Sylvia Rupp: Omega-3-Fettsäuren sind aus chemischer Sicht Kohlen-Wasserstoff-Ketten mit einem Methyl-Ende CH3 und mit einer Carboxy-Gruppe am anderen Ende und mehreren Doppelbindungen, wobei die erste Doppelbindung vom Methyl-Ende her an Kohlenstoff-Atom 3 sitzt. Wenn eine Fettsäure Doppelbindungen hat, spricht man von einer ungesättigten Fettsäure.
Was ebenfalls sehr wichtig ist, ist die Konfiguration der Doppelbindung. Diese kann in Cis- oder Trans-Form vorliegen. Bei den Omega-3-Fettsäuren liegt sie in Cis-Form vor, was eine größere Beweglichkeit in der Matrix/Packung/Membran bewirkt. Transfettsäuren führen zu einer starren, unbeweglichen Struktur. Biochemisch gesehen sind sie bedeutend als strukturgebende Komponenten in Zellmembranen, zur Energiegewinnung und als Ausgangsstoffe für Botenstoffe (Signalmoleküle).
Omega-3-Fettsäuren sind für den Menschen lebensnotwendig, da mit ihnen die Fluidität und Integrität der Lipiddoppelschicht der Zellmembranen aufrechterhalten werden kann. Sie dienen außerdem als Energiespeicher, der als Triglyceride im Fettgewebe gespeichert wird.
Sylvia Rupp: Langkettige ungesättigte Fettsäuren wie die Omega-3-Fettsäuren können vom Körper nicht selbst gebildet werden, weil er dazu einerseits Fettsäuren mit mehr als 20 C-Atomen benötigt und zusätzlich auch spezielle Enzyme benötigt, wie die Methyl-Ende-Desaturasen. Die Desaturasen findet man allerdings nur in fotosynthetisch aktiven Bakterien, heterotrophen Urwesen, Salz- und Süßwasseralgen. Pflanzen bilden nur Fettsäuren bis zu einer Kettenlänge von 18 C-Atomen.
Langkettige ungesättigte Fettsäuren wie die Omega-3-Fettsäuren können vom Körper nicht selbst gebildet werden...
Sylvia Rupp: Die ALA (Alpha-Linolensäure) ist die pflanzliche Omega-3-Fettsäure, die zu den essenziellen Fettsäuren gehört und sich in Farnen, Moosen sowie in pflanzlichen Ölen befindet, wie Raps-, Lein- und Walnussöl. Pflanzen produzieren die ALA, neben der Linolsäure, zur Energiespeicherung, insbesondere für die Versorgung der nächsten Generation, weshalb Samen und Nüsse mit diesen Fettsäuren angereichert sind.
Die Alpha-Linolensäure ist eine dreifach ungesättigte Fettsäure, die ebenso wie die Linolsäure (eine Omega-6-Fettsäure), im Leinöl entdeckt wurde. Leinöl enthält zu 70% ALA. Bei einer komplett fettfreien Ernährung wirkte die Gabe von Leinöl im Experiment mit Ratten lebensrettend, und führte zu der Bezeichnung Vitamin F. Die Alpha-Linolensäure heißt auf Englisch Alpha-Linoleic Acid und wird deshalb ALA abgekürzt.
Bei ALA handelt es sich um eine dreifach ungesättigte Omega-3-Fettsäure. Das erste ungesättigte Kohlenstoffatom befindet sich an dritter Stelle vom Omega-Ende, zwei weitere befinden sich an sechster und neunter Position. Die maritimen Fettsäuren EPA (Eisosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure) kommen in nennenswerten Mengen in fettreichen Meeresfischen wie Hering, Lachs, Makrele, Sardine und Thunfisch vor, sowie in bestimmten Mikroalgen.
