Die Mikronährstofftherapie zeigt, dass viele Erkrankungen und Befindlichkeitsstörungen nicht allein mit Medikamenten, sondern durch das Ausgleichen biochemischer Defizite behandelt werden können. Selbst bei gesunder Ernährung werden wichtige Nährstoffe wie Magnesium, Omega-3-Fettsäuren oder Aminosäuren oft nicht in ausreichender Menge aufgenommen, wie Studien belegen. Eine gezielte Analyse von Blutwerten ist daher entscheidend. Das Ziel besteht darin, die Ursachenstatt nur die Symptome zu behandeln, sodass der Stoffwechsel und die Körpersystemewieder ins Gleichgewicht kommen.
Prof. Wienecke: Das Thema Mikronährstoffe fasziniert mich seit Jahrzehnten. Ich beschäftige mich seit 30 Jahren mit Mikronährstoffen. Damals wusste kaum jemand, was das überhaupt ist. Heute träume ich sogar davon. Warum? Weil mich das Thema einfach nicht mehr losgelassen hat. Ich war früher ein sehr ambitionierter Sportler, wollte Fußballprofi werden und hatte Talent. Doch mit 18 oder 19 Jahren musste ich mich insgesamt 13-mal operieren lassen – wegen Kreuzbandrissen und anderer Verletzungen, die alle ohne Fremdeinwirkung entstanden waren. Da wusste ich: Hier stimmt etwas nicht.
Damals, vor 40 Jahren, hat sich mit diesem Thema praktisch niemand beschäftigt. Und ich muss zugeben, ich war ein echter "Zuckersuchti". Jeden Tag habe ich eine große Marabou-Schokolade gegessen. Sie hat köstlich geschmeckt, meinem Körper aber nicht gut getan. Zucker übersäuert das Gewebe und übersäuertes Gewebe ist sehr verletzungsanfällig. Das war mit hoher Wahrscheinlichkeit der Grund für meine vielen Verletzungen. Von dieser Zuckersucht loszukommen, war nicht leicht. Entscheidend war meine eigene Betroffenheit. Ich wollte jeden Morgen um 6 Uhr schmerzfrei Sport treiben. Also begann ich, mich wissenschaftlich intensiv mit Mikronährstoffen zu beschäftigen.
Ich hatte das große Glück, gemeinsam mit anderen das Institut "Saluto" zu gründen, das aus einem Arbeitsbereich der Universität Bielefeld hervorging. Dort konnten wir umfassend forschen – das war der Anfang. Vor etwa sieben Jahren sagte ich mir: Wir haben jetzt genug Grundlagen im Spitzensport erforscht, über 16.000 Leistungssportler wurden analysiert. Jetzt müssen wir diese Erkenntnisse auch auf den Otto Normalverbraucher übertragen, beispielsweise auf Frauen in den Wechseljahren, auf Kinder mit ADHS oder auf Menschen mit Befindlichkeitsstörungen.
Über meine Stiftung für Mikronährstoffe und Lebensqualität konnte ich schließlich eine Stiftungsprofessur an der Fachhochschule Bielefeld ins Leben rufen. Im Rahmen des Studiengangs "Mikronährstofftherapie und Regulationsmedizin" habe ich inzwischen 143 Ärzte und Therapeuten weitergebildet. Unter ihnen waren Mannschaftsärzte renommierter Bundesligavereine, Orthopäden, Internisten, Kardiologen und viele andere. Ihnen allen war gemeinsam, dass sie in ihrer klassischen medizinischen Ausbildung nie etwas von evidenzbasierter Mikronährstofftherapie gehört hatten.
In der klassischen Medizin wird häufig immer symptomorientiert gearbeitet: Es gibt ein Symptom, man verschreibt ein Medikament – und das war’s. Ich aber sage: Wir müssen die Ursache behandeln. Warum sind zum Beispiel heute so viele Kinder hyperaktiv? Wir haben eine Studie mit Kindern durchgeführt, die an ADHS litten. Dabei konnten wir nachweisen, dass 160 von ihnen nach etwa zwei Monaten keine Medikamente mehr benötigten, da ihre Hyperaktivität verschwunden war. Die Ursache war eine Funktionsstörung der Schilddrüse. Das ist die Quintessenz unserer Forschung.
Wenn biochemische Störungen rechtzeitig erkannt werden und dem Körper das gegeben wird, was ihm fehlt, kann er sich selbst regulieren. Dadurch harmonisieren sich Stoffwechsel und Körpersysteme wieder.
Dieses Prinzip haben wir bei vielen Patientengruppen erfolgreich angewendet, darunter Menschen mit rheumatischen Erkrankungen oder Fibromyalgie, Spitzensportler und Menschen im Burnout. Wir begleiten diese Prozesse individuell wie eine Maßanfertigung. Der große Vorteil ist, dass wir heute wissenschaftlich und evidenzbasiert nachweisen können, dass es funktioniert – es ist nicht nur eine theoretische Annahme.
Das Thema Mikronährstoffe ist für viele Mediziner und Wissenschaftler noch immer ein fremdes Gebiet – nicht aus bösem Willen, sondern weil es sich um einen Spezialbereich handelt. Ich selbst habe 30 Jahre gebraucht, um die Zusammenhänge zu verstehen. Dieses Wissen möchte ich an die nächste Generation weitergeben: an junge Ärzte, Sportwissenschaftler und Ernährungsfachleute. Nur so können wir gemeinsam neue Wege in der Medizin beschreiten. In einem meiner Bücher bezeichne ich die Mikronährstofftherapie als "Meilenstein der Gesundheitsmedizin". Denn es gibt zwei Aspekte:
Einerseits die medizinische Notwendigkeit bei Erkrankungen und andererseits die Synergie, die entsteht, wenn dem Körper die Nährstoffe gegeben werden, die er benötigt, um sich teilweise selbst zu heilen. Aufgrund dieser Erkenntnis betreuen wir heute als Energieexperten die Astronauten für die Weltraumforschung 2026 – mit der Deutschen Mundgesundheitsstiftung. Über viele Jahre hinweg haben wir außerdem Spitzensportler begleitet, darunter die US-Nationalmannschaft unter Jürgen Klinsmann oder auch RB Leipzig. Gemeinsam mit Dr. Kurt Mosetter haben wir das gesamte Energiesystem aufgebaut. Wir konnten zeigen, dass dieses System zuverlässig funktioniert.
Viele glauben, eine ausgewogene Ernährung sei ausreichend. Das werden wir noch genauer besprechen. Fakt ist: In einer älter werdenden Gesellschaft besteht ein enormer Bedarf an diesem Wissen. Ich selbst habe bereits 57 Sendungen im Schweizer Gesundheitsfernsehen zu verschiedenen Themen gemacht, die insgesamt von rund 10 Millionen Menschen gesehen wurden. Das zeigt das große Interesse in der Bevölkerung. Es motiviert mich, denn heute haben wir nicht nur Erfahrungen, sondern auch eine wissenschaftliche Grundlage. Dabei geht es nicht darum, Pillen zu schlucken und weiter ungesund zu essen. Es geht auch nicht einfach darum, Multivitaminpräparate zu nehmen. Das Thema ist komplexer!
Prof. Wienecke: Wir behaupten nach wie vor, dass eine normale, ausgewogene Ernährung ausreicht, um den Energiebedarf für den Alltag zu decken. Ich gebe dazu ein einfaches Beispiel: Vor etwa 13–14 Jahren haben wir gemeinsam mit dem Herz- und Diabeteszentrum Bad Oeynhausen eine klinische Studie durchgeführt. Wir suchten Frauen, die sich gesund ernähren und dreimal pro Woche Ausdauertraining absolvieren. Das Ziel der Studie war es, nachzuweisen, dass diese Frauen trotz gesunder Ernährung ihren normalen Magnesiumbedarf nicht vollständig decken können.
Damals hieß es oft: "Das ist Quatsch, das geht gar nicht." Aber wir haben es überprüft. Wir führten Laktattests durch, maßen die Pulsfrequenz und begleiteten das Training unter Aufsicht. Das Ergebnis: Selbst gesundheitsbewusste Frauen, die sich ausgewogen ernähren, konnten ihren Magnesiumbedarf nicht vollständig decken. Das war für uns der Beginn eines wichtigen Umdenkens. Der entscheidende Punkt ist, dass wir zwar sagen, eine normale Ernährung reiche aus, aber realistisch betrachtet ist das oft nicht der Fall.
