Bei der Neuraltherapie werden mithilfe von Lokalanästhetikawie Procaingezielte Impulse gesetzt, um die Durchblutung, die Nährstoffversorgung und die Selbstheilungskräfte im Körper zu aktivieren – ähnlich einem "Reset" des Nervensystems. Sie ist besonders hilfreich bei chronischen Beschwerden, Narben, Schmerzen nach Operationen oder auch im Bereichen der Zähne oder Faszien. Die Neuraltherapie dient sowohl der Therapie als auch der Diagnostik, um verborgene Ursachen – etwa wurzelbehandelte Zähne – als sogenannte Störfelder zu identifizieren. Damit die Behandlung nachhaltig wirkt, ist eine gute Nährstoffversorgung essenziell und die Therapie sollte individuell, präzise und integrativ erfolgen.
Dr. Didier: Die Neuraltherapie ist eine ganzheitliche Therapieform, die ähnlich wie die Akupunktur Störungen im Körpersystem beseitigen oder zumindest deutlich verbessern kann. Das ist zunächst einmal eine grobe Erklärung. In meiner Arbeit als ganzheitlicher Mediziner spielt die Kombination aus Laboranalysen, Mikronährstoffversorgung (Vitamine, Mineralien, Spurenelemente) und gezielten therapeutischen Verfahren eine zentrale Rolle. Denn oft finden wir Regionen im Körper, die schlecht durchblutet sind. Diese Areale erhalten nicht genug Nährstoffe und auch unser Immunsystem kommt dort nicht richtig an. Die Folge können chronische Entzündungen, Infektionen oder Heilungsblockaden sein.
Genau hier kann die Neuraltherapie ansetzen. Sie fördert die Durchblutung in den betroffenen Arealen und sorgt so dafür, dass das Immunsystem wieder effektiv arbeiten kann. Nährstoffe, Sauerstoff und Abwehrzellen gelangen dorthin, wo sie benötigt werden. Dadurch werden die Selbstheilungskräfte deutlich verbessert. Das ist – vereinfacht gesagt – das Grundprinzip der Neuraltherapie.
Ein anschauliches Beispiel ist der Computer-Reset: Wenn der Rechner nicht mehr richtig funktioniert, fahren wir ihn herunter und starten ihn neu. Danach läuft er oft wieder besser. Die Neuraltherapie wirkt ähnlich: Wir setzen einen gezielten Impuls, der wie ein Reset wirkt. Danach kann sich das System neu organisieren. Wenn keine starken Störfaktoren dagegen wirken, kann sich der Körper so selbst regulieren.
Die Neuraltherapie geht auf die Brüder Ferdinand und Walter Huneke zurück. Eine bekannte Anekdote zur Entstehung der Methode erzählt, dass einer von ihnen seiner Schwester ein Mittel gegen Bluthochdruck spritzen wollte, sich aber versehentlich mit Prokain vergriff. Nicht nur sank der Blutdruck, sondern ihre seit über 20 Jahren bestehende Migräne verschwand vollständig und kam nie wieder. Das weckte das Interesse der Brüder und sie begannen, Procain systematisch einzusetzen. So entwickelte sich die heutige Neuraltherapie.
Der Name leitet sich vom Nervensystem ab, denn genau dort wirkt die Therapie: Sie beeinflusst die feinen Enden der Nerven, die unter anderem auch die Blutgefäße steuern. Wird ein Nerv ruhiggestellt, entspannen sich die Gefäße, die Durchblutung verbessert sich und das Gewebe kann sich regenerieren.
Dr. Didier: Ein Einsatzbereich sind muskuläre Verspannungen, etwa im Nackenbereich. Ist der Nacken chronisch verspannt, kann eine Injektion die Muskulatur entspannen. Oft bessern sich die Beschwerden deutlich, auch wenn die Ursache möglicherweise noch nicht behoben ist. Bleibt die Ursache bestehen, können die Verspannungen wieder auftreten. Ohne Behandlung bleibt sie jedoch oft dauerhaft bestehen.
Ein besonders spannendes Anwendungsgebiet sind Narben, beispielsweise nach Operationen, Unfällen oder Kaiserschnitten. Sie können auch Jahre oder Jahrzehnte später noch Beschwerden verursachen. Das muss nicht immer bewusst spürbar sein – manche Menschen merken, dass "irgendetwas nicht stimmt". Andere haben ganz klare Symptome wie Schmerzen oder ein Spannungsgefühl. Ich erinnere mich an einen Freund, der in seiner Jugend einen Motorradunfall hatte. Die Narbe an seinem Bein spürte er vor allem bei Wetterumschwüngen. Wir haben die Narbe einmalig neuraltherapeutisch behandelt – danach waren die Beschwerden weg. Erst Jahre später kam das Gefühl kurz zurück. Nach einer zweiten Behandlung blieb es dauerhaft weg.
Besonders bei Kaiserschnittnarben sehe ich oft Verbesserungen. Das Gewebe ist häufig verhärtet, schlecht durchblutet oder sensibel. Bei einem Kaiserschnitt werden Nerven, Blut- und Lymphgefäße durchtrennt, was langfristige Folgen haben kann. Die Neuraltherapie kann hier helfen, die Durchblutung und die nervale Versorgung zu verbessern.
Die Neuraltherapie lässt sich fast überall einsetzen. Aktuell behandle ich beispielsweise eine Patientin mit Post-Zoster-Neuralgie, also Schmerzen nach einer Gürtelrose. Bereits nach der ersten Behandlung spürte sie eine Besserung. Mittlerweile sind wir bei der dritten oder vierten Sitzung und sie berichtet, dass sie kaum noch Schmerzmittel benötigt. Früher musste sie regelmäßig starke Mittel einnehmen.
