Das Schultergelenk ist bei fast allen alltäglichen Bewegungsvorgängen beteiligt. Seine immense Beweglichkeit, verbunden mit einer hohen Anforderung an Kraft und Vielseitigkeit, macht es zu einer besonderen Schwachstelle. Zu den Erkrankungen, die an der Schulter entstehen können, gehört die Schulterarthrose (Omarthrose).
Unter einer Arthrose werden die Abnutzung und der Funktionsverlust des Knorpels im Gelenk verstanden. Das reibungsarme Gleiten entfällt ebenso wie die Pufferung bei starken Krafteinwirkungen. Schmerzen und eine eingeschränkte Beweglichkeit sind die Folge.
Die Schulter ist mitverantwortlich für die gesamte Beweglichkeit der Arme. Der Bewegungsumfang ist von großer Bedeutung für viele Aktivitäten bis hin zu den Fertigkeiten der Hand. Zu diesem Zweck liegt der Oberarm lediglich in einer flachen Gelenkpfanne des Schulterblattes, was eine große Beweglichkeit erlaubt. Der knöcherne Halt wird durch einen komplexen Apparat von Bändern, Sehnen und Muskeln unterstützt. Ist das Zusammenspiel dieser sogenannten Rotatorenmanschette gestört, kann es zu einer schmerzhaften Abnutzung des Knorpelgewebes kommen.
Die Versorgung des Gelenkknorpels erfolgt nicht über Blutgefäße, sondern über die Gelenkschmiere (Synovia). Damit dies funktioniert, ist im ausreichenden Maß Bewegung notwendig. Zu starke Beanspruchung kann ebenso wie zu wenig Bewegung dazu beitragen, dass der Knorpel weiter abgebaut wird und eine Arthrose entsteht. Der Körper versucht nun den fehlenden Knorpel mit dem Aufbau zusätzlicher Knochensubstanz an den Rändern der Gelenke auszugleichen (Osteophyten).
Die Abnutzung des Schultergelenkes (Omarthrose) ist vor allem eine Erscheinung des fortgeschrittenen Alters. Lässt sich keine konkrete Ursache benennen, dann handelt es sich um eine primäre Arthrose. Zur Entwicklung der Arthrose trägt eine hohe Belastung der Schulter über längere Zeit bei. Eine familiäre Veranlagung kann das Risiko ebenfalls erhöhen.
Etwas seltener treten sekundäre Arthrosen im Schultergelenk auf. Zu den bedeutendsten Verursachern zählt hier das Auskugeln (Schulterluxation). Insbesondere durch eine wiederholte Verletzung verliert das Gelenk zunehmend an Stabilität und nutzt ab.
Brüche des Oberarmkopfes oder Schulterblattes führen zur Schädigung des Knorpels. Ebenso sind die Sehnen und Bänder im Gelenk Abnutzungserscheinungen unterworfen. Hierdurch kann es zu einem Riss der Rotatorenmanschette und einer Destabilisierung des Gelenkes mit nachfolgender Arthrose kommen.
Als Ursache einer Schultergelenkarthrose werden häufig auch entzündliche Geschehen im Gelenk ausgemacht. Rheumatische Erkrankungen und Autoimmunreaktionen kommen dabei deutlich häufiger infrage als bakterielle Entzündungen.
Eine nicht ausreichende Durchblutung des Oberarmkopfes hat ein Absterben von Knochensubstanz zur Folge (Humeruskopfnekrose). Der Knorpel verliert seinen knöchernen Unterbau und wird brüchig. Als ursächlich für diese Erkrankung am Oberarmkopf sind neben Alkohol- und Nikotinmissbrauch auch Stoffwechselerkrankungen zu benennen.
Anfänglich besteht meist ein sogenannter Anlaufschmerz. Alltägliche Über-Kopf-Bewegungen wie Haarekämmen werden als erstes schmerzhaft wahrgenommen. Insbesondere drehende Bewegungen bei gleichzeitiger Belastung werden als quälend beschrieben.
Mit zunehmendem Verschleiß des Gelenks beginnt der Schmerz auch in Ruhephasen aufzutreten.
Unbehandelt begibt sich der Patient in einen Teufelskreis aus Schmerzen und Vermeidung, was einen weiteren Abbau von Knorpelgewebe nach sich zieht. Die Beweglichkeit im Schultergelenk wird zunehmend eingeschränkt.
Geht der Patient mit Schmerzen in der Schulter zum Arzt, hat die Arthrose meist schon ein fortgeschrittenes Stadium erreicht. Oft genügt dem Mediziner ein geübter Blick, um anhand der Körperhaltung und bestimmter Bewegungsabläufe (zum Beispiel Schmerzen beim Schürzengriff und beim Abspreizen der Arme) den Verdacht einer Schultergelenkarthrose zu stellen. Weiter wird der Arzt nach typischen Entzündungszeichen wie Schwellungen und Überwärmung der Gelenke fahnden.