Selbst gesundheitsbewusste Frauen, die sich ausgewogen ernähren, konnten ihren Magnesiumbedarf nicht vollständig decken.
Es gibt dazu auch interessante Daten: In einer großen Untersuchung (der Global Burden of Disease Studie) mit über 30.000 bis 40.000 Menschen in Europa wurde analysiert, wie sich die Menschen ernähren. Das Ergebnis: Nur 20–30% erreichen überhaupt die von den Ernährungsgesellschaften empfohlenen Werte – und diese Empfehlungen sind nicht einmal so hoch, wie ich sie mir persönlich wünschen würde. Wir haben zudem verschiedene Blutparameter gemessen, um die Darmaktivität zu beurteilen. Dabei wurde unter anderem das Intestinal Fatty Acid Binding Protein (I-FABP) bestimmt. Ist dieser Wert erhöht, deutet dies auf eine Leaky-Gut-Problematik hin und das geht immer mit einer Darmschädigung einher.
Man kann dem Körper von außen geben, was man will – wenn die Grundlagen nicht stimmen, kann er die Nährstoffe gar nicht richtig aufnehmen. Entscheidend ist zunächst eine gesunde, gut funktionierende Darmflora, wie auch Studien zeigen. Dafür ist es wichtig, sich nicht zu kohlenhydratlastig zu ernähren, regelmäßig Obst und Gemüse zu essen und Süßigkeiten zu reduzieren. Dabei spielt auch die Auswahl des richtigen Obstes eine Rolle. Warum? Oft ist der HbA1c-Wert (der Langzeitzuckerwert) schon leicht erhöht. Die Schulmedizin spricht ab 5,7–6,0% von Prädiabetes. Unsere Erkenntnisse zeigen jedoch, dass bereits ab 5,3% eine Insulinresistenz beginnt. Das ist die Vorstufe von Diabetes. Wer hier rechtzeitig eingreift – und zwar ohne Medikamente – kann viele Stoffwechselschäden verhindern.
Bei hyperaktiven Kindern sehen wir teilweise HbA1c-Werte von 5,5 bis 5,7%. Damit stehen sie kurz vor einem Diabetes. Wenn diese Kinder zusätzlich Fruchtsäfte trinken oder sehr zuckerhaltiges Obst essen, kann das ihre Hyperaktivität weiter verstärken. Oft hört man, dass in unseren Lebensmitteln alles drin sei, was wir brauchen. Das stimmt jedoch nicht. Durch Treibhauseffekte, lange Lagerung und andere Faktoren verlieren viele Lebensmittel 30–40% ihrer Nährstoffe.
Ein weiterer entscheidender Punkt ist das Alter: Mit zunehmendem Alter treten gesundheitliche Probleme wie Bluthochdruck oder erhöhte Cholesterinwerte häufiger auf. In Deutschland nimmt etwa jeder zweite bis dritte Mensch über 50 Jahren täglich vier bis fünf Medikamente ein. Diese können die Aufnahme wichtiger Mikronährstoffe deutlich verringern, wie wir in zahlreichen Projekten nachweisen konnten. Das bedeutet: Wenn ein Mensch älter wird und bereits Medikamente einnimmt, sinkt die Nährstoffversorgung oft noch weiter.
In Deutschland liegt die sogenannte Gesundheitsspanne (die Zeitspanne, in der man gesund lebt) bei nur 53,7 Jahren, in Japan hingegen bei 75 Jahren. Der Unterschied liegt nicht darin, dass die Japaner mehr Fisch essen. Der Hauptgrund ist, dass bei uns ab etwa 50 Jahren oft eine Phase mit vielen Befindlichkeitsstörungen und Erkrankungen beginnt, die mit Medikamenten behandelt werden. Diese Nebenwirkungen sowie der Mikronährstoffmangel verkürzen die gesunde Lebenszeit deutlich. Gerade Menschen im Berufsleben, die ständigem Stress ausgesetzt sind, schaffen es in der Regel kaum, ihren Bedarf an allen wichtigen Nährstoffen allein über die Ernährung zu decken.
Das war auch der Grund, warum ich den Studiengang "Mikronährstofftherapie und Regulationsmedizin" ins Leben gerufen habe. Ich möchte Ärzte so fortbilden, dass sie lernen, rechtzeitig im Regulationssystem des Körpers anzusetzen. Vielleicht wird es in fünf, sechs oder sieben Jahren ganz selbstverständlich sein. Du gehst zu deinem Arzt, er misst, was deinem Körper fehlt, und gleicht diese Defizite aus. Der Körper reguliert sich dann oft von selbst.
Doch hier ist der entscheidende Punkt – und auch der Grund, warum es uns oft schwer fällt, unsere eigenen Reserven richtig zu nutzen: Jeder Mensch hat einen natürlichen Schutzmechanismus, das sogenannte Kompartimentsystem. Dazu gehören unter anderem das Bindegewebe, Organstrukturen und Knorpelstrukturen. Diese können zwar auf natürlichem Wege Energie aufbauen, aber das geschieht letztlich auf Kosten unserer Strukturproteine, also unserer Substanz. Die Folgen können sehr unterschiedlich sein. So kann es beispielsweise zu plötzlich auftretendem Haarausfall kommen, ohne dass die Betroffenen den Grund dafür kennen. Oft fehlen hier einfach essenzielle Mikronährstoffe, die beispielsweise die Durchlässigkeit der Zellmembran beeinflussen.
Werden diese Nährstoffe rechtzeitig zugeführt, entstehen viele Probleme gar nicht erst. Mein Kritikpunkt – und das schon seit über 20 Jahren – ist, dass die üblichen hausärztlichen Blutanalysen oft nicht aussagekräftig genug sind. Meist wird nur auf Serumebene gemessen, also an der "Oberfläche". Sinnvoller wäre es, in der Zelle zu messen. Diese Analysen sind zwar teurer, liefern aber deutlich zuverlässigere Ergebnisse. Der Körper hält den Serumwert nämlich oft konstant, indem er Nährstoffe aus den Zellen zieht – selbst wenn dadurch andere Strukturen angegriffen werden. So bleiben Mängel bei Routinechecks oft unentdeckt.
Werden diese Nährstoffe rechtzeitig zugeführt, entstehen viele Probleme gar nicht erst.
Bei schweren chronischen Erkrankungen, die wir bis zum Lebensende begleitet haben, haben wir immer wieder Folgendes festgestellt: Defizite an Magnesium, Zink, Selen und anderen Mikronährstoffen waren im Serum nicht sichtbar, weil der Organismus sozusagen "schönrechnet". Und das ist der Grund, warum so viele Menschen gar nicht wissen, was ihnen eigentlich fehlt. Ein Beispiel: Wenn du im Flow bist, mit Stress gut umgehen kannst und gelassen reagierst, dann hat das viel mit dem Botenstoff Dopamin zu tun. Für dessen Bildung sind die beiden Aminosäuren Phenylalanin und Tyrosin entscheidend. Fehlen diese, ist die Produktion von Neurotransmittern blockiert. Die Folge kann ein schnelleres Rutschen in ein Burnout oder ein Erschöpfungssyndrom sein. Chronische Fatigue-Syndrome sind ein typisches Beispiel dafür.
Bei rund 1.200 rheumatischen Patienten konnten wir Folgendes feststellen: Sie haben kaum noch Dopamin, sind ständig gestresst, haben dauerhaft Schmerzen und stecken in einem Teufelskreis fest, aus dem sie allein kaum herauskommen. Aber es ist möglich, da wieder rauszukommen – wenn man die Betroffenen gezielt begleitet. Die Behandlung erfolgt nicht nur oral, sondern teilweise auch intravenös. Ich habe dazu eine Fernsehsendung produziert, nachdem im Spiegel ein großer Artikel unter dem Titel "Der Pillenschwindel" erschienen war. Denn tatsächlich ist es so: Verbraucher greifen, um gesund zu werden oder zu bleiben, zu allem Möglichen – wahllos und kreuz und quer. Wir haben analysiert, was Menschen dabei alles einnehmen - oft ohne System und damit völlig falsch zusammengestellt.