Sylvia Rupp: Menschen können ALA begrenzt in EPA, aber kaum in DHA umwandeln. Dies funktioniert jedoch nur mit einer Effizienz von 5-10% zu EPA und weniger als 1% zu DHA. Maritime Quellen wie Fische oder Mikroalgenöl sind daher wichtig für die Versorgung mit den marinen Fettsäuren. Pflanzen mit einem hohen Gehalt an ALA sind Leinsamen, Chiasamen, Hanfsamen, Walnüsse.
Die Umwandlung von Alpha-Linolensäure (ALA) in Eicosapentaensäure (EPA) ist beim Menschen ein mehrstufiger, enzymabhängiger Prozess, der nur ineffizient abläuft. Diese Umwandlung findet hauptsächlich in der Leber statt und wird durch mehrere Enzyme katalysiert. Einige davon wirken jedoch limitierend, wodurch es zu einer äußerst bescheidenen Umwandlungsrate von ALA zu EPA von nur 5-10% kommt.
Folgende enzymatische Schritte spielen hier eine Rolle:
Schritt 1 der Umwandlung erfolgt durch die Delta-6-Desaturase.
Funktion: Diese katalysiert den ernsten und limitierenden Schritt von ALA (C18:3.n-3) zu Stearidonsäure (C18:4,n-3). Dieser enzymatische Schritt ist der limitierende Faktor Nr. 1 und betrifft das Enzym Delta-6-Desaturase.
Kompetitive Enzymhemmung der Delta-6-Desaturase: Außerdem spielt auch der Wettbewerb um das gleiche Enzym eine wichtige Rolle, denn die pflanzliche Omega-6-Fettsäure Linolsäure konkurriert auch um die Delta-6-Desaturase, was die Umwandlung von ALA hemmt, besonders bei hohen Omega-6-Konsum, wie er durch den Verzehr von Fertiglebensmitteln, die mit billigen Ölen wie Sonnenblumenöl hergestellt sind, vorkommen kann.
Schritt 2: Umwandlung der Stearidonsäure (18:4,n-3) zur Eicosatetraensäure (C20:4,n-3). Dieser Schritt wird durch das Enzym Elongase katalysiert.
Schritt 3: Delta-5-Desaturase: diese wandelt die Eicosatetraensäure (C20:4,n-3) in die Eicosapentaensäure (C20:5,n-3) um. Auch hier konkurrieren Omega-6-Zwischenprodukte wie die DGLA (C20:3,n-6) miteinander.
Menschen können ALA begrenzt in EPA, aber kaum in DHA umwandeln.
Sylvia Rupp: Die Delta-6-Desaturase ist langsam und nur begrenzt verfügbar. Es besteht Konkurrenz durch die Omega-6-Fettsäure Linolsäure. Das Alter, eine evtl. vorherrschende Insulinresistenz oder metabolisches Syndrom, Transfettsäuren, Alkohol, Stress und genetische Polymorphismen (FADS1/FADS2) verschlechtern zusätzlich die Enzymaktivität.
Vitamin- und Mineralstoffmängel, wie Zink, Magnesium, Vitamin B6 können die Enzymaktivität ebenfalls senken. Hier stellt sich die sehr wichtige Frage nach den Cofaktoren der Delta-6-Desaturase:
Die Delta-6-Desaturase, codiert durch das FADS2 Gen, ist ein Schlüsselenzym für die Umwandlung von Alpha-Linolensäure (ALA) in Stearidonsäure und damit für die Synthese von EPA. Sie benötigt mehrere Cofaktoren und ist sehr empfindlich gegenüber Ernährungs- und Umweltfaktoren.
Sylvia Rupp: Die Fähigkeit zur Produktion dieses Enzymes nimmt im Alter oder bei Krankheiten ab. Studien zeigen, dass die D6D-Aktivität mit dem Alter deutlich sinkt, besonders ab 50+. Dies führt zu einer geringeren Umwandlungsrate von ALA zu EPA/DHA. Ergo: Ältere Menschen sind stärker auf eine exogene Zufuhr von EPA/DHA angewiesen. Varianten im FADS1/FADS2 Gen können zu schwacher oder überaktiver D6D führen. Manche Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel Inuit, haben genetisch eine niedrigere Desaturase-Aktivität, da bei fettreichen marinen Diäten eine verringerte Eigenproduktion adaptiv gewesen sein könnte.
