Der Blutzucker gibt an, wie viel Glukose, der wichtigste Energieträger für Gehirn und Muskeln, im Blut zirkuliert. Insulin und Glukagon sorgen dabei für eine präzise Regulierung. Ein dauerhaft erhöhter Nüchternblutzucker- oder HbA1c-Wert können auf eine gestörte Zuckerregulation oder Diabetes hindeuten. Übergewicht und Bewegungsmangel sind dabei zentrale Risikofaktoren. Durch gezielte Änderungen des Lebensstils – insbesondere Gewichtsreduktion, regelmäßige Bewegung und eine ballaststoffreiche, pflanzenbetonte Ernährung – lässt sich ein Prädiabetes oft rückgängig machen. Selbst bei manifestem Diabetes ist eine Remission möglich. Blutzuckerspitzen entstehen vor allem durch einfache Kohlenhydrate wie Zucker und Weißmehl. Eine Ernährungsweise mit gesunden Fetten, Proteinen und viel Gemüse kann hingegen den Blutzuckerspiegel stabilisieren.
Prof. Pfeiffer: Blutzucker ist im Grunde genommen Glukose. Nicht zu verwechseln mit dem Haushaltszucker, der zusätzlich noch Fruktose enthält - dieser besteht also aus Glukose und Fruktose. Glukose ist der wichtigste Energielieferant im Körper. Besonders das Gehirn und einige Organe nutzen Glukose als direkten Brennstoff. Auch bei körperlicher Höchstleistung, etwa beim Sprinten, wird Glukose in den Zellen direkt verbrannt und in Energie umgewandelt, genauer gesagt in ATP, die "Energiewährung" unseres Körpers.
Der Blutzuckerspiegel wird bei gesunden Menschen sehr präzise durch die beiden Hormone Insulin und Glukagon reguliert. Insulin senkt den Blutzuckerspiegel, indem es die Aufnahme von Zucker in Muskel- und Fettzellen fördert. Das Gehirn, der Darm und einige andere Organe können Glukose übrigens auch ohne Insulin aufnehmen. Glukagon wird aktiv, wenn wir längere Zeit nichts gegessen haben, also bei Hunger oder beim Fasten. Denn auch dann braucht unser Körper Zucker, vor allem das Gehirn ist auf eine konstante Versorgung angewiesen. Ohne Zucker kann es nicht arbeiten – wir würden ohnmächtig werden.
In dieser Situation regt Glukagon die Zuckerproduktion in der Leber an. Die Leber nutzt dafür vor allem eingelagerte Fette, wandelt sie in Glukose um und gibt diese ins Blut ab. Ein erhöhter Blutzuckerspiegel nüchtern zeigt an, dass die Leber zu viel Zucker produziert, also dass diese Glukoseproduktion überaktiv ist.
Prof. Pfeiffer: Dafür wird tatsächlich ein enzymatisches Verfahren genutzt. Die genauen biochemischen Details sind für uns nicht relevant. Im Wesentlichen läuft es wie folgt ab: Aus einem Blutstropfen wird ein elektrisches Signal erzeugt, das in einen Blutzuckerwert umgerechnet wird. Diese Methode ist vielen bekannt – vor allem durch die kleinen Teststreifen-Geräte. Heutzutage gibt es zusätzlich auch kontinuierliche Glukosesensoren, die auf den Arm oder den Bauch geklebt werden. Sie funktionieren nach dem gleichen Prinzip.
Dabei ist ein kleiner Faden integriert, der im Unterhautgewebe misst. Dort befinden sich Kapillaren, also feinste Blutgefäße. In diesem Gewebe gleicht sich der Zuckerwert sehr schnell mit dem Blutzucker im Blut an, weshalb der Sensor sehr verlässliche Werte liefert. Diese Geräte dienen der Selbstkontrolle. Insbesondere die kontinuierlichen Messsysteme, also die kleinen Sensoren, die auf den Arm oder den Bauch geklebt werden, erfassen den Blutzucker dauerhaft. Sie sind ständig griffbereit und die Werte können jederzeit abgelesen werden, entweder auf einem kleinen Messgerät oder direkt auf dem Handy.
Diese Messverfahren sind dennoch nicht sehr präzise, da sie einen Messfehler von etwa 10% aufweisen. Wenn der angezeigte Blutzuckerwert beispielsweise 100 mg/dl beträgt, kann der tatsächliche Wert also in Wirklichkeit bei 90 oder 110 mg/dl liegen. In manchen Fällen kann die Abweichung sogar noch größer sein. Beim Hausarzt wird der Blutzucker hingegen im Labor mit einer deutlich genaueren Methode bestimmt.
Diese Messverfahren sind dennoch nicht sehr präzise, da sie einen Messfehler von etwa 10% aufweisen.
Prof. Pfeiffer: Wenn Sie mit der Plättchen-Methode zu Hause selbst messen, ist es wichtig, dass sich keine Zuckerrückstände an den Fingern befinden, da diese sonst beim Messen erfasst werden und das Ergebnis verfälschen würden. Die Hände sollten also sauber sein. Am besten waschen Sie sie vorher und vermeiden Sie jeglichen Kontakt mit Essen oder Zucker.
Der Blutzuckerwert hängt von verschiedenen Faktoren ab. Mahlzeiten erhöhen den Blutzucker im Blut und Gewebe deutlich. Aber auch andere Einflüsse wie körperliche Aktivität, Schlafqualität oder Stress spielen eine Rolle. Zusätzlich unterliegt der Zucker einem natürlichen Tagesrhythmus, was die Interpretation erschwert. Es handelt sich also um ein komplexes Zusammenspiel.
Prof. Pfeiffer: Entscheidend ist vor allem der nüchtern gemessene Blutzuckerwert. Ein normaler Nüchternwert liegt bei etwa 70 bis 100 mg/dl (Milligramm pro Deziliter) bzw. 3,5 bis 5,5 mmol/l (Millimol pro Liter). In verschiedenen Regionen werden unterschiedliche Einheiten verwendet, im deutschsprachigen Raum sind beide gebräuchlich. Liegt der Nüchternwert über 100 mg/dl bzw. über 5,5 mmol/l, spricht man von einer gestörten Nüchternglukose. Das ist ein Frühzeichen für eine mögliche Diabetesentwicklung, die auch als Prädiabetes bezeichnet wird. Werte ab 126 mg/dl (7 mmol/l) im nüchternen Zustand und unter kontrollierten Bedingungen gelten als Kriterium für die Diagnose eines Diabetes mellitus.
Wichtig: Diese Diagnose sollte nicht mit einfachen Selbsttests erfolgen, da diese zu ungenau sind. Eine exakte Messung muss durch eine Arztpraxis erfolgen.
