot. Interessant ist, dass wir manchmal bei Veganern sehr hohe Werte beobachten. Dann prüfen wir die Angaben noch einmal genau. Oftmals haben die Nutzer vieles ausgewählt, was sie zwar gelegentlich, aber nicht täglich essen. In Wirklichkeit hat man bei den Hauptmahlzeiten in der Regel entweder Fisch oder Fleisch, aber nicht beides gleichzeitig. Deshalb ist es wichtig, ehrlich einzuschätzen: "Esse ich das täglich, mehrmals pro Woche oder nur einmal?" Sonst fällt der Wert zu hoch aus.
Die Auswertung dieses Fragebogens kann jeder dann selbstständig durchführen. Zink gilt als Nahrungsergänzungsmittel und unsere App wurde in mehreren klinischen Studien validiert. Wenn Sie nicht mehr als 10 mg Zink pro Tag einnehmen, wird dies ebenfalls in der App angezeigt. Am Ende des Fragebogens wird gefragt, ob Sie bereits Zink supplementieren. Dort geben Sie das Präparat und die Dosierung ein. Der Score wird dann automatisch neu berechnet. So sehen Sie, ob Sie vielleicht schon etwas zu viel Zink zu sich nehmen und dadurch in den orangen Bereich geraten.
Empfohlen wird, im mittleren grünen Bereich zu bleiben. Das hängt mit den regulatorischen Vorgaben zusammen. Eine Gesundheits-App muss bestimmte Regularien einhalten. In der Wissenschaft wird allerdings schon lange diskutiert, dass der untere Grenzwert vermutlich zu niedrig angesetzt ist und eigentlich höher liegen müsste. Offiziell gilt jedoch: Wer im grünen Bereich liegt, ist gut versorgt – auch wenn ein wenig mehr in vielen Fällen sogar vorteilhaft wäre.
Prof. Rink: Zink lässt sich gar nicht zuverlässig messen. Das ist so etwas wie der heilige Gral in der Zinkforschung. Bei anderen Spurenelementen ist das einfacher: Für Eisen gibt es das Hämoglobin oder, wenn man es genauer wissen möchte, das Ferritin als Biomarker. Bei Selen nutzt man Selenoproteine und bei Kupfer das Ceruloplasmin. Für Zink fehlt uns ein vergleichbarer Biomarker.
Das bedeutet: Zink wird als Metall im Serum gemessen, entweder mit Atomabsorptionsspektrometrie oder mit ICP-MS (Massenspektrometrie). Doch das Serum beziehungsweise Plasma enthält nur etwa 0,1% des gesamten Körperzinks, weshalb der Wert wenig aussagekräftig und zudem sehr störanfällig ist. Wenn man gerade viel getrunken hat, kann der Wert zu niedrig erscheinen. Bei älteren Menschen ist er dagegen oft fälschlich erhöht, da sie häufig dehydriert sind. Trotzdem ist diese Messung derzeit die einzige medizinisch anerkannte Methode.
Zink lässt sich gar nicht zuverlässig messen.
Prof. Rink: Der Richtwert für die tägliche Zinkzufuhr liegt bei etwa 10 mg. Nach den aktuellen deutschen Richtlinien variiert der Bedarf: Männer benötigen 11 bis 16 mg, Frauen 7 bis 10 mg. Die europäische Richtlinie ist hier eigentlich sinnvoller, da sie die Empfehlung anhand des Körpergewichts ausrichtet, was wissenschaftlich deutlich valider ist. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat sich jedoch dagegen entschieden, da Verbraucher mit dieser Berechnung angeblich überfordert wären. Das ist etwas ärgerlich, aber so ergibt sich eben eine Spannbreite.
Wichtig:Zink muss täglich aufgenommen werden. Der Körper hat keinen Speicher dafür. Um einen stabilen Zinkspiegel zu halten, sollte man also jeden Tag darauf achten, ausreichend zinkhaltige Lebensmittel in die Ernährung einzubauen.