Speziell Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Metabolisches Syndrom und Adipositas führen zu reduzierter D6D-Aktivität. Ebenso wirken chronischer Stress und Cortisol hemmend auf die Enzymaktivität. Ein hoher Zuckerkonsum, Alkohol, Transfette und chronische Entzündungen hemmen ebenso die D6D-Aktivität.
Sylvia Rupp: Kann man die Delta-6-Desaturase heutzutage noch ausreichend durch die Ernährung unterstützen oder ist grundsätzlich sinnvoll zu supplementieren? Sind die Nährstoffgehalte in den Lebensmitteln heutzutage noch ausreichend, um eine ordentliche Funktion der Delta-6-Desaturase zu gewährleisten? War das früher anders?
In vielen Fällen nein!!! Ausgelaugte Böden, lange Transportwege und Lagerung, starke Lebensmittelverabeitung, individuelle Faktoren wie Stress, Medikamente (Nährstoffräuber), Alter, Rauchen, Alkohol, genetische Varianten...all das wirkt sich negativ aus.
Für eine gute Funktion der Delta-6-Desaturase braucht es: eine hohe Lebensmittelqualität (Bio), möglichst wenig Verarbeitung, eine gezielte Auswahl nährstoffreicher Pflanzen und Saaten, ggf. gezielte Supplementierung bei Risikofaktoren und Mangelzuständen.
Sylvia Rupp: Dazu ist es wichtig, in unsere Vergangenheit zurückzublicken. So wie vor 80 Jahren Winston Churchil, der bedeutendste britische Staatsmann des 20. Jahrhunderts, es formulierte: "Wer nicht in der Lage ist, rational zurückzuschauen, wird seine Zukunft nicht erfolgreich und nachhaltig gestalten."
Man sollte beachten, dass sich die genetische Ausstattung und damit auch der Stoffwechsel des Homo Sapiens seit den letzten 40.000 Jahren so gut wie nicht verändert hat. Somit unterscheidet sich der heutige Mensch genetisch und physiologisch praktisch nicht von den Jägern und Sammlern der Steinzeit. Was sich jedoch massiv unterscheidet, ist die Art und Zusammensetzung unserer Ernährung seit wir ins Industriezeitalter eingetreten sind. Unsere typische heutige Zivilisationskost enthält zu viele entzündungsfördernde Omega-6-Fettsäuren wie die Linolsäure und die Arachidonsäure, zum Beispiel aus Sonnenblumenöl, Distelöl, aber auch Nussmus, Nüssen, und natürlich auch aus nicht artgerecht gefütterten Tieren.
Deshalb beträgt das Omega-6:Omega-3-Verhältnis der westlichen Bevölkerung häufig 15:1 und höher, im Extremfall sogar bis zu 50:1, während es in der Steinzeit 1:1 betrug. Dieses optimale Verhältnis erreichen die Inuit heutzutage noch mit 0,8:1. Die Mittelmeer-Ernährung kann ein Verhältnis von 2:1 herstellen.
Sylvia Rupp: Omega-3-Fettsäuren sind nur bedingt gesünder als Omega-6-Fettsäuren. Beide mehrfach ungesättigten Fettsäuren haben sehr wichtige Rollen im Stoffwechsel. Entscheidend ist ihr Verhältnis zueinander.
