Obwohl der Oberschenkelknochen (Femur) normalerweise sehr stabil ist, kann es dort zu einem Bruch (Fraktur, Femurfraktur) kommen. In den meisten Fällen ist eine Operation zur Behandlung des Oberschenkelbruchs notwendig. Zu den Oberschenkelbrüchen gehört der Schenkelhalsbruch, der vor allem bei älteren Menschen nach Stürzen auftritt. Der Oberschenkel kann aber auch an anderen Stellen wie am Schaft brechen.
Unterschieden werden Brüche im Hüftkopf- und Schenkelhalsbereich, im Schaft sowie im unteren, kniegelenksnahen Bereich des Oberschenkelknochens. Oberschenkelbrüche entstehen durch große mechanische Belastungen. In vielen Fällen besteht eine starke Vorschädigung der Knochensubstanz, etwa durch Osteoporose. Der Knochen kann dann bei relativ geringer Gewalteinwirkung brechen.
Der Hüftkopf, der Anteil des Oberschenkelknochens am Hüftgelenk, kann vor allem bei Verrenkungen brechen.
Der Schenkelhals, der die Verbindung zwischen Hüftkopf und Oberschenkelschaft darstellt, bricht oft nach Stürzen auf die seitliche Hüfte oder auf das gestreckte Bein. Er betrifft insbesondere ältere Personen, deren Knochen bereits nicht mehr so stabil ist (durch Osteoporose).
Der Schaft des Oberschenkels ist oft bei schweren Unfällen mit Verletzungen vieler Strukturen (Polytrauma) gebrochen. Hier ist meist eine heftige Gewalt eingetreten.
Der Endbereich des Oberschenkelknochens kann bei Gewalteinwirkung insbesondere bei Autounfällen brechen, beispielsweise wenn die Kniegelenke gegen das Armaturenbrett prallen.
Bei einer Oberschenkelfraktur (Femurfraktur) bestehen Schmerzen und eine Bewegungsminderung. Das Bein ist nicht mehr stabil, der Patient kann meist nicht mehr normal gehen und stehen. Das Gewebe ist geschwollen, eventuell findet sich ein Bluterguss. Bei einem verschobenen (dislozierten) Bruch kann das Bein an der Stelle sichtbar verformt sein, oder das Bein ist merklich verkürzt. Insbesondere beim Schaftbruch können in schweren Fällen Knochenbruchenden durch die Haut treten. Beim Oberschenkelhalsbruch findet sich häufig eine Drehung der Beinachse nach außen.
In der Regel ist das Gewebe um den Knochen herum mitverletzt, wie Muskeln, Sehnen, Bänder, Blutgefäße oder eben die Haut. Ebenfalls kann eine Nervenverletzung bestehen, so dass es zu Lähmungen und Gefühlsstörungen kommen kann. Es kann auch zu Folgeschäden kommen, etwa zu Verschleißerscheinungen im Gelenk (Arthrose).
Es erfolgt die Befragung des Patienten (Anamnese), insbesondere zum Unfallhergang, sowie die körperliche Untersuchung mit gründlicher Begutachtung des betroffenen Beines. Der Bruch kann oft im Röntgen dargestellt werden. Manchmal sind weitere bildgebende Untersuchungen wie eine Computertomographie (CT) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT), notwendig.
Ein Hüftkopf- oder ein Schenkelhalsbruch kann mit einer Ausrenkung (Luxation) des Hüftgelenks verwechselt werden. Auch andere Verletzungen, etwa im Knie oder am Becken, müssen von der Oberschenkelfraktur unterschieden werden.
In manchen Fällen kann bei Oberschenkelfrakturen eine nicht operative Therapie ausreichend sein, etwa bei Kindern oder wenn Vorerkrankungen des Patienten vorliegen, unter denen eine Operation besonders riskant wäre. Der Oberschenkel wird für mehrere Wochen in einem Gips stabilisiert, oder es erfolgt eine so genannte Extensionsbehandlung. Dabei wird für einige Wochen mit einer speziellen Vorrichtung das Bein so gestreckt, dass die Knochenstücke in richtiger Lage zueinander einheilen.
