Der Urin fließt von den Nieren durch die beiden Harnleiter in die Blase und von dort beim Wasserlassen über die Harnröhre nach außen. Bei einem Harnstau kann der Urin nicht mehr frei abfließen. Die Ursachen können unterschiedlich sein. Harnsteine, Vernarbungen oder Wucherungen können die ableitenden Harnwege verengen oder verlegen und so zu einem Harnstau führen (obstruktive Uropathie). Der Stau kann plötzlich oder langsam fortschreitend (chronisch) eintreten. Staut sich der Urin zurück, kann das zur Schädigung der Nieren führen. Auch eine lebensgefährliche Blutvergiftung (Sepsis) ist möglich, wenn durch den erhöhten Druck in den Nieren Bakterien aus den Harnwegen in den Blutkreislauf gelangen. Zur Vermeidung solcher Komplikationen ist es wichtig, einen Harnstau frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Je nach Ursache sind Medikamente, ein Katheter oder auch eine Operation verschiedene Behandlungsoptionen.
Die Ursachen eines Harnstaus sind vielfältig. Dabei kann es zu einer vollständigen oder teilweisen Blockierung (Obstruktion) der ableitenden Harnwege kommen. Dies kann durch Abflusshindernisse in den Harnwegen, durch Druck von außen oder durch Störungen der Funktion der Harnwege entstehen. Außerdem ist eine einseitige oder eine beidseitige Abflussstörung möglich. Ein einseitiger Harnstau entsteht bei einer Blockade im Bereich eines Harnleiters. Mögliche Ursachen eines Harnstaus sind:
Für eine effektive Therapie des Harnstaus ist das Ermitteln der zugrundeliegenden Ursache von entscheidender Bedeutung.
Ein plötzlich einsetzender Harnstau verursacht Schmerzen an den Flanken, im Unterbauch oder im Becken. Weitere Symptome können Fieber, Übelkeit und Erbrechen sowie Blut oder Eiter im Urin sein. Findet sich die Blockade im unteren Bereich des Harntrakts, kann sich diese durch erschwertes Wasserlassen, häufigen Harndrang oder ständiges Harnträufeln (Überlaufinkontinenz) bemerkbar machen. In manchen Fällen kommt es zu einem kompletten Harnverhalt, das heißt, es kann trotz voller Blase kein Urin mehr gelassen werden. Dies stellt einen Notfall dar.
Treten durch den Harnstau Bakterien aus dem Harntrakt in die Blutbahn über und verteilen sich im Körper, kann es zu einer Blutvergiftung kommen (Urosepsis). Anzeichen für diese lebensgefährliche Störung sind neben den Schmerzen Fieber und Schüttelfrost, erhöhte Herz- und Atemfrequenz sowie in schweren Fällen Verwirrtheit, Unruhe und Bewusstseinsstörungen.
Ein chronischer Harnstau verursacht häufig keine Symptome. Auf Dauer kann es aber zu schwerwiegenden Folgen wie einer Urosepsis, einer druckbedingten Erweiterung des Nierenhohlsystems (Hydronephrose) oder einer Niereninsuffizienz (Schädigung der Nierenfunktion) kommen. Deshalb muss ein Harnstau frühzeitig erkannt und therapiert werden. Außerdem treten bei einem Harnstau gehäuft Harnwegsinfektionen auf.
Ein Arzt sollte spätestens dann aufgesucht werden, wenn Probleme beim Wasserlassen und begleitende Schmerzen länger als zwei bis drei Tage anhalten. Wenn weitere Symptome wie Fieber und Schüttelfrost auftreten, sollte dies umgehend ärztlich abgeklärt werden. Frühzeitig diagnostiziert und behandelt können Folgeschäden wie eine Niereninsuffizienz oder eine Sepsis normalerweise verhindert werden. Der zuständige Facharzt ist der Urologe. Erste Anlaufstelle kann auch der Hausarzt sein. Er kann bei Bedarf an den Facharzt überweisen.
Die Schilderung der Beschwerden liefert erste Anhaltspunkte für die Diagnose. Zur weiteren Abklärung können eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) der Nieren und der ableitenden Harnwege, Röntgenaufnahmen, Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) der Bauch- und Beckenregion hilfreich sein. Auch Blutuntersuchungen sowie Urinuntersuchungen werden häufig durchgeführt. In Einzelfällen kann eine Nieren- oder Blasenspiegelung sinnvoll sein.
Wichtig ist es, nicht nur den Harnstau festzustellen, sondern auch die ursächliche Erkrankung, die dazu geführt hat. Möglich sind die oben genannten Ursachen wie Harnsteine, Wucherungen oder Narben.