Ein Prädiabetes steht in engem Zusammenhang mit dem Körpergewicht. Übergewicht beeinflusst die Zuckerregulation stark. Menschen mit einem erhöhten Nüchternzuckerwert haben ein jährliches Risiko von etwa 10%, an Diabetes zu erkranken. Rund die Hälfte von ihnen entwickelt innerhalb weniger Jahre einen manifesten Diabetes. Die gute Nachricht: Diese Entwicklung ist nicht zwangsläufig. Prädiabetes lässt sich durch Veränderungen des Lebensstils oft aufhalten oder sogar rückgängig machen. Entscheidend sind vor allem: regelmäßige Bewegung, Gewichtsreduktion bei Übergewicht sowie eine ausgewogene, zuckerarme Ernährung. Das eigene Verhalten hat also großen Einfluss darauf, wie sich der Blutzucker im Körper entwickelt.
Prof. Pfeiffer: Eine Insulinresistenz entsteht typischerweise bei Bewegungsmangel, Übergewicht und ungesunder Ernährung. Der Körper benötigt dann immer mehr Insulin, um den Blutzuckerspiegel im normalen Bereich zu halten. Insulin ist ein Hormon, das dafür sorgt, dass Zucker aus dem Blut in die Körperzellen aufgenommen wird. Wird mehr Insulin benötigt, spricht man von Insulinresistenz. Wichtig zu wissen: Insulin wirkt im Körper auch als Wachstumsfaktor. Hohe Insulinspiegel begünstigen Arteriosklerose und erhöhen somit das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall – ein ernstzunehmender Risikofaktor für die Gesundheit.
Menschen mit starker Insulinresistenz haben ein entsprechend hohes Risiko für Folgeerkrankungen. Die gute Nachricht: Insulinresistenz lässt sich relativ schnell positiv beeinflussen. Bereits etwas Bewegung kann die Insulinsensitivität für etwa 24 Stunden verbessern. Deshalb ist Regelmäßigkeit entscheidend. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt mindestens 150 Minuten körperliche Aktivität pro Woche, bei der man ins Schwitzen kommt. Auch das Körpergewicht spielt eine wichtige Rolle: Jedes verlorene Kilogramm kann den Blutzuckerspiegel spürbar senken – um etwa ein Milligramm pro Deziliter oder mehr. Wer übergewichtig ist und sich im Bereich des Prädiabetes bewegt, kann durch eine Gewichtsabnahme von wenigen Kilo oft den Blutzucker wieder normalisieren.
Das zeigen auch große Studien aus Europa und den USA, die bereits vor 25 Jahren durchgeführt wurden. Das Ergebnis: Rund 60% der Menschen mit Prädiabetes können durch den Verlust von 3 bis 4 Kilogramm, eine gesündere Ernährung und etwas mehr Bewegung wieder in einen gesunden Bereich zurückkehren. Diabetes ist also stark beeinflussbar, selbst wenn er familiär gehäuft auftritt.
Bereits etwas Bewegung kann die Insulinsensitivität für etwa 24 Stunden verbessern.
Prof. Pfeiffer: Ja, in diesem Zusammenhang spricht man von einer Diabetesremission. Wir haben gerade selbst eine Studie mit 52 Teilnehmern durchgeführt. Dabei haben 95% der Teilnehmenden, die bereits Diabetes hatten, aber noch kein Insulin spritzen mussten, eine Remission erreicht, d. h., ihre Blutzuckerwerte haben sich normalisiert. Voraussetzung dafür war allerdings eine Gewichtsabnahme von 15 Kilogramm. Dies deckt sich mit den Ergebnissen einer früheren Studie aus England. Dort wurden rund 300 Patienten in Hausarztpraxen betreut mit dem Ziel, durch Gewichtsreduktion die Diabeteswerte zu verbessern. Auch dort zeigte sich: 15 Kilogramm weniger Gewicht können eine enorme Wirkung haben. Das ist allerdings eine recht deutliche und radikale Abnahme.
Wir arbeiten mit einer sogenannten Formuladiät, also mit Mahlzeitenersatzprodukten. Frauen bekommen dabei 600 Kalorien pro Tag, Männer 800. Man könnte denken, dass dies schwer durchzuhalten ist, aber erstaunlicherweise klappt es sehr gut. Die meisten haben in dieser Phase kaum Hungergefühle, solange sie sich konsequent an die Formuladiät halten. Auch das ständige Nachdenken über Essen entfällt. Das macht es psychologisch einfacher. Deshalb ziehen viele die Diät gut durch – und oft sogar länger als geplant.
Wenn jemand beispielsweise mit 130 Kilogramm startet und nach der Diät 15 Kilogramm verloren hat, ist der Anfangserfolg so motivierend, dass viele sagen: "Jetzt ziehe ich das weiter durch." Das eigentliche Problem liegt jedoch nicht im Abnehmen selbst, sondern darin, das Gewicht danach zu halten. Während der Gewichtsabnahme hat man ein klares Ziel vor Augen und kann schnelle Erfolge verzeichnen, beispielsweise fünf Kilo pro Monat. Doch sobald dieses erreicht ist, fehlt oft die Orientierung. Man wird wieder leichter verführt – durch Essen, durch alte Gewohnheiten. Übergewicht ist letztlich auch eine Folge unseres sehr starken Belohnungssystems im Gehirn.
Es übersteuert unseren Verstand, zum Beispiel, wenn wir Schokolade lieben. Dann greifen wir oft automatisch zu, ohne groß darüber nachzudenken, was das langfristig bedeutet. Hinzu kommt, dass unser Lebensmittelangebot zwar ein Geschenk ist, aber ein großer Teil davon leider ungesund ist. So erliegen viele dieser dauerhaften Verlockung, was dazu führt, dass etwa die Hälfte unserer Bevölkerung übergewichtig oder adipös ist.
Prof. Pfeiffer: Wenn wir essen, steigt der Blutzuckerspiegel an – das ist ganz normal und passiert auch bei gesunden Menschen. Dabei darf der Blutzucker durchaus auf etwa 180 bis 200 mg/dl (10 bis 12 mmol/l) steigen. Das ist eine normale Reaktion des Körpers.
Besonders stark steigt der Blutzucker, wenn man viele zuckerhaltige Lebensmittel zu sich nimmt, insbesondere solche, die Stärke enthalten, wie beispielsweise Mehlprodukte oder Reis. Diese lassen den Blutzucker besonders schnell und stark ansteigen und stellen übrigens auch das größte Risiko für die Entwicklung von Diabetes dar – mehr noch als gewöhnlicher Haushaltszucker. Wenn man also morgens beispielsweise ein weißes Brötchen oder einen süßen Zopf isst, steigt der Blutzucker typischerweise sehr schnell an. Das liegt unter anderem daran, dass wir morgens insulinresistenter sind. Morgens schüttet der Körper vermehrt Cortisol und Wachstumshormone aus. Beide Hormone erhöhen den Blutzuckerspiegel zusätzlich.