Ein Beispiel: Wir haben im Vorfeld schon über die Schilddrüse gesprochen. Von den 60.000 von uns untersuchten Menschen lagen nur 20% im optimalen Zielbereich für den TSH-Basalwert, der zwischen 1,6 und 2,2 liegen sollte. Studien zeigen: In diesem Bereich ist das vegetative Nervensystem im Gleichgewicht. Geht der Wert aus diesem Bereich heraus, ist man nicht unbedingt krank im schulmedizinischen Sinne, leidet aber oft an einer vegetativen Dysregulation. Wir konnten zeigen, dass sich die Schilddrüse durch gezielte Mikronährstoffgabe so regulieren lässt, dass der TSH-Wert genau in den Zielbereich fällt. Über 90% der Kinder mit ADHS – und auch viele Erwachsene – liegen entweder unter 1,3 oder über 2,5, was schulmedizinisch noch als "normal" gilt. Tatsächlich sind diese Menschen aber vegetativ aus der Balance und geraten schnell in Stresszustände.
Ein TSH-Wert unter 1,3 bedeutet in der Regel eine starke Sympathikotonie: Man ist den ganzen Tag über angespannt. Irgendwann muss man aber auch entspannen können – und das gelingt mit solchen Werten nicht. Deshalb ist es wichtig, den Wert zu normalisieren. Das ist unter anderem mit Selen, Zink sowie den Aminosäuren Phenylalanin und Tyrosin möglich, die eine zentrale Rolle bei der Regulierung der Schilddrüsenhormone spielen. Viele wissen es nicht, weil es ihnen niemand beigebracht hat. Wir konnten mittlerweile Arbeiten verfassen, die wissenschaftlich belegen, wie es funktioniert. Wenn du diese Methode anwendest, kannst du Dopamin aufbauen, wirst weniger gestresst sein und dich insgesamt deutlich besser fühlen. Du gerätst nicht so schnell in ein Erschöpfungssyndrom. Einer der wichtigsten Mechanismen dabei ist, die vegetative Balance zu erreichen.
Eine Mikronährstofftherapie sollte immer auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren und nicht dem Motto "Ich nehme einfach mal irgendwas" folgen. Ich war einmal auf einem Rheumatologenkongress. Dort habe ich Folgendes gesagt: "Sie wissen, dass ich Sportwissenschaftler bin. Haben Sie eigentlich schon einmal die Schilddrüsenwerte Ihrer Patienten gemessen?" Die Antwort war: "Nein, warum sollten wir das tun?" Daraufhin habe ich ihnen erklärt, warum das wichtig ist. Ein TSH-Wert kleiner als 1,3 oder größer als 2,5 führt zu einer massiven Schmerzzunahme, da die Zellen aktiviert werden. Das Schmerzempfinden steigt deutlich. Wenn es gelingt, den Wert auf natürlichem Weg zu normalisieren, hat der Patient deutlich weniger Schmerzen, und das durch einen sehr einfachen Mechanismus. All diese Erkenntnisse vermitteln wir inzwischen in Fortbildungen und dem besagten Studiengang. Dieser Ansatz hat sich international bereits bewährt.
Ein weiteres Beispiel ist der folgende Fall: Ein Zahnarzt kam zu mir, weil die Implantate seiner Patienten nicht einwachsen wollten. Ich sagte ihm, das sei ein Mangel an Kollagenpeptiden, also speziellen Aminosäuren. Wir haben diese zugeführt und dazu zwei Masterarbeiten schreiben lassen: eine von einem Zahnarzt, der bei mir studiert hat, und eine von einer Allgemeinmedizinerin. Frau Professor Brigitte König hat zusätzlich die Parameter der Mitochondrien (Kraftwerke der Zellen) untersucht. Dafür gibt es eine eigene Medizin und eigene Blutparameter. Wir haben alles messen lassen. Das Ergebnis: Nach 12 Wochen wuchsen die Implantate deutlich besser ein. Es gab noch weitere interessante Effekte, die wir dabei feststellen konnten. Man konnte sehen, dass die Mitochondrien deutlich mehr Energie produzieren konnten.
Wie eingangs einmal angesprochen, betreuen wir beispielsweise Astronauten für ihren Einsatz im Weltraum im Jahr 2026 – in Kooperation mit der Deutschen Mundgesundheitsstiftung. Dabei zeigt sich, dass Mikronährstoffe eine enorme Bedeutung haben. Allerdings betone ich noch einmal: Sie müssen gezielt und nicht willkürlich eingesetzt werden. Andernfalls können sie sogar ins Gegenteil umschlagen.
Prof. Wienecke: Omega-3 ist einer der wichtigsten Faktoren in der Mikronährstofftherapie und kann in Form von Algen- oder Fischöl zugeführt werden. In einer Studie haben wir zwei Gruppen von Menschen betreut: Eine erhielt Omega-3-Fettsäuren, die andere Gruppe nicht. Das Ergebnis war eindeutig: Personen mit einem ausreichend hohen Omega-3-Index schnitten deutlich besser ab. Der HS-Omega-3-Index wird übrigens von Prof. Clemens von Schacky erforscht und er ist sogar in mein Ausbildungsprogramm für Ärztinnen und Ärzte eingebunden.
Liegt der HS-Omega-3-Index bei 8 bis 11%, ist eine solide Grundversorgung gewährleistet. Fehlt diese, können andere Mikronährstoffe nicht richtig aufgenommen werden. Omega-3-Fettsäuren sind somit die Basis jeder Mikronährstofftherapie. Ohne Omega-3-Fettsäuren ist die Zellmembran nicht durchlässig, d. h. sie ist nicht permeabel. Kurz gesagt: Ohne Omega-3-Fettsäuren läuft nichts. Darüber hinaus baut Omega-3 auf natürliche Weise Entzündungen ab. Das ist insbesondere für Patienten mit rheumatischen Erkrankungen, Fibromyalgie oder nach Operationen von Vorteil, da bei ihnen starke Entzündungsreaktionen auftreten können. Zahlreiche evidenzbasierte Studien belegen den positiven Effekt von Omega-3-Fettsäuren auf Entzündungsprozesse. Das ist also der erste, zentrale Punkt: Omega-3-Fettsäuren sind unverzichtbar.
Liegt der HS-Omega-3-Index bei 8 bis 11%, ist eine solide Grundversorgung gewährleistet.
Der zweite Punkt wird oft unterschätzt – und meiner Meinung nach von den Ernährungsgesellschaften immer noch falsch eingeschätzt: der Bedarf an Proteinen bzw. Aminosäuren. In der Regel sollte man 1,3 bis 1,5 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht zuführen. Mit zunehmendem Alter kann der Bedarf sogar eher bei 2 Gramm liegen. Heute wissen wir: Wenn Menschen älter werden und bereits verschiedene Vorerkrankungen haben, steigt der Bedarf an körpereigenen Eiweißstrukturen deutlich an. Dieser Bedarf lässt sich nicht einfach über Fleisch, Erbsenprotein oder andere Eiweißquellen aus der Ernährung decken. Der Körper benötigt diese Eiweißbausteine gezielt, um beispielsweise Heilungsprozesse aufzubauen und zu unterstützen.
Ein wichtiger Punkt dabei ist, dass viele Produkte L-Tryptophan enthalten. L-Tryptophan ist für den Körper grundsätzlich sehr wertvoll, da daraus die Hormone Serotonin und Melatonin gebildet werden, die wichtig für das Wohlbefinden und einen guten Schlaf sind. Wenn jedoch entzündliche Prozesse im Körper bestehen, kann L-Tryptophan diese Entzündungen fördern und verschlimmern. Ich habe dazu sogar eine eigene Fernsehsendung gemacht und Biochemiker eingeladen, die das Thema noch detaillierter erklärt haben. Sie bestätigten, dass es gefährlich sein kann, willkürlich Nahrungsergänzungen einzunehmen, ohne den Zustand des Körpers zu kennen.
Ein Beispiel: Wer eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) hat oder unter Hashimoto bzw. einer anderen Autoimmunerkrankung der Schilddrüse leidet, für den können hohe Jod-Dosen kontraproduktiv sein. In solchen Fällen verschlimmert Jod die Situation eher, als dass es hilft. Deshalb ist es so wertvoll, vor der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln die eigenen Blutwerte zu kennen und diese gezielt testen zu lassen.
Prof. Wienecke: Hier wären einmal die Jugendlichen zu nennen. Sie sind körperlich meist sehr aktiv, haben aber häufig kein optimal ausgewogenes Ernährungsverhalten. Oft sind sie beispielsweise unterversorgt mit Magnesium oder Zink. Trotzdem treiben sie gerne Sport, wobei manchmal Krämpfe oder andere kleine Beschwerden auftreten. Gerade bei Jugendlichen besteht ein besonderes Risiko, da ihre Epiphysenfugen noch nicht geschlossen sind. Das bedeutet, dass sie insgesamt eine deutlich höhere Verletzungsquote haben. Zurzeit betreuen wir eines der größten Tennistalente Europas. Manche sprechen schon von einer "neuen Steffi Graf", doch mit solchen Begriffen bin ich sehr vorsichtig. Dieses Mädchen ist erst elf Jahre alt und trainiert bereits 22 Stunden pro Woche. Ein Privatleben bleibt da fast gar keines übrig.