Ein weiteres Beispiel sind Knieschmerzen. Viele Patienten kommen mit der Diagnose "Arthrose" vom Orthopäden zu uns. Interessanterweise stellen wir jedoch oft fest, dass die Schmerzen gar nicht direkt durch die Arthrose, sondern durch das umliegende Gewebe, insbesondere die Faszien rund ums Knie, verursacht werden. Drückt man dort gezielt, sagen viele: "Ja, genau da tut’s weh". Werden diese schmerzhaften Areale mit Neuraltherapie behandelt, können viele Patienten direkt im Anschluss wieder schmerzfrei gehen. Natürlich wirkt keine Therapie bei allen gleich gut, aber aus meiner Erfahrung profitieren etwa 80% der Behandelten deutlich.
Die Neuraltherapie lässt sich fast überall einsetzen.
Dr. Didier: Bei der Neuraltherapie werden meist Lokalanästhetika wie Procain oder Lidocain verwendet. Diese Substanzen sind altbewährt: Procain gibt es seit 1905, in der Zahnmedizin wurde es früher oft verwendet, bevor man dort auf Kombinationen mit Adrenalin umstieg. Warum? Weil Procain die Durchblutung verstärkt, was in der Zahnmedizin eher unerwünscht ist. Adrenalin hingegen verengt die Blutgefäße und reduziert die Blutung. Für die Neuraltherapie hingegen ist genau diese Durchblutungssteigerung erwünscht, weshalb wir die reine Substanz ohne Adrenalin verwenden.
Ein wichtiger Hinweis: Bei bestimmten Eingriffen, etwa an den Fingern, darf kein Adrenalin eingesetzt werden, da die feinen Blutgefäße sonst verschlossen werden könnten. Dies macht deutlich, wie entscheidend die korrekte Anwendung dieser Substanzen ist.
Dr. Didier: Ich weiß, viele Kolleginnen und Kollegen sagen: "Wir machen jetzt erst einmal zehn Sitzungen mit Neuraltherapie". Aber das ist mir ehrlich gesagt zu lang. Wenn ich nach der ersten Behandlung – oder spätestens nach der zweiten – keinen Effekt sehe, dann höre ich damit auf. Wenn ich beim ersten Mal eine bestimmte Art der Neuraltherapie an einer bestimmten Stelle anwende und das ohne Erfolg bleibt, dann probiere ich das vielleicht noch ein zweites Mal. Wenn auch das nichts bewirkt, ist Schluss. Entweder war die behandelte Stelle nicht die richtige oder das Problem liegt ganz woanders. In diesem Fall wechsle ich entweder den Ort oder die Art der Neuraltherapie.
Man muss wissen: Der Ort der Neuraltherapie muss nicht immer dort sein, wo das Symptom auftritt. Ganz im Gegenteil!
Dr. Didier: In einer meiner Fortbildungen, in denen wir regelmäßig Therapeuten, Physiotherapeuten und Ärzte schulen, hatte ich eine Patientin mit massiven Problemen an der Halswirbelsäule. Sie konnte ihren Kopf kaum bewegen. Ich habe gesagt: "Wir behandeln nicht den Nacken, denn der Nacken ist vermutlich nur das Symptom. Die Ursache liegt woanders." In ihrem Fall lag die Ursache im Mund, genauer gesagt bei den Zähnen. Sie hatte einige Zähne gezogen bekommen. Solche Zahnextraktionen hinterlassen Narben, und genau diese Narbe habe ich mit Neuraltherapie behandelt. Bereits nach einer Minute konnte sie ihren Kopf wieder vollständig bewegen.
Die Wirkung hielt mehrere Monate an. Im Herbst begannen die Beschwerden erneut. Diesmal kam die Patientin zur nächsten Fortbildung, um sowohl zu lernen als auch eine Behandlung zu erhalten. Vor den Augen aller Teilnehmenden konnten wir wieder denselben Effekt erzielen. Sie arbeitet übrigens selbst als Osteopathin und kennt daher die typischen Behandlungswege. Doch in diesem Fall war die Narbe im Mund die zentrale Ursache.
Ein weiteres allgemeines Beispiel für die Anwendung der Neuraltherapie ist das Iliosakralgelenk (ISG). Während einer Fortbildung in Italien saß ein Gynäkologe aus Südtirol ganz hinten im Raum. Er stand immer wieder auf, da er unter ISG-Beschwerden litt, also unter Schmerzen im unteren Rücken, wo Rücken und Becken aufeinandertreffen. Ich sprach ihn darauf an und wir führten während der Pause eine Neuraltherapie im Bereich der Weisheitszähne (Zahn Nr. 8) durch. Zunächst behandelten wir den Rücken direkt, was kurzfristig sogar zu einer Verschlimmerung der Beschwerden führte. Dann injizierte ich im Bereich des Zahns und die Beschwerden waren sofort weg. Er saß den Rest der Woche ganz entspannt auf seinem Stuhl, ohne herumgehen zu müssen. Auch Wochen später rief er mich an und sagte, er sei immer noch schmerzfrei.