Deshalb steigt der Blutzuckerwert am Morgen oft besonders stark an. Am Nachmittag steigt er zwar nicht so steil an, dafür aber über einen längeren Zeitraum, da der Körper den Zucker zu dieser Tageszeit schlechter reguliert. Das hängt mit unserem natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus zusammen. Nach einer Mahlzeit sinkt der Blutzucker wieder ab – bei jungen Menschen oft recht schnell, bei älteren Menschen dagegen langsamer. Mittags fällt der Blutzuckeranstieg in der Regel moderater aus, unter anderem, weil zu dieser Tageszeit meist Mischkost gegessen wird. Zu den Kohlenhydraten wie Kartoffeln oder Brot kommen dann beispielsweise auch Fleisch, Fett oder Soßen hinzu. Fett und Soßen verlangsamen die Magenentleerung, sodass der Zucker langsamer in den Dünndarm und schließlich ins Blut gelangt. So steigt der Blutzucker insgesamt langsamer und weniger stark an.
Wenn man mittags allerdings noch ein Stück Kuchen isst, steigt der Blutzucker erneut. Das Gleiche gilt natürlich auch für das Abendessen. Abends bleibt der Blutzucker etwa zwei- bis dreimal länger erhöht als morgens. Der Grund ist, dass unser Stoffwechsel am Abend deutlich schlechter funktioniert. Das liegt daran, dass viele Enzyme in der Leber, im Fettgewebe und in der Muskulatur tageszeitlich gesteuert werden. Morgens sind sie aktiv, abends werden sie heruntergefahren. Diesen sogenannten zirkadianen Rhythmus haben übrigens alle Lebewesen – selbst Algen richten sich danach. Für uns bedeutet das: Es ist grundsätzlich gesünder, den Großteil der Kalorien in der ersten Tageshälfte oder bis zum frühen Nachmittag zu sich zu nehmen und abends eher wenig zu essen.
Besonders stark steigt der Blutzucker, wenn man viele zuckerhaltige Lebensmittel zu sich nimmt, insbesondere solche, die Stärke enthalten, wie beispielsweise Mehlprodukte oder Reis.
Prof. Pfeiffer: Der glykämische Index ist ein Konzept, das in den 1960er-Jahren vom deutschen Professor Hellmut Otto entwickelt wurde. Er beobachtete, wie stark der Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr von 50 Gramm Kohlenhydraten ansteigt. Genau das beschreibt der glykämische Index: den Blutzuckeranstieg nach der Aufnahme von 50 Gramm verwertbarer Kohlenhydrate aus einem bestimmten Lebensmittel.
Zum Vergleich: Weißbrot oder reine Glukose führen zu einem sehr schnellen und starken Anstieg des Blutzuckerspiegels – sie haben also einen hohen glykämischen Index. Andere Lebensmittel wie Äpfel, Nudeln oder Spaghetti werden relativ dazu eingeordnet, immer bezogen auf die Aufnahme von 50 Gramm Kohlenhydraten. Interessant ist, dass der glykämische Index nicht nur von der Art des Lebensmittels abhängt, sondern auch von Mensch zu Mensch stark variieren kann. Wer schlecht geschlafen hat oder nachts feiern war, reagiert oft mit einem höheren Blutzuckeranstieg auf dieselbe Menge Kohlenhydrate als jemand, der gut geschlafen hat. Solche Faktoren spielen eine große Rolle und machen den glykämischen Index zu einer ziemlich variablen Größe.
Heute kann man diese Reaktionen mit kontinuierlichen Blutzuckersensoren sogar selbst messen. Wenn man an mehreren Tagen nacheinander exakt dasselbe isst, kann man gut erkennen, wie unterschiedlich der Körper darauf reagiert. Es gibt auch Online-Programme, mit denen sich der glykämische Index berechnen oder vergleichen lässt.
Der glykämische Index zeigt insgesamt, wie stark ein Nahrungsmittel im Durchschnitt den Blutzuckerspiegel erhöht. Kohlenhydrate und Zucker stehen dabei ganz oben auf der Liste. Fruktose (Fruchtzucker) führt hingegen nur zu einem geringen Anstieg, während Glukose (Traubenzucker) den Blutzucker sehr schnell erhöht. Haushaltszucker besteht aus Glukose und Fruktose und hat deshalb einen mittleren glykämischen Index. Sein glykämischer Index beträgt etwa 70% des Wertes von reiner Glukose.
Weißbrot hat dagegen einen besonders hohen glykämischen Index, da es hauptsächlich aus Stärke besteht, also aus Glukose-Molekülen in langen Ketten. Diese werden im Körper sehr schnell gespalten: schon im Mund, weiter im Magen und vor allem im Darm. Das führt zu einem raschen Blutzuckeranstieg. Lebensmittel wie Fisch, Fleisch oder Fett haben dagegen einen sehr niedrigen glykämischen Index, da sie kaum oder gar keine Kohlenhydrate enthalten.
Bei Getreideprodukten ist entscheidend, ob es sich um Vollkorn oder Weißmehl handelt. Getreide enthält zwar viele Kohlenhydrate, aber auch Ballaststoffe. Weißmehl ist die verarbeitete, nährstoffärmere Form, in der die wertvollen Ballaststoffe fast vollständig fehlen. Diese Ballaststoffe sind jedoch extrem wichtig, da sie, obwohl technisch gesehen auch Kohlenhydrate, vom Körper nicht selbst verwertet werden können. Stattdessen dienen sie als Nahrung für unsere Darmbakterien. Diese produzieren daraus kurzkettige Fettsäuren, die sehr gesunde Stoffwechselprodukte sind.
Heute wissen wir, wie bedeutsam diese Darmbakterien sind. Sie sind an zahlreichen Stoffwechselvorgängen beteiligt und beeinflussen sogar unser Immunsystem. Wir haben Billionen von ihnen in unserem Darm - scheiden jedoch auch ständig einen Teil aus. Deshalb ist eine ballaststoffreiche Ernährung mit viel Vollkorn so wichtig. Vollkornprodukte haben einen niedrigeren glykämischen Index als Weißmehlprodukte, auch wenn dieser nicht extrem niedrig ist, da es bei Kohlenhydraten immer zu einem gewissen Anstieg kommt. Trotzdem wirken sich die enthaltenen Ballaststoffe sehr positiv auf die Gesundheit aus.
Prof. Pfeiffer: Datteln, also Trockenfrüchte, enthalten zwar Ballaststoffe, jedoch nicht in besonders großen Mengen. Was viele nicht wissen: Eine einzelne Dattel enthält je nach Sorte etwa 10 Gramm Zucker. Wir beobachten das häufig bei Patienten aus Ländern, in denen Datteln auch kulturell eine wichtige Rolle spielen. Für Menschen mit Problemen im Zuckerstoffwechsel kann das tatsächlich problematisch sein. Abgesehen vom Zuckergehalt liefern Datteln auch sehr viel Energie in Form von Kohlenhydraten, sodass die Ballaststoffe kaum ins Gewicht fallen. Ob Datteln den Blutzuckerspiegel ansteigen lassen, kann man übrigens gut selbst testen.