Sylvia Rupp: Um diese Frage zu beantworten ist es sinnvoll sich die Biochemie genauer anzuschauen:
Aus Omega-3-Fettsäuren - genauer gesagt aus der Eicosapentaensäure (EPA) - werden sogenannte lokale Hormone/Gewebshormone gebildet, die man Prostanoide der Serie 3 und Leukotriene der Serie 5 bezeichnet. Leukotriene werden in den weißen Blutkörperchen gebildet. Prostaglandine beeinflussen als Mediatoren die Enzymaktivitäten. Sie wirken auf den Blutdruck, die glatte Muskulatur und beeinflussen die Herzfrequenz und das Schmerzempfinden und wirken gefäßerweiternd.
Man kann die Wirkungen der Mediatoren aus EPA als: antithrombotisch, antichemotaktische, antivasokonstriktiv und antiinflammatorisch bezeichnen. EPA und DHA wirken anti-entzündlich und werden dementsprechend bei entzündlich geprägten Erkrankungen wie Allergien, Asthma, Migräne, Multiple Sklerose oder Rheuma erfolgreich eingesetzt. Die beiden Fettsäuren ergänzen sich dabei in ihrer anti-inflammatorischen Wirkung. EPA kann den Entzündungsprozess bremsen, während DHA eine wichtige Rolle bei Ab- und Aufräumprozessen von Entzündungen spielt.
EPA kann den Entzündungsprozess bremsen, während DHA eine wichtige Rolle bei Ab- und Aufräumprozessen von Entzündungen spielt.
Sylvia Rupp: Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinsuffizienz, Herzinfarkt und Schlaganfall sind für 40% der Sterbefälle verantwortlich und zählen zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland. Die kardiovaskulären Erkrankungen heben erheblich individuelle Krankheitsfolgen und verursachen hohe gesellschaftliche Krankheitskosten. Durch den rechtzeitigen präventiven Einsatz der marinen Fettsäuren EPA und DHA lassen sich somit individuell und gesellschaftlich schwerwiegende Risikofaktoren senken, da folgende klinische Parameter günstig beeinflusst werden können: Blutdruck, Blutfette, Endothelfunktion, vaskuläre Inflammation, Herzratenvariabilität (HRV) und Thrombozytenaggregation.
EPA und DHA haben folgende kardioprotektive Eigenschafften: antiarrhytmische Wirkung, Steigerung der Fluidität und Integrität der Zellmembranen (Phospholipid-Doppelmembran), blutdrucksenkender Effekt, Interaktion mit spannungsabhängigen und von kalziumregulierten SL01-Kalium-Kanälen, Verbesserung der NO-Bioverfügbarkeit und der endothelabhängigen Relaxation, Reduktion der Belastung mit entzündungsfördernden und atherogen wirkenden Zytokinen, Verbesserung der Herzfrequenzvariabilität (HRV), Stabilisierung atherosklerotischer Plaques, Verbesserung der Herzmuskelleistung, Verringerung der Blutviskosität und verbesserte Blutrheologie (Fließverhalten des Bluts), Hemmung der Thrombozytennaggration sowie die Verbesserung des Blutfettmusters vor allem durch die Senkung erhöhter Triglyceride.
Im Rahmen von Fettstoffstoffwechselstörungen sind erhöhte Trigycerid-Werte (größer 150 mg/dl) ein eigenständiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Ereignisse wie Schlaganfall und Herzinfarkt. Wissenschaftler der Harvard Medical School of Boston zeigten im New England Journal of Medicine, dass eine hoch dosierte Gabe der langkettigen maritimen Omega-3-Fettsäure EPA Eicosapentaensäure (zum Beispiel 2 mal 2 g pro Tag) nicht nur den Spiegel der erhöhten Triglyceride von Hochrisikopatienten signifikant senkt, sondern auch die Wahrscheinlichkeit für Herzinfarkt, Schlaganfall sowie Tod durch kardiovaskuläre Ereignisse um bis zu 25% reduziert.
Diese vielversprechenden Ergebnisse wurden im Rahmen der REDUCE-IT Studie erzielt. Nach den Leitlinien der Amerikanischen Herzgesellschaft, der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie und der Europäischen Atherosklerose Gesellschaft sollte die Therapie einer Hypertriglyeridämie mit täglich 4 g EPA und DHA oder nur EPA erfolgen. Auch die Kombination mit Vitamin D (zum Beispiel 4000 I.E. pro Tag und Coenzym Q10, zum Beispiel 200 mg Ubiquinol pro Tag) kann empfohlen werden.
