Die ganzheitliche Behandlung von Nahrungsmittelunverträglichkeiten unterscheidet sich von der schulmedizinischen Herangehensweise durch eine ausführliche Anamnese, breit angelegte Diagnostik und eine langfristige, individuelle Therapie, die viel Geduld und Mitwirkung erfordert. Ein Beschwerdetagebuch kann für die Behandlung von Vorteil sein. Eine Eliminationsdiät ist der Goldstandard zur Identifikation von Unverträglichkeiten. Andere Diagnostikmethoden wie Atemtests, Blut- oder Stuhluntersuchungen ergänzen die Behandlung. Faktoren wie Stress oder emotionale Belastungen können die Symptome zusätzlich verstärken, weswegen man auch diesen auf den Grund gehen sollte.
Dr. Aschenbrenner: Prinzipiell unterscheidet sich die ganzheitliche Betrachtung von
Nahrungsmittelunverträglichkeiten von der herkömmlichen Herangehensweise in der "Schulmedizin" durch einen viel umfangreicheren Ansatz, also einer sehr ausführlichen und zeitaufwändigen Anamnese, einer breit angelegten Diagnostik sowie einer längerfristigen Behandlung, die sowohl vom Patienten als auch vom Arzt viel Geduld, Beobachtungsgabe und Mitwirkung erfordern.
Dr. Aschenbrenner: Wer sich selbst gut beobachten kann, hat meist schon einen Verdacht, welche Nahrungsmittel nicht gut vertragen werden. Immer, wenn etwas bestimmtes gegessen wird, treten plötzlich oder auch verzögert bestimmte Beschwerden auf. Die Symptome können ganz unterschiedlich aussehen, z.B. Kopfschmerzen, Blähungen, Durchfall, Verstopfung, Bauchschmerzen, Quaddeln, Rötungen, Hautausschläge, Herzklopfen und vieles mehr. Das sollte man ruhig in einem Tagebuch notieren.
Die einfachste, beste, aber für viele oft schwierigste Methode, um herauszufinden, welche Lebensmittel man nicht verträgt, ist es, verschiedene Nahrungsmittel über einen längeren Zeitraum hinweg ganz wegzulassen (und dabei auch zu schauen, ob sich eine Verbesserung der Symptome ergibt) und sie dann nach ein paar Wochen Schritt für Schritt wieder einzuführen. Sobald bei einem Lebensmittel bei der Wiedereinführung Beschwerden auftreten, kann man von einer derzeitigen Unverträglichkeit ausgehen. Das ist der sogenannte Goldstandard und dieser wird Eliminations-Diät genannt. Diese sollte aber immer von einem erfahrenen Therapeuten begleitet werden, denn es klingt einfacher, als es sich dann in der Praxis darstellt. Ob man so eine Diät überhaupt durchführen darf, sollte ebenfalls vorher durch einen Arzt festgestellt werden.
Es gibt jedoch auch noch viele andere diagnostische Möglichkeiten, die man einsetzen kann, um Nahrungsmittelunverträglichkeiten zu diagnostizieren. So gibt es etwa bestimmte Atemtests, mit denen eine Laktose- oder Fruktoseintoleranz gemessen werden kann. Es können zudem auch bestimmte Werte im Blut getestet werden. Damit kann man klassische Nahrungsmittelallergien (z.B. Erdnussallergie) oder auch Nahrungsmittelintoleranzen vom verzögerten Typ (z.B. Gluten-Sensitivität) diagnostizieren.
Dann gibt es noch die Histaminintoleranz oder das Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS), bei denen sehr viele und auch sehr unterschiedliche Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Reaktionen auftreten können. Histaminintoleranz und das Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS) kann man nach einer ausführlichen Anamnese und einer Laboranalyse des Bluts und des Urins diagnostizieren.
Die Zöliakie, also eine absolute Glutenunverträglichkeit, lässt sich über Blutuntersuchungen und/oder eine Magen- und Darmspiegelung feststellen. Stuhluntersuchungen können bei der Diagnostik von Nahrungsmittelintoleranzen zusätzlich hilfreich sein.
Die einfachste, beste, aber für viele oft schwierigste Methode, um herauszufinden, welche Lebensmittel man nicht verträgt, ist es, verschiedene Nahrungsmittel über einen längeren Zeitraum hinweg ganz wegzulassen...und sie dann nach ein paar Wochen Schritt für Schritt wieder einzuführen.