Prof. Rink: Grundsätzlich kann man sagen: Bei sehr billigen Präparaten sollte man genau hinschauen. Meistens handelt es sich dabei um Zinkoxid, das der menschliche Körper praktisch gar nicht aufnehmen kann. Es ist in etwa so, als würde man ein Stück Gips lutschen – der Effekt ist derselbe. Der Grund dafür ist, dass die menschliche Magensäure nicht so sauer ist wie die von Tieren. In der Tierfütterung, zum Beispiel bei Schweinen, funktioniert Zinkoxid, beim Menschen aber nicht.
Die am besten bioverfügbaren Präparate sind Aminosäure-Konjugate. Dabei ist das Zink an Aminosäuren gebunden, zum Beispiel als Zinkaspartat. Dadurch wird es nicht nur über die speziellen Zinktransporter, sondern auch über die Aminosäuretransporter aufgenommen. Das steigert die Aufnahmefähigkeit deutlich. Außerdem wird Zink im Körper ohnehin meist in Form von Aminosäure-Komplexen transportiert.
An zweiter Stelle stehen organische Verbindungen wie Zinkcitrat und Zinkorotat. Auch diese sind gut bioverfügbar. Besonders interessant ist Zinkcitrat, denn es liegt in dieser Form auch in der Muttermilch vor, wo die Aufnahme ausgesprochen gut funktioniert. Das zeigt sich beispielsweise bei Kindern mit genetischen Aufnahmestörungen: Solange sie gestillt werden, entwickeln sie keinen Mangel; erst nach dem Abstillen tritt dieser auf.
Ein allgemeines Problem bei allen Präparaten ist allerdings, dass sich im Magen mit der Nahrung andere Salze bilden können, die dann schlechter aufgenommen werden. Deshalb empfehlen wir immer magensaftresistente Präparate. Diese lösen sich erst im Dünndarm auf, wo auch die Zinkaufnahme erfolgt. So umgehen Sie die Probleme der Umwandlung im Magen. Wenn Sie ein solches Präparat auf nüchternen Magen einnehmen, können Sie davon ausgehen, dass Ihr Körper die auf der Packung angegebene Menge tatsächlich vollständig aufnimmt.
Prof. Rink: Zink kann die Dauer einer Erkältung tatsächlich verkürzen. Es ist jedoch nicht zu empfehlen, es in hohen Dosen einzunehmen. Studien haben gezeigt, dass sich die Dauer einer Erkältung durch eine Zinküberdosierung um zwei bis drei Tage reduzieren lässt. In den Studien wurden dafür jedoch 80 mg Zink pro Tag verabreicht. Zum Vergleich: Die empfohlene Tagesdosis liegt bei 10 mg. In den Studien wurde diese Menge alle zwei Stunden eingenommen, was einer massiven Überdosierung entspricht.
Es gibt festgelegte Grenzwerte: In Europa liegt die Obergrenze bei 25 mg pro Tag, in den USA bei 40 mg. Bereits ab 30 mg können Nebenwirkungen auftreten. Wer 80 mg einnimmt, überschreitet diese Werte somit deutlich – mindestens doppelt oder dreifach. Das bedeutet: Zwar wird die Erkältung verkürzt, gleichzeitig wird aber die Gesundheit geschädigt. Deshalb rate ich klar davon ab. Sinnvoller ist es, Zink vorbeugend einzunehmen. Das Immunsystem ist stark von Zink abhängig. Ich empfehle, Zink wie eine Art "Winterreifen" zu betrachten: Von O bis O (Oktober bis Ostern) sollte man täglich 10 mg einnehmen. Über unsere besagte App (www.zink-app.de) oder die Erhebung der Blutwerte kann zusätzlich geprüft werden, ob der optimale Bereich erreicht ist. Wer etwas höher liegt, ist meist besser geschützt.
Wir konnten zeigen, dass Zink die Bildung von Interferonen fördert und die Zahl der Virus-Rezeptoren senkt. Dadurch ist man vor Infekten besser geschützt. Wichtig ist aber: Zink sollte nicht das ganze Jahr über in höheren Mengen eingenommen werden. Der Körper reguliert sonst gegen, indem er die Aufnahme im Darm drosselt – am Ende hat man dann keinen Vorteil mehr.
Bereits ab 30 mg können Nebenwirkungen auftreten.