Hinzu kommen die Aussagen des Patienten in der Anamnese (Untersuchungsgespräch). Die Schulterarthrose zeigt oft typische Schmerzverläufe. Vielfach können vorangegangene Ereignisse wie Unfälle oder Schulteroperationen beschrieben werden. Eine familiäre Häufung von Arthrosen gibt Auskunft über eine eventuelle erbliche Vorbelastung.
Bildgebende Verfahren dienen der Festigung der Diagnose und klären darüber hinaus, welche Strukturen im Schultergelenk geschädigt sind. Im Röntgenbild ist das Fehlen des Gelenkspaltes ein klares Anzeichen einer Arthrose.
Eine Ultraschalluntersuchung belastet den Patienten nicht. Sie kann die eigentliche Schädigung des Knorpels sowie Veränderungen von Bändern und Muskeln unter Bewegung aufzeigen.
Die Magnetresonanztomografie indes bietet die umfassendste Diagnostik. Das Ausmaß der Knorpelschädigung kann deutlich sichtbar gemacht werden.
Durch labormedizinische Untersuchungen lässt sich eine Arthrose nicht diagnostizieren. Diese können jedoch die Arthrose von entzündlichen Gelenkerkrankungen abgrenzen. Hierzu genügt meist ein Bluttest. Bei Verdacht auf einen Gelenkerguss wird die Gelenkflüssigkeit punktiert (über eine Spritze entnommen) und im Labor auf Entzündungszeichen hin untersucht.
In manchen Fällen ist ein operativer Eingriff zur sicheren Diagnosestellung erforderlich.
Die Schmerzen einer Arthrose lassen sich nicht immer eindeutig von anderen Erkrankungen des Schultergelenks abgrenzen. Unter anderem muss an eine Verkalkung der Sehnen gedacht werden, welche im Röntgenbild gut darzustellen ist.
Eine Einengung der Schultersehne (Schulterimpingement) hat Schmerzen beim Strecken des Armes nach oben zur Folge.
Als Frozen Shoulder wird eine entzündliche Versteifung des Schultergelenks und des Nackens bezeichnet.
Die Heilung einer Arthrose ist nicht möglich. Ziel einer jeden Behandlung muss es daher sein, die Abnutzung zu verlangsamen und die Schmerzen weitgehend auszuschalten.
Unter einer konservativen Behandlung werden Maßnahmen verstanden, die der Erhaltung des Gelenks dienen und ohne Operation auskommen. Bei bestehenden Schmerzen ist eine medikamentöse Schmerztherapie vorrangig. Oftmals können Patienten bestimmte Bewegungsblockaden erst aufgeben, wenn eine deutliche Schmerzlinderung erreicht ist. Mittel der Wahl stellen nicht-steroidale Entzündungshemmer dar, zu denen einige gängige Schmerzmedikamente gehören.
Die Verabreichung von Hyaluronsäure oder Cortison direkt in das Gelenk ist zwar umstritten, kann indes durch seinen schnellen Wirkeintritt von Vorteil sein.
Neben der medikamentösen Therapie ist die Physiotherapie ein Grundpfeiler der Arthrosebehandlung. Gerade weil die Stabilität des Schultergelenkes vorwiegend durch Bänder und Muskeln gegeben ist, kommt der Stärkung der sogenannten Rotatorenmanschette eine große Bedeutung zu. Die Therapeuten geben zudem Tipps, wie einfache Übungen leicht zu Hause durchgeführt werden können.
Orthesen sind orthopädische Hilfsmittel, bestehend aus Bandagen und Polstern, welche das Gelenk stabilisieren helfen.
Mit Wärme, Kälte und elektrischen Reizen arbeiten physikalische Behandlungsmethoden. Allen gemein ist die Fähigkeit die natürlichen entzündungshemmenden Vorgänge zu unterstützen.
Das Schultergelenk ist weniger durch Übergewicht belastet als viele andere Gelenke. Dennoch erscheint eine gewichtsreduzierende Diät sinnvoll. Sogenannte Adiponektine werden von Fettgewebe freigesetzt und sind unter anderem an der Entstehung entzündlicher Stoffwechselvorgänge beteiligt, die die Gelenkschäden verstärken können.
Sind alle konservativen Maßnahmen ausgeschöpft, wird ein operativer Eingriff erwogen.
