Die Akupunktur ist eine Behandlungsmethode der traditionellen chinesischen Medizin. Durch Nadelstiche an bestimmten Körperstellen wird eine therapeutische Wirkung erzielt. Grundlage einer erfolgreichen Akupunkturbehandlung ist eine gute Diagnose. Neben der Betrachtung der Zunge spielt auch die Pulsdiagnose in der Traditionellen Chinesischen Medizin für die Behandlung eine große Rolle. Sie gibt dem Therapeuten Hinweise darauf, wo im Körper ein Ungleichgewicht ist.
Auf den 12 Hauptmeridianen und den 2 außerordentlichen Meridianen RenMai und DuMai liegen die allermeisten Akupunkturpunkte. Insgesamt gibt es 365 klassische Akupunkturpunkte, wobei einige Punkte besonders häufig verwendet werden und als sehr einflussreich gelten. Interessanterweise bedeutet der Begriff Akupunkturpunkt im Chinesischen “Loch”. An diesen Stellen fließt das Qi (Energie) nahe unter der Körperoberfläche und ist dem therapeutischen Reiz zugänglich. Ebenso wird für Akupunktur der Begriff “Zhenjiu” verwendet, der übersetzt “Stechen und Brennen” bedeutet. Damit wird deutlich, dass die Wärmetherapie (Moxa) Teil der Akupunktur ist.
Akupunktur kann mit einer Moxa-Behandlung kombiniert werden. Mit Moxibustion werden Akupunkturpunkte oder eine Region des Körpers erwärmt. Es gibt viele Moxa-Behandlung. Allen gemein ist, dass zur Erwärmung der Punkte Beifuß verwendet wird. Beim direkten Moxa werden kleine Kugeln oder Fäden direkt auf der Haut angebracht und angezündet. Beim indirekten Moxa kommt es zu keiner Berührung zwischen der Haut und dem Beifuß. Moxa kann zum Beispiel auf einer Ingwerscheibe angezündet werden. Eine besondere Form von Moxa ist die Feuernadel. Dabei wird auf der Akupunkturnadel Beifuß aufgesetzt und angezündet. In China hat die Moxibustion als Therapieverfahren den gleich hohen Stellenwert wie die Akupunktur.
Das Ziel des Therapeuten ist es, ein Deqi-Gefühl beim Patienten auszulösen. Das Deqi-Gefühl ist eine Wahrnehmung, die während der Nadelung auftritt. Von Patienten wird es an der Akupunkturstelle als ziehendes, dumpfes oder kribbelndes Gefühl beschrieben. Manchmal spüren Patienten ein Ziehen im Verlauf der zugehörigen Leitbahn. Einige Autoren behaupten, dass beim Auftreten eines Deqi die Nadel im Gewebe besser haftet. Biomechanische Messungen konnten dieses Phänomen nachweisen.
Tritt das Deqi auf, gilt das als Zeichen dafür, dass man den Akupunkturpunkt getroffen hat. Einige Therapeuten sind der Ansicht, dass nur wenn ein Deqi auftritt, die Akupunktur erfolgreich sein kann. Für andere Therapeuten ist das nicht erforderlich. In der Praxis stellt man fest, dass das Deqi-Gefühl an einigen Punkte stärker ist als an anderen. Einige Akupunkturpunkte sind empfindlicher, bei anderen stellt es sich als sehr schwer dar, ein Deqi-Gefühl auszulösen. Ebenso kann das Deqi-Gefühl im Laufe der Akupunkturbehandlung abnehmen.
Damit eine odere mehrere Akupunkturbehandlungen zum Erfolg führen, muss der Therapeut eine ausführliche Diagnose vornehmen. In der chinesischen Medizin geht es darum zu erkennen, was die Wurzel (Ben) und was die Manifestation / Symptom (Biao) einer Erkrankung ist. Häufig muss die Wurzel behandelt werden, damit sich die Symptome verbessert. Die chinesische Pulsdiagnose und die Betrachtung der Zunge (Zungendiagnose) gehören zur einer ausführlichen Anamnese dazu. Nicht selten dauert die Erstanamnese (Befragung) des Patienten ein bis zwei Stunden. Nur so kann sich der Therapeut einen Gesamteindruck über den Patienten verschaffen. Nach der Diagnose wählt er die Punkte aus, die bearbeitet werden sollen. Die Akupunktursitzung selbst dauert ungefähr 20 Minuten. Bei akuten Beschwerden helfen oft wenige Akupunktursitzungen. Bei chronischen Beschwerden müssen über eine längere Zeit Akupunktursitzungen durchgeführt werden.