Prof. Rink: In der Regel passiert nichts, wenn man nicht deutlich zu viel Zink einnimmt. Bei einer Dosierung von 10 mg gibt es keine Studien, die negative Effekte zeigen, weshalb wir standardmäßig mit dieser Menge arbeiten. Ab einer täglichen Dosierung von etwa 20 mg sieht man bei dauerhafter Einnahme jedoch einen Verdrängungseffekt mit Kupfer: Zwar ist der Zinkmangel behoben, dafür entsteht jedoch ein Kupfermangel, der wiederum zu einer Kupfermangelanämie führen kann. Dadurch verändert sich das Blutbild negativ – und letztlich hat man nichts gewonnen.
Bei noch höheren Dosierungen sind sogar gravierendere Nebenwirkungen bekannt. In den USA gab es früher aufgrund ihres anderen Gesundheitssystems viele Menschen mit schlechtem Zahnstatus und schlecht sitzenden Prothesen. Einige von ihnen haben täglich eine ganze Tube Zahnhaftcreme benutzt. Da diese Cremes Zink enthalten, das beruhigend und entzündungshemmend für die Haut wirkt, kam es zu einer massiven Zinkaufnahme.
Die Folge waren neurologische Störungen. Dieser Fall war so bekannt, dass er sogar in einer "Dr. House"-Folge aufgegriffen wurde. Ein älterer Mann entwickelte neurologische Ausfälle, die letztlich auf seine Zahncreme zurückzuführen waren. Heute ist deshalb genau reglementiert, wie viel Zink solche Produkte enthalten dürfen, um eine Überdosierung zu verhindern. Fazit: Mit 10 mg Zink pro Tag macht man im Grunde nichts falsch – und mithilfe der genannten App kann man die Einnahme zusätzlich selbst kontrollieren, wenn man möchte.
Prof. Rink: Es gibt bestimmte Wechselwirkungen, vor allem mit Metallen, insbesondere mit Kupfer. Bei Eisen ist die Datenlage widersprüchlich: Einige Studien berichten von einer Wechselwirkung bei der Aufnahme, während andere keinen Zusammenhang finden. Wenn man beide Stoffe supplementiert, sollte man sie nicht in einem Kombipräparat einnehmen, sondern zeitlich getrennt, also zum Beispiel morgens das eine und abends das andere. Von Multipräparaten würde ich generell abraten. Sie sind oft unspezifisch und in der Regel liegt kein Mangel an "allem" gleichzeitig vor. Zudem enthalten viele dieser Präparate Vitamin C. In Deutschland besteht jedoch kein Vitamin-C-Mangel – im Gegenteil, die meisten Menschen sind sogar überversorgt.
Ein Blick auf die Zutatenliste von z. B. Ketchup zeigt das gut: Ascorbinsäure (Vitamin C) ist dort als Antioxidationsmittel enthalten. Vitamin C wird also ohnehin vielen Lebensmitteln zugesetzt. Bei Brausetabletten wird Vitamin C häufig beigemischt, damit sich die Metalle besser lösen und leichter schlucken lassen. Auf den Packungen wird das oft groß beworben, hat bei uns aber wenig Relevanz. In Entwicklungsländern mag das sinnvoll sein, bei uns dagegen nicht. Besser ist es, gezielt das zu ergänzen, wo tatsächlich ein Mangel besteht. Denn auch Vitamine können überdosiert werden. Früher dachte man, nur fettlösliche Vitamine seien problematisch. Heute weiß man jedoch, dass auch wasserlösliche Vitamine in zu hoher Menge schaden können. So kann Vitamin C in hohen Dosen etwa Kopfschmerzen verursachen.
Die Stoffe lagern sich im Körper ab, weil er sie nicht in diesem Ausmaß wieder ausscheiden kann. Ich habe das schon zweimal bei jungen Studierenden erlebt, die sich mit Beta-Carotin überdosiert hatten. Zunächst zeigen sich Hautveränderungen, die Haut nimmt einen leicht gelblichen Ton an. Doch Beta-Carotin lagert sich nicht nur in der Haut, sondern im ganzen Körper ein. Langfristig kann das sogar zu Leberschäden führen. Die Betroffenen hatten so viele Karotten am Tag gegessen, dass es zu einer Überdosierung kam.
Von Multipräparaten würde ich generell abraten.