Trotz des vielen Trainings zeigen die Blutwerte massive Mängel: zu wenig Eisen, zu wenig Aminosäuren. Damit ist das Risiko für Verletzungen langfristig extrem hoch. Unsere Aufgabe ist es deshalb, den Körper gezielt mit dem zu versorgen, was fehlt, damit dieses junge Talent sein Potenzial ausschöpfen kann. Gleichzeitig müssen wir darauf achten, dass sie nicht mental ausbrennt. Denn selbst wenn sie sich nicht verletzt, kann ein Burn-out drohen. Derzeit berichten viele Tennisspieler, dass es "gar nicht mehr geht" – oft aufgrund von Stress oder chronischen Entzündungen im Körper.
Ein Beispiel: Übergewichtige Menschen haben meist sehr wenig Tryptophan. Diese Aminosäure wird durch Entzündungsreaktionen im Körper verstärkt abgebaut. Fehlt Tryptophan, kann auch nicht genügend Serotonin gebildet werden. Die Folge sind schlechte Stimmung, depressive Tendenzen und fehlendes Wohlbefinden. Zum Glück lässt sich das gut ausgleichen.
Bei älteren Menschen zeigt sich ein anderes Bild: Mit zunehmendem Alter nimmt die Funktionsfähigkeit des Magen-Darm-Trakts ab. Unsere Messungen, insbesondere mit der I-FABP Methode, haben Folgendes gezeigt: Jeder zweite Patient hat bereits eine leichte Darmschädigung (Leaky Gut). Wenn der Körper bestimmte Nährstoffe dadurch nicht aufnehmen kann, ist es zwecklos, sie ihm zusätzlich zuzuführen. Das wäre, als würde man sie direkt in die Toilette werfen...Entscheidend ist deshalb zunächst eine gesunde Darmflora!
Viele Menschen sagen: "Aber ich esse doch den ganzen Tag Obst." Natürlich ist Obst gesund, allerdings nur bis zu einem gewissen Grad und vor allem in der richtigen Auswahl. Empfehlenswert sind mehr Beeren und weniger Äpfel, Birnen, Ananas oder Mangos. Der Grund: Diese enthalten viel Fruktose. Wer täglich große Mengen davon isst, hat oft hohe Blutzuckerwerte, ohne es zu merken. Ein weiteres Beispiel: Viele denken, Gicht komme vom Fleisch. Tatsächlich ist aber Obst einer der größten Treiber für erhöhte Harnsäurewerte. Menschen mit gichtartigen Beschwerden wundern sich dann, weil sie "doch so gesund" leben und viel Obst essen. Solche Missverständnisse zeigen, wie wichtig Aufklärung ist.
Besonders ab einem Alter von 30 oder 40 Jahren verändert sich die Situation. Viele Menschen beginnen, regelmäßig Medikamente einzunehmen, beispielsweise Cholesterinsenker oder Mittel gegen das metabolische Syndrom. Diese Medikamente haben Nebenwirkungen, die den Bedarf an Mikronährstoffen deutlich erhöhen. Ältere Menschen benötigen deshalb ganz andere Mengen an Vitaminen und Spurenelementen als Jüngere. Es ist nicht möglich, pauschal zu sagen: "Du brauchst so und so viel Zink oder Vitamin XY". Genau deshalb haben wir über Jahrzehnte hinweg eine weltweit einzigartige Mikronährstoff-Datenbank aufgebaut.
Ältere Menschen benötigen deshalb ganz andere Mengen an Vitaminen und Spurenelementen als Jüngere.
Mein Wunsch ist, dass diese Datenbank weiter wächst und vielen Menschen zugutekommt. Warum? Jahrzehntelang habe ich gefordert, dass wir eine Datenbank benötigen, die vergleichbare Personen heranzieht. Also z.B. Frauen gleichen Alters mit ähnlichem Profil: wie viel Sport, welche Beschwerden, etc. Erst dann lässt sich das sinnvoll einordnen. In Deutschland läuft das aktuell völlig falsch. Da wird beispielsweise gesagt: "Sie sind sportlich, machen viel für ihre Gesundheit." Aber man kann Sie doch nicht mit einer gleichaltrigen Person vergleichen, die überhaupt keinen Sport macht. Ihr Energiebedarf ist ein völlig anderer. Man kann nicht pauschal sagen: "Blutwerte gut" oder "Blutwerte schlecht". So etwas lässt sich ohne Bezug gar nicht bewerten. Darum haben wir diese Datenbank entwickelt, die längst nicht am Ende ist.
Durch den Einsatz moderner KI stehen heute Möglichkeiten zur Verfügung, die vor einigen Jahren noch unvorstellbar waren. Wir können dem Computer beispielsweise sagen: "Zeige mir vergleichbare Frauen in dieser Altersgruppe mit diesem Profil." Dann sehen wir: Liegt jemand 20% darüber, 30% darunter – und wo liegt der Median? Erst dann wird es aussagekräftig. Genau das fordere ich seit Jahrzehnten: eine gruppenspezifische Betrachtung. Mein Ziel ist es, nachweislich Spuren zu hinterlassen und die Medizin zu verändern. Nach sieben Jahren kann ich sagen: Das ist uns bereits deutlich gelungen. Es hat zwar lange gedauert, aber es kommt immer mehr.
Eines ist klar: Wir alle wollen mit Lebensqualität alt werden. Aber wir müssen auch bereit sein, selbst etwas dafür zu tun. Diese Analysen sind bislang kein Teil der kassenärztlichen Untersuchungen, vielleicht wird sich das aber irgendwann einmal ändern. Deshalb kommen aktuell nur Menschen zu uns, die bereit sind, selbst zu investieren. Ich erinnere mich gut an Diskussionen mit meinem Vater. Er war ein typischer "Thekensportler". Ich selbst war Fußballtrainer, habe in der zweiten Bundesliga trainiert und mit Schweinfurt den Aufstieg geschafft. Trotzdem meinte mein Vater immer, er wüsste genau, wie ich die Mannschaft aufstellen sollte. Als es um Nahrungsergänzung ging, habe ich zu ihm gesagt: "Vater, ich gebe dir jeden Tag drei Euro für deine Mikronährstoffe." Seine Antwort war: "Junge, weißt du was? Davon rauche ich lieber eine oder zwei Zigarren." Für ihn war das wertvoller.
Zum Glück hat sich das Bewusstsein für Gesundheit verändert. Immer mehr Menschen sind bereit, dafür Geld auszugeben. Es kann nicht allein Aufgabe der Krankenkasse sein, alles zu tun, damit wir gesund bleiben. Wir selbst müssen ein Bewusstsein dafür entwickeln. Spätestens seit Corona hat sich hier einiges verändert. Und manchmal erlebe ich sehr bewegende Fälle: Neulich hatte ich drei junge Menschen mit Down-Syndrom in der Praxis. Down-Syndrom ist nicht therapierbar, aber man kann Lebensqualität schenken. Diese jungen Menschen können sich oft nicht richtig artikulieren.
Ein Mädchen fühlte sich beispielsweise ständig müde und ausgelaugt. Wir haben massive Defizite festgestellt: einen starken Ferritinmangel, einen Zink- und einen Selenmangel. Teilweise wurden Antidepressiva bei ihr eingesetzt. Da ging es wirklich einmal quer durch die Palette. Über einen längeren Zeitraum hinweg habe ich das begleitet, ohne die Patientin jemals persönlich kennengelernt zu haben – sie war eine entfernte Verwandte. Irgendwann kam sie auf mich zu, drückte mich ganz fest und in diesem Moment sagte ich zu meiner Frau: "Weißt du, was Lebensqualität ist? Es ist die Bestätigung, dass Menschen sich wohlfühlen – und dass ich dazu beitragen konnte." Das ist eine tiefe innere Zufriedenheit, die mir kein Geld der Welt geben kann.