Ein weiteres Beispiel ist die Nase. Eine andere Patientin sagte: "Ich muss seit Jahren Nasenspray nehmen, weil meine Nase immer zu ist." Ich schlug eine Neuraltherapie für die Nasennebenhöhlen vor. Dafür nutzen wir eine extrem feine Nadel, die noch feiner ist als eine Akupunkturnadel, aber einen Hohlraum hat, um das Mittel zu injizieren. Wir verwenden 12 mm lange Nadeln und spritzen an fünf Punkten ein wenig Procain. Etwa 80% der Patienten berichten, dass sie schon innerhalb einer Minute besser Luft bekommen. Einige sagen: "Jetzt läuft’s hinten runter." Das Sekret löst sich und die Nase wird frei. Die Patientin, von der ich spreche, war drei Wochen lang komplett beschwerdefrei – ganz ohne Nasenspray. Danach war sie beim Zahnarzt, wo erneut etwas im Mundraum gemacht wurde. Und genau da zeigt sich erneut: Der Mund spielt eine zentrale Rolle – sowohl in der Neuraltherapie als auch in der ganzheitlichen Medizin. Deshalb kombinieren wir in unserer Praxis Zahnmedizin und ganzheitliche Ansätze.
Wir arbeiten ganz bewusst integrativ: Zähne, Nährstoffversorgung und Psyche müssen zusammenpassen, damit echte Heilung möglich ist. Ein gutes Beispiel hierfür sind die sogenannten Zahn-Organ-Beziehungen. Es heißt: "An jedem Zahn hängt ein Organ." So wie in der Akupunktur bestimmte Regionen mit Organen verknüpft sind, gibt es auch direkte Verbindungen zwischen Zähnen und körperlichen Beschwerden.
Wenn beispielsweise jemand mit Tennisellenbogen zu mir kommt, schaue ich zuerst, ob das mit einem bestimmten Zahn zusammenhängen könnte. Aus der Erfahrungsmedizin wissen wir: Häufig ist der vierte Zahn – oben oder unten, rechts oder links – involviert. Ich behandle dann also nicht den Ellenbogen, sondern die Zahnregion. Vor der Behandlung lasse ich die Patienten beispielsweise eine Tasse hochheben. Danach injiziere ich Procain in den entsprechenden Zahnbereich und bitte sie, die Tasse erneut zu heben. Oft schauen sie mich ungläubig an und sagen: "Das kann doch nicht sein. Sie haben doch hier oben gespritzt – und jetzt ist der Ellenbogen schmerzfrei?" Genau das passiert. Und das ist immer wieder beeindruckend – auch für mich.
Das ist auch ein zentrales Thema, das ich in jedem Vortrag betone: die Rolle der Zähne, insbesondere toter, wurzelbehandelter Zähne. Viele Beschwerden, etwa im Nacken, in der Schulter oder beim Tennisellenbogen, stehen oft mit solchen Zähnen in Zusammenhang. Wenn sich der Nackenschmerz direkt löst, nachdem ich einen toten Zahn angespritzt habe, zeigt das: Die Ursache sitzt im Zahn. Das Problem ist jedoch, dass die Neuraltherapie in solchen Fällen nur kurzfristig hilft, da der tote Zahn als Störfeld weiterhin besteht. Bei Narben kann eine einmalige Behandlung das Problem manchmal dauerhaft lösen. Bei einem toten Zahn ist oft die Entscheidung zur Extraktion nötig.
Das fällt vielen Patienten schwer. Wenn ich ihnen erkläre, dass ihr wurzelbehandelter Zahn möglicherweise die Ursache ihrer Beschwerden ist, höre ich oft: "Ich merke doch gar nichts an dem Zahn". Doch tote Zähne sind oft symptomlos – genau deshalb sind sie so tückisch. Ein konkretes Beispiel: Eine Patientin hatte Magenschmerzen. Ich spritzte einen verdächtigen Zahn an, woraufhin die Beschwerden für einige Tage verschwanden. Das überzeugt oft mehr als viele Worte. Durch die Betäubung nimmt der Körper das Störfeld temporär nicht mehr wahr – und plötzlich funktioniert der Organismus wieder normal.
Ein weiteres Missverständnis ist die zeitliche Verbindung: Viele sagen, der Zahn sei seit 30 Jahren wurzelbehandelt, die Beschwerden seien aber erst seit drei Jahren vorhanden – das könne doch nicht zusammenhängen. Doch genau das ist möglich. Mit dem Alter verlieren wir an Kompensationsfähigkeit. Während junge Menschen viele Belastungen problemlos ausgleichen können, funktioniert das im Laufe der Jahre immer schlechter. Irgendwann ist die Belastung durch das Störfeld zu groß und die Symptome treten auf. Meine Mutter beispielsweise litt an Leukämie und benötigte wöchentlich Bluttransfusionen. Ich fragte sie: "Hast du tote Zähne?" – "Ja, einen." - war ihre Antwort. Ich empfahl ihr, den Zahn ziehen zu lassen. Es dauerte zwei Monate, bis der Termin beim Zahnarzt stattfand. Danach waren keine Transfusionen mehr nötig und das Blutbild war stabil. Die Leukämie war dadurch zwar nicht geheilt, aber der Verlauf hatte sich deutlich verbessert.
Noch ein Beispiel: Eine Patientin litt seit Jahren unter Kopfschmerzen, Schwindel und nächtlichen Schweißausbrüchen. Nachdem zwei tote Schneidezähne gezogen worden waren, waren zwei Wochen später alle Beschwerden verschwunden und kamen nie wieder zurück. Eine andere Frau hatte Schmerzen im Oberkiefer. Der Zahnarzt fand nichts. Ich untersuchte den Unterkiefer, entdeckte einen verdächtigen Zahn, spritzte ihn an – und die Schmerzen waren weg. Ursache und Wirkung liegen also nicht immer dort, wo der Schmerz empfunden wird.