Prof. Rink: Was die Einnahme von Zink angeht, ist man relativ frei. Wichtig ist nur, dass Sie es nicht direkt zu den Mahlzeiten, sondern möglichst davor einnehmen. Andernfalls kann es zu sogenannten Komplexierungseffekten kommen. Ein häufiges Problem ist Übelkeit: Grundsätzlich ist es sinnvoll, Zink morgens auf nüchternen Magen einzunehmen, aber es kann zu Problemen führen. Japanische Kollegen haben gezeigt, dass Zink vor allem in Fisch und Fleisch vorkommt. Der Magen denkt also, er bekomme jetzt Fleisch und beginnt sofort, Magensäure zu produzieren.
Zusätzlich stimuliert Zink den Vagusnerv direkt, was die Säureproduktion noch verstärkt. Wenn Sie nun morgens auf nüchternen Magen viel Magensäure bilden, wird Ihnen schnell übel. Deshalb empfehlen wir magensaftresistente Präparate. Bei diesen entfällt die Rückkopplung, sodass weder Übelkeit noch Sodbrennen auftreten. Studien zeigen außerdem, dass die Einnahmetreue ("Compliance") deutlich besser ist, wenn Sie solche Präparate verwenden.
Prof. Rink: Ja, dann wird es schon eng. Die beste Zinkquelle sind tatsächlich Meeresfrüchte, vor allem Austern. Aber die isst man sicher nicht täglich, ich persönlich gar nicht, weil ich sie nicht mag. Eine mittelgroße Auster kann bereits den gesamten Tagesbedarf an Zink decken. Danach folgt rotes Fleisch, das ebenfalls reich an Zink ist. Weißes Fleisch enthält deutlich weniger Zink, aber immer noch eine gute Menge. Wichtig ist allerdings nicht nur die Zinkmenge, sondern auch, ob der Körper das Zink aufnehmen kann. Viele Samen enthalten zwar viel Zink, gleichzeitig aber auch viel Phytat, das die Aufnahme hemmt, sodass am Ende kaum Zink verwertet wird.
In der Gentechnik hat man versucht, Maispflanzen mit zusätzlichen Zinktransportern zu entwickeln, um den Zinkgehalt zu erhöhen. Dabei wurde jedoch auch der Phytatgehalt hochreguliert, sodass sich insgesamt kein Vorteil ergab. Für Vegetarier sind Eier und Käse, vor allem Sorten mit höherem Fettanteil, eine gute Zinkquelle. Für Veganer kommen Nüsse oder Tofu infrage. Tofu ist zwar eine relativ gute Quelle, hat aber das Problem der Phytoöstrogene, daher sollte man nicht mehr als 100 g Tofu pro Tag essen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) warnt auch vor zu großen Mengen Tofu, wegen der Phytoöstrogene. Viele Nüsse aus Südostasien sind außerdem mit Schwermetallen belastet (z. B. Cashews). Somit sind pflanzliche Quellen zwar vorhanden, aber in ihrer Menge limitiert.
Tofu ist zwar eine relativ gute Quelle, hat aber das Problem der Phytoöstrogene, daher sollte man nicht mehr als 100 g Tofu pro Tag essen.
Prof. Rink: Die alten Inkas wussten offenbar, wie man Mais so verarbeitet, dass er bekömmlicher und nährstoffreicher wird, auch wenn die genauen Gründe dafür heute nicht mehr bekannt sind. Heutzutage bekommt man meist raffiniertes Maismehl, das diesen Effekt nicht mehr hat. In den 1960er-Jahren führte ein Herr Solomons ein spannendes Experiment durch: Austern sind sehr zinkreich, wie zuvor angesprochen. Wenn man etwa ein halbes Dutzend davon isst, steigt der Zinkspiegel im Blut nach der Mahlzeit deutlich an. Wurden dieselben Austern allerdings in Tacos verpackt, passierte erstaunlicherweise gar nichts. Der Zinkspiegel blieb unverändert. Der Grund dafür ist, dass das Zink durch das Phytat im Mais gebunden wurde und somit nicht vom Körper aufgenommen werden konnte.