Menschen zu helfen, das ist für mich die eigentliche Herausforderung. Und das möchte ich so lange tun, bis ich selbst einmal in der Kiste liege. Das ist mein Antrieb. Es macht mir Freude, Tag für Tag zu sehen, wo wir ansetzen können und was wir den Menschen mitgeben können. Das ist das Schönste und ein echtes Privileg, das nicht jeder in seinem Beruf hat. Natürlich gibt es viele Menschen, die das tun, was sie gern tun – und das sei ihnen auch gegönnt. Aber ich habe das Glück, jeden Tag ein Stück Lebensqualität weiterzugeben. Oft erhalte ich E-Mails mit Worten wie: "Machen Sie bitte weiter so, wir brauchen Sie noch!" – und das ist für mich ein großes Glücksgefühl. So etwas kann ich nicht als Tablette schlucken, das bekomme ich nur durch die Begegnung mit Menschen. Ich habe noch vor, zwei große Bücher zu schreiben. Zwanzig habe ich schon geschrieben. Meine Frau ist davon nicht immer begeistert, weil ich die meisten Bücher im Urlaub verfasse.
Prof. Wienecke: Das Thema Schlaf ist von entscheidender Bedeutung. Betrachtet man die über lange Zeiträume hinweg durchgeführten Analysen, zeigt sich: 80–90% der Patienten und Sportler schlafen nicht intensiv. Was bedeutet "intensiv schlafen"? Wenn man Sie fragt, wie Sie letzte Nacht geschlafen haben, dann haben Sie zunächst nur einen subjektiven Eindruck. Natürlich gibt es heute Uhren und andere Geräte, mit denen sich das messen lässt.
Wir haben das Ganze wissenschaftlich untersucht und Folgendes festgestellt: 70–80% der Menschen erreichen nachts gar nicht richtig die Tiefschlafphasen. Sie schlafen zwar sieben bis acht Stunden, sind am Morgen aber trotzdem müde. Der entscheidende Faktor ist dabei der Cortisolspiegel, der über einen Speicheltest messbar ist. Cortisol ist ein Stresshormon. Normalerweise sollte der Wert morgens beim Aufstehen über vier liegen. Liegt der Wert jedoch bei vier oder darunter, hat die Person die ganze Nacht nicht erholsam geschlafen.
Liegt der Cortisolwert mittags nur noch bei 0,5 bis 0,7, deutet das auf einen Hypokortisolismus hin, also einen Zustand, in dem die Nebennieren kaum noch Cortisol produzieren. Dies ist die schlimmste Überlastungsreaktion des Nebennierensystems. Viele denken, dass Cortisol Stress sei. Ja, aber das Fehlen von Cortisol nach einem Erschöpfungssyndrom ist die eigentliche Katastrophe. Wie bekommt man das wieder in den Griff? Indem man über den Tag verteilt Magnesium einnimmt und den Magnesiummangel ausgleicht – das hilft beim "Detonisieren", also beim Herunterfahren.
Durch die Gabe von Phenylalanin und Tyrosin verbessert sich die Stressresilienz. Dadurch schläft man nach einigen Wochen deutlich intensiver und erholsamer. Es geht also nicht um Medikamente, die angeblich den Schlaf verbessern – das ist Unsinn. Vielmehr ist es wichtig, die Schilddrüse korrekt einzustellen (z. B. über Aminosäuren) und den Körper ganzheitlich zu betrachten. Nur so lassen sich Erschöpfungssyndrome vermeiden.
70–80% der Menschen erreichen nachts gar nicht richtig die Tiefschlafphasen.
Prof. Wienecke: Eine große Problematik sind die Lichteigenschaften des Handys. Das Displaylicht wirkt sich stark auf unser Nervensystem aus. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: die von Smartphones abgestrahlten elektromagnetischen Wellen. Viele Menschen haben ihr Handy nachts direkt neben dem Bett liegen. All das führt dazu, dass wir kaum in eine wirklich beruhigende Schlafphase hineinkommen. Ich erinnere mich an einen Spitzensportler, einen Fußball-Nationalspieler. Von dem bekam ich einmal abends um 23 Uhr noch eine WhatsApp-Nachricht. Darauf habe ich ihm geantwortet: "Lieber Freund, ich schlafe nachts – wir können das morgen in Ruhe besprechen." Ich selbst bin kein Handy-Fan, aber genau das ist ein wichtiger Punkt.
Aktuell sieht man das auch an den Diskussionen über Handyverbote an Schulen. Das geht in die richtige Richtung. Dieses ständige "immer erreichbar sein" tut uns nicht gut. All das trägt jedoch dazu bei, dass wir schlechter schlafen. Entscheidend ist: Wenn jemand schlecht schläft, keine größeren Entzündungen hat und keine Medikamente wie Antiepileptika oder Antidepressiva einnimmt, reicht oft schon 5-HTP. Das ist eine spezielle Aminosäure, die vom Tryptophan abgeleitet wurde. Wenn man etwa eine Stunde vor dem Schlafengehen 75 bis 150 mg, maximal 300 mg, einnimmt, verbessert sich der Schlaf meist nach zwei bis drei Wochen deutlich, ohne dass dabei schädliche Nebenprodukte entstehen.
Zusätzlich empfehle ich Magnesium. So kommt man viel leichter in den Tiefschlaf. Der Mechanismus dahinter: 5-HTP sorgt dafür, dass mehr Serotonin gebildet wird. Aus Serotonin entsteht wiederum Melatonin, wodurch man besser in die Schlafphase kommt. Das ist auch der Grund, warum ich Aminosäuren anstelle von direktem Melatonin empfehle. Ich finde es sinnvoller, dem Körper die Bausteine zu geben, damit er selbst produzieren kann, was ihm fehlt. Wenn man ihm das Endprodukt direkt zuführt, übernimmt er keine Eigenleistung mehr. Unterstützt man ihn dagegen indirekt, kann er wieder ins Gleichgewicht kommen – und das wirkt sich positiv auf den Schlaf aus.
Prof. Wienecke: Ja, natürlich. Da gibt es sehr viele Einflüsse! Wir haben auch zahlreiche Arbeiten dazu verfassen lassen. Umweltgifte in jeglicher Form schädigen den Darmtrakt. Sie erzeugen sehr viel oxidativen Stress und können nachweislich dazu führen, dass bestimmte Regulationsmechanismen im Körper nicht mehr optimal funktionieren.
Prof. Wienecke: Wie ich bereits angesprochen habe, ist das erste Thema die Schilddrüsenproblematik. Bei einer normalen Blutuntersuchung werden das freie T3 und das freie T4 gemessen. Es kann jedoch auch eine Umwandlungsstörung von T4 zu T3 vorliegen. Insbesondere Frauen im Alter von 40 bis 45 Jahren entwickeln häufig langfristig ein verstecktes Hashimoto-Syndrom, das mit einem starken Erschöpfungssyndrom einhergehen kann. Hashimoto ist zwar keine Katastrophe, aber es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse.
Insbesondere Frauen im Alter von 40 bis 45 Jahren entwickeln häufig langfristig ein verstecktes Hashimoto-Syndrom, das mit einem starken Erschöpfungssyndrom einhergehen kann.
Typisch sind schwankende Werte, mal Über-, mal Unterfunktion, mit vielen begleitenden Symptomen. Ein Beispiel: Ich hatte neulich ein siebenjähriges Mädchen in der Praxis, das in der Schule völlig unkonzentriert war. Niemand wusste, warum. Die Ursache war ein beginnendes Hashimoto, und das bereits in diesem Alter. Hier mussten wir sofort ansetzen. Wer bereits Schilddrüsenmedikamente nimmt, sollte diese am Tag der Blutabnahme wie gewohnt morgens einnehmen. Viele lassen sie weg, was zu falschen Ergebnissen führt. Nur so können die Werte zuverlässig bestimmt werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Ferritinwert. Ferritin ist der Eisenspeicherwert. Es bringt wenig, reines Eisen zu messen – entscheidend ist Ferritin. Ein erhöhter Ferritinwert kann entzündungsbedingt sein. Ferritin spielt zudem eine zentrale Rolle beim Sauerstofftransport ins Gewebe. Leiden Menschen unter Haarausfall oder brüchigen Haaren, kann das daran liegen, dass die Haarwurzeln nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden. Frauen haben aufgrund der Menstruation oft einen höheren Bedarf. Aber auch Sportler, die sehr intensiv trainieren, zeigen häufig auffällige Ferritinwerte. Ein Tipp für sportlich Aktive: Gehen Sie bitte nicht direkt am Tag nach einer langen Belastung – zum Beispiel einem 15–20 km Lauf – zur Blutabnahme. Der Grund: Durch die mechanische Belastung werden rote Blutkörperchen zerstört (Erythrozytenfragmentation) und die Werte werden verfälscht. Warten Sie in solchen Fällen lieber eine Woche und lassen Sie dann erneut messen.