Prof. Pfeiffer: Zucker, genauer gesagt Glukose, ist eine sehr aktive Substanz. Sie verbindet sich im Körper mit Proteinen, und das geschieht überall. Dieser Vorgang wird Glykierung genannt. Dabei lagert sich Glukose auch an den roten Blutfarbstoff Hämoglobin an, genauer gesagt an das Hämoglobin-Molekül Hb. Man kann messen, wie viel Zucker sich dort angelagert hat, d. h., wie stark eine bestimmte Nebenkette des Hämoglobins verzuckert ist. Dieser Messwert wird als Hämoglobin A1c (HbA1c) bezeichnet. Der HbA1c-Wert hängt direkt vom Blutzuckerspiegel ab und zeigt an, wie hoch der durchschnittliche Blutzucker in den letzten acht bis zwölf Wochen war, also über die Lebensdauer eines roten Blutkörperchens (Erythrozyten). Ärzte nutzen diesen Wert, um die Blutzuckereinstellung zu beurteilen.
Prof. Pfeiffer: Das Körpergewicht ist der wichtigste Faktor für das Diabetesrisiko. Bereits eine Gewichtszunahme von etwa vier Kilogramm verdoppelt das Risiko, an Diabetes zu erkranken – und das gilt sogar für sehr schlanke Menschen. Ein weiterer zentraler Punkt ist die Fähigkeit der Bauchspeicheldrüse, Insulin zu produzieren. Diese Fähigkeit ist stark genetisch bedingt. Mittlerweile sind rund 400 daran beteiligte Gene bekannt. Wer von Natur aus nur wenig Insulin produzieren kann, entwickelt bei Übergewicht schnell Diabetes. Menschen, die viel Insulin produzieren, können hingegen stark übergewichtig sein, ohne an Diabetes zu erkranken, leiden aber oft unter einem sogenannten Hyperinsulinismus. Auch das ist gesundheitlich problematisch, da es das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzinfarkt, Schlaganfall und Nierenprobleme deutlich erhöht.
Es gibt auch Menschen, die übergewichtig sind, aber keine Insulinresistenz entwickeln. Sie werden umgangssprachlich als "gesunde Dicke" bezeichnet. Ganz gesund sind sie allerdings nicht, denn sie haben ein insgesamt erhöhtes Risiko für verschiedene Erkrankungen, bekommen aber in der Regel keinen Diabetes. Man kann sich das Ganze also als Spektrum vorstellen. Das Körpergewicht spielt dabei eine zentrale Rolle.
Auch körperliche Aktivität ist sehr wichtig: Menschen, die zwar übergewichtig, aber gleichzeitig sportlich aktiv sind, gelten häufig als vergleichsweise gesund. Die meisten Übergewichtigen sind jedoch eher wenig aktiv, oft auch aufgrund von Gelenkproblemen. In diesen Fällen wird das Übergewicht zu einem erheblichen Risikofaktor – nicht nur für Diabetes, sondern auch für Herzinfarkt, Schlaganfall und sogar bestimmte Krebsarten.
Gewicht und Bewegung sind die wichtigsten Einflussgrößen und über den Lebensstil lässt sich das persönliche Risiko stark beeinflussen.
Prof. Pfeiffer: Ein wichtiger Faktor ist die Ernährung. Eine gesunde Ernährung kann das Risiko für viele Krankheiten, darunter auch Diabetes, deutlich senken. Zu einer gesunden Ernährung gehört es unter anderem, energiedichte Lebensmittel zu vermeiden. Ein gutes Beispiel ist ein süßer Schokoriegel, der fast ausschließlich aus Zucker und Fett besteht – eine echte Kalorienbombe. Solche Nahrungsmittel beeinflussen den Stoffwechsel negativ, liefern viele Kalorien in kurzer Zeit und führen dazu, dass man insgesamt mehr isst. Energiedichte Nahrung ist also ein Risikofaktor für Gewichtszunahme. Bei einer gesunden Ernährung wird häufig das sogenannte "Tellerprinzip" empfohlen:
Prof. Pfeiffer: Tatsächlich benötigen wir gar nicht so viel Eiweiß, wie oft behauptet wird: 0,8 bis 1 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag reichen im Allgemeinen aus. Wer dauerhaft darunter liegt, kann in einen leichten Proteinmangel geraten. Das kann langfristig zum Verlust von Muskelmasse führen, denn unsere Muskulatur muss ständig erneuert und regeneriert werden. Unser Körper kann viele Aminosäuren, also die Bausteine des Proteins, selbst herstellen, allerdings nicht alle. Die essentiellen Aminosäuren kann er nicht selbst bilden; sie müssen über die Nahrung aufgenommen werden.
Lebensmittel unterscheiden sich in ihrer sogenannten biologischen Wertigkeit, also darin, wie gut ihr Aminosäurenprofil zu unserem Bedarf passt. Tierische Produkte wie Milch und Käse enthalten alle essentiellen Aminosäuren in einem für uns günstigen Verhältnis. Aber auch pflanzliche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte (Bohnen, Erbsen, Linsen, Soja) sind eiweißreich und sehr gesund. Sie liefern viele Ballaststoffe, enthalten jedoch oft einzelne Aminosäuren nicht in ausreichender Menge, zum Beispiel Methionin. Dieses Defizit lässt sich jedoch gut ausgleichen, indem man Getreideprodukte wie Brot oder Nudeln kombiniert, die andere Aminosäuren enthalten. Getreide enthält mit rund 10% Protein übrigens mehr Eiweiß, als viele denken, und ergänzt das Aminosäurenprofil der Hülsenfrüchte ideal. Soja hat von sich aus bereits eine sehr vollständige Aminosäurenzusammensetzung.
Die Lupine ist eine oft unterschätzte, eiweißreiche Pflanze, die vielleicht als hübsche Gartenblume bekannt ist. Lupinen gehören ebenfalls zu den Hülsenfrüchten und enthalten etwa 35% Protein mit einem sehr guten Aminosäurespektrum. In Australien wird Lupinenmehl häufig zum Backen verwendet, in Europa dagegen noch kaum, was sich jedoch langsam ändert. Es gibt Warnhinweise wegen möglicher Allergien, ähnlich wie bei Erdnüssen oder anderen Hülsenfrüchten. Das Risiko ist jedoch nicht höher als bei diesen bekannten Allergenen.
Gerade bei einer veganen Ernährung ist es wichtig, sich gezielt mit dem Thema Protein zu beschäftigen. Ein Proteinmangel kommt hier häufiger vor, da viele pflanzliche Lebensmittel nicht alle essentiellen Aminosäuren enthalten. Wer sich vegan ernährt, sollte sich deshalb gut informieren, welche Lebensmittel sinnvoll kombiniert werden sollten, um eine ausreichende Eiweißversorgung zu gewährleisten.