In herkömmlichen Geschäften findet man kaum "nixtamalisierten" Mais, also Mais, der wie bei den Inkas traditionell behandelt wurde. Dabei wird der Mais leicht angegoren, wodurch das Phytat zerstört wird. Kochen allein reicht nämlich nicht aus, um Phytat unschädlich zu machen. Dieses Prinzip findet sich in vielen traditionellen Ernährungsweisen auf der ganzen Welt wieder: Kimchi in Korea, Sauerkraut in Deutschland und andere fermentierte Lebensmittel. Durch die Fermentation wird Phytat abgebaut und wichtige Nährstoffe können besser aufgenommen werden. Das heißt: Wenn man Lebensmittel einige Tage lang fermentiert, erhöhen sich die gesundheitlichen Vorteile deutlich. Man nimmt nicht nur mehr Zink, sondern auch andere wichtige Nährstoffe wie Vitamin B12 auf. Um jedoch eine spürbare Menge Zink zu sich zu nehmen, müsste man schon ein halbes Kilo Sauerkraut essen.
Prof. Rink: Das lässt sich tatsächlich relativ schnell und auch experimentell gut nachweisen. In Studien mit geriatrischen Patienten konnte beobachtet werden, dass sich das Immunsystem bereits innerhalb einer Woche wieder stabilisiert. Das geht also erstaunlich schnell. Die Zellen erneuern sich nämlich sehr rasch, vor allem die Granulozyten, die sich im Prinzip innerhalb von nur drei Stunden regenerieren. Deshalb sind Veränderungen in diesem Bereich schnell sichtbar. Bei anderen Systemen dauert es etwas länger: Nach etwa zwei Wochen ist der Prozess meist weitgehend eingeregelt, auch wenn man dies subjektiv erst später wahrnimmt.
Deshalb empfehlen wir, die Substitution über einen Zeitraum von mindestens vier bis sechs Wochen durchzuführen und nicht vorschnell abzubrechen, nur weil Hautunreinheiten beispielsweise nicht sofort verschwinden. Der Körper braucht Zeit, um sich vollständig zu regenerieren. Dennoch handelt es sich um eine vergleichsweise kurze und gut akzeptable Zeitspanne. Wichtig ist außerdem, die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit dem Hausarzt oder der Hausärztin zu besprechen – besonders dann, wenn sie dauerhaft erfolgen soll.
Deshalb empfehlen wir, die Substitution über einen Zeitraum von mindestens vier bis sechs Wochen durchzuführen und nicht vorschnell abzubrechen, nur weil Hautunreinheiten beispielsweise nicht sofort verschwinden.
Prof. Rink: Bei Autoimmunerkrankungen ist es wie mit der Henne und dem Ei. Denn im Kern bedeutet eine Autoimmunerkrankung einen chronisch-entzündlichen Prozess. Das heißt, im Körper läuft dauerhaft eine Entzündung ab. Bei jeder Entzündung – wie wir es auch von Infektionen kennen – sinkt der Zinkspiegel im Blut (Serum). Zink wird vermehrt ins Gewebe verlagert. Der Grund: Bakterien benötigen Zink zum Wachstum und der Körper entzieht es ihnen bewusst. Dasselbe Prinzip gilt auch für Eisen. Auch der Serumeisenwert fällt während einer Infektion ab. So versucht der Körper, den Krankheitserregern wichtige Nährstoffe zu entziehen.
Daraus ergab sich die Frage, ob es sich bei den Veränderungen des Zinkspiegels lediglich um einen Begleiteffekt handelt oder ob sie sogar Auslöser sein können. Wir konnten vor einigen Jahren zwei wichtige Dinge zeigen:
Prof. Rink: Zink wird zwar immer wieder eingesetzt, gehört aber nicht zur Standardtherapie – und genau das ist das Problem. Ähnlich wie bei Erkältungen wirkt Zink vor allem präventiv. Das bedeutet: Eine bereits bestehende schwere rheumatische Erkrankung lässt sich mit einer Zinkbehandlung nicht mehr wirksam behandeln – dafür ist es dann zu spät. Eine ausreichende Versorgung im Vorfeld kann jedoch verhindern, dass die Krankheit überhaupt entsteht.