Fazit: Die Neuraltherapie ist ein diagnostisches und therapeutisches Werkzeug zugleich. Sie hilft uns, Zusammenhänge sichtbar zu machen, die oft übersehen werden, etwa zwischen Zähnen und chronischen Beschwerden. Außerdem zeigt sie schnell, ob ein bestimmtes Areal für die Symptome verantwortlich ist oder nicht. Gerade bei unklaren oder therapieresistenten Beschwerden kann sie den entscheidenden Unterschied machen.
Dr. Didier: Das Procain, das wir verwenden, wird im Körper sehr schnell abgebaut, meist schon nach 10 bis 15 Minuten, spätestens nach 30 Minuten. Manche verwenden Lidocain, das hält ein bis zwei Stunden, aber auch das ist nicht entscheidend. Der anhaltende Effekt kommt nicht durch die Substanz selbst, sondern durch den "Reset", den die Injektion im Nervensystem auslöst. Wie ich zuvor sagte, es ist wie bei einem Computer: Einmal heruntergefahren, und plötzlich funktioniert wieder alles.
Die Neuraltherapie kann – richtig angewendet – verblüffend schnelle und nachhaltige Ergebnisse bringen. Aber sie wirkt nicht automatisch. Entscheidend sind die richtige Diagnose, die richtige Stelle und ein ganzheitliches Verständnis vom Körper. Wenn nach zwei Versuchen kein Effekt eintritt, wird nicht weiterbehandelt, sondern es wird nach einer anderen Ursache gesucht.
Dr. Didier: Die Neuraltherapie kann man mit Akupunktur vergleichen. Die Nadeln sind von der Größe her tatsächlich identisch. In der Akupunktur gibt es allerdings auch längere Nadeln. Natürlich spürt man den Einstich, das ist bei jeder Nadel so. Manche Menschen kennen die Neuraltherapie auch als Quaddeltherapie. Dabei wird ein Lokalanästhetikum direkt in die Haut gespritzt, sodass sich eine kleine Erhebung, eine sogenannte Quaddel, bildet. Diese Methode wenden wir gelegentlich an, aber nicht sehr häufig.
In der Neuraltherapie unterscheiden wir zwischen Injektionen in die Haut und unter die Haut. Da die Haut eine gewisse Dicke hat, ist es in der Regel schmerzhafter, wenn ich in die Haut hinein spritze – also eine Quaddel setze –, als wenn ich direkt darunter in das lockere Bindegewebe gehe. Ich selbst setze z.B. bei Nackenbehandlungen keine Quaddeln. Ich injiziere fast immer unter die Haut, also in den Bereich zwischen Haut und Muskulatur. Dort liegt das Bindegewebe, insbesondere die Faszien. Viele kennen den Begriff Faszien, beispielsweise durch Faszienrollen. Faszien können sich verhärten und mit Procain können diese Verklebungen oder Verhärtungen lokal gelöst werden. In diesem Sinne ist die Neuraltherapie auch eine Form der Faszien-Behandlung.
Natürlich ist der Einstich immer mit einem gewissen Schmerz verbunden – das lässt sich nicht vermeiden. Einige Menschen sind jedoch deutlich schmerzempfindlicher als andere. Insgesamt wird die Behandlung jedoch in der Regel sehr gut vertragen.
Etwas mehr Respekt haben manche, wenn ich im Mundbereich behandle, zum Beispiel an Zähnen oder im Rachen. Es besteht auch die Möglichkeit, die Mandeln zu behandeln. Das ist besonders interessant für Patienten, die regelmäßig unter Mandelsteinen leiden, also diesen kleinen, festen Eiterpfropfen, die aus den Mandeln austreten. Diese chronischen Mandelentzündungen können mit einer Neuraltherapie behandelt werden, bei der Procain in die Mandeln injiziert wird. Das Ziel besteht darin, die Durchblutung zu verbessern und dem Körper somit dabei zu helfen, die chronische Entzündung zu überwinden – gewissermaßen ein "Reset" für das Mandelgewebe. Der Einstich fühlt sich in etwa so an wie beim Zahnarzt, das kennen die meisten ja.
In der Neuraltherapie unterscheiden wir zwischen Injektionen in die Haut und unter die Haut.
Dr. Didier: Grundsätzlich gibt es kaum Kontraindikationen. Mir fällt spontan keine ernsthafte ein, abgesehen von einer seltenen Ausnahme: In ganz wenigen Fällen berichten Patienten, dass sie Procain nicht vertragen. Das kommt extrem selten vor, vielleicht bei einer von 5.000 Personen. Falls jemand bereits schlechte Erfahrungen gemacht hat – oft bei anderen Behandlern –, kann man alternativ Lidocain einsetzen. Dieses wirkt etwas länger als Procain.
Wichtig ist dabei: Sowohl Procain als auch Lidocain sollten unbedingt ohne Konservierungsstoffe verwendet werden. Einige Hersteller fügen Konservierungsmittel hinzu, was deutlich häufiger zu Unverträglichkeiten führt. Die Betroffenen berichten dann beispielsweise über Juckreiz oder ein diffuses Unwohlsein. Das ist nichts Dramatisches, denn Procain wird vom Körper innerhalb von 10–15 Minuten vollständig abgebaut und die Beschwerden vergehen wieder. In dieser kurzen Zeit muss man Patienten einfach etwas begleiten und beruhigen – danach ist meist alles in Ordnung.