Sylvia Rupp: Die optimale Menge beträgt 2-4 g.
Sylvia Rupp: Dies kann man am gesamten Gesundheitszustand, der eigenen Motivation und Lebensfreude, dem Hautbild, dem Schlafverhalten sowie der Stimmung und am Antrieb feststellen. Durch Überprüfung meiner Omega-3-Blutwerte und dem HS-Omega-3-Index erhält man gezielte Werte. Lieber messen statt raten!
Sylvia Rupp: Meiner Meinung nach lässt sich ein Omega-3-Mangel an der mentalen Stärke und Resilienz ablesen. Wenn ich wegen jeder Kleinigkeit depressiv werde und den Eindruck habe, keinen Widerstand leisten zu können gegen die Widrigkeiten des Lebens, außerdem schon chronische Krankheiten vorliegen oder in der Kindheit ADHS, Ticks usw. aufgetreten sind, ist von einem Omega-3-Mangel auszugehen. Im Labor kann dies ganz einfach durch die Messung des HS-Omega-3-Index festgestellt werden, dessen Original der Kardiologe Prof. Dr. med. Clemens von Schacky entwickelt hat zusammen mit Prof. William Harris. Mittlerweile sind verschiedene Trockenbluttests auf dem Markt erhältlich. Außerdem kann das Fettsäurespektrum in den Erythrozyten auch durch Blutabnahme aus der Vene ermittelt werden.
Im Labor kann dies ganz einfach durch die Messung des HS-Omega-3-Index festgestellt werden
Sylvia Rupp: Dazu zählen: schlechte Laune, reduzierte kognitive Fähigkeiten, schlechtes Sehen, Herzprobleme, schlechtere Responderrate bei Medikamenten und Nährstoffen sowie verstärkte Nebenwirkungen.
Sylvia Rupp: Verstärkt können kardiovaskuläre Erkrankungen sowie psychologische Störungen wie Depression, Schizophrenie, Angststörungen, Schlafstörungen auftreten. Außerdem können altersabhängige kognitive Krankheiten wie Alzheimer und Demenz sowie Augenkrankheiten (altersabhängige Makuladegeneration (AMD), Trockenes Auge oder Dysfunktion der Meibom-Drüsen) entstehen. Sogar Krebs, Insulinresistenz, Diabetes, Metabolisches Syndrom, Immunkrankheiten und Knochenkrankheiten wie Osteoporose oder Sarkopenie sind denkbare Krankheiten bei Omega-3-Mangel.
Sylvia Rupp: Die für den Menschen am wichtigsten Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA kommen in hohen Konzentrationen in Algen vor. Über die Nahrungskette Algen und Plankton sowie den Krill (garnelenartige Krebstiere) gelangen sie in hoher Konzentration in die Kaltwasserfische Makrele, Hering, Lachs und Forelle. Algen und Plankton haben sich im Laufe der Evolution den kalten Temperaturen im Polarmeer angepasst, indem sie besonders viele Omega-3-Fettsäuren in ihre Zellwände einbauen. Das hält diese auch bei Minusgraden noch flexibel und geschmeidig.
Für den Krill besitzen Omega-3-Fettsäuren eine hohe Bedeutung, da sie die Fluidität der Zellen und des Blutes auch bei arktischen Temperaturen bis unter den Gefrierpunkt (im Salzwasser!) erhalten. Die Omega-3-Fettsäuren DHA und EPA kommen außerdem im Fleisch von Wildtieren vor, da diese Farne, Flechten und Moose fressen, welche die pflanzliche Omega-3-Fettsäure ALA enthalten. Wildtiere können die ALA zu einem gewissen Prozentsatz in EPA umwandeln. Wildtiere, insbesondere Pflanzenfresser wie Rehe, Elche, Rentiere und Hirsche haben oft eine deutlich höhere Enzymaktivität (Delta-6-Desaturase, Elongase). Eine günstige ALA-reiche Ernährung (Flechten, Kräuter, Gräser) und ein niedriges Omega-6:Omega-3-Verhältnis, was die Umwandlung begünstigt, wäre optimal.