In den meisten Fällen ist eine Operation notwendig, um die notwendige Stabilität im Oberschenkelknochen zu erreichen. Der Eingriff erfolgt in Vollnarkose oder in Regionalanästhesie (Betäubung eines größeren Körperbereiches). Bei körperfernen Brüchen des Oberschenkels wird manchmal am Bein eine stramme Manschette angelegt, um die Durchblutung vorübergehend zu stoppen (Blutsperre). Damit können Blutungen verringert und die Sicht auf den Operationsbereich gebessert werden.
Die Bruchstücke werden wieder in die richtige Lage befördert. Hierzu ist meist eine offene Operation notwendig. Manchmal genügt auch ein Einrichten ohne Freilegung unter Röntgenkontrolle. In aller Regel werden die Knochenbruchstücke mit Fremdmaterial in der richtigen Position aneinander befestigt. Verwendet werden können Schrauben und Platten. Häufig ist ein Marknagel notwendig, der über einen Zugang fern von der Bruchstelle in die Knochenmarkhöhle eingeführt wird und manchmal mit queren Bolzen noch stärker befestigt wird. Bei Brüchen in der Nähe des Hüftgelenks können verschiedene spezielle Elemente (Gamma-Nagel, dynamische Hüftschraube, Winkelplatte) eingebracht werden.
Bei einem schwerwiegenden Hüftkopfbruch oder bei Vorschädigung des Gelenks, wie durch Verschleiß (Arthrose), wird oftmals ein künstliches Hüftgelenk (Hüftprothese, Totalendoprothese, TEP) eingearbeitet.
In manchen Fällen muss bei Oberschenkelfrakturen ein so genannter Fixateur externe angelegt werden, eine Verbindungsstruktur für gebrochene Knochen, die sich außerhalb des Körpers befindet. Eine solche Konstruktion beinhaltet ein äußeres Metallgestell, das mit Schrauben am Knochen befestigt wird.
Häufig wird ein Drainageschlauch in das Operationsgebiet eingeführt, um Wundflüssigkeit abzufangen. Die Drainage kann nach wenigen Tagen wieder gezogen werden. Nach dem Eingriff wird der operierte Bereich mit einem Verband versorgt. Um zusätzliche Stabilität zu gewinnen, kann auch ein Gips oder eine Schienung verwendet werden.
Je nach den Voraussetzungen kann das Fremdmaterial, was zur Fixierung der Knochensplitter verwendet wurde, entweder im Körper belassen oder in einer weiteren Operation herausgeholt werden. Bisweilen kann auch eine Entfernung zu einem früheren Zeitpunkt notwendig sein, wenn sich durch das Material Beschwerden ergeben.
Wenn im Bruchbereich zu wenig Knochensubstanz vorhanden ist, muss eventuell Knochengewebe übertragen werden. Das Ursprungsmaterial für eine solche Knochenübertragung kann aus dem Beckenknochen genommen werden. Manchmal wird auch Fremdknochen oder Knochenersatzmaterial zur Überbrückung des Bruchs verwendet.
Falls eine starke Verunreinigung oder eine Entzündung besteht, können Antibiotikaträger, beispielsweise Ketten, in den Bereich eingelegt werden. Ebenso ist es manchmal sinnvoll, das Gewebe erst eröffnet zu lassen (offene Wundbehandlung) und zu einem späteren Zeitpunkt zu schließen.
Verletzungen des Knies müssen mit weiteren Methoden behandelt werden. Wenn eine sehr starke Schädigung des Kniegelenks besteht, muss es möglicherweise versteift werden (Arthrodese). Je nach den umgebenden Strukturen, die ebenfalls geschädigt sind, können weitere Maßnahmen notwendig werden. Bisweilen können auch umfangreiche Operationsverfahren aus der plastischen Chirurgie notwendig werden.
Nicht selten zeigen sich bestimmte Befunde erst im Laufe des Eingriffs, so dass dann Maßnahmen erforderlich werden, die nicht geplant waren. Dies kann auch beim Auftreten von Komplikationen der Fall sein.