Dr. Didier: Wenn wir über die Psyche sprechen, sollten wir uns zunächst die Frage stellen: Warum geht es der Psyche schlecht? Eine Depression ist beispielsweise ein psychisches Symptom. Aber Grundsätzlich ja, denn Neuraltherapie kann auch bei psychischen Belastungen helfen. Allerdings müssen wir immer die Ursache dafür ermitteln, warum es jemandem emotional oder psychisch nicht gut geht. Ganz allgemein gilt: Jede Entzündung im Körper – sei es an den Zähnen, im Darm oder bei chronischen Infektionen wie Borreliose oder dem Epstein-Barr-Virus – kann sich stark auf die Psyche auswirken. Und genau hier setzt die Neuraltherapie an.
Das in der Therapie verwendete Procain wirkt nämlich entzündungshemmend. Wenn ich also durch gezielte Injektionen Entzündungen finde und behandle, hat das oft auch eine positive Wirkung auf die Psyche. Zum Beispiel spritze ich Procain in die Nähe eines Zahns und plötzlich bessert sich der Nackenschmerz. Das zeigt, dass es eine stille Entzündung am Zahn gibt. Wenn diese Entzündung verschwindet, geht es vielen Menschen auch psychisch besser. Denn körperliche und seelische Symptome hängen oft zusammen. In meiner Praxis erlebe ich das häufig: Patienten kommen mit psychischen Beschwerden, aber nicht nur. Oft haben sie auch körperliche Symptome. Wenn ich diese über die Neuraltherapie verbessere, verschwinden mitunter auch die psychischen Symptome.
Wir setzen auch sogenannte Push-Infusionen mit Magnesium und Procain ein, die wir intravenös verabreichen. Eine Freundin von mir hat diese Infusion vor einem halben Jahr zum ersten Mal bekommen. Seit sie diese regelmäßig erhält, hat sie morgens mehr Energie, ist besser gelaunt – sie sagt selbst: "Ich komme leichter aus dem Bett und bin entspannter." Direkt nach der ersten Infusion fragte ihr Sohn morgens: "Mutter, was ist mit dir los? Du singst in der Küche!" Das war für ihn völlig ungewohnt. Für uns war das ein klares Zeichen, dass Procain auch stimmungsaufhellend wirken kann. Ich hatte auch eine Mitarbeiterin zu einer Fortbildung mitgenommen, bei der wir ein paar einfache Quaddelungen durchgeführt haben. Bei ihr hatte Procain jedoch einen richtig euphorischen Effekt: Sie war den ganzen Abend fröhlich, hat viel gelacht und war super drauf. Natürlich ist das nicht bei jedem so, aber es zeigt: Die Substanz kann die Stimmung durchaus auch positiv beeinflussen.
Manche Patienten sind anfangs irritiert, wenn sie das Wort "Procain" hören, da sie es mit "Kokain" verwechseln. Tatsächlich wurde Kokain früher sogar als Betäubungsmittel eingesetzt, ähnlich wie später Procain oder Lidocain. Aber keine Sorge: Wir arbeiten mit Procain, nicht mit Kokain!
Neben Entzündungen gibt es auch andere Faktoren, die die Psyche belasten können, wie beispielsweise ein Vitamin-D-Mangel, ein Mangel an Omega-3-Fettsäuren oder ein Mangel an bestimmten Aminosäuren wie Tryptophan. Letztere sind notwendig, um Glückshormone zu produzieren. Wenn man eine Entzündung im Körper hat, beispielsweise bei einem grippalen Infekt, fühlt man sich nicht nur körperlich, sondern oft auch psychisch schlecht. Man ist antriebslos und vielleicht sogar ein bisschen depressiv. Deshalb ist es so wichtig, Entzündungen im Körper frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, denn das hat immer auch Auswirkungen auf die Psyche.
Das in der Therapie verwendete Procain wirkt nämlich entzündungshemmend.
Dr. Didier: Ein Patient kommt zu mir in die Praxis und schildert seine Beschwerden, zum Beispiel Rückenschmerzen oder Nackenprobleme. Wenn er zum ersten Mal bei mir ist, bringt er oft seine Zahnaufnahmen mit. Dann kann ich direkt sehen: Aha, da gibt es zum Beispiel zwei wurzelbehandelte Zähne. Wenn der Patient angibt, dass er Rücken- oder Nackenschmerzen hat, bleibt er ganz entspannt in dem Stuhl vor meinem Schreibtisch sitzen. Ich ziehe eine kleine Ampulle mit 2 ml Procain auf – das ist nicht viel – und schaue mir die Zähne im Mund genauer an. Oft sieht man schon, dass mit einem Zahn etwas nicht stimmt. Das Zahnfleisch ist dann oben oder unten gerötet, bröckelig oder stärker durchblutet. Dann spritze ich das Procain an die entsprechende Stelle. Das Ganze dauert ein bis zwei Minuten. Die Untersuchung selbst, also das genaue Hinschauen, dauert in der Regel länger als die Behandlung.