Studien zeigen, dass Rentiere und Elche ALA zu DHA effizienter umwandeln können als domestizierte Tiere. Der Umwandlungsgrad von ALA zu DHA kann bis zu 5-10% betragen, abhängig von der Jahreszeit und Futterzusammensetzung. Eier aus Biohaltung von frei laufenden Hühnern sind ebenfalls sehr gut. Die tatsächliche Umwandlung von ALA in EPA und DHA ist jedoch genauso ineffizient wie beim Menschen. Je Omega-6-haltiger das Futter ist, desto schlechter funktioniert die Umwandlung. Die tatsächliche Umwandlungsrate liegt laut Studien bei 5-10% ALA in EPA und weniger als 1-2% in DHA. Legehennen, die man mit ALA-reichem Futter füttert, reichern in den Eiern vermehrt EPA an, DHA jedoch nur in sehr geringen Mengen.
Fazit: Hühner sind keine besonders effizienten Umwandler von ALA in EPA und DHA. Für eine relevante Anreicherung von DHA in Fleisch oder Eiern müssen sie direkt mit Algenöl oder anderen DHA-haltigen Quellen gefüttert werden.
Sylvia Rupp: Tierische Omega-3-Quellen enthalten nicht nur EPA und DHA, sondern auch weitere relevante wirksame Omega-3-Fettsäuren wie die SDA (Stearidonic Acid), ETA (Eicosatetraensäure) und DPA (Docosapentaensäure). Krill enthält EPA und DHA in Phospholipidform gebunden. Die ETA kommt in der Grünlippmuschel (1-3% der Lipide) vor und in Spuren auch in Fischöl. Pflanzliche Quellen enthalten nur die ALA und teilweilweise SDA. SDA ist auch in Gewächsen der Borretschfamilie, Echium und schwarze Johannisbeere enthalten. DPA ist sehr viel enthalten in Robbenöl von Grönland-Robben.
Sylvia Rupp: Fischöl enthält in der Regel mehr EPA als DHA, deshalb ist es besonders bei Entzündungszuständen das Omega-3-Öl der Wahl, zum Beispiel bei chronischen Entzündungen (Silent Inflammation). Nimmt man viel EPA aus Fischöl auf, führt das dazu, dass nahezu die gesamte Arachidonsäure aus Membranphosholipiden in fast allen Zellen ersetzt wird. Fischöle (viel EPA) haben sich in klinischen Studien als wirksame Therapeutika bei chronischer Polyarthritis erwiesen. Es gibt eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen der Zufuhr von EPA und der Besserung der klinischen Symptome. Bei rheumatoider Arthritis verhindern Omega-3-Fettsäuren die Progression. Sie sind entzündungshemmend und schmerzstillend und können erhebliche Einspareffekte an nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAR) bewirken und deren Nebenwirkungsspekrum abmildern.
Fischöl enthält in der Regel mehr EPA als DHA, deshalb ist es besonders bei Entzündungszuständen das Omega-3-Öl der Wahl...
Sylvia Rupp: Bei Personen mit Depressionen kann eine EPA-reiche Formulierung eines Omega-3-Öles, wie sie bei natürlichem Fischöl vorkommt, von Vorteil sein, da EPA Entzündungsprozesse und Neuroinflammationen herunterregulieren kann. Zum Beispiel 1-2 g EPA (reines EPA) pro Tag oder 2000-3000 mg Fischöl mit hohem EPA Anteil.