In Tierexperimenten konnte dies bereits gut gezeigt werden. Wird Zink prophylaktisch eingesetzt, sind deutlich höhere Mengen eines Krankheitsauslösers nötig, um eine Autoimmunerkrankung hervorzurufen. Der Grund dafür ist, dass Zink das Immunsystem besser ausbalanciert. Es kommt zu weniger Entzündungsreaktionen und die Abwehrzellen arbeiten regulierter. Bei einem Zinkmangel hingegen treten Fehlreaktionen häufiger auf. Das bedeutet, dass das Immunsystem entweder den eigenen Körper angreift (Autoimmunreaktion) oder übermäßig auf harmlose Stoffe reagiert (Allergie).
Aus immunologischer Sicht laufen beide Prozesse sehr ähnlich ab. Bei Allergien wird Zink bereits erfolgreich therapeutisch eingesetzt. Mehrere Studien zeigen, dass Zink bei leichten Allergien die Symptome verbessern kann. Der Mechanismus dahinter ist, dass Zink die regulatorischen T-Zellen aktiviert und somit die überschießende Reaktion auf Allergene abschwächt.
Ähnlich wie bei Erkältungen wirkt Zink vor allem präventiv.
Prof. Rink: Ich beschäftige mich seit über 30 Jahren mit Zink und es ist für mich bis heute nicht an Spannung verloren gegangen. Unsere aktuelle Forschungsrichtung, die durch die Corona-Pandemie verstärkt wurde, untersucht, an welchen Stellen Zink in den viralen Zyklus eingreift. Wir untersuchen beispielsweise, wie es auf Rezeptoren wirkt oder die Virusreplikation beeinflusst. Erste Veröffentlichungen zeigen, dass Menschen mit Zinkmangel Viren schneller aufnehmen und auch mehr davon produzieren. Umgekehrt braucht es bei einer guten Zinkversorgung eine deutlich höhere Virusdosis, damit eine Infektion entsteht. Wir analysieren dabei den gesamten Prozess vom Andocken des Virus an die Zelle bis hin zum Ausschleusen neuer Viren. Es geht also nicht nur darum, wie schnell man sich ansteckt, sondern auch darum, wie stark sich eine Infektion im Körper ausbreitet.
Dafür arbeiten wir mit verschiedenen Viren, beispielsweise dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV), das vor allem für kleine Kinder und sehr alte Menschen gefährlich ist, mit Influenzaviren und mit unterschiedlichen Coronaviren. In Kooperation mit einer englischen Arbeitsgruppe konnte während der Pandemie gezeigt werden, dass sich Menschen mit höheren Zinkspiegeln weniger schnell infizierten und zudem mildere und kürzere Krankheitsverläufe hatten. Aktuell untersuchen wir die molekularen Mechanismen dahinter.
Zink spielt darüber hinaus auch im neurologischen Bereich eine wichtige Rolle. In einem EU-Projekt befasse ich mich derzeit mit dem Zusammenhang zwischen Zink und Depressionen, insbesondere mit Altersdepressionen und milden Formen, die häufig mit chronischen Entzündungen einhergehen. Hier kann eine Zinksubstitution helfen. Oft liegen solchen Störungen auch Fehl- oder Mangelernährung zugrunde.
Interessant ist, dass sich diese Mechanismen sogar evolutionär erklären lassen: Therapien mit Interferon-alpha führen oft zu leichten Depressionen. Auch bei einer Grippe fühlt man sich abgeschlagen und niedergeschlagen – ein Signal des Körpers, sich auszuruhen. Früher bedeutete das, dass Menschen, die krank in der Höhle blieben, eine höhere Überlebenschance hatten. Heute jedoch können solche Mechanismen, wenn das Immunsystem im Alter aus dem Gleichgewicht gerät, zu Fehlregulationen und damit zu Erkrankungen führen.
Unser Ziel ist es daher, das Immunsystem mit einfachen Mitteln wieder zu stabilisieren. Zink ist dabei besonders interessant, denn es ist günstig, frei zugänglich und kann im Vergleich zu teuren Medikamenten einen großen Nutzen haben. Gleichzeitig darf man aber nicht vergessen: Auch eine Überdosierung ist möglich. Deshalb sollte die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln am besten in Absprache mit dem Hausarzt erfolgen.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 10.10.2025.