Nun gibt es ja auch noch die Sportler. Da wird meistens eine höhere Proteinzufuhr empfohlen. Dazu gibt es viele Studien. Der Bedarf liegt bei etwa 1,4 bis 1,6 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht und Tag. Mehr Eiweiß hat in der Regel keinen zusätzlichen Effekt, da es nicht für den Muskelaufbau genutzt wird. Entscheidend ist: Ohne Training bringt auch mehr Protein keine zusätzlichen Muskeln. Beides gehört zusammen. In der Regel haben junge Menschen und Menschen im mittleren Alter keine Probleme mit der Eiweißversorgung. Mit zunehmendem Alter nimmt jedoch die Muskelmasse ab, oft schon ab dem 30. oder 40. Lebensjahr. Dem kann man aber aktiv entgegenwirken, indem man sich regelmäßig bewegt und gezielt trainiert. Und das funktioniert in jedem Alter.
Es gibt sogar Studien mit 88-jährigen Pflegeheimbewohnern, die durch Krafttraining ihre Muskulatur deutlich verbessern konnten. Das Risiko zu stürzen halbierte sich und die Selbstständigkeit im Alltag nahm zu. Mit zunehmendem Alter werden zwei Dinge immer wichtiger: eine ausreichende Eiweißzufuhr und regelmäßige Bewegung – vor allem, weil ältere Menschen oft einseitig essen und nicht mehr zu besonders nährstoffreichen Lebensmitteln greifen.
Mit zunehmendem Alter werden zwei Dinge immer wichtiger: eine ausreichende Eiweißzufuhr und regelmäßige Bewegung
Was machen Proteine aber mit dem Blutzucker: Sie führen nicht direkt zu einem Anstieg. Proteine bestehen aus Aminosäuren, die die Ausschüttung des Hormons Glukagon anregen. Glukagon fördert wiederum die Zuckerproduktion in der Leber. Dadurch kann es zu einem leicht verzögerten Anstieg des Blutzuckerspiegels kommen. Bei gesunden Menschen spielt das in der Regel keine Rolle. Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes kann dieser Effekt jedoch eine Rolle spielen. Insbesondere Kinderärzte berücksichtigen dies bei ihren Berechnungen der Insulindosis. Bei Erwachsenen ist das weniger üblich. Insgesamt bewirken protein- und fettreiche Lebensmittel aber nur einen sehr geringen Anstieg des Blutzuckers. Wenn man beispielsweise Käse isst, also ein Produkt mit viel Fett und Protein, steigt der Blutzucker kaum. Auch bei Fleisch oder Fisch ist der Effekt minimal. Fisch gilt außerdem als besonders gesunde Proteinquelle.
Prof. Pfeiffer: Nein, Aminosäuren bleiben Aminosäuren – daran ändert sich nichts. Der Unterschied bei pflanzlichen Lebensmitteln liegt in den zusätzlichen Inhaltsstoffen. Wenn man beispielsweise Soja isst, nimmt man nicht nur Protein, sondern auch Fett, Polyphenole und Isoflavone zu sich. Letztere haben eine östrogenähnliche Wirkung und können zusätzliche Effekte im Körper entfalten. Pflanzliches Protein ist deshalb aber nicht gesünder als tierisches Protein, weil es andere Aminosäuren enthält, sondern weil es mit weiteren wertvollen Stoffen, wie zum Beispiel Ballaststoffen, einhergeht. Genau diese Kombination macht pflanzliche Ernährung insgesamt sehr gesund.
Prof. Pfeiffer: Wir forschen seit 2005 zum Thema Ballaststoffe. Wir haben uns besonders mit der Wirkung von Ballaststoffen beschäftigt, speziell mit nicht löslichen und gering fermentierbaren Haferballaststoffen. Ballaststoffe lassen sich in verschiedene Gruppen einteilen. Es gibt lösliche Ballaststoffe, die fermentiert werden können. Dabei entstehen Gase. Wer sich ballaststoffreich und gesund ernährt, kennt das: Leichte Blähungen sind ganz normal. Unlösliche Ballaststoffe hingegen werden kaum fermentiert und galten lange als "inaktiv".
Im Jahr 2005 haben wir erste Studien mit gesunden, schlanken Studenten im Alter von etwa 20 Jahren durchgeführt. Wir gaben ihnen 30 Gramm Ballaststoffe und stellten bereits am nächsten Tag fest, dass sich ihre Insulinresistenz um 20% reduziert hatte, obwohl sie anfangs gar keine schlechte Insulinwirkung hatten. Später haben wir ähnliche Studien mit übergewichtigen Frauen durchgeführt. Auch dort sahen wir nach drei Tagen mit täglich 30 Gramm Ballaststoffen eine deutlich bessere Insulinwirksamkeit. Das hat uns motiviert, den nächsten Schritt zu gehen. Wir wollten wissen, ob sich Diabetes mit Ballaststoffen vorbeugen lässt.
Dafür haben wir eine größere Studie mit 180 Menschen durchgeführt, die von der Deutschen Diabetes-Stiftung gefördert wurde. Alle Teilnehmer hatten Prädiabetes und somit ein hohes Risiko, in absehbarer Zeit einen manifesten Diabetes zu entwickeln. Über einen Zeitraum von zwei Jahren erhielten sie täglich ein Supplement mit 15 Gramm Ballaststoffen. Alle sechs Monate haben wir ihre Blutzuckerregulation genau untersucht. Das Ergebnis war eindeutig: In der Gruppe ohne Ballaststoffe entwickelten rund 4516/91 Personen einen Diabetes. In der Gruppe mit Ballaststoffen waren es nur 9/89 und der HbA1c und die halb so viele. Auch die Blutzuckerwerte insgesamt waren etwas besser.
Ballaststoffe wirken also. Und das nicht nur auf den Blutzucker. Es gibt zahlreiche Studien, die einen positiven Einfluss auf das Risiko für Demenz, bestimmte Krebsarten – insbesondere Darmkrebs – und andere Erkrankungen zeigen. Warum das so ist, ist noch nicht vollständig verstanden. Man vermutet, dass die Darmbakterien dabei eine zentrale Rolle spielen.
Prof. Pfeiffer: Das Mikrobiom, also die Gesamtheit der Darmbakterien, spielt eine wesentliche Rolle. Das Thema ist ziemlich komplex, denn im Darm leben über 1.000 verschiedene Bakterienarten mit unterschiedlichen Funktionen. Einige gelten als "gut", andere als "schlecht". Sie leben in Gemeinschaften, in denen sie sich gegenseitig mit Nährstoffen versorgen. Viele dieser Bakterien haften fest an unserer Darmwand – es ist ein fein abgestimmtes System. Ein Teil unseres Mikrobioms ist sogar erblich bedingt, das heißt, bestimmte Bakterien können sich bei manchen Menschen besser ansiedeln. Dieser erbliche Anteil ist jedoch eher gering. Entscheidend ist, dass wir unser Mikrobiom gut "füttern", zum Beispiel mit Ballaststoffen.