Sylvia Rupp: Kontraindikationen sind z.B. akute Pankreatitis, Leberzirrhose, Gallenblasenzentzündung, Gerinnungsstörungen.
Sylvia Rupp: Bei den zuvor genannten Kontraindikationen sollte Rücksprache mit dem Arzt gehalten werden. Ich empfehle grundsätzlich vor der Einnahme von marinem Omega-3 ein Blutbild/HS-Omega-3-Test zu machen, da dies die Compliance verbessert, sowie dem Patienten auch seinen aktuellen Stand und Bedarf aufzeigt.
Sylvia Rupp: Bereits vor der Schwangerschaft und bei Kinderwunsch, sollte die tägliche Zufuhr von EPA/DHA auf etwa 2000 mg täglich erhöht werden, was durch die Ergebnisse aktueller Studien bestätigt wird. Vor der Ovulation, während der Schwangerschaft sowie in der Stillzeit ist aus präventivmedizinischer Sicht eine optimale Versorgung mit DHA und EPA besonders wichtig. Dadurch kann eine immunologische Abstoßungsreaktion gegenüber der befruchteten Eizelle reduziert werden und eine Abstoßungsreaktion vermieden werden. Bei Frauen im fortgeschrittenen Alter (35-40) kann durch die Supplementierung mit EPA/DHA die Fortpflanzungsfähigkeit verbessert werden.
Die Qualität des Spermas und die Spermienbeweglichkeit kann durch DHA/EPA signifikant gesteigert werden und insgesamt somit die Chance auf eine erfolgreiche Schwangerschaft. Diese Eigenschaften macht man sich in der Fertilitätstherapie zunutze und verwendet diese Omega-3-Fettsäuren als unterstützende Maßnahmen. Im Alter werden alle unsere biochemischen Reaktionen langsamer oder weniger effizient, deshalb braucht unser Körper mehr EPA und DHA. Ein gesunder Erwachsener zwischen 20-50 Jahren braucht laut Dr. Peter Lembke für präventive Zwecke 1000 mg EPA und DHA, während ein älterer Körper 1500-2000 mg Omega-3-Fettsäuren am Tag für den maximalen Benefit braucht. Senioren brauchen mehr strukturelles DHA.
Dadurch kann eine immunologische Abstoßungsreaktion gegenüber der befruchteten Eizelle reduziert werden und eine Abstoßungsreaktion vermieden werden.
Sylvia Rupp: Ja, Kinder sollten definitiv Omega-3 zusätzlich einnehmen. Die marine Omega-3-Fettsäure DHA ist extrem wichtig als unentbehrlicher Baustein der Membran der Nervenzellen (z.B. Gehirn, Retina) und außerdem ein Baustein des Phospholipids Phosphatidylserin, das an der Freisetzung und Synthese von Neurotransmittern (z.B. Dopamin) beteiligt ist. Die Anreicherung von DHA während des Fetalstadiums und im frühen Säuglingsalter wirkt sich auf die kognitiven Funktionen und die Sehfähigkeit des Kindes aus. Im weiteren Kindesalter ist eine adäquate Supplementierung mit den Gehirnfettsäuren DHA und EPA wichtig für die Entwicklung des Verhaltens und Lernvermögens. Damit kann auch der Entwicklung von neuropsychiatrischen Erkrankungen wie ADS und ADHS vorgebeugt werden.
Sylvia Rupp: Das Omega-3-Öl sollte ein zu 100% natürliches Fischöl aus Wildfang sein oder ein rein pflanzliches und veganes Algenöl aus der Meeresalge Schizochytrium Sp. Das maritime Fischöl sollte aus dem frischen Fischfleisch gewonnen werden und nicht als Nebenprodukt aus der Fischleber. Sensorisch kann man die Frische des Öls durch Riechen oder Schmecken ganz einfach selbst überprüfen. Der charakterisierende berechnete Laborwert für die Frische des Öles ist der TOTOX-Wert.