Durch eine Operation können Strukturen in der Nähe verletzt werden. Es kann zu Blutungen, Nachblutungen und Blutergüssen kommen. Eine Nervenverletzung kann zu Sensibilitätsstörungen und Lähmungserscheinungen führen. Es kann zu Infektionen, Wundheilungsstörungen und überschießender Narbenbildung kommen. Weitere Knochenbrüche, etwa durch einen Marknagel, können nicht ausgeschlossen werden. Durch eine eventuelle Blutstauungsmanschette können Druckschäden, wie Lähmungen, verursacht werden. Fremdmaterialien können in seltenen Fällen so beansprucht werden, dass sie brechen.
Sowohl durch eine nicht operative Therapie als auch eine Operation beziehungsweise Nachbehandlung können verschiedene weitere Probleme verursacht werden. Durch den Druck im Verband können Schäden an Nerven und Gefäßen entstehen. Die Knochen können in einer falschen Position zueinander einheilen. Auch kann es zur Falschgelenkbildung kommen (Pseudarthrose), was die Stabilität stark einschränken kann. Manchmal kommt es zu Verschleiß, zur verminderten Beweglichkeit oder zur Steifigkeit von Gelenken. Bei Knochenbrüchen im Kindesalter kann es zu Wachstumsproblemen kommen. Besonders im Hüftkopfbereich kann es zu Durchblutungsproblemen mit Absterben von Gewebe kommen. Knochen und Muskeln können durch die Bewegungseinschränkung schwächer werden. Auch ist es nicht ausgeschlossen, dass es zum so genannten Sudeck-Syndrom kommt, bei dem der Knochen stark abgebaut wird und sich eine schmerzhafte Entzündung ergibt. Allergische Reaktionen jeglichen Schweregrades können auftreten.
Hinweis: Dieser Abschnitt kann nur einen kurzen Abriss über die gängigsten Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gespräch mit dem Arzt kann hierdurch nicht ersetzt werden.
Die Behandlung eines Oberschenkelbruchs kann sehr langwierig sein. In vielen Fällen heilen die Knochen nach einer Operation oder einer guten konservativen Behandlung dennoch problemlos zusammen. Die Beweglichkeit ist oft nicht oder nicht wesentlich eingeschränkt. Allerdings lässt sich ein gutes Behandlungsergebnis nicht garantieren, insbesondere bei schweren Verletzungen mit Beteiligung umliegender Strukturen oder bei einer bestehenden Knochenschwäche (z. B. Osteoporose). Ein weiterer operativer Eingriff kann gegebenenfalls notwendig werden.
In vielen Fällen müssen Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen, beispielsweise Marcumar® oder Aspirin®, vor einer Operation abgesetzt werden. Dies geschieht immer in Absprache mit dem Arzt.
Falls eine Operation unter ambulanten Bedingungen erfolgt, so sollte der Patient für 24 Stunden kein Auto mehr selbst fahren und keine Maschinen bedienen. Daher sollte er sich abholen lassen. Ebenfalls sollten bedeutsame Entscheidungen vertagt werden.
Ergeben sich stärkere Schmerzen, so können durch den Arzt Schmerzmedikamente gegeben werden. Das Bein muss einige Wochen lang besonders geschont werden. Eine Hochlagerung des Beines unterstützt den Heilungsverlauf. Nicht an der Fraktur beteiligte Gelenke sollen viel bewegt werden. Krankengymnastik ist sinnvoll. Gehhilfen sind oft angezeigt.
Sport und andere Aktivitäten mit Belastungseinwirkung auf das betroffene Bein sollten erst dann ausgeübt werden, wenn der Arzt keine besondere Gefährdung mehr darin sieht.
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sollten gewissenhaft eingehalten werden. Bei Besonderheiten, die auf Komplikationen hindeuten könnten, sollte der Arzt kontaktiert werden, um eine eventuell notwendige Behandlung durchzuführen.
aktualisiert am 16.11.2023