Das Sandmückenfieber, auch Pappataci- oder Phlebotomus-Fieber, ist eine virale Infektionskrankheit (Arbovirose), die in Europa besonders im Mittelmeerraum vorkommt. Eine Infektion führt zu grippeähnlichen Symptomen, verläuft aber in der Regel harmlos. Bei dem Pappataci-Fieber werden Viren durch Stiche der Sandmücken (Phlebotomus pappatasi und andere Arten) auf den Menschen übertragen.
Sandmücken, die die Viren übertragen können, kommen besonders im gesamten Mittelmeerraum, in Nordafrika und im mittleren Osten vor. Urlauber in diesen Regionen sind gefährdet, sich mit dem Sandmückenfieber zu infizieren. Die Infektion kann symptomlos verlaufen oder zu unspezifischen grippeähnlichen Beschwerden führen. Teilweise kommt es zu Hirnhaut- oder Gehirnentzündungen. Die Symptome klingen nach einigen Wochen ab, ohne bleibende Schäden zu hinterlassen. Einheimische entwickeln nach einer Infektion eine lebenslange Immunität, auch wenn diese symptomlos geblieben ist. Wer eine Reise in entsprechende Gebiete plant, informiert sich am besten vorab über die Gefährdung in der Region. Ein ausreichender Mückenschutz mit Moskitonetz und Insektenspray sind in den Verbreitungsgebieten wichtig.
Erreger des Sandmückenfiebers ist das Sandmückenfiebervirus aus der Gattung Phlebovirus der Familie Bunyaviridae (Ordnung: Bunyavirales). Namensgebend für die Bunyaviren ist der Ort Bunyamwera in Uganda. Hier wurden die ersten Vertreter der Ordnung Bunyavirales isoliert (dabei handelt es sich um behüllte RNA-Viren).
Das Sandmückenfiebervirus wiederum wird in vier Subtypen unterteilt:
Der häufigste Vertreter ist das Toskana-Virus. Nach ihrem Entdeckungsort werden hier drei Varianten (Serotypen) unterschieden: Sizilien, Toskana und Neapel. In Europa kommen die drei Seroypen in unterschiedlicher Verbreitung besonders im Mittelmeerraum vor.
Die Erreger können nicht nur den Pappataci-Virus übertragen. Sie sind auch Hauptüberträger für:
Das Phlebovirus kommt vor allem in Fledermäusen und Nagetieren vor, gelegentlich auch in Ziegen, Schafen oder Rindern. In Europa kommen die Vertreter der Phleboviren vor allem im Mittelmeerraum, Portugal, in den südlichen Alpen und im Balkan vor. Außerdem finden sie sich in Nordafrika, am roten Meer, Iran, Irak, Afghanistan, Pakistan, Nordindien, Bangladesch, Myanmar und Teilen des Himalaya. In Gebieten, in denen die Viren vermehrt vorkommen (endemisch sind), liegt die Durchseuchung der Bevölkerung teilweise bei 60 Prozent (zum Beispiel Kroatien, Zypern). Das bedeutet, die meisten Erwachsenen in den Gebieten sind durch (oft symptomlose) Infektionen mit dem Virus immun gegen die Erkrankung geworden.
Das Sandmückenfieber tritt besonders bei Menschen auf, die ihren Urlaub in den Regionen verbringen. Infektionen wurden Spanien, Italien, Portugal, Griechenland, Frankreich, den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens, Türkei, Ägypten, Israel, Jordanien, Marokko, Tunesien und Zypern beobachtet. Auch Touristenzentren, wie Mallorca, gelten als Endemiegebiet.
Darüber hinaus wurden einige Erkrankungsfälle aus dem Gebiet des Oberrheins in Baden Württemberg gemeldet, die sich vorberichtlich nicht im Ausland aufhielten.
Das Vorkommen dieser Infektion ist vor allem in Mittelitalien (Toskana und Marken) sehr gut untersucht. Man hat herausgefunden, dass der Serotyp Toscana (Toskanavirus) des Sandmückenfiebervirus in den Sommermonaten für ungefähr 80% der akuten viralen Infektionen mit Beteiligung des zentralen Nervensystems verantwortlich ist. Untersuchungen in Palma de Mallorca haben festgestellt, dass ungefähr 60% der Bewohner, Antikörper gegen das Virus vorweisen. In Barcelona ware es 28%, in Madrid 24%, in Santiago de Compostela 11%, in Jerez 31% und in Las Palmas de Canaria 20%.
Die Vermehrung und Aktivität der Sandmücken ist im Frühjahr und Sommer am höchsten. Damit steigt die Gefahr einer Infektion zu diesen Jahreszeiten. Im Herbst und Winter kommt es selten zu Infektionen.