Auch Aminosäuren sind ein weiterer wichtiger Punkt, insbesondere jene, die für die Dopaminbildung entscheidend sind. Sie spielen außerdem eine wichtige Rolle für Sehnen, Muskeln und den Bandapparat. Beispiele hierfür sind Arginin, Prolin oder Methionin. Wenn hier Defizite bestehen, weiß man, wie diese auszugleichen sind. Entscheidend ist jedoch, dass Aminosäuren nicht unbegrenzt zugeführt werden können. Man kann nicht einfach 30, 40, 50 oder gar 70 Gramm zu sich nehmen – das ist nicht möglich. Es muss immer die individuelle Konstitution berücksichtigt werden. Gerade bei schwerem Diabetes kann eine zu hohe Zufuhr von Aminosäuren kontraproduktiv sein. Gleichzeitig ist aber eine ausgewogene Aminosäurenversorgung besonders für Diabetiker sehr wichtig, auch wenn dies noch kontrovers diskutiert wird. Neuere Erkenntnisse sprechen allerdings klar dafür.
Denken Sie an folgendes Bild: Wenn Sie mit dem Auto ohne Stoßdämpfer fahren, geht jede Erschütterung direkt auf die Karosserie. Ähnlich ist es bei unserem Körper. Jedes Gelenk, sei es das Knie- oder das Sprunggelenk, ist von Bindegewebe umgeben. Je elastischer dieses Bindegewebe ist, desto besser wirkt es als Puffer und desto weniger Beschwerden entstehen. Studien zeigen: Menschen, die zwei- bis dreimal pro Woche ins Fitnessstudio gehen und fehlende Aminosäuren gezielt ergänzen, können ihr Training nach etwa zwölf Wochen deutlich besser tolerieren – und das mit deutlich weniger Beschwerden. Der Grund: Die "Stoßdämpfer" sind besser. Das ist besonders relevant in Vor- oder Nachoperationsphasen, in denen der Bedarf an Aminosäuren deutlich höher ist. Deshalb sollte man hier unbedingt eine Messung durchführen.
Eine Möglichkeit ist der sogenannte aMMP-8-Test, der ursprünglich aus der Zahnmedizin stammt. Dieser Speicheltest zeigt an, ob der Körper zum Zeitpunkt der Untersuchung beginnt, eigene Strukturproteine abzubauen. Wir führen diesen Test bei jedem Patienten durch, um herauszufinden, ob Strukturproteine im Körper angegriffen werden. So können wir beispielsweise erkennen, ob Zahnärzte, die ich aktuell intensiv schule, Auffälligkeiten bei ihren Patienten feststellen können. Es kann durchaus sein, dass eine versteckte Entzündungsreaktion im Zahnbereich vorliegt. Das kommt gar nicht so selten vor.
Der sogenannte aMMP-8-Wert zeigt das an. Mit diesem Speicheltest lässt sich bereits ein Jahr im Voraus erkennen, ob degenerative Veränderungen im Kieferbereich entstehen, noch bevor ein MRT etwas anzeigt. Wir selbst konnten nachweisen, dass sich der aMMP-8-Wert durch eine gezielte Gabe von Mikronährstoffen innerhalb von zwölf Wochen um 60% reduziert. Das zeigt: Mikronährstoffe können hier nachweislich helfen.
Neben dem aMMP-8 messen wir noch weitere Werte:
Letzterer ist besonders wichtig, da er unabhängig von Entzündungen misst. Das heißt: Selbst wenn die Ferritinwerte im Blut normal aussehen, kann ein Eisenmangel vorliegen. Dies kann zu Symptomen wie Müdigkeit, Abgespanntheit oder Antriebslosigkeit führen, ohne dass im normalen Blutbild etwas Auffälliges zu sehen ist. Erst über den Transferrinrezeptor wird dies erkennbar. Die Messung erfolgt normalerweise im Serum, also über eine klassische Blutuntersuchung.
Wir gehen jedoch einen Schritt weiter und messen Mikronährstoffkonzentrationen direkt in der Zelle. Warum? Weil sich Blutwerte schon innerhalb weniger Stunden verändern können. Die zellulären Strukturen in den Erythrozyten verändern sich hingegen erst innerhalb von zwei bis drei Monaten. Deshalb ist es sinnvoll, eine Kontrollanalyse frühestens nach vier bis fünf Monaten durchzuführen. Nur so lässt sich feststellen, ob eine Behandlung tatsächlich Wirkung gezeigt hat.
Außerdem muss auch immer ein Leaky-Gut-Syndrom ausgeschlossen werden. Denn was nützt es, wenn jemand beispielsweise einen hohen I-FABP Wert aufweist, der auf ein Leaky Gut hindeutet, und dann einfach Mikronährstoffe einnimmt? In diesem Fall würden die Nährstoffe gar nicht dorthin gelangen, wo sie benötigt werden. Deshalb ist es in einer solchen Situation entscheidend, zuerst mit Glutamin zu arbeiten. Wenn man morgens, mittags und abends jeweils 5 Gramm Glutamin zu sich nimmt, kann sich das Leaky Gut oft schon innerhalb von drei Wochen deutlich bessern. So schnell geht das.
Außerdem muss auch immer ein Leaky-Gut-Syndrom ausgeschlossen werden.
Prof. Wienecke: Zunächst sollte man sich immer um die Darmgesundheit kümmern, bevor man mit Nahrungsergänzungsmitteln beginnt. Es wäre nämlich fatal, wenn jemand Nahrungsergänzungsmittel einnimmt, sein Darm diese aber gar nicht aufnehmen kann. Genau aus diesem Grund wurde ein neuer Biomarker entwickelt. Er ist aussagekräftiger als Zonulin und liefert verlässlichere Ergebnisse. Es gibt auch mehrere wissenschaftliche Arbeiten, die die Aussagekraft bestätigen. Die Reihenfolge lautet also: 1. Darm sanieren, 2. auffüllen, was fehlt und 3. Kontrolle – allerdings nicht schon nach drei bis vier Wochen, sondern erst nach vier bis fünf Monaten.
Prof. Wienecke: Das ist ohne Zweifel die beste bzw. gravierendste Argumentation, die ich bzgl. Nährstoffe kenne. Unser Körper hat ein Kompartimentsystem. Das bedeutet, dass er über längere Zeiträume auf Reserven zurückgreifen kann - das haben wir eingangs besprochen. Doch irgendwann sind diese Speicher leer – und dann haben wir ein Problem. Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass es ausreicht, einmal pro Woche 20.000 Einheiten Vitamin D einzunehmen. Das ist Unsinn. Viel sinnvoller ist es, täglich 4.000 bis 5.000 Einheiten zuzuführen. Warum? Weil Vitamin D eine Halbwertszeit hat. Das bedeutet, dass die Blutwerte zwar scheinbar konstant bleiben, die Wirkung – also die Effizienz – jedoch mit der Zeit abnimmt. Deshalb ist die tägliche Einnahme wesentlich wirksamer. Mit 4.000 bis 5.000 Einheiten pro Tag liegt man für Erwachsene im sicheren und effektiven Bereich (bei Kindern natürlich nicht).
Vitamin D hat außerdem einen wichtigen Einfluss auf hormonelle Reaktionen, unter anderem auf die Schilddrüse. Während der Corona-Zeit hatten wir viele Patienten mit extrem niedrigen Vitamin-D-Werten – teilweise nur 12 bis 13 Nanomol pro Liter. Mit solchen Werten ist es praktisch unmöglich, ein funktionierendes Immunsystem aufzubauen. Die Betroffenen waren für Infekte völlig anfällig. Ganz anders bei Patienten mit Werten von 80, 90, 120 oder 130: Ihr Immunsystem war deutlich stärker und stabiler. Darum bin ich der Auffassung, dass man Vitamin D sowohl im Sommer als auch im Winter gezielt zuführen sollte – natürlich abhängig von der Sonnenexposition. Interessant ist, dass selbst Spitzensportler in Kalifornien bei 40 Grad Außentemperatur zum Teil unterversorgt waren. Alle! Und warum? Ganz einfach: Auch Profis trainieren nicht nackt. Sie tragen T-Shirts, Shorts und Stutzen, sodass nur eine begrenzte Hautfläche der Sonne ausgesetzt ist. Hinzu kommt der erhöhte Bedarf durch das intensive Training.