Die Idee, Bakterien als Nahrungsergänzung einzunehmen, zum Beispiel fünf Milliarden Bakterien in einer Kapsel, klingt zwar vielversprechend, ist im Vergleich zu dem, was sich bereits im Darm befindet, aber verschwindend gering. Wir haben dort Billionen Bakterienzellen, mehr als unser gesamter Körper Zellen hat. Und jedes Mal, wenn wir auf die Toilette gehen, scheiden wir tatsächlich Milliarden davon aus.
Kurz gesagt: Das Mikrobiom spielt eine große Rolle für unsere Gesundheit.
Aber genau zu verstehen, wie jedes einzelne Bakterium wirkt, ist extrem schwierig. Denn die Zusammensetzung unterscheidet sich stark – je nach Alter, Herkunft, Lebensstil und vielen anderen Faktoren. Was wir aber sicher wissen: Mit einer gesunden Ernährung tun wir unserem Mikrobiom etwas Gutes und steigern damit auch unsere Chancen, gesund zu bleiben.
Prof. Pfeiffer: Die größten Blutzuckeranstiege entstehen durch Kuchen, insbesondere durch die Kombination aus weißem Mehl und Zucker. Diese Mischung ist besonders ungünstig. Kommt dann noch Butter hinzu, wie es bei vielen klassischen deutschen Kuchen, beispielsweise Butter- oder Streuselkuchen, der Fall ist, wird es besonders problematisch. Streuselkuchen besteht im Grunde aus Zucker und Butter, oft mit etwas Zimt. Zimt ist zwar gesund, doch der Rest ist eine wahre "Ernährungsbombe". Das gilt auch für die vielen süßen Stückchen, die man an jeder Ecke bekommt, zum Beispiel bei uns in Berlin in diversen U-Bahn-Stationen – die Düfte sind verlockend, aber leider handelt es sich dabei um sehr ungesundes Essen. Auch Weißbrot, Reis und Kartoffeln führen zu einem schnellen und starken Blutzuckeranstieg und sind daher aus Sicht des Stoffwechsels eher ungünstig.
Die größten Blutzuckeranstiege entstehen durch Kuchen, insbesondere durch die Kombination aus weißem Mehl und Zucker.
Prof. Pfeiffer: Eine deutlich gesündere Alternative ist die mediterrane Ernährung. Sie basiert unter anderem auf hochwertigen Fetten. Gesättigte Fette, wie sie vor allem in tierischen Produkten vorkommen (z. B. Butter), sind für den Stoffwechsel weniger günstig. Ungesättigte Fette – insbesondere pflanzliche Öle – sind hingegen deutlich gesünder. Eine Ausnahme bildet Palmöl, das eine gesättigte C16-Fettsäure enthält, die als besonders ungünstig und sogar toxisch gilt. Gesunde Fette finden sich beispielsweise in Olivenöl, das reich an Omega-9-Fettsäuren ist, sowie in mehrfach ungesättigten Fettsäuren, wie sie in Rapsöl, Leinsamenöl oder Distelöl vorkommen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der mediterranen Ernährung ist Gemüse. Es enthält nur wenige Kohlenhydrate, hat aber ein großes Volumen und viele wertvolle Inhaltsstoffe. Dadurch macht es gut satt, führt aber kaum zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels.
Ein bewährter Tipp ist, zu Beginn einer Mahlzeit etwas mit Essig zu sich zu nehmen, zum Beispiel einen Salat, da dies den Blutzuckeranstieg deutlich verlangsamen kann. Das ist schon lange bekannt. Salat selbst hat zudem nur wenige Kalorien (abgesehen vom Öl) und wirkt in Kombination mit Essig sehr günstig auf den Stoffwechsel. Eine ausgewogene Mahlzeit könnte beispielsweise aus Fisch, Gemüse und einer moderaten Menge Kohlenhydrate bestehen. In dieser Kombination verursachen die Kohlenhydrate einen deutlich geringeren Blutzuckeranstieg.
Auch die Portionsgröße spielt eine große Rolle: Wer große Mahlzeiten mit Vorspeise, Hauptgericht und Dessert zu sich nimmt, provoziert einen langen Blutzuckeranstieg, der über fünf Stunden anhalten kann. Bei gesunden Menschen verläuft dieser Anstieg in der Regel moderat, d. h. der Blutzuckerspiegel steigt nur bis etwa 140, 150 oder maximal 160 mg/dl. Für Menschen mit Diabetes ist das Management solcher Blutzuckerschwankungen jedoch deutlich schwieriger, vor allem, wenn Insulin gespritzt werden muss. Dann kann es nötig sein, mehrfach nachzudosieren.
Prof. Pfeiffer: Es gibt viele verschiedene Ernährungskonzepte, wie zum Beispiel auch die nordische Diät. Wir haben hier bei uns an der Charité auch einmal ein sogenanntes "NutriAct Ernährungsmuster" mit 500 Personen getestet und festgestellt, dass es sich sehr positiv auf die Gesundheit auswirkt. Die mediterrane Ernährung wurde in großen, langjährigen Studien mit mehreren tausend Teilnehmern untersucht. Dabei konnte eindeutig gezeigt werden, dass sie das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Diabetes senkt und zudem vorbeugend gegen Demenz wirkt. Allerdings muss man das Ganze auch ein wenig relativieren: Zur klassischen mediterranen Ernährung gehört beispielsweise ein Liter Olivenöl pro Woche – und zwar pro Familie. Das schaffen hierzulande die wenigsten. Trotzdem ist der gesundheitliche Nutzen gut belegt und insbesondere spanische Forscher waren in diesem Bereich sehr aktiv.
Im Gegensatz dazu sind andere Ernährungsformen bislang deutlich weniger untersucht worden und daher auch wissenschaftlich weniger klar charakterisiert. Die angesprochene nordische Diät basiert beispielsweise auf vielen Beeren, insbesondere Blaubeeren, Hülsenfrüchten sowie Rapsöl. Sie orientiert sich an den typischen Lebensmitteln der nordischen Länder. Diese Ernährungsweise ist vermutlich ebenso gesund wie die mediterrane. Rapsöl ist dabei eine gute Alternative zu Olivenöl, da es sowohl Omega-6- als auch Omega-3-Fettsäuren sowie etwa 50% Ölsäure enthält – ähnlich wie Olivenöl. Zudem ist es deutlich günstiger. Wenn man auf kaltgepresstes, also nicht raffiniertes Rapsöl zurückgreift, erhält man zusätzlich die wertvollen Polyphenole. Es ist also ein hochwertiges Öl, das auch für uns sehr gut geeignet ist.