Die Therapie ist abhängig von der Ursache des Harnstaus. Eine Akutmaßnahme ist das Ableiten des gestauten Urins mit Hilfe eines Katheters. Bei einem Abflusshindernis im Harnleiter wird meist die sogenannte DJ-Schiene (Doppel-J-Schiene) oder Harnleiterschiene verwendet. Es ist ein dünner Schlauch, der den Urin aus den Nieren über die Harnleiter in die Blase leitet. Die DJ-Schiene wird über eine Harnleiter- und Nierenspiegelung eingebracht. Durch die Beseitigung des Harnstaus lassen die Schmerzen oft sofort nach. Diese Art von Katheter ist nicht für eine Dauertherapie geeignet und muss (je nach Produkt) spätestens nach sechs Monaten entfernt oder gewechselt werden.
In einigen Fällen muss der Urin auch direkt aus dem Nierenbecken über einen Katheter durch die Haut nach außen geleitet werden (Nephrostomie).
Bei weiter unten liegenden Abflussblockaden wird ein Blasenkatheter gelegt. Meist ist dies durch die Harnröhre möglich, manchmal muss der Katheter auch durch die Haut geführt werden (suprapubischer Blasenkatheter).
Je nach der Ursache für den Harnstau werden weitere Maßnahmen durchgeführt. Diese können beispielsweise sein:
Gehen bakterielle Infektionen (Blasenentzündung, Harnwegsinfekte) mit dem Harnstau einher, werden Antibiotika verordnet.
Begleitend zur ärztlichen Therapie ist auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten. Kleinere Steine können so häufig ausgeschwemmt werden, sodass einem Harnstau auch vorgebeugt werden kann. In manchen Fällen ist eine zu hohe Flüssigkeitszufuhr aber auch schädlich, weshalb dies immer mit dem Arzt besprochen werden muss. Nieren- oder Blasentees fördern die Ausscheidung des Urins und haben häufig auch eine entzündungshemmende oder antibakterielle Wirkung. Bei Blasenentzündungen wird Wärme (Wärmflasche oder Ähnliches) meist als angenehm und lindernd empfunden.
Die Vorbeugung eines Harnstaus ist nur bedingt möglich. Eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme spült die Harnwege und kann der Bildung von Steinen vorbeugen. Außerdem werden Keime wie Bakterien dadurch besser ausgeschieden.
Bei bekannten Vorerkrankungen wie angeborenen Verengungen der Harnwege oder einer Prostatavergrößerung sollten regelmäßige Kontrolluntersuchungen stattfinden. Damit lässt sich ein beginnender Harnstau frühzeitig erkennen.
Die Prognose ist im Allgemeinen gut, im Einzelnen aber auch abhängig von der Ursache. Wie lange ein Harnstau andauert, hängt ebenfalls von der Ursache ab. Durch das Ableiten des gestauten Urins mit Hilfe eines Katheters kann zunächst Linderung geschaffen werden.
Damit sich der Harn nicht erneut staut, muss die Ursache behandelt werden. War beispielsweise ein Stein im Harnleiter der Auslöser, kann der Harnstau oft dauerhaft behoben werden. Bei anderen Ursachen wie Vernarbungen oder Tumoren muss möglicherweise dauerhaft ein Katheter durch die Bauchdecke gelegt werden, um ein erneutes Anstauen des Urins zu verhindern.
Ein unbehandelter Harnstau kann gefährliche Folgen haben. Ein Rückstau in die Nieren führt auf Dauer zu einer Nierenschädigung (Niereninsuffizienz). Ein chronischer Harnstau mit Nierenversagen kann Auswirkungen auf den ganzen Körper haben und zu Herzrhythmusstörungen oder Wasseransammlungen in der Lunge (Lungenödem) führen. Bakterien, die aus dem Urogenitaltrakt ins Blut gelangen und sich im Körper verteilen, können eine lebensgefährliche Urosepsis (Blutvergiftung) auslösen.
Journal für Urologie und Urogynäkologie, C. Padevit – Harnstau: Abklärung und Therapie: https://www.kup.at/kup/pdf/10437.pdf (online, letzter Abruf: 24.04.2023)
MedLexi – Harnstau: https://medlexi.de/Harnstau (online, letzter Abruf: 24.04.2023)
Deutsches Ärzteblatt, Nici Markus Dreger; Stephan Degener; Parviz Ahmad-Nejad; Gabriele Wöbker; Stephan Roth – Urosepsis - Ursache, Diagnose und Therapie: https://www.aerzteblatt.de/archiv/173138/Urosepsis-Ursache-Diagnose-und-Therapie (online, letzter Abruf: 24.04.2023)
aktualisiert am 24.04.2023