Mit der Schultergelenkspiegelung (Arthroskopie) kann sich der Operateur einen Überblick über krankhafte Veränderungen im Gelenk machen. Die Rotatorenmanschette wird bei diesem minimalinvasiven Eingriff nicht verletzt. Neben den diagnostischen Schritten können bei der Gelenkspiegelung gegebenenfalls auch einfache operative Maßnahmen vorgenommen werden.
Eine mögliche Methode ist die Mikrofrakturierung: Das Anbohren der Knochen unterhalb des Knorpels soll die Bildung einer knorpelähnlichen Substanz bewirken.
Die Transplantation von gesundem Knorpelgewebe kann ebenfalls ein wirksamer Ansatz sein. Ob sie effektiv ist, ist jedoch bei der Behandlung der Schultergelenkarthrose noch nicht ausreichend belegt. In Zukunft könnten Patienten von den aktuell durchgeführten Forschungsarbeiten profitieren. Wissenschaftler haben sich zum Ziel gesetzt, funktionstüchtiges Knorpelgewebe aus Stammzellen zu züchten und auf den Menschen zu übertragen.
Bei schweren Abnutzungserscheinungen des Schultergelenks bleibt indes nur der Schultergelenkersatz. Ob eine Schultertotalendoprothese oder eine Teilprothese zum Einsatz kommt, hängt von Faktoren wie der Qualität der verbliebenen Knochensubstanz und der Verfassung des Patienten ab.
Die Schultergelenkarthrose ist vorwiegend eine Erkrankung des Alters und ist mehrheitlich nicht aufzuhalten. Eine Linderung der Beschwerden und ein möglichst langer Erhalt der Beweglichkeit können durch Schmerztherapie und Physiotherapie erreicht werden. Sind die konservativen Maßnahmen nicht erfolgreich, kann durch Knorpeltherapie oder Operation eine Besserung erzielt werden. Dies ist bei einer Schulterarthrose vergleichsweise selten notwendig, da sich bei rechtzeitiger und konsequenter konservativer Behandlung der Krankheitsverlauf meist gut verzögern lässt.
Wissenschaftliche Studien weisen vermehrt auf den Zusammenhang zwischen Ernährung und dem Entstehen einer Arthrose hin. Alkohol und Nikotin sowie eine fleischlastige Ernährung mit tierischen Fetten zählen zu den ungünstigen Faktoren. Dagegen können calciumhaltige Nahrungsmittel, ungesättigte Fette (beispielsweise aus Fisch) oder Knoblauch einer Arthrose entgegenwirken.
Nützliche Informationen zum Thema Schulterarthrose finden Sie auf den Webseiten der Deutsche Arthrose-Hilfe e.V. (Eingetragener gemeinnütziger Verein Hilfe für gelenkkranke Menschen): https://www.arthrose.de/home und der Deutsche Rheumaliga: https://www.rheuma-liga.de/
Ärzteblatt, Ingo Arnold – Arthrose: Was gibt es Neues?: https://www.aerzteblatt.de/archiv/183365/Arthrose-Was-gibt-es-Neues (online, letzter Abruf: 06.02.2020)
Bundesverband für Ambulantes Operieren e.V. (BAO) – Gelenkspiegelung mit Operationen: https://www.operieren.de/e3224/e10/e451/e456/e6701/ (online, letzter Abruf: 06.02.2020)
ROBERT KOCH INSTITUT Statistisches Bundesamt, Martina Rabenberg – Arthrose: http://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsT/arthrose.pdf?__blob=publicationFile (online, letzter Abruf: 06.02.2020)
Deutsche Rheuma-Liga – Arthrose: https://www.rheuma-liga.de/rheuma/krankheitsbilder/arthrose (online, letzter Abruf: 06.02.2020)
DEUTSCHE ZEITSCHRIFT FÜR SPORTMEDIZIN Jahrgang 54, Nr. 6 (2003), J. Bernholt, J. Höher – Knorpelersatzgewebe durch Mikrofrakturierung: https://www.germanjournalsportsmedicine.com/fileadmin/content/archiv2003/heft06/Bernholt.pdf (online, letzter Abruf: 06.02.2020)
AWMF online, Prof. Dr. Liem & Prof. Dr. Brunner – S2e Leitlinie "Rotatorenmanschette": https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/033-041l_S2e_Rotatorenmanschette_2017-04_02.pdf (online, letzter Abruf: 06.02.2020)
Medical Tribune, Dr. Alexandra Bischoff – Omarthrose: Insbesondere jüngere Patienten profitieren von gelenkerhaltenden Maßnahmen: https://www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/omarthrose-insbesondere-juengere-patienten-profitieren-von-gelenkerhaltenden-massnahmen/ (online, letzter Abruf: 06.02.2020)
aktualisiert am 06.02.2020