Grundsätzlich gibt es viele gesunde Ernährungsstile. Wichtig ist vor allem, dass die Ernährung überwiegend pflanzlich ist. Auch eine vegane Ernährung kann gesund sein. Allerdings sollten Veganer gezielt auf ihre Proteinzufuhr achten. Sonst kann es leicht passieren, dass sie unterversorgt sind. Das sieht man den Menschen manchmal auch an. Sie wirken eingefallen oder unterernährt. Ein weiteres Problem bei der Bewertung veganer Ernährung ist, dass vegane Vergleichsgruppen oft einen ganz anderen Lebensstil haben als der Durchschnitt: Sie sind in der Regel schlanker, körperlich aktiver und leben insgesamt gesünder. Deshalb sind solche Studien nicht direkt mit der Allgemeinbevölkerung vergleichbar.
Eine vegetarische Ernährung ist dagegen in der Regel unproblematisch. Milchprotein, also Molke und Casein, ist ein sehr hochwertiges Eiweiß, auch wenn es im Internet oft verteufelt wird. Dahinter steckt vermutlich eine interessierte Industrie, die alternative Milchprodukte verkaufen will. Diese sind aber meist nicht sinnvoll zusammengesetzt, da viele kaum Nährstoffe enthalten. Mandelmilch besteht beispielsweise im Wesentlichen aus Wasser, einigen Kohlenhydraten und oft zugesetztem Zucker. Milchprodukte wie Quark sind dagegen sehr vielseitig, da sie sich sowohl für süße als auch für salzige Zubereitungen eignen. Zudem sind sie preiswert und liefern viel hochwertiges Protein. Auch fermentierte Milchprodukte wie Joghurt oder Käse sind sehr gesund.
Fermentierte Lebensmittel sind übrigens gut für die Gesundheit, da sie ein gesundes Mikrobiom im Darm fördern. Ein gutes Beispiel ist die koreanische Küche: Dort wird fast alles fermentiert, was zu vielen gesunden Nahrungsmitteln führt. Diese fermentierten Produkte wirken sich nachweislich positiv auf unsere Darmflora aus.
Wichtig ist vor allem, dass die Ernährung überwiegend pflanzlich ist.
Prof. Pfeiffer: In der EU sind derzeit neun Süßstoffe zugelassen. Einige davon sind mehrere Tausend Mal süßer als Zucker. Wir nehmen die Süße über spezielle Geschmacksrezeptoren wahr, d. h., es gibt einen Rezeptor für "süß". Wenn Zucker oder andere süß schmeckende Substanzen, wie etwa bestimmte Aminosäuren, daran binden, entsteht die Wahrnehmung von Süße. Süß ist etwas, auf das wir angeboren positiv reagieren. Es gibt einen direkten Weg von den Geschmacksrezeptoren im Mund zum Gehirn, der uns signalisiert: "Hier kommt Nahrung, hier kommt Energie." Unser Körper ist darauf programmiert, süßen Geschmack mit Energiezufuhr zu verbinden – deshalb essen wir Süßes instinktiv gern.
Süßstoffe täuschen unserem Körper allerdings Energie nur vor: Sie schmecken süß, liefern aber keine Kalorien. In Tierversuchen lässt sich das gut zeigen: Bekommt eine Maus eine Flasche mit Süßstoff, trinkt sie anfangs davon. Bleibt die erwartete Energiezufuhr jedoch aus, verliert sie das Interesse. Spritzt man ihr hingegen parallel Energie direkt in den Magen, kehrt sie zur Süßstoffquelle zurück. Das zeigt: Das Gehirn erkennt sehr wohl, ob echte Energie geliefert wird oder nicht.
Betrachtet man epidemiologische Daten – etwa wer in Deutschland vor allem zu Getränken wie Cola Zero greift –, dann sind das meist übergewichtige Menschen. Deshalb sieht man eine statistische Verbindung zwischen Süßstoffkonsum und Erkrankungen. Diese Korrelation ist jedoch kein Beweis für einen kausalen Zusammenhang – vielmehr konsumieren Betroffene aufgrund ihrer Erkrankung vermehrt solche Produkte. Aussagekräftiger sind randomisierte, doppelblinde Studien, bei denen die Teilnehmenden nicht wissen, ob sie Zucker oder Süßstoff erhalten. Das ist allerdings nicht ganz einfach, da Süßstoffe oft einen leicht bitteren Nachgeschmack haben. Wir Menschen besitzen 24 verschiedene Bitterrezeptoren, sodass unser Geschmackssystem sehr fein eingestellt ist.
Dennoch zeigen solche Studien: Personen, die gezuckerte Getränke zu sich nehmen, nehmen deutlich mehr Energie auf als Personen, die Süßstoffe konsumieren. Ein Liter Cola enthält beispielsweise rund 100 Gramm Zucker, was eine erhebliche Menge Energie darstellt. Gerade bei Kindern ist der Zusammenhang zwischen gezuckerten Getränken und Übergewicht sehr deutlich belegt. Limonade ist für Kinder daher besonders ungünstig. Bei Erwachsenen ist der Zusammenhang weniger direkt, aber wer mit seinem Gewicht kämpft und regelmäßig süße, zuckerhaltige Getränke trinkt, nimmt eine erhebliche zusätzliche Energiequelle zu sich.
Was die gesundheitliche Bewertung von Süßstoffen betrifft, so zeigt der aktuelle Stand der Forschung: Sie sind – soweit wir wissen – nicht schädlich. Für Menschen mit Diabetes stellen sie eine deutlich bessere Alternative zu Zucker dar. Anders verhält es sich bei sogenannten Zuckeraustauschstoffen wie Xylit oder Erythrit, wie sie beispielsweise in zuckerfreien Bonbons verwendet werden. Diese Stoffe ähneln Zucker, liefern jedoch weniger Energie. Es gibt Hinweise, dass sie möglicherweise Gerinnungsfaktoren beeinflussen könnten. Ein Kollege von der Charité hat das Thema in diesem Zusammenhang beschrieben und betrachtet es mit Vorsicht. Hier besteht also noch Forschungsbedarf.
Was die gesundheitliche Bewertung von Süßstoffen betrifft, so zeigt der aktuelle Stand der Forschung: Sie sind – soweit wir wissen – nicht schädlich.
Zucker ist zwar kein gesundes Lebensmittel, aber in moderaten Mengen auch nicht per se schädlich. Unser Körper nutzt Zucker als Energieträger. Er wird allerdings sehr schnell aufgenommen und kann zu einer Überforderung unseres Stoffwechsels führen – vor allem, weil wir durch unsere Vorliebe für Süßes leicht in Versuchung geraten. Gleichzeitig enthält reiner Zucker keine weiteren gesundheitsfördernden Stoffe, wie sie beispielsweise in Früchten enthalten sind, etwa Polyphenole.