TOTOX ist die Abkürzung für Total Oxidation. Dieser Wert zeigt die Frische des Öls an und ist ein Maß für die Oxidation bzw. die Ranzigkeit der Fettsäuren. Ranziges Omega-3-Öl riecht unangenehm und verursacht Aufstoßen mit Fischgeschmack. Ein TOTOX-Wert von größer 26 zeigt an, das das Omega-3-Öl verdorben ist und nicht mehr verzehrt werden sollte. Je niedriger der TOTOX-Wert ist, desto frischer und hochwertiger ist das Omega-3-Öl. Zugesetzte Bestandteile wie Olivenöl können den TOTOX-Wert beeinflussen, deshalb ist es immer sinnvoll, nach dem TOTOX-Wert des Rohöles zu fragen. Zudem sollte ein gutes Omega-3-Öl durch regelmäßige Rückstandskontrollen auf Umweltgifte wie Schwermetalle, PCBs, Mikroplastik überprüft werden und eine anerkannte Zertifizierung haben.
Die Oxidationsstabilität kann mit dem Rancimat-Test ermittelt werden. Der Rancimat-Test misst die Zeit bis zum Ranzigwerden unter definierten Bedingungen – dies ist ein objektiver Stabilitätstest. Mit dem Rancimat-Verfahren kann die oxidative Stabilität von Ölen gemessen werden. Dieses Verfahren wird zum Beispiel von der Firma Eqology eingesetzt zur Bewerbung der oxidativen Stabilität ihrer Omega-3-Öle. Bei Interesse kann man bei den Herstellerfirmen nach dem konkreten OSI-/Induktionszeit-Wert fragen.
Das Omega-3-Öl sollte ein zu 100% natürliches Fischöl aus Wildfang sein oder ein rein pflanzliches und veganes Algenöl aus der Meeresalge Schizochytrium Sp.
Sylvia Rupp: Bis zu 5 g Omega-3-Fettsäuren pro Tag haben laut EFSA keine negativen Effekte. Omega-3-Fettsäuren verringern bei Langzeiteinnahme die Plättchenaggregation, die Bildung des thrombozytenaggregationsfördernden Thromboxans und senken den Spiegel des plasmatischen Faktors VII und des Fibrinogens. Dadurch wird die Blutgerinnung moderat verlängert, wodurch sich der Bedarf an Warfarin oder Phenprocoumon verringert und eine Dosisanpassung erforderlich macht.
Die Resorption und Bioverfügbarkeit von EPA und DHA ist komplex und setzt die Anregung der Fettverdauung voraus. Deshalb sollten die marinen Omega-3-Fettsäuren immer zusammen mit einer fetthaltigen Mahlzeit eingenommen werden. Wird hingegen nur eine kleine Menge von wenigen Gramm Fett konsumiert, wie dies bei der Einnahme von Fischölkapseln oder Algenölkapseln auf leeren Magen der Fall ist, wird die Fettverdauung nicht ausreichend aktiviert und die Fettsäuren werden überwiegend unverdaut wieder ausgeschieden.
Durch die Einnahme eines hochqualitativen Omega-3-Öles mit Zusatz von kalt gepresstem Olivenöl direkt aus der Flasche (möglichst Glasflasche) hat man das Problem mit der Bioverfügbarkeit und Resorption gleich mit gelöst. Zudem schmeckt es ins Essen gerührt (Müsli, Salat, Smoothie) einfach mega lecker. Die marinen Fettsäuren EPA und DHA können nur bei einer ausreichend angeregten Fettverdauung gut resorbiert werden.
Im aktuellen Buch "Omega-3-Fatty Acids – A scientific approach to healty aging and optimized nutrition" von Dr. Peter Lembke aus dem Academic Press Verlag 2025 wird vorgeschlagen, Omega-3-Öl zum Mittagessen und zum Abendessen, aber nicht morgens einzunehmen, da es morgens schlecht resorbiert werden kann.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 23.07.2025.