Wenn es nicht um den Mund geht, sondern zum Beispiel um Knieprobleme, dann dauert es etwas länger. Zunächst taste ich die schmerzenden Stellen ab. In der Neuraltherapie nennt man das die sogenannte Davos-Methode. Viele denken dabei an den Skiort in den Alpen, das hat aber nichts damit zu tun. Es steht einfach für: "Da, wo es weh tut." Ich taste also die schmerzhaften Punkte ab. Viele Patienten zeigen mir auch selbst die schmerzenden Stellen. Genau da setze ich mit der Nadel an. Ich mache keine großen Quaddeln, sondern gehe unter die Haut, in den Bereich zwischen Haut und Muskulatur, also fast ins Bindegewebe. Dort spritze ich ganz kleine Mengen von etwa 0,1 ml. Dann gehe ich zum nächsten Punkt. Das wiederhole ich so lange, bis der Patient sagt: "Jetzt tut’s nicht mehr weh." Dann lassen wir ihn ein bisschen umherlaufen. Oft sagen die Leute dann direkt: "Ja, das fühlt sich besser an." Anschließend beobachten wir, wie es sich weiterentwickelt.
Zusätzlich zur Neuraltherapie erhalten unsere Patienten in der Regel eine Rundumversorgung mit Nährstoffen, Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Meist führen wir auch Laboruntersuchungen durch, um zu ermitteln, wo genau ein Mangel besteht. Denn viele Menschen haben große Defizite, vor allem bei Vitamin D. Ohne Vitamin D funktioniert im Körper eigentlich gar nichts. Zwar haben viele laut Labor einen "normalen" Vitamin-D-Wert, doch der Normbereich basiert auf dem Durchschnitt der Bevölkerung. Wenn die meisten ohnehin unterversorgt sind, liegt dieser Normbereich entsprechend niedrig. Unser Ziel ist es deshalb immer, den oberen Referenzbereich zu erreichen. Wenn das Labor beispielsweise einen Wert von 70 als normal angibt, dann wollen wir mindestens diesen Wert erreichen. Ohne zusätzliche Einnahme von Vitamin D schaffen das die wenigsten. Dafür müsste man den ganzen Tag draußen sein, ungeschützt in der Sonne und mit möglichst wenig Kleidung – das ist im Alltag kaum umzusetzen.
Das heißt also zusammengefasst: Wir kombinieren die Neuraltherapie mit einer gezielten Nährstoffversorgung. Denn jede Therapie – egal, ob Akupunktur, Psychotherapie, Homöopathie oder etwas anderes – setzt auf die Selbstheilungskräfte des Körpers. Diese Impulse müssen vom Körper umgesetzt werden. Wenn dem Körper jedoch Nährstoffe fehlen, beispielsweise Eisen, wie es bei etwa 80% der Frauen der Fall ist, können solche Impulse nicht richtig verarbeitet werden.
Ein Eisenmangel kann zu Depressionen, einer Schilddrüsenunterfunktion, Haarausfall, Infektanfälligkeit und Erschöpfung führen. Übrigens ist die Hauptursache einer Schilddrüsenunterfunktion oft nicht Jodmangel, sondern Eisenmangel. Auch die Neuraltherapie, die einen Impuls zur Selbstheilung setzt, braucht einen Körper, der diesen Impuls auch wirklich verarbeiten kann. Wenn man es bildlich vergleicht: Wenn beim Hochfahren eines Computers ständig das Netzwerkkabel rausfliegt, läuft auch nichts rund. So ist es auch bei uns Menschen. Wenn die Versorgung stimmt, wirkt die Neuraltherapie – oder jede andere Therapie – noch effektiver.
Dr. Didier: Neben den vorhin angesprochenen Kontraindikationen, können als Nebenwirkung kleine Blutergüsse an den Einstichstellen auftreten. Das kann selbst dann passieren, wenn die Injektion korrekt durchgeführt wird. Kleine blaue Flecken sind also möglich. Wenn jedoch unsauber gearbeitet wird oder die Technik nicht beherrscht wird – wenn beispielsweise nicht bekannt ist, wo sich die Nadel gerade befindet –, kann es natürlich auch zu unerwünschten Zwischenfällen kommen, etwa wenn Gefäße getroffen werden, die besser gemieden werden sollten. Allerdings arbeiten wir in der Regel mit sehr feinen Nadeln. Selbst wenn jemand wenig Erfahrung hat, passiert bei fachgerechter Anwendung in der Regel nicht viel.
Was auch vorkommen kann, ist, dass Procain den Blutdruck senken kann. Das war übrigens auch der Effekt, den Huneke damals gezielt bei seiner Frau genutzt hat. Ich selbst habe mir übrigens auch schon einmal eine ganze Ampulle intravenös verabreicht – hier an meinem Schreibtisch. Ich konnte mich gerade noch aufrecht halten. Mir wurde schwindelig, ich habe geschwitzt und mir wurde schwarz vor Augen. Das geht zwar schnell wieder vorbei, aber wenn man Procain schnell und hochdosiert in die Vene gibt, kann der Blutdruck deutlich absacken. Manche Menschen reagieren darauf sehr empfindlich. Es kann also vorkommen, dass jemand sagt: "Puh, mir wird ein bisschen schummrig." In solchen Fällen legen wir die Person dann einfach flach hin, vor allem, wenn sie zuvor gesessen hat. Abgesehen davon haben wir aber eigentlich keine nennenswerten Nebenwirkungen.
Was auch vorkommen kann, ist, dass Procain den Blutdruck senken kann.
Dr. Didier: Soweit ich weiß, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten dafür nicht. Ich bin allerdings auch kein Kassenarzt, sondern führe eine reine Privatpraxis. Interessant dabei ist: Wir haben tatsächlich mehr gesetzlich Versicherte als Privatpatienten. Wie ist das zu erklären? Viele gesetzlich Versicherte sagen uns, dass sie sich in der klassischen Schulmedizin nicht mehr gut aufgehoben fühlen. Sie bekommen dort keine Linderung, keine echte Hilfe. Deshalb kommen sie als sogenannte Selbstzahler zu uns. Das bedeutet, dass sie, genau wie Privatpatienten, eine Rechnung erhalten und die Leistung selbst zahlen.