Ein Beispiel dazu: Nach einer intensiven Trainingseinheit legen sich viele direkt für eine halbe Stunde in die Sonne. Das ist jedoch kontraproduktiv, denn in diesem Moment wird das sympathische Nervensystem stark aktiviert und der Körper kommt nicht zur Ruhe, sodass er sich nicht regenerieren kann. Andere wiederum setzen sich nach dem Sport in den Schatten und tun gar nichts mehr. Auch das ist nicht ideal, da so die Vitamin-D-Produktion stark reduziert wird. Vitamin D ist jedoch entscheidend für die Regeneration. Unsere Erfahrung zeigt: Der Vitamin-D-Spiegel von Sportlern sollte zwischen 180 und 210 Nanomol pro Liter liegen, um eine gute Regenerationsfähigkeit sicherzustellen. Diese Werte konnten wir auch wissenschaftlich dokumentieren. Bei Nicht-Sportlern, aber auch bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen oder Fibromyalgie, sind Werte zwischen 130 und 160 Nanomol pro Liter sinnvoll. Innerhalb dieses Bereichs berichten Betroffene deutlich seltener über allgemeine Befindlichkeitsstörungen.
Ein wichtiger Punkt ist, dass manche Menschen hochdosiertes Vitamin D (z. B. 8.000 Einheiten täglich) einnehmen, aber trotzdem keine guten Blutwerte erreichen. Der Grund kann ein Defekt am Vitamin-D-Rezeptor sein, wodurch das Vitamin nicht aufgenommen wird. Das lässt sich messen und bedeutet, dass Betroffene unter Umständen mehr zuführen müssen, um einen ausreichenden Spiegel zu erreichen. Und noch ein entscheidender Aspekt: Vitamin D allein reicht nicht aus. In der Wissenschaft gibt es zwar unterschiedliche Meinungen – manche halten das Messen oder Supplementieren für überflüssig, andere für unerlässlich –, doch eines ist klar: Vitamin D wirkt nur im Zusammenspiel mit anderen Faktoren. Dazu gehören insbesondere Omega-3-Fettsäuren und Ferritin (Eisenspeicher). Erst in dieser Kombination entfaltet Vitamin D seine volle Wirkung auf den Stoffwechsel und die Regeneration.
Zusammengefasst: Wenn man Vitamin D nur einmalig hoch dosiert verabreicht, hat es keinen nachhaltigen Effekt. Viel sinnvoller ist eine tägliche, gleichmäßige Gabe. Wir haben in mehreren Arbeiten dokumentiert, dass jemand, der schilddrüsenbedingt bereits eine hohe Grundanspannung hat und dessen TSH-Wert basal bei 1,3 liegt, nach einer Einmalgabe von 10.000 Einheiten Vitamin D keine Minute schlafen würde. Eine kontinuierliche Einnahme von 4.000–5.000 Einheiten täglich ist daher viel sinnvoller als eine einmalige hohe Dosis.
Darum bin ich der Auffassung, dass man Vitamin D sowohl im Sommer als auch im Winter gezielt zuführen sollte – natürlich abhängig von der Sonnenexposition.
Prof. Wienecke: Leider ist die Versorgung mit Vitamin B12 nicht besonders gut. Aber ganz wichtig: Viele lassen einfach Vitamin B12 messen. Das allein reicht jedoch nicht. Entscheidend ist, das aktive B12 im Gewebe, das sogenannte Holo-Transcobalamin (Holo-TC), zu bestimmen. Nur dieser Wert ist aussagekräftig. Wer lediglich Vitamin B12 im Blut misst, kann sich die Untersuchung im Grunde sparen.
Ein Beispiel aus meiner Praxis: Ein Patient mit Psoriasis (Schuppenflechte) bekam vom Hausarzt Vitamin-B12-Injektionen. Danach sah seine Haut aus wie ein Streuselkuchen. Der Grund: Eine Dosierung von über 50 µg Vitamin B12 kann Hautirritationen auslösen. Menschen mit Hautproblemen wie Neurodermitis, Psoriasis oder Akne reagieren dann häufig mit einer massiven Verschlechterung. Darum gilt: Vitamin B12 sollte nicht wahllos hochdosiert gegeben werden. Bis 50 µg ist es in der Regel unproblematisch. Bei höheren Dosen und gleichzeitig auftretenden Hautproblemen muss man jedoch vorsichtig sein. Dies kann ggf. durch die zusätzliche Gabe von 300 mg Biotin ausgeglichen werden.
Man muss sich klarmachen: Eine junge Frau mit B12-Mangel bekommt eine hochdosierte Injektion und plötzlich ist ihr ganzes Gesicht von Akne bedeckt. Das ist nicht nur medizinisch problematisch, sondern auch psychisch sehr belastend. Unsere Erfahrung zeigt: Immer das richtige B12 messen (Holo-Transcobalamin). Bei einem Mangel sollte die Darmflora überprüft werden. Achten Sie auf die Dosierung, um Hautprobleme zu vermeiden.
Prof. Wienecke: Ich hatte einmal ein längeres Gespräch mit einem Produzenten in Japan, da ich damals Unterstützung für meine Stiftung gesucht habe. Dabei ging es unter anderem um die verschiedenen Formen von Q10. Man kennt ja Ubichinon und Ubichinol, und es wird oft diskutiert, welche Form besser wirkt. Wir haben das gründlich recherchiert. Es gibt keine einzige Studie, die eindeutig belegt, dass das eine besser ist als das andere. Es wird zwar oft behauptet, aber wissenschaftlich nachgewiesen ist es nicht. Wichtig ist jedoch Q10 selbst.
Es beeinflusst die zentralen Mechanismen in den Mitochondrien, also die Sauerstoffverwertung und die Energiebereitstellung, sehr positiv. Deshalb kann ich Q10 wirklich empfehlen. Ideal sind 100 mg täglich zum Frühstück. Bei bestehenden Vorerkrankungen können es sogar bis zu 200 mg pro Tag sein. Damit macht man nichts falsch. Besonders hilfreich ist Q10 auch prä- und postoperativ. Wir haben dazu neue Studien durchgeführt, die zeigen, dass sich dadurch die energetische Leistung der Mitochondrien deutlich verbessert.
Prof. Wienecke: Zum Beispiel sollte Eisen nicht ohne Grund eingenommen werden, wenn kein Eisenmangel vorliegt. Tut man es trotzdem, entsteht vermehrt oxidativer Stress, was unbedingt zu vermeiden ist. Deshalb muss der Organismus zunächst so stabilisiert werden, dass kein zusätzlicher oxidativer Stress entsteht. Erst dann hat eine mögliche Eisenzufuhr eine ganz andere Grundlage. Wichtig ist außerdem: Das Auffüllen der Ferritinspeicher dauert, wenn es oral geschieht, mindestens vier bis fünf Wochen. Eine sofortige Wirkung ist also nicht zu erwarten. Hinzu kommt, dass viele Eisenpräparate Nebenwirkungen wie Verstopfung oder Beschwerden im Magen-Darm-Trakt haben können. Es gibt zwar einige Präparate, auch vegane, die deutlich besser verträglich sind – das kann aber jeder für sich selbst herausfinden.
Mir ist wichtig zu betonen, dass auch andere Nährstoffe eine Rolle spielen. Vitamin D ist zum Beispiel sehr bedeutsam, ebenso Magnesium. Gerade Magnesium ist ein entscheidender Faktor. Neueste Erkenntnisse zeigen, dass Magnesiumbisglycinat eine besonders gute Verbindung ist, da es sehr gut aufgenommen wird und keinen Durchfall verursacht. Eine Einnahme von 150 mg morgens, mittags und abends, also insgesamt 450 mg pro Tag, stellt eine gute Basisversorgung dar. Wichtig ist, Magnesium nicht in einer extrem hohen Einzeldosis einzunehmen, da der Körper es dann nicht verwerten kann. Interessant ist auch, dass sich verschiedene Magnesiumverbindungen – wie Aspartat, Citrat oder Gluconat – gegenseitig ergänzen.
Präparate, die mehrere dieser Verbindungen kombinieren, sind daher keineswegs negativ, sondern können sogar von Vorteil sein.