Prof. Pfeiffer: Aktuell ist die Diabetes-Remission ein sehr wichtiges Thema. Diabetes ist weltweit auf dem Vormarsch. Dabei handelt es sich im Kern um ein hormonelles Problem, das eng mit der Ernährung verbunden ist. Inzwischen wissen wir: Etwa die Hälfte der Betroffenen kann ihren Diabetes zurückbilden, wenn sie ein paar Kilo abnimmt.
Seitdem die sogenannten Abnehmspritzen auf dem Markt sind, die inzwischen fast jeder kennt, gibt es ganz neue Möglichkeiten, das Körpergewicht effektiv zu reduzieren. Diese Spritzen enthalten das Hormon GLP-1 (Glucagon-like Peptide 1), das der Darm freisetzt, wenn wir essen. Es entsteht, wenn unverdaute Nahrung den unteren Dünndarm erreicht. Es verlangsamt die Magenentleerung, reguliert den Blutzucker und hemmt das Hungergefühl im Gehirn. Dadurch essen Menschen automatisch weniger, da das Belohnungssystem für Essen gedämpft wird. Das bringt große Chancen, aber auch Herausforderungen mit sich. Wenn jemand 10 Kilo abnimmt, verliert er im Schnitt etwa 2,5 Kilo fettfreie Masse, Knochen, Sehnen und Muskelmasse. Denn bei jedem Gewichtsverlust gehen rund 25% des verlorenen Gewichts auf die Muskeln fettfreie Masse zurück. Die große Frage ist daher: Wie kann man den Muskelabbau verhindern? Hier spielen zwei Dinge eine wichtige Rolle: Eine etwas höhere Proteinaufnahme und vor allem körperliche Aktivität!
Ärzte, die Abnehmspritzen verschreiben, sollten ihre Patienten unbedingt dazu anhalten, sich mehr zu bewegen. Doch genau das ist schwierig: Der gute Vorsatz ist das eine, seine Umsetzung das andere. Sport ist oft mühsam, die Muskeln tun weh und man muss sich regelmäßig überwinden. Gerade wenn man stark abnimmt, ist Bewegung jedoch enorm wichtig – sowohl für die Muskeln als auch für den Stoffwechsel. Und auch eine gesunde Ernährung darf nicht vernachlässigt werden. Ein weiteres Problem ist der bekannte Jo-Jo-Effekt. Etwa 80% der Menschen, die abgenommen haben, nehmen später wieder zu, selbst mit Abnehmspritzen. Zwar funktionieren diese Spritzen bei etwa 70% der Menschen sehr gut und sie verlieren rund 10 Kilo. Doch viele setzen das Medikament irgendwann ab – oft aus Kostengründen – und nehmen dann wieder zu.
Eine Ausnahme bilden Menschen mit Diabetes, bei denen die Kosten für die Medikamente von der Krankenkasse übernommen werden. Sie behalten die Spritze dauerhaft bei, erreichen sehr gute HbA1c-Werte und erleben tatsächlich eine Rückbildung ihrer Erkrankung. Trotzdem bleiben sie "Patienten mit Diabetes", was für die weitere Finanzierung wichtig ist. Das Prinzip gilt aber auch für andere Methoden. Wer mit einer Formula-Diät 15 Kilo abnimmt, nimmt danach meist wieder zu.
Deshalb stellt sich die Frage: Wie kann man das Gewicht dauerhaft stabil halten? Gibt es Ernährungskonzepte, die langfristig helfen? Dabei wird deutlich: Die Psyche spielt eine zentrale Rolle. Dazu gehören Themen wie Stressbewältigung, Schlafqualität und emotionale Stabilität. Guter Schlaf ist zum Beispiel ein entscheidender Faktor. An genau solchen ganzheitlichen Programmen arbeiten wir derzeit intensiv. Ein weiterer spannender Aspekt ist das Altern. In den letzten Jahren rückt das Thema "gesundes Altern" in der sogenannten Geromedizin immer stärker in den Fokus. Die zentrale Frage lautet: Warum altern wir eigentlich – und lässt sich dieser Prozess verlangsamen oder sogar aufhalten? Derzeit sind 14 sogenannte "Säulen des Alterns" bekannt. Dabei handelt es sich um genetisch programmierte Prozesse, die jedoch stark beeinflussbar sind. Das Überraschende dabei ist: Die beiden wirksamsten Mittel gegen das Altern sind nach wie vor Bewegung und ein schlanker Körper.
Prof. Pfeiffer: Die Empfehlungen ergeben sich eigentlich ganz gut aus dem, was wir gehört haben. Auf der Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Ernährung findet man sinnvolle und gut begründete Ratschläge. Grundsätzlich geht es darum, Lebensmittel mit schnellen Kohlenhydraten – wie Weißbrot, Reis und Zucker – möglichst zu reduzieren. Stattdessen sollte man ballaststoffreiche Lebensmittel bevorzugen.
Wichtig ist auch, dass man sich an eine Ernährung gewöhnt, die einem schmeckt. Denn langfristig wird man nichts essen, was einem nicht schmeckt. Deshalb sollte man gezielt Rezepte auswählen, die einem gefallen. Im Internet gibt es eine riesige Auswahl an gesunden und leckeren Gerichten, vor allem mit viel Obst und Gemüse. Obst und Gemüse sind gesunde Nahrungsmittel. Obstsaft sollte man hingegen eher meiden, da er schnell konsumiert ist und den Blutzucker rasch ansteigen lässt. Ganzes Obst hingegen ist empfehlenswert und mittlerweile auch bei Discountern in guter Qualität und zu vernünftigen Preisen erhältlich.
Außerdem ist es wichtig, ausreichend Eiweiß zu sich zu nehmen, idealerweise aus gesunden Quellen. Wurst sollte man hingegen reduzieren. Empfehlenswert sind auch fermentierte Lebensmittel wie Käse, Joghurt oder selbst gemachtes Sauerkraut. Sie werden auch von offiziellen Stellen positiv bewertet, da sie nur zu einem geringen Blutzuckeranstieg führen. Für ein ausgewogenes Frühstück gilt: Wenn es ein Brötchen sein muss, dann am besten ein Vollkornbrötchen, kombiniert mit Joghurt und eventuell einem Ei. Nicht zu viele Eier, aber in Maßen sind sie gesund. Beim Mittagessen sollte man darauf achten, nicht zu viele Kartoffeln oder andere schnell verdauliche Kohlenhydrate zu sich zu nehmen. Abends sollte man besser eher leicht und kohlenhydratarm essen.
Nicht zu vergessen: Bewegung! Wenn man zwischendurch öfter mal zu Fuß geht oder sich anderweitig körperlich betätigt, trägt das entscheidend zur Gesundheit bei. Wer diese Grundsätze beachtet, hat gute Chancen, langfristig gesund zu bleiben.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 26.09.2025.