Einige versuchen, die Rechnung bei ihrer Krankenkasse einzureichen. Das ist jedoch mit recht viel Aufwand verbunden. Zwar gibt es im Sozialgesetzbuch eine Regelung, dass gesetzlich Versicherte unter bestimmten Umständen auch Leistungen eines Privatarztes erstattet bekommen können, allerdings nur in Höhe dessen, was ein Hausarzt bekommen hätte. Diese Erstattung ist oft so gering, dass sich der Aufwand in der Regel nicht lohnt.
Was die Kosten betrifft, rechnen wir in unserer Praxis nach Zeit ab. Es gibt natürlich Patienten, die gezielt für eine bestimmte Leistung kommen, zum Beispiel nur für eine Neuraltherapie. Wenn diese innerhalb von 5 bis 10 Minuten erledigt ist, kostet sie ungefähr 50 Euro. Wenn jedoch weitere Beschwerden hinzukommen, dauert es entsprechend länger und wird teurer. Ich darf mit Überzeugung sagen, dass ich in vielen Bereichen Experte bin. Unser Stundensatz liegt daher bei 300 Euro. Beim Erstgespräch sind es 360 Euro. Wenn ich also eine Stunde mit einem Patienten arbeite – mit oder ohne Neuraltherapie – liegt der Preis entsprechend bei 300 bis 360 Euro. Manchmal dauert eine Behandlung nur fünf Minuten, dann kostet sie etwa 25 bis 30 Euro. Bei zehn Minuten sind es rund 50 Euro.
Das Material selbst ist übrigens sehr günstig. Eine Ampulle Procain kostet etwa 1,50 bis 2 Euro und auch Spritzen sind preiswert. Der Hauptkostenfaktor ist also meine Zeit als Therapeut bzw. Arzt.
Dr. Didier: Viele Patienten kommen über Mundpropaganda zu uns. Das funktioniert so: Ein Patient war hier, ihm hat die Behandlung gutgetan und er hatte tolle Erfolge. Das erzählt er dann weiter. So entsteht eine Kettenreaktion und auch andere kommen zu uns. Das ist tatsächlich der häufigste Weg, wie Menschen zu uns finden. Manche finden auch über unsere Webseite zu uns.
Was die offizielle Anerkennung betrifft, gibt es von der Ärztekammer aktuell keine Zusatzbezeichnung "Neuraltherapie". Es gibt allerdings andere anerkannte Zusatzbezeichnungen. Ich selbst habe zum Beispiel die Zusatzbezeichnung Homöopathie, die von der Ärztekammer offiziell anerkannt ist. Ich habe auch die Zusatzbezeichnungen Ernährungsmedizin und Naturheilverfahren. Das bedeutet, dass man entsprechende Ausbildungen absolviert hat, meist inklusive einer Prüfung. Diese Fortbildungen werden häufig direkt von der Ärztekammer angeboten und man erhält entsprechende Zertifikate. Die Ausbildung in Neuraltherapie, die ich absolviert habe, wurde von einer Fachgesellschaft durchgeführt. Auch dort erhält man ein Zertifikat. Darauf kann man achten, wenn man sich für einen Therapeuten interessiert. Es lohnt sich also, zu schauen: Hat die Person ein entsprechendes Zertifikat einer anerkannten Fachgesellschaft?
Ansonsten kann man sich auch im Internet orientieren und sich Bewertungen anschauen, wobei diese natürlich nicht immer ein vollständiges Bild liefern. Manchmal hilft nur: selbst ausprobieren und schauen, ob man sich bei der Therapeutin oder dem Therapeuten gut aufgehoben fühlt.
Was die offizielle Anerkennung betrifft, gibt es von der Ärztekammer aktuell keine Zusatzbezeichnung "Neuraltherapie".
Dr. Didier: Ehrlich gesagt habe ich mich damit anfangs überhaupt nicht beschäftigt. Procain stammt ursprünglich aus der Schulmedizin, das ist bekannt. Es ist ein lokales Anästhetikum, dessen Wirkung sich sehr gut biochemisch erklären lässt. Es gibt viele Nachweise für die lokale Wirkung: Wir wissen, was es macht und wie es wirkt – all das ist wissenschaftlich fundiert. Was sich jedoch nur schwer wissenschaftlich erklären lässt, ist die Frage, warum sich beispielsweise der Rücken verbessert, wenn ich oben einen Zahn betäube. Soweit ich weiß, gibt es dazu keine Studien. Das fällt in den Bereich der Erfahrungsmedizin, also das, was wir Ärzte täglich erleben und was Patienten aus eigener Erfahrung berichten.
Natürlich könnte man sagen: "Das ist alles nur Placebo." Und ja, der Placeboeffekt spielt sicher immer eine gewisse Rolle. Im Schnitt liegt der Placeboeffekt bei etwa 30%. Das bedeutet: Wenn ich zehn Patienten behandle, berichten drei von einer Besserung, obwohl biochemisch gesehen gar nichts passiert ist – allein durch den psychologischen Effekt. Bei mir jedoch berichten acht von zehn Patienten von einer positiven Wirkung. Selbst wenn drei davon nur einen Placeboeffekt erlebt haben, bleiben immer noch fünf, bei denen man sagen muss: Da passiert mehr. Manchmal sind es sogar neun von zehn. Und das lässt sich nicht mehr nur mit dem Placeboeffekt erklären. Übrigens spielt der Placeboeffekt immer eine Rolle, egal, was man macht – sogar bei Medikamenten wie Morphin.