Dr. Aschenbrenner: Da die Ursachen von Nahrungsmittelunverträglichkeiten sehr unterschiedlich sein können, ist es wichtig, auch diese zu diagnostizieren, denn auch der Umgang damit und die Behandlung können dann ganz verschieden aussehen. Es ist wichtig zu verstehen, dass es zu entzündlichen Reaktionen im Darm kommen kann, wenn man dem Körper unverträgliche Nahrungsmittel dauerhaft zuführt. Als Folge entsteht der sogenannte Leaky Gut ("durchlässiger Darm"), der wiederum zur Entstehung von Autoimmunerkrankungen beitragen kann. Um also längerfristig die Entstehung von Krankheiten zu verhindern, sollte man etwaige Nahrungsmittelunverträglichkeiten diagnostizieren und unverträgliche Lebensmittel meiden.
Dr. Aschenbrenner: Das liegt meiner Erfahrung nach häufig daran, dass nicht breit genug geschaut wird und auch nicht individuell genug auf den Patienten eingegangen wird. Vor allem sind es erstmal zeitliche Limitationen. In einer typischen deutschen Arztpraxis dauern Patientenbehandlungen durchschnittlich wenige Minuten. Die meisten Nahrungsmittelintoleranzen kann man meiner ärztlichen Erfahrung nach bereits in einem ausführlichen Patientengespräch zumindest als Verdachtsdiagnose feststellen.
Dazu bedarf es aber viel Zeit und vieler Fragen an den Patienten, z.B. nach den Ernährungsgewohnheiten, den Beschwerden, dem Stuhlgang, wie sich alles über einen längeren Zeitraum entwickelt hat, welche Vorbefunde und -untersuchungen bereits vorliegen etc. Nach der eingehenden Erstanamnese folgt eine ausführlichen Diagnostik. Es gibt dafür, wie bereits erwähnt, sehr viele Möglichkeiten. Diese sind nicht allen Ärzten geläufig und erfordern spezifisches Fachwissen.
Leider kommt dann noch hinzu, dass vieles von den Krankenkassen nicht bezahlt wird. Nachvollziehbar ist das nicht, denn nicht diagnostizierte Nahrungsmittelintoleranzen führen langfristig zu Krankheiten und damit hohen Kosten für die Kassen. Sofern die weiterführende Diagnostik derzeit nicht verfügbar oder finanzierbar ist, empfehle ich, zumindest ein Ernährungs- bzw. Beschwerdetagebuch zu führen. Dies sollte idealerweise von einem Arzt oder einem qualifizierten Ernährungsberater begleitet werden.
In einer typischen deutschen Arztpraxis dauern Patientenbehandlungen durchschnittlich wenige Minuten.
Dr. Aschenbrenner: Am besten lassen sich die Unverträglichkeiten angehen, die man genau identifizieren und deren Nahrungsmittel man dann auch problemlos weglassen kann, ohne dass es anderweitige Auswirkungen gibt. Zudem lassen sich Nahrungsmittelunverträglichkeiten gut therapieren, die sekundär auftreten, also auf dem Boden einer anderen, primären Ursache. Wenn die primäre Ursache geheilt ist, verträgt man auch das Nahrungsmittel wieder gut.
Schwieriger wird es, wenn multiple Nahrungsmittelunverträglichkeiten vorliegen oder wenn es sich zum Beispiel um das komplexe Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS) oder um eine Histaminintoleranz handelt. Bei diesen Erkrankungen reagiert man meist auf sehr viele unterschiedliche Nahrungsmittel sowie andere Reize (wie Duftstoffe oder Kosmetika), sodass die Ernährung oft nur noch sehr eingeschränkt ist. Hier müssen dann auch Medikamente gegeben werden, damit eine ausreichende, gesunde Ernährung weiterhin gewährleistet ist.
Dr. Aschenbrenner: Die Tests, die in der ganzheitlichen Behandlung angewendet werden, sind wissenschaftlich fundierte und evaluierte Untersuchungen. Diese könnten also gleichermaßen auch in der Schulmedizin eingesetzt werden.
Dr. Aschenbrenner: Zunächst findet ein sehr ausführliches Erstgespräch mit einer Zeitdauer von ein bis zwei Stunden statt. In dieser Anamnese erfasse ich die Beschwerden, deren Entwicklung, vorliegende Krankheiten, die Familienanamnese, frühere Krankheiten, die Ernährung und Verdauung des Patienten, mögliche Stressfaktoren etc. Meine Patienten führen meist ein Ernährungs- und Beschwerdetagebuch. Dieses schauen wir uns im Verlauf zusammen genau an.
Oftmals leite ich nach dem Erstgespräch zusätzliche diagnostische Untersuchungen ein, z.B. von Stuhl, Urin oder Blut. Das hängt davon ab, welche Vorbefunde schon vorliegen und welche Diagnosen der Patient bereits mitbringt. Durch die vielen Jahre meiner ärztlichen Erfahrung auf dem Gebiet der Nahrungsmittelunverträglichkeiten kann ich meist schon relativ schnell erkennen, um welche Art der Intoleranz es sich handeln könnte - auch, ob zum Beispiel ein komplexeres Problem, wie ein Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS), dahinter steckt.