Die Akupunktur basiert auf der Lehre von Yin und Yang, den 5 Wandlungsphasen (5-Elementen-Lehre) und den Meridianen. Nach dem Verständnis der traditionellen chinesischen Medizin handelt es sich bei den Meridianen um Leitbahnen, in denen Qi (Energie) fließt.
Es gibt 12 Hauptmeridiane, 8 außerordentliche Gefäße, 12 Leitbahnsehnen, 15 Verbindungskanäle, 12 Sondermeridiane und Wasserbahnen. Für die Praxis relevant sind die 12 Hauptmeridiane und die 8 außerordentliche Gefäße, die auch als Wundermeridiane bezeichnet werden. Die klassischen Akupunkturpunkte befindet sich auf den 12 Haupmeridianen und auf 2 außerordentlichen Meridianen (RenMai und DuMai).
Den Hauptmeridianen werden bestimmte Organe und Funktionskreise zugeordnet. Sie haben einen äußeren und einen inneren Verlauf. Abhängig vom Verlauf kann man durch Akupunktur bestimmte Körperregionen beeinflussen. So hat zum Beispiel die Dickdarm-Leitbahn einen inneren Verlauf zum Zahnfleisch und kann bei Zahnschmerzen eingesetzt werden.
Organ | Element | Organzeit | Yin/Yang | Emotion |
---|---|---|---|---|
Lunge | Metall | 03-05 | Yin | Trauer |
Dickdarm | Metall | 05-07 | Yang | Trauer |
Magen | Erde | 07-09 | Yang | Sorge |
Milz | Erde | 09-11 | Yin | Sorge |
Herz | Feuer | 11-13 | Yin | Freude |
Dünndarm | Feuer | 13-15 | Yang | Freude |
Blase | Wasser | 15-17 | Yang | Angst |
Niere | Wasser | 17-19 | Yin | Angst |
Pericard | Feuer | 19-21 | Yin | Freude |
3Erwärmer | Feuer | 21-23 | Yang | Freude |
Gallenblase | Holz | 23-01 | Yang | Wut |
Leber | Holz | 01-03 | Yin | Wut |
Die 12 Hauptmeridiane sind nach den Organen benannt. Für Schulmediziner kann das verwirrend sein, weil die Organe in der Traditionellen Chinesischen Medizin nicht dem schulmedizinischen Wissen entspricht. Die Organe in der TCM sind als Funktionskreise zu verstehen. Sie übernehmen eine ganz andere Aufgabe als in der Schulmedizin. So ist zum Beispiel die Leber für die Speicherung des Blutes (xue), für die Befeuchtung der Augen und der Nägel und für eine regelrechte Menstruation zuständig. So verwirrend diese Beziehungen sind, sie müssen losgelöst von der schulmedizinischen Funktion der Organe betrachtet werden. Dieses Wissen beruht auf Beobachtungen und Erfahrung. So müssen die alten Chinesen zum Beispiel festgestellt haben, dass die Behandlung des Leber-Meridians eine positive Wirkung auf trockene Augen hat. So lassen sich die Funktionen der einzelnen Leitbahnen erklären.
Zusätzlich kennt die Traditionelle Chinesische Medizin ein Organ, das es in der Schulmedizin nicht gibt. Es handelt sich um den Dreifach-Erwärmer.
Allen Hauptmeridianen wird eine Fließrichtung zugeschrieben.
Es gibt sechs Yin-Meridiane und sechs Yang-Meridiane.
Das Konzept der antiken Punkte beruht auf der Annahme, dass Qi (Energie) in jedem Meridian am äußersten Punkt (Hand oder Fuß) wie eine Quelle entspringt. Jeder der 12 Hauptmeridiane hat fünf antike Punkte.
Verglichen wird das häufig mit einem Fluss, der aus einem Brunnen zu einer kleinen Quelle (quirlige Strömung) wird. Anschließend wandelt er sich in einem schnellen Bergstrom (Bach), um dann in einen etwas breiter und sanft fließenden Fluss überzugehen. Am Ende mündet der Fluss in das Meer. Diese Analogie zeigt stellt die Dynamik der Punkte dar.
Den antiken Punkten wird auch ein Elemente zugeordnet, also Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser. Durch diese Zuordnung lässt sich die Wirkung einzelner Punkte erklären. Bei den Yin-Meridianen beginnt der äußerste Punkte mit dem Element Holz, bei den Yang-Meridianen beginnt der äußerste Punkt mit dem Element Metall.
Antiker Punkt | Yang-Meridian | Yin-Meridian |
---|---|---|
Jing-Brunnen-Punkt | Metall | Holz |
Ying-Quellen-Punkt | Wasser | Feuer |
Shu-Bach-Punkt | Holz | Erde |
Jing-Fluss-Punkt | Feuer | Metall |
He-Meer-Punkt | Erde | Wasser |
Das Wissen um die antiken Punkte reicht aus, um sehr viele Erkrankungen zu behandeln.