Es gibt Studien, die zeigen, dass wenn eine Krankenschwester das Morphin verabreicht, ist die schmerzlindernde Wirkung deutlich höher als bei Verabreichung durch einen Automaten – bei exakt gleicher Dosis und gleichem Zeitplan. Ähnliches zeigt sich bei chirurgischen Eingriffen: Man hat Patienten mit leichten Herzproblemen entweder tatsächlich operiert oder eine "Schein-OP" durchgeführt, bei der lediglich eine Narbe gesetzt wurde, ohne am Herzen etwas zu tun. Auch die Patienten, bei denen gar nichts operiert wurde, berichteten von einer deutlichen Besserung. Das zeigt: Der Placeboeffekt ist real und stark, aber eben nicht alles.
Ich mache das jetzt seit über 30 Jahren und kann mit Überzeugung sagen, dass das, was wir mit Procain erleben, nicht nur Placebo ist. Zumal wir auch biochemische Reaktionen im Körper nachweisen können. Ja, man kann Schmerzen mit Procain ausschalten und Menschen damit sogar operieren. Genauso wie es Operationen unter Hypnose gibt. Aber das funktioniert nicht bei allen. Ob es dazu wissenschaftliche Studien gibt, müsste man recherchieren. Für mich persönlich ist das aber auch gar nicht ausschlaggebend.
Procain ist ein tolles Werkzeug, mit dem wir großartige Erfolge erzielen. Dafür brauche ich keine weiteren Studien, die mir das bestätigen. Das Problem ist, dass es kein wirtschaftliches Interesse gibt, Studien zu finanzieren. Procain ist ein günstiger Wirkstoff, mit dem sich weder ein Monopol erzielen noch hohe Preise verlangen lassen. Anders als bei einem neuen Krebsmedikament, das vielleicht 7.000 Euro pro Spritze kostet. Da lohnt sich die Forschung wirtschaftlich, bei Procain jedoch nicht. Ich habe gerade mit einem Orthopäden gesprochen. Ein neues Osteoporose-Medikament kostet 7.000 Euro für zwölf Spritzen. Klar, da wird geforscht und publiziert. Aber bei Procain? Eher nicht. Aber die Erfolge, die wir sehen, sprechen für sich. Das nennt man Erfahrungsmedizin – oder auch: Der Erfolg gibt uns recht. So sagen es manche Kollegen. Und am Ende zählt, dass es funktioniert. Punkt.
Dr. Didier: Letztlich gilt das für jede Therapie – je mehr störende Faktoren ich ausschalte, desto erfolgreicher ist sie. Beispielsweise, wenn ich keine toten Zähne im Mund habe, keinen emotionalen oder psychischen Stress mit mir herumtrage und mein Körper gut mit allem versorgt ist, was er braucht: Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente – am besten über eine gesunde Ernährung. Mit gesunder Ernährung meine ich frisch zubereitete Speisen ohne Konservierungs- oder Zusatzstoffe sowie wenig Zucker. Viele Menschen vertragen Getreide schlecht – das sollte man individuell im Blick haben. Besser ist es, viel Gemüse und hochwertige Lebensmittel zu sich zu nehmen, eventuell auch tierische Produkte, aber bitte nicht aus der Massentierhaltung. Es gibt heute gute Gütesiegel, an denen man sich orientieren kann.
Jeder kann hier selbst einen Beitrag leisten, zum Beispiel durch Bewegung. Eine gute Durchblutung ist, wie wir ganz zu Beginn schon gesagt haben, das A und O. Durch beispielsweise regelmäßigen Sport, Saunagänge oder andere Aktivitäten kann ich selbst viel dafür tun.
Ein wichtiger Punkt, den wir vorhin schon angesprochen haben, betrifft die Zähne. Für mich ist klar: In meinem Mund gibt es keine toten oder wurzelbehandelten Zähne – und es wird auch nie welche geben. Das ist auch etwas, das ich all meinen Patienten mit auf den Weg gebe. Wenn ein Zahn Probleme macht, sich beispielsweise entzündet oder abstirbt, dann muss er gezogen werden. Dann schaue ich, ob ein Implantat, eine Brücke nötig ist oder ob die Lücke bleiben soll. Einen toten oder wurzelbehandelten Zahn im Mund zu behalten, ist für mich jedoch die schlechteste Lösung. Selbstverständlich ist ein gesunder Zahn immer die beste Lösung. Wenn das jedoch nicht mehr möglich ist, gibt es Alternativen. Ein toter Zahn ist energetisch und gesundheitlich jedoch die belastendste Variante.
Vielleicht kann ein junger Mensch das noch kompensieren, aber wenn später gesundheitliche Probleme auftreten, bringt kaum jemand die Ursache noch mit dem Zahn in Verbindung. Deshalb ist es wichtig, frühzeitig zu handeln und vorzusorgen. Hinzu kommt, dass eine Wurzelkanalbehandlung oft sehr teuer ist und meines Wissens von den gesetzlichen Krankenkassen nicht vollständig übernommen wird. Dieses Geld kann man sich also sparen und lieber gleich in eine langfristig bessere Versorgung investieren, zum Beispiel in ein Implantat. Es gibt also durchaus Möglichkeiten, im Vorfeld eine gute Basis für die Gesundheit zu schaffen.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 08.07.2025.