Die Behandlung unterscheidet sich je nach Ursache. Meist ist viel Geduld und auch Mut, Dinge auszuprobieren, notwendig. Wenn die Ursache diagnostiziert ist, geht es den Patienten oft auch schon nach kleineren Veränderungen viel besser!
Meine Patienten führen meist ein Ernährungs- und Beschwerdetagebuch. Dieses schauen wir uns im Verlauf zusammen genau an.
Dr. Aschenbrenner: Hilfreich ist es, wenn sich die Patienten sehr genau beobachten und genau notieren, was sie zu welcher Uhrzeit gegessen haben und welche Reaktionen/Beschwerden dann zu welcher Zeit genau bei ihnen aufgetreten sind, also z.B. Kopfschmerzen, Übelkeit, Luft im Bauch, Durchfall, Verstopfung oder Hautbeschwerden. Weiterhin ist es ganz wichtig, dass der Patient Geduld hat, um bestimmte Behandlungsansätze auszuprobieren, zum Beispiel eine Eliminationsdiät.
Dabei werden über einen Zeitraum von 2-3 Wochen eine Reihe von Lebensmitteln im Speiseplan weggelassen. Im Anschluss werden diese dann schrittweise über einen wochenlangen Prozess wieder eingeführt. So kann man erkennen, welche Nahrungsmittel Probleme bereiten. Bei bestimmten Erkrankungen, wie Histaminintoleranz, Zöliakie oder dem Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS) müssen die Patienten bestimmte Nahrungsmittel ganz weglassen, damit sich die Beschwerden verbessern können. Im Behandlungsverlauf sollten die Patienten immer wieder Rückmeldungen an den Arzt geben, was sich verbessert oder ob es Verschlechterungen gegeben hat.
Dann kann der Arzt schnell und gut darauf reagieren, ohne dass sich chronische Verschlechterungen ergeben, die dann vielleicht wieder langfristige Therapien erforderlich machen. Aus meiner Erfahrung heraus ist es entscheidend, dass der Arzt gemeinsam mit dem Patienten eine "rote Linie" bei der Behandlung verfolgt und sich nicht in verschiedenen Therapieansätzen gleichzeitig verliert. Probieren Sie die unterschiedlichen Therapieansätze lieber hintereinander aus. So kann man sehen, was wirklich wirkt und man läuft nicht Gefahr, bereits Erreichtes wieder von hinten einzureißen.
Dr. Aschenbrenner: Darmgesundheit und Mikrobiom spielen eine ganz entscheidende Rolle bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Alles, was wir von außen zuführen, wirkt auf unsere Darmbakterien (Mikrobiom) ein und umgekehrt beeinflusst unsere Darmgesundheit, wie wir Nahrungsmittel verdauen und vertragen können. Es ist also ein ganz entscheidendes Wechselspiel, das durchaus über Gesundheit und Krankheit entscheiden kann.
Dr. Aschenbrenner: Stress jeglicher Art, also auch emotionaler Stress, hat eine große Wirkung auf unserem Darm und auf unsere Verdauung. Deshalb können Nahrungsmittelintoleranzen in stressigen Lebensphasen leider stärker werden oder sogar erstmalig auftreten. Und manchmal ist im entspannten Urlaub alles besser! Reisestress wiederum kann Unverträglichkeiten stark verschlechtern, auch Ortsveränderungen und Jetlag können große Stressoren sein.
Deshalb können Nahrungsmittelintoleranzen in stressigen Lebensphasen leider stärker werden oder sogar erstmalig auftreten.
Dr. Aschenbrenner: Entgiftung und Detox-Kuren können den Zustand der Darmschleimhaut wesentlich verbessern, was dann wiederum zu einer verbesserten Verdauungsleistung und Verträglichkeit von Nahrungsmitteln führen kann.
Dr. Aschenbrenner: Die richtigen Nahrungsergänzungsmittel fördern ein vitales Mikrobiom und eine intakte Darmschleimhaut, welche wiederum die Verträglichkeit von
Nahrungsmitteln verbessert. Bei bestimmten Unverträglichkeiten, wie der Laktoseintoleranz, können sogar die Verdauungsenzyme selbst als Nahrungsergänzungsmittel zugeführt werden.
Dr. Aschenbrenner: Diese Zusammenarbeit kann sehr hilfereich und unterstützend sein, wenn die Behandlung untereinander abgesprochen und koordiniert wird.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 17.01.2025.