Das Sandmückenfiebervirus wird durch verschiedene Sandmückenarten der Familie Psychodidae (Schmetterlingsmücke) übertragen. Die Mücke nimmt beim Stich von Fledermäusen, Nagetieren, Rindern, Schafen oder Ziegen durch das Blut die Sandmückenfieberviren in sich auf. In der Mücke vermehren sich die Viren und können bereits nach etwa fünf Tagen beim Saug-Stech-Vorgang auf Menschen übertragen werden.
Außerdem können die Eier und Larven der Stechmücke bereits mit den Viren infiziert sein (vertikale Infektion – Übertragung auf den Nachwuchs), welche damit den gleichen Infektionsweg nehmen können und über den Insektenstich auf den Menschen übertragen werden.
Die Zeit, bis nach dem Stich einer Sandmücke erste Krankheitssymptome auftreten (Inkubationszeit), ist mit zwei bis fünf Tagen relativ kurz.
In der Regel verläuft die Erkrankung symptomlos oder mild mit unspezifischen grippeähnlichen Symptomen. In der ersten Erkrankungsphase kommt es etwa zwei bis fünf Tage nach dem Stich zu
Nach etwa einer Woche verschwinden die Beschwerden. Nach vorübergehender Besserung kann sich nach ein bis zwei Wochen eine zweite Erkrankungsphase mit neurologischen Symptomen anschließen (Beteiligung des Nervensystems). Es kommt erneut zu
Die Entzündungen verlaufen meist ohne bleibende Schäden, aber Betroffene können noch wochenlang unter teilweise starken Kopfschmerzen leiden.
Die Viren leben besonders in Fledermäusen und Nagetieren (Wirtstiere). Die Sandmücke nimmt die Viren durch den Blutsaugvorgang von den Nagetieren in sich auf und kann sie anschließend nach einer Vermehrungsphase bei einem erneuten Stich auf den Menschen übertragen. Die direkte Übertragung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich, daher sind mit dem Virus infizierte Menschen nicht ansteckend und eine Dauer der Ansteckungsfähigkeit ist nicht gegeben.
Oft verläuft eine Infektion mit dem Phlebotomus-Virus ohne Symptome. In anderen Fällen kommt es nach etwa zwei bis fünf Tagen zu unspezifischen Symptomen:
Die Beschwerden verschwinden in der Regel etwa nach einer Woche von alleine. Manchmal schließt sich eine zweite Erkrankungsphase etwa eine Woche später an:
Die Hirnhautentzündung kann sich besonders bei einer Infektion mit dem Toskana-Virus entwickeln. Kopfschmerzen und Schwächegefühl können noch über Wochen bestehen, alle anderen Symptome verschwinden ohne bleibende Schäden.
Nach der Infektion, auch bei symptomlosen Verlauf, besteht eine lebenslange Immunität gegen eine erneute Infektion. Lebensbedrohliche Verläufe sind selten.
Infektionen mit anderen Sandmückenfieberviren (SFV-Serotypen) führen meist zu einer schwächeren Symptomatik.
Der Stich der Sandmücke wird mit den einige Tage später auftretenden Beschwerden oft nicht damit in Verbindung gebracht. Meist wird die Diagnose aufgrund der Krankengeschichte, der Symptome und dem Aufenthaltsort (Reiserückkehrer) gestellt. In der Blutuntersuchung können gezielt vom Körper produzierte Antikörper (IgM und IgG) gegen das Virus etwa fünf Tage nach der Infektion nachgewiesen werden. Die Untersuchung ist sinnvoll, besonders, um die Erkrankung von anderen Erkrankungen abzugrenzen (unspezifische Symptome).
Gegen die Bunyaviren gibt es keine spezifische antivirale Therapie und diese ist, da die Erkrankung in der Regel von alleine wieder abklingt, auch nicht notwendig. Die Behandlung richtet sich gegen die auftretenden Beschwerden. Bei hohem Fieber helfen fiebersenkende Medikamente (Antipyretika wie Paracetamol). Gegen Gelenk-, Muskel- und Kopfschmerzen helfen als Medikamente nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID) wie Ibuprofen.
Es gibt keine Impfung zur Vorbeugung des Sandmückenfiebers. In gefährdeten Gebieten werden Maßnahmen zu Bekämpfung der Sandmücken durchgeführt. Als vorbeugende Maßnahmen gilt für Menschen, die ihren Urlaub in entsprechenden Ländern verbringen, sich gegen Stiche zu schützen. Moskitonetze und Insektensprays (Repellentien) sollten die Reisenden mitnehmen. Da die Mücken nachtaktiv sind, sollten sie zu diesen Zeiten besonders vorsichtig sein.
aktualisiert am 29.05.2019