Neben den antiken Punkten gibt es viele andere Akupunkturpunkte. Kommandopunkte sind wichtige Punkte, um bestimmte Körperregionen anzusprechen (z.B. Nacken oder Bauch). Mit den Hui-Punkte kann man bestimmte Strukturen im Körper beeinflussen (Sehnen, Knochen, Blut). Mit den Mu-Alarmpunkten und den Shu-Zustimmungspunkten kann ein betroffenes Organ direkt behandelt werden. Die Mu-Alarmpunkte liegen auf der Vorderseite des Körpers und werden eher für akute Erkrankungen eingesetzt. Die Shu-Zustimmungspunkte sind am Rücken und sind bei chronischen Erkrankungen hilfreich. Eine Kombination aus Mu-Alarmpunkten und Shu-Zustimmungspunkten wird häufig eingesetzt. Ebenfalls als sehr wirksam gelten die 12 Ma-Danyang-Punkte, die von Ma DanYang, einen berühmten Taoisten überliefert sind.
Wissenschaftlich nachgewiesen ist die Wirkung der Akupunktur bei Schmerzen. Gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Akupunktur bei chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule und bei Kniegelenksarthrose. Akupunktur wird aber auch bei vielen anderen Erkrankungen erfolgreich eingesetzt. Bei Kopfschmerzen und Migräne werden sehr gute Erfolge erzielt. In China wird Akupunktur sehr erfolgreich beim Schlaganfall eingesetzt. Die WHO hatte zwischenzeitlich eine Indikationsliste für Akupunktur veröffentlicht. Der Einsatz der Akupunktur wurde bei vielen weiteren Erkrankungen empfohlen, wie bei Asthma bronchiale, Gastritis oder Bindehautentzündung.
Die meisten Akupunkturbehandlungen werden heutzutage mit hauchdünnen Nadeln durchgeführt. Dabei werden Einwegnadeln eingesetzt, die steril verpackt sind. Sie bestehen normalerweise aus rostfreiem Stahl. Einige Nadeln sind mit Silikon beschichtet. Silikon-Nadeln sollen noch weniger Schmerzen verursachen. Früher verwendete man gerne Nadeln aus Gold oder Silber. Man sagte diesen Edelmetallen eine ganz besondere Wirkung nach.
Eine Alternative zu Einwegnadeln stellen die Dauernadeln dar. Sie sind kurz, hauchdünn und mit einem Pflaster versehen. Eine Dauernadel ist ein rundes Pflaster mit einer kleinen Nadel drin. Über diesen Weg kann man mehrere Tage lang einen oder mehrere Punkte stimulieren. Dauernadeln werden auch oft bei der Ohrakupunktur angewendet.
Akupunkturpunkte kann man aber auch mit anderen Mitteln stimulieren. Eine Alternative zur Akupunktur stellt die Akupressur dar. Bei der Akupressur werden Akupunkturpunkte massiert. Ebenso können kleine Samenkörner oder Metallkugeln an den Punkten befestigt werden, um diese zu stimulieren.
Bei der Laserakupunktur wird gebündeltes Licht auf die Akupunkturpunkte geleitet. Während der Behandlung ist es wichtig, die Augen zu schützen. Bei der Elektroakupunktur werden die Akupunkturpunkte über Nadeln oder direkt mit Strom gereizt.
Die Akupunktur gilt als risikoarmes Behandlungsverfahren. Wenn kleine Venen getroffen werden, dann kann es zu einem blauen Fleck im Bereich der Einstichstelle kommen. In seltenen Fällen kann auch ein peripherer Nerv mit der Nadel gereizt werden. Das merkt der Patient sofort, so dass der Therapeut die Nadel wieder zurückzieht. Bleibende Schäden sind davon nicht zu erwarten. Einige Menschen reagieren auf die Akupunktur mit Kreislaufbeschwerden. In vielen Fällen ist das verbunden mit der Angst vor Nadeln. Ein Kreislauf-Kollaps kann durch einfache Maßnahmen (Beine hochlagern oder trinken) oder auch durch die Stimulation bestimmter Akupunkturpunkte behandelt werden. Größere innere Verletzungen sind durch eine fachgerecht, ausgeübte Akupunktur nicht zu erwarten. Während der Schwangerschaft dürfen bestimmte Punkte nicht genadelt werden, weil diese Wehen auslösen können. In seltenen Fällen kann es durch die Anwendung von Moxa (Beifuß) zu allergischen Reaktionen kommen. Unbegründet ist die Angst, dass die Nadel im Körper abbricht. Akupunkturnadeln brechen selbst bei mehrmaliger starker Biegung nicht ab.
aktualisiert am 16.02.2022