Prof. Wienecke: Zink sollte nicht in zu hohen Mengen eingenommen werden. Ich würde nicht mehr als 30 mg pro Tag empfehlen. Warum? Weil dadurch die Kupferaufnahme gehemmt wird. Kupfer ist jedoch wichtig für das Immunsystem.
Ein anderes Beispiel sind Magnesium und Eisen. Wenn man beide gleichzeitig einnimmt, heben sie sich in ihrer Wirkung gegenseitig auf. Deshalb empfehlen wir: Eisen sollte etwa 10–20 Minuten vor dem Essen eingenommen werden, Magnesium erst rund zwei Stunden später. Der zeitliche Abstand ist hier wirklich entscheidend.
Auch bei Selen muss man aufpassen. Bestimmte Selenpräparate, zum Beispiel Natriumselenit, sollten nicht zusammen mit Vitamin C in höherer Dosierung eingenommen werden, da dies die Aufnahme hemmt. Dabei ist Selen gerade für die Schilddrüse und das Immunsystem wichtig. Da unsere Böden stark selenarm sind, ist eine gezielte Zufuhr sinnvoll – aber eben in der richtigen Form und Kombination, damit die Aufnahme nicht blockiert wird.
Prof. Wienecke: Genau das ist eigentlich unsere Aufgabe! Wir haben eine Datenbank entwickelt, mit der wir für jeden Menschen individuell beurteilen können, was er braucht. Es gibt den Begriff der individuellen biologischen Verfügbarkeit. Weil jeder Mensch unterschiedlich reagiert, kann man mithilfe einer solchen Analyse genau festlegen, welcher Mensch welche Versorgung benötigt. So lässt sich eine persönliche Grundversorgung bestimmen. Dafür gibt es eine pflanzliche Matrix, in die diese Stoffe eingearbeitet werden können. Das wird dann aber sehr spezifisch und ist vor allem sinnvoll, wenn bereits Befindlichkeitsstörungen vorhanden sind.
Wenn noch keine Beschwerden vorhanden sind, kann man dennoch durch eine präventive Zufuhr dafür sorgen, dass bestimmte energetische Zustände stabil bleiben. So verhindert man, dass der Körper auf Strukturproteine zurückgreifen muss. Das ist also eher ein "Auffüllen". Genau das ist auch die Intention meines Studiengangs: frühzeitig anzusetzen, bevor das sprichwörtliche Kind in den Brunnen gefallen ist. Oft werde ich gefragt: "Kann man nicht einfach irgendein Multivitaminpräparat nehmen?" Da bin ich ehrlich gesagt skeptisch. Nicht, weil ich grundsätzlich etwas dagegen habe, sondern weil diese Produkte schlicht nicht das leisten können, was wir brauchen.
Ein Multivitaminpräparat ist zu allgemein und kann den spezifischen Bedarf eines Menschen nicht decken. Stattdessen sind oft Monopräparate oder gezielte Kombinationen notwendig. Nur so lässt sich der individuelle Bedarf wirklich decken.
Prof. Wienecke: Das Entscheidende bei "Energie auf Rezept" ist Folgendes: Ein Patient – oder Kunde – kommt zu mir. Ich führe zunächst eine spezielle Analyse durch. Dabei schaue ich mir die Daten an: Welche Vorerkrankungen liegen vor? Welche Medikamente werden eingenommen? Wie aktiv ist die Person körperlich? Anschließend folgt eine Blutanalyse, bei der Magnesium, Aminosäuren und der funktionelle Energiestoffwechsel gemessen werden. Man schaut: Wo gibt es Auffälligkeiten? Auf dieser Grundlage erhält der Patient eine individuelle Rezeptur. Diese Kur wird etwa drei bis vier Monate lang durchgeführt und anschließend kontrolliert. Wenn man sieht, dass sie sehr effektiv war, weiß man: Alles richtig gemacht. Wenn die Behandlung nicht anschlägt, wird die Rezeptur angepasst.
Genau das wollen wir künftig auch in die medizinische Ausbildung integrieren. Es wird noch etwas dauern, aber es wird kommen. Wenn ein Patient zu uns kommt und wir erkennen, dass ihm etwas fehlt – gemessen direkt in der Zelle –, dann bekommt er genau das, was ihm fehlt. So kann sich der Körper zunächst einmal selbst regulieren. Falls das nicht ausreicht, wird das Rezept angepasst. "Energie auf Rezept" ist also bewusst ein provokanter Begriff. Er soll verdeutlichen: Jeder Mensch hat unterschiedliche Voraussetzungen. Ein schönes Beispiel ist eine junge Mutter, die mich nach einer Fernsehsendung anrief und sagte: "Mensch, Professor, seitdem ich Ihre Empfehlungen umsetze, können mich meine Kinder gar nicht mehr stressen. Ich fühle mich viel besser." Für sie bedeutete das eine echte Steigerung der Lebensqualität: Sie konnte besser mit Stress umgehen, Dopamin aufbauen und nachts wieder erholsam schlafen. Genau das ist die Zielsetzung des Konzepts "Energie auf Rezept".
Wir haben eine Tochtergesellschaft mit dem Namen "Energy for Health" gegründet. Dafür habe ich auch Mitarbeiter eingebunden, die bei mir studiert haben. Die Idee ist einfach: Menschen ohne Vorerkrankungen, die sich fragen, ob sie ausreichend Energiereserven haben, können online über den Shop eine Analysebox mit ausgewählten Parametern bestellen. Sie bekommen ein Testkit nach Hause geschickt, senden es zurück und erhalten eine individuelle Empfehlung. Anschließend gibt es noch ein persönliches Gespräch mit unseren Assistenten.
So habe ich mir das ursprünglich vorgestellt. Viele nutzen das bereits. Allerdings habe ich festgestellt, dass sich zunehmend auch Menschen melden, die bereits stark vorerkrankt sind. Das führt manchmal dazu, dass unser Konzept an seine Grenzen stößt, da es eigentlich für gesunde Menschen gedacht ist, die präventiv etwas für ihre Gesundheit tun wollen. Mehr Informationen finden Sie unter www.energyforhealth.de, wo das gesamte Konzept erläutert wird. Es richtet sich an Menschen, die gesund bleiben möchten.
Menschen mit Vorerkrankungen oder stärkeren Befindlichkeiten fordern einen Anamnesebogen bei SALUTO an und erhalten nach ihren persönlichen Angaben eine Empfehlung für ihre individuellen Analyseparameter und erhalten ebenfalls dann das Testkit geschickt. Die Blutabnahme erfolgt durch eine medizinische Fachkraft oder den Hausarzt. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass sich viele erst dann mit solchen Angeboten beschäftigen, wenn bereits gesundheitliche Probleme bestehen. Genau deshalb versuche ich, über unseren Studiengang, die Fortbildungen, das Schweizer Gesundheitsfernsehen QS24TV und viele weitere Sendungen Aufmerksamkeit zu schaffen. Denn nur, wenn wir dieses Wissen verbreiten, können wir etwas bewegen. Schweigen und Abwarten bringen nichts.
Es geht nicht darum, die Schulmedizin anzuklagen oder zu behaupten, dass sie nutzlos ist. Vielmehr entsteht die beste Wirkung durch Synergie: Einerseits ist die Schulmedizin notwendig, andererseits können wir vieles ergänzen und ausgleichen.
Prof. Wienecke: L-Carnitin wird oft als "Fatburner" bezeichnet. Viele glauben, dass man damit automatisch Gewicht verliert. Solche Aussagen kursieren überall. Dabei hat Carnitin durchaus eine medizinische Berechtigung, zum Beispiel im onkologischen Bereich, wie Studien belegen. Allerdings müsste man dafür sehr hohe Mengen von 4.000 bis 5.000 mg täglich einnehmen. Außerdem ist Carnitin ziemlich teuer. Carnitin kann also helfen, doch der große Hype darum spiegelt den tatsächlichen Nutzen nicht wider.
Prof. Wienecke: Ja, in der Forschung passiert aktuell einiges. So arbeitet beispielsweise Mark Warnecke, ehemaliger Schwimmweltmeister, intensiv an diesem Thema. Sein Spezialgebiet sind Aminosäuren. Gemeinsam mit verschiedenen Universitäten erforscht er den Proteinbedarf, unter anderem bei Diabetikern oder bei Nierenerkrankungen. In diesem Bereich wird in den nächsten Jahren noch sehr viel passieren – auch mit Unterstützung von Künstlicher Intelligenz.
Prof. Wienecke: Wenn ich mich auf drei Nährstoffe festlegen müsste, wären das für mich:
